Freiburg im Breisgau

  • Jedes noch so kleine Fitzelchen wird zugebaut und das auch noch mit Kuben. Wie kann man nur so fehlgeleitet sein. Wenn das erlaubt wird, erklärt das warum es in Deutschland keine so schöne Uferbebauung wie in Colmar oder Straßburg mehr gibt, auch wenn der Krieg dabei eine noch größere Rolle gespielt hat.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Freiburg hat in den letzten vier Jahrzehnten viel an urbaner Qualität eingebüßt. Abriss des Schwabentorviertels, der Konviktstraße, des Rotteckgymnasiums, des Keplergymnasiums, Bebauung des Karlsplatzes.... Unverständlich, wie eine Stadt, die im Krieg so viel historische Bausubstanz verloren hat, so verantwortungslos mit dem verbleibenden Rest umgegangen ist und umzugehen gedenkt...

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Das Quartier vor dem Schwabentor, wo jetzt der graue Versicherungsblock steht. Und das gesamte Areal zwischen Konviktstraße und Schlossbergring.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Der Versicherungsblock sieht wirklich schrecklich aus, vor allem in einer Gegen in der der Altbaubestand recht groß ist. Wurde der in den 70ern gebaut. Und der Schlossbergring ist natürlich noch mal eine Bausünde für sich. Auch wenn ich die Anlage zur Altstadt hin gar nicht mal so schlecht finde. Aber komisch wirkt es trotzdem und ich will gar nicht wissen wie viele historische Gebäude dafür geopfert worden sind.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Verstehe die Deutschen nicht das alles was noch recht schön war nach dem 2. Weltkrieg von ihnen zerstört wurde und nur billige Klotzen unf Kuben alles noch mehr verunstalten....unfassbar, unbegreiflich...

    War vielen Malen dort und in Hauptstrasse stand da ein wirklich seltsam gelungen Neubau im trad. Still. Diese wurde abgebrochen (!!!!).

    Wieder so etwas was ich niemals verstehen würde.....warum ausgerechnet garade dieser gelungenen Muster abgebrochen wurde????

    Freiburg hatte, trotz Zerstörungen im 2, Weltkrieg noch Vieles zu bieten, aber Jahrzehnten schon wurde der Stadt versaut mit hässliche Neubauten und wurden beliebigen und harmonische Gebäuden zerstört wie die Gymnasiums......sind die Behörden denn verrückt geworden??????

  • Geld regiert die Welt - und offensichtlich auch den Stadtrat. Hinzufügen könnte man die Verunstaltung des Münsters unter Erzbischof Zollitsch. Hierbei waren allerdings andere Gründe maßgeblich: eine sich von innen her zersetzende Kirche wollte durch eine unsinnige Modernisierung einen "Aufbruch" inszenieren. Meiner Meinung nach die Flucht nach vorne in die Sackgasse....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Im Freiburger Stadtteil Wiehre wird die sog. "Knopfhäusle-Siedlung" saniert. Dabei handelt es sich um eine ehem. Arbeitersiedlung, die Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde und unter Denkmalschutz steht. Auf jeden Fall ein spannendes, unbekanntes Kapitel badischer Industriegeschichte.


    Zitat

    Die Knopfhäusle-Siedlung, gelegen zwischen Schützenallee und Schwarzwaldstraße im Stadtbezirk Oberwiehre, steht unter Denkmalschutz. Zwischen 1869 und 1886 errichtet, weist die ehemalige Arbeitersiedlung der einstigen Knopffabrik Risler und Cie. eine vollständig überlieferte Bebauung sowie intakte Grün- und Verkehrsflächen auf. Die Grünflächen gliederten sich in als Nutzgärten angelegte Vorgärten sowie einem Spiel-/ und Trockenplatz. Die Siedlung verfügte außerdem über ein Hausmeister-, Bad- und Waschhaus, eine Mädchenanstalt sowie eine Kleinkinderbewahrungsanstalt. Die Siedlung besteht hauptsächlich aus Reihenhäusern, welche allesamt zweigeschossig sind. Aufgrund des großen denkmalpflegerischen Wertes und der geschichtlichen Bedeutung als erste badische Arbeitersiedlung, soll die Siedlung denkmalgerecht modernisiert und die Freiflächen aufgewertet und erhalten werden.

