Staufen: Erdsenkungen in der Altstadt
Staufen: Erdsenkungen in der Altstadt Die Bevölkerung ist beunruhigt: Mit Staufen geht es abwärts - Woche für Woche senkt sich die Erde in der Altstadt um einen Millimeter. An etlichen Häusern sind Risse entstanden. Verantwortlich dafür ist womöglich ein Geothermie-Projekt.
Eigentlich sollte es ein Vorzeigeobjekt in Sachen alternativer Energien werden. Jetzt steht das Projekt im dringenden Verdacht, für die Erdsenkungen in der Altstadt verantwortlich zu sein - die Rede ist von den geothermischen Bohrungen hinter dem Rathausgebäude. Sie sollen für die Risse verantwortlich sein, die seit einigen Wochen an etlichen Häusern zu sehen sind. Die Bevölkerung ist beunruhigt, die Stadtbemüht sich fieberhaft um Schadensbegrenzung.
Noch gibt es bezüglich der Ursache nur Vermutungen, keine Beweise. Am Mittwoch befasste sich der Bauausschuss des Gemeinderats erstmals mit der schwierigen Materie. Die Stadt hat Robert Breder von der Ingenieurgruppe Geotechnik in Kirchzarten als anerkannten Sachverständigen hinzugezogen und steht im Kontakt mit dem geologischen Landesamt im Regierungspräsidium.
Dabei geht es um ein Untersuchungsprogramm, das endlich Licht ins Dunkle bringen und zur Klärung der Ursache der Gebäudeschäden beitragen soll. Dabei gebe es "kein Patentrezept für ein bestimmtes Vorgehen", erklärte ein besorgter Bürgermeister Michael Benitz. Derzeit würden alle Schadensveränderungen penibel dokumentiert. Dafür habe das Stadtbauamt mit dem Sachverständigen verschiedene Messpunkte festgelegt, an denen mittels Gipsmarken jede Veränderung ablesbar sei.
An acht Stellen seien Veränderungen zu beobachten. Zwei bis drei Millimeter gehe es im Zeitraum von 14 Tagen "abwärts". Die Risse in den Mauerwerken sind seit Feststellung der Schäden Mitte Dezember weiter angewachsen. Noch ist nicht abzusehen, ob und wann die Erde zur Ruhe kommen wird. Und noch ist nicht zweifelsfrei belegt, dass die Gebäudeschäden von den geothermischen Bohrungen hinter dem Rathaus herrühren.
Sieben Löcher wurden von einem Spezialunternehmen aus Österreich rund 140 Meter tief ins Erdreich vorgetrieben, um Erdwärmesonden für die Beheizung und Kühlung des eben sanierten Rathauses einbringen zu können. Dafür bedurfte es der Genehmigung durch das im Regierungspräsidium angesiedelte Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau.
Die behördliche Freigabe erfolgte nach der ersten Bohrung, die gleichzeitig dazu diente, ein Bohrprofil zu erstellen. Dabei sei in 32 Meter Tiefe ein so genanntes artesisch gespanntes Grundwasser angetroffen worden. Der Gutachter will nicht ausschließen, dass dieses Wasser nun durch undichte Stellen nach oben "abwandert" und so für die Bodensenkungen verantwortlich ist. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, müssten die betroffenen Stellen abgedichtet werden.
Noch gebe es keinerlei Hinweise, ob das mit den Bohrungen betraute Unternehmen unsachgemäß gearbeitet habe. Zur Klärung schlägt der Sachverständige vor, eine Kernbohrung im Sondenfeld abzuteufen, um Wasserdurchlässigkeitsprüfungen vornehmen zu können.
Der Bauausschuss folgte einer Empfehlung des Bürgermeisters, beim zuständigen Landgericht in Freiburg ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren zu beantragen. Hier hätten alle Beteiligten, zu denen auch der Gemeindeversicherungsverband (GVA) und die privaten Gebäudeversicherungen zu zählen seinen, die Gewissheit, auf die Erhebungen eines neutralen Gutachters zurückgeifen zu können.
Die werden notwendig sein, da eine Schadensregulierung ohne prozessuale Auseinandersetzung als unwahrscheinlich angesehen wird. Die Versicherer zeigten sich noch "zugeknöpft". Die Stadt wolle jedoch schnell handeln, um ihrer Schadensminderungspflicht zu genügen, erklärte Benitz. Zur Beratung der weiteren Schritte werde sich die Verwaltung des Sachverstandes eines Staufener Fachanwaltes bedienen.
Von BZ-Redakteur Markus Donner
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/staufen-erdsen…altstadt.103227