Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Sehr gut beobachtet, svuzhohenburg!

    Was jetzt gemacht worden ist, ist natürlich Humbug! Tübinger hat das richtig beobachtet, dass die ursprüngliche Brandwand zum Nachbarhaus Höllgasse 11 gehörte und auch auf dessen Boden stand. Die originale Goldene Waage war an diese Brandwand angebaut Die linken Pfosten waren keine Eckpfosten, hinter denen eine Fachwerkwand weiter lief, sondern es waren Abschlusspfosten, die neben der Brandmauer standen! Wie man so einen Fehler machen kann, ist mir rätselhaft.

    Ist zwar eine Kritik auf hohem Niveau, und 98 % der Leute merken oder sehen diesen Fehler gar nicht. Aber jeder Bauforscher muss den Kopf ab so etwas schütteln. Ein Brandmauergiebel kann nicht einen Unterbau aus Fachwerk haben.

    Wenn ich mich nicht täusche, war diese Brandmauer wahrscheinlich älter als die Goldene Waage. Wenn man den Geschossvorsprung in der Stirn dieser Brandmauer auf Höhe des 1. Obergeschosses betrachtet, passt diese Auskragung weder zur Goldenen Waage noch zum Nachbarhaus Nr. 11. Also könnte dieser Vorsprung die Lage der Decke über dem 1. Obergeschoss des vor 400 Jahren abgebrochenen Vorgängerbaus der Goldenen Waage markieren.

  • Doch wohl eher der des Vorgängers des südlichen Nachbarhauses.

    Nein, denn ich denke, dass mindestens das Erdgeschoss des südlichen Nachbarhauses Nr. 11 mit seinem Mezzaningeschoss (oder Oblichter) sehr alt war, spätestens 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit, oder gar früher, könnte die Brandmauer stammen. Die Zwillings- und Drillingsfenster im 1. Obergeschoss haben ein Format aus dem 17. Jahrhundert, waren also gleich alt wie die Goldene Waage selbst. Freilich könnte dieses 1. Obergeschoss einen älternen Kern gehabt haben und niedriger gewesen sein. Ein niedriges 1. Obergeschoss über einem sehr hohen Erdgeschoss halte ich aber für sehr unwahrscheinlich. Das zweite Obergeschoss könnte im 18. Jahruhundert neu erstelllt oder umgebaut worden sein. Jedenfalls sind in Frankfurt die Fenster mit stichbogigem Abschgluss typisch für die Zeit von 1750 bis 1800. In die gleiche Bauphase gehört auch das Mansarddach, das man als solches fast nicht erkennt wegen des Zusammenwachsens aller drei Dachgauben. Somit bleibt für mich als letzte Erklärung dieses Vorsprunges nur noch der Vorgängerbau der Goldenen Waage.


    Edit.:
    Wenn eines von zwei an eine gemeinsame Brandmauer angebautes Haus abgebrochen wurde, musste die Brandmauer stehen bleiben, egal ob sie dem Besitzer des abzubrechenden Hauses oder dem andern gehörte. Meist gab es Regelungen über die Besitzverhältnisse von gemeinsamen Brandmauern. Aus diesem Grund sind die Brandmauern für den Bauforscher immer am interessantesten. Genau gleich wie Hohlräume zwischen zwei Fachwerkhäusern, die keine Brandmauern haben.

  • Was jetzt gemacht worden ist, ist natürlich Humbug! Tübinger hat das richtig beobachtet, dass die ursprüngliche Brandwand zum Nachbarhaus Höllgasse 11 gehörte und auch auf dessen Boden stand. Die originale Goldene Waage war an diese Brandwand angebaut Die linken Pfosten waren keine Eckpfosten, hinter denen eine Fachwerkwand weiter lief, sondern es waren Abschlusspfosten, die neben der Brandmauer standen! Wie man so einen Fehler machen kann, ist mir rätselhaft.
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    Ein Brandmauergiebel kann nicht einen Unterbau aus Fachwerk haben


    Danke. Dann war meine Beobachtung richtig und es gibt damit bei der Goldenen Waage einen Planungsfehler. Natürlich sehr schade.

  • Wenn bei 4 Rekonstruktionen (Fachwerkgiebel beim Rebstock, Balkenkonstruktion Rotes Haus, ungeknickte Hausfassade der Goldenen Schere und eben Brandwand Goldene Waage, alle Punkte siehe Foren-Strang) Sachen nicht stimmen, ist das sicher eine kurze Diskussion wert und nicht die Suche nach Haaren in der Suppe oder Grund für einen Abrisswitz. Nur durch Fehlerbenennung kann es beim nächsten Projekt noch besser werden (siehe Erfahrung aus Samstagsberg-Bebauung). Ansonsten hätte man für schönes Aussehen einfach eine Altstadt-Fototapete ans Technische Rathaus pappen können.

  • Mach dir nichts draus, einfach ignorieren @svuzhohenburg. Es häuft sich seit einiger Zeit in diesem Forum, dass auch berechtigte und konstruktive Kritik an Bauprojekten kleingeredet oder verspottet wird. Einige Forumer haben noch immer nicht verstanden, dass dies ein Diskussionsforum und kein Konsensforum ist. Andere Meinungen und Kritik sind erlaubt, so fern sie vernünftig und konstruktiv vorgetragen werden. Spott oder in manchen Fällen sogar persönliche Angriffe, kommt hier auch immer häufiger vor, sind hingegen weder vernünftig noch konstruktiv und haben hier nichts zu suchen.

    Generell ist es gut und richtig auf Fehler und Mängel hinzuweisen, das ist kein Meckern oder "ein Haar in der Suppe suchen". Wenn wir in der Vergangenheit alles was uns von der Architektenschaft vorgesetzt wurde immer brav und ohne Widerwort angenommen hätten, wären wir bei so vielen Rekonstruktionsprojekten gar nicht so weit wie wir es heute sind.