    Sanierungsgebiet Knopfhäusle-Siedlung

    Die Freiburger Knopfhäusle-Siedlung wird behutsam saniert (Bezahlschranke)

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Bergischer

    Wenn es das SW-Bild bei Alamy ist mit dem Ritter auf dem Brunnen, ist es eine Vorkriegsaufnahme., wohl Ende 1930er Jahre. Man sieht bereits einige in der Nazizeit "entschandelte", d. h. von ihrem historischen Dekor befreite Fassaden. Das Denkmal selbst wurde im Krieg zerstört.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Bergischer

    Wenn es das SW-Bild bei Alamy ist mit dem Ritter auf dem Brunnen, ist es eine Vorkriegsaufnahme., wohl Ende 1930er Jahre. Man sieht bereits einige in der Nazizeit "entschandelte", d. h. von ihrem historischen Dekor befreite Fassaden. Das Denkmal selbst wurde im Krieg zerstört.

    Ja, die blanken Fassaden haben mich sehr verwirrt, das Bild könnte auch aus den 50ern stammen.

    Vollzog sich die "Entschandelung" in allen Teilen des Reiches?

  • Ja, durchaus, wenngleich nicht überall mit derselben Konsequenz. Auch das Freiburger Stadttheater wurde innen "entschandelt".

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich denke damit wird die sogenannte "Fassadenbereinigung" beschrieben. Also Entstuckung bzw. Abschlagen des Dekors. Man hatte ja damals die Auffassung, die Fassaden der Gründerzeit seien geschmacklos, daher "Entschandelung" (eine hier im Forum eingeführte sarkastische Beschreibung).

    In dubio pro reko

  • Ich denke damit wird die sogenannte "Fassadenbereinigung" beschrieben. Also Entstuckung bzw. Abschlagen des Dekors. Man hatte ja damals die Auffassung, die Fassaden der Gründerzeit seien geschmacklos, daher "Entschandelung" (eine hier im Forum eingeführte sarkastische Beschreibung).

    Diese Bezeichnung ist durchaus auch auf anderen Websites zu finden, u.a. Wikipedia.

  • Das wirklich alte Freiburg mit seinen mittelalterlichen Stein- und Fachwerkbauten ist leider schon viel früher untergegangen, nämlich schon im 17 Jh. nach Zerstörung durch die Franzosen. Wenn die nicht gewesen wäre, hätte die Stadt sich durchaus mit Colmar oder Straßburg messen können... Nur ein oberdeutsches (also mittelalterliches!) Haus ist mir bekannt, eben am Bertoldsbrunnen, was diese Zeit bis 1945 überlebt hatte, Es wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts freigelegt.

  • Das ist so nicht richtig, Fachwerkliebhaber. Die Häuser der heutigen Altstadt waren in Freiburg schon im Spätmittelalter in aller Regel Steinbauten. Bei den Vorstädten läßt sich das nicht sicher sagen, aber die Stiche von Sickinger (1589) und Merian (1640) legen auch dort den gleichen Haustyp wie in der Kern-Altstadt nahe. Letztere wurde von den Franzosen auch nicht zerstört. Dies betraf „nur“ die Vorstädte, die zusammengenommen flächenmäßig allerdings größer waren als die heutige Altstadt, wenn auch weniger dicht bebaut.

    Die „Versteinerung“ der Häuser setzte in Freiburg schon im 12 Jh. ein, wie sich bei Ausgrabungen immer wieder zeigt. Entsprechende Gebäudereste sind häufig noch in den Kellern erhalten. Das von Dir angesprochene Haus „zum großen und kleinen Freiburger“ stammte wahrscheinlich aus dem 15. Jh. An weiteren Fachwerkhäusern gab es das Haus „zum Klettenfels“ am Münsterplatz (Fachwerkgeschoß von 1592) und die erhaltene alte Münsterbauhütte (Fachwerkgeschoß 1609/10). Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Du hattest damals die Freiburger Kunsthistorikerin Ingeborg Krummer-Schroth zitiert. Dazu zwei Anmerkungen:

    Zitat von Ingeborg Krummer-Schroth

    Vor der Zerstörung der Freiburger Altstadt durch die Bomben 1944 gab es noch mehrere Bürgerhäuser aus Fachwerk*, wir müssen uns das mittelalterliche Freiburg durchaus als Fachwerk-Stadt vorstellen**, es sah etwa wie Colmar aus.

    *Ja, nämlich genau drei (abgesehen von Hinterhäusern, Lauben etc.)

    **Ja, mindestens im 12. Jh. dominierten Holzbauten, sie waren aber bereits im Spätmittelalter und Barock fast vollständig durch Steinbauten ersetzt.

    Die Kern-Altstadt war also bis zur Gründerzeit erhalten und von Steinbauten des Spätmittelalters und Barock geprägt. Erst dann begann nach der verheerenden Zerstörung der Vorstädte durch die Franzosen im 17. Jh der nächste Niedergang durch historistische Überformung (nichts gegen die wunderbaren Gründerzeit-Vorstädte, die damals entstanden).

    Die Bereinigungen der 30er-Jahre finde ich häufig recht gelungen. Auf Bergischers Beispielbild sieht man das Kaufhaus Werner Blust. Hier der Vergleich Historismus–30er-Jahre. Sicherlich war die bereinigte Fassade etwas zu karg. Aber schon die Gründerzeitfassade war meiner Meinung nach kein Glanzstück. So sah es vorher aus: Ein barockes Palais, im 19. Jh. aufgestockt.

    Oder ein sehr gelungener Rückbau: Kaufhaus nach historistischem Umbau und heute nach Bereinigung der 20er-Jahre (unten) wieder wie vorher (oben). Solche positiven Bereinigungs-Beispiele finden sich einige. Die Zerstörung des originalen Jugendstilinterieurs des Theaters zugunsten eines kahlen modernen Inneren war eher eine unrühmliche Ausnahme.

  • Danke Citoyen für deine interessante Ausführungen!

    Die Stiche von Merian und Sickinger sind zwar sehr beeindruckende Zeugnisse früher 3D-Kartografie, jedoch haben sie für Freiburg die Häuser ziemlich vereinfachend "von der Stange" gezeichnet, da hatte Merian für Tübingens Bürgerhäuserzb mehr Details übrig oder auch für Frankfurt

    Dennoch kann ja an deinen Schilderungen was dran sein, aber letzendlich wissen wir es nicht, wie die Stadt wirklich genau aussah vor dem 17. Jahrhundert.

    Nehmen wir aber an du hast Recht, wie erklärtst du dir denn den Umstand, dass sich im kulturell wie geografisch nahezu identischem Elsass speziell der Stadt Colmar sich das Fachwerk so viel besser erhalten hat mit der Zeit?

    In Büchern von Herrn Klaus Freckmann einem bedeutenden Kunsthistoriker entnahm ich jedenfalls, dass die "Versteinerung" in der Region Trier zumindest ausschließlich aufgrund der westlichen Lage zu Regionen lag, wo der Steinbau Tradition war durch die Nähe des französischen Kulurraums.

    Aber vielleicht trifft es für Freiburg zu aufgrund der südlichen Lage zu der eher "steinernen" Schweiz, wobei selbst in Basel noch heute mehr Fachwerkbauten existieren als vor 1945 in Freiburg...

  • Aber vielleicht trifft es für Freiburg zu aufgrund der südlichen Lage zu der eher "steinernen" Schweiz, ...

    Eine Vorstellung davon wie Freiburg aussah, mag uns vielleicht die wesentlich detailliertere Pürschgerichtskarte von Rottweil (1564) geben, die außerdem älter als der Stich von Sickinger sowie die Stadtansichten von Merian ist:

    David Rötlin, Pürschgerichtskarte Rottweil 1564, Stadtmuseum Rottweil

    Da Rottweil, im Gegensatz zu den schwäbischen Städten Neckar abwärts, dem ursprünglichen, städtebaulichen Kanon seiner alemannischen Schwesterstädte Villingen, Freiburg i.Br. nähersteht, lässt sich das beachtliche und interessante Kartenwerk mit dem Kapellenturm in seinem Zentrum - "einer der schönsten Türme zwischen Paris und Prag" - durchaus zum Vergleich heranziehen.


    ... , wie erklärtst du dir denn den Umstand, dass sich im kulturell wie geografisch nahezu identischem Elsass speziell der Stadt Colmar sich das Fachwerk so viel besser erhalten hat mit der Zeit?

    Bei dieser Fragestellung muss, trotz der Nähe zu Colmar, der von Citoyen genannte Aspekt berücksichtigt werden, dass in Freiburg bereits im Spätmittelalter der Steinbau vorherrschend war (siehe auch Rekonstruktionsversuch zur Vorstadt Neuburg anhand archäologischer Ausgrabungen) und Fachwerkbauten spätestens mit dem Barockzeitalter weitgehend ersetzt oder überformt wurden.

  • Bezüglich der beiden Kupferstiche hast Du natürlich recht, Fachwerkliebhaber . Sie geben nur einen groben Gesamteindruck wieder, zumal Merian wahrscheinlich von Sickinger abgezeichnet hat. Richtig ist auch, daß wir nicht genau wissen, wie die Bürgerhäuser der Vorstädte ausgesehen haben. Man kann annehmen, daß dort noch mehr Fachwerkhäuser erhalten waren, da dort häufig einfachere Bürger wie Rebleute und Gerber wohnten. Bezüglich der Kernstadt darf man aber im 17. Jh. weitgehend von steinernen Bauten ausgehen. Das bestätigen Bauforschungen und die einfache Tatsache, daß bis 1945 noch zahlreiche Steinbauten des 16. Jh. erhalten waren, aber nur die genannten drei Häuser mit Fachwerkobergeschossen.

    Der Grund dafür, daß sich „in Colmar das Fachwerk so viel besser erhalten hat“, ist also – wie zeitlos schon richtig bemerkt hat – daß es in der Freiburger Kernstadt bereits im Spätmittelalter wahrscheinlich kaum noch Fachwerk gab oder daß es spätestens im Barock ersetzt wurde, während in Colmar im Spätmittelalter schlicht weiterhin neue Fachwerkhäuser entstanden.

    Wie diese frühe „Versteinerung“ im Unterschied zum Elsaß zustande kommt, weiß ich auch nicht. Vielleicht liegt es am Zähringer Erbe im Gegensatz zum staufischen Elsaß? Vielleicht am fränkischen Einfluß im Elsaß? So gibt es ja auch sprachlich die Rheinstaffeln, die im Elsaß eine weiter nach Süden reichende fränkische Prägung anzeigen. Jedenfalls ist im südlich von Freiburg gelegenen Markgräfler Land ebenfalls der Steinbau typisch, wohingegen nach Norden der Fachwerkbau deutlich zunimmt.

    Kurz: Zumindest die Kern-Altstadt Freiburgs ist, wie Du richtig vermutest, seit dem Spätmittelalter dem Stadttyp mit traufständigen Steinbauten zuzuordnen, den Karl Gruber die „Schweizerstadt“ nannte mit Bern als Paradebeispiel.