  • Und warum wurde das Aufmaß der Fassade zur Höllgasse um 1910 so Dargestellt wie es jetzt gebaut wurde ? Hier sieht man genau den Zustand der jetzt rekonstruiert wurde. Und ob die Brandmauer nun ein paar Zentimeter nach außen gerückt würde oder nicht , ändert meiner Meinung nach am Gesamteindruck des Gebäudes Garnix , zumal die Anschlussbebauung von vor dem Krieg fehlt !

    Einmal editiert, zuletzt von Manometer (2. Juni 2018 um 21:23)

  • Der Teil mit der Zuckergussfassade ist Polemik.
    Der Beitrag an sich überraschte mich dann aber doch und insbesondere auch die durchaus zuversichtlichen Kommentare auf FB zu diesem Beitrag auf der Seite von ttt, wobei diese letztlich auch nicht zwingend repräsentativ sind.

  • Und warum wurde das Aufmaß der Fassade zur Höllgasse um 1910 so Dargestellt wie es jetzt gebaut wurde ?

    Weil eben Fotos die grössere Aussagekraft bezüglich der einstigen Realität gegenüber gezeichneten Aufrissen haben. Oder kannst du dir ein 15 cm dünnes Brandmäuerchen - wie gezeichnet - in Realität vorstellen?? Planaufrisse sind vor deren Auswertung immer zuerst zu hinterfragen betreffend ihrem Wahrheitsgehalt. Ich habe das hier schon bei mehreren Forschungen zu Gebäuden in Frankfurt erwähnt. Ganz krass beispielsweise hier: Fachwerkbauten in Frankfurt

    Keines der vier rekonstruierten Fachwerkhäuser der neuen Altstadt reicht an das konstruktive und originalgetreue Niveau der 1983 fertig rekonstruierten Häuser der Ostzeile am Samstagsberg heran. Dieser Unterschied hat aber nichts mit verschärften Bau und Energieeffizienzvorschriften zu tun, sondern ist allein der Tatsache geschuldet, dass kein versierter Bauforscher/Bauhistoriker für dieses grosse (und grossartige!) Projekt beigezogen wurde. Hier ist Dresden ein Punkt voraus.

  • Heimdall, vielen Dank für den Link.

    Die Argumente der Verfechter ausschließlich moderner Bauweisen werden immer mehr zum Selbstbetrug: die Anhänger der Neuen Altstadt hätten Angst vor der Zukunft und hingen ausschließlich am Alten. Die Formensprache der Zukunft aber würde von ihnen nicht begriffen.

    Ja, wo ist sie denn die Zukunft der Architektur?

    Seit 70 Jahren werden in der modernen Architektur die alten Verbote befolgt: keine alten Grundrisse, keine Satteldächer, keine Ornamente usw. . Dafür die Formensprache des Bauhauses, entwickelt vor über hundert Jahren! Und dann immer und immer und immer wiederholt.

    Da gibt es zwar auch Verdienstvolles, aber vor allem ist eine Gleichrichtung und Ununterscheidbarkeit des Bauens von Frankfurt bis Hongkong entstanden. Da werden immer noch Wohnsiedlungen gebaut, die sich von denen aus den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts nicht oder kaum unterscheiden!

    Formensprache der Zukunft? Selbstbetrug.

    Andere Gründe für Rekonstruktionen, wie der Stadt ihre historische Tiefe wiederzugeben, wird bewusst weggelassen, nachdem man sich siebzig Jahre um die Bedeutung der Stadtgeschichte für Stadtplanung gar nicht gekümmert hat oder nur von Denkmalämtern dazu gezwungen.

    Gerade die Geschichtslosigkeit der modernen Stadtbilder ist ein wesentlicher Grund für das endlich stattfindende Aufbegehren der Bürger In der trostlosen Einöde und Langeweile moderner Stadträume.

    Wenn behauptet wird das moderne Bauen drücke das Lebensgefühl der Zeit aus, so ist das ein weiterer Selbstbetrug. Die Bürger Frankfurts sehen das ganz offenbar anders als die Modernisten.

    Auch die häufig wiedergekäute Behauptung, moderne Bauten würden genauso geschätzt werden wie neue Altstädte, wenn sie nur auch so liebevoll bis ins kleinste Detail durchgeführt werden könnten. Ja, wo wären sie denn diese Details? An Raster-Bauten, an denen Ornamente und Zierformen verboten sind!

    Nein, eine zukunftweisende Architektur muss sich erst einmal selbst von seinen hundert Jahre alten Zöpfen befreien, muss eine wirklich neue Formensprache erfinden, aber auf den Wiurzeln von Jahrtausenden, wie es diejenige Architektur immer gemacht hat, die man heute in höchster seelischer Not durch Rekonstruktionen wieder zu gewinnen sucht.

    Sicher sind Kostengründe auch Formgründe. Aber einige Architekten, hoffentlich bald immer mehr scheinen begriffen haben, dass nicht Verbote oder Formzwänge Gebot modernen Bauens sein dürfen, sondern das Wohlgefühl der Menschen.

    Die Neue Altstadt in Frankfurt zeigt es.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Ich hätte auch mal eine Frage. Sie betrifft die goldenen Wasserspeier (Drachen) an der Goldenen Waage. Siehe dieses Foto:


    goldene-Waage by Eric Göbel, auf Flickr

    An mich wurde nun die Frage herangetragen, ob diese eigentlich historisch überliefert sind? Auf alten Fotografien und Zeichnungen, die im Internet erhältlich sind, seien sie nämlich nicht zu sehen. Ich habe nur folgende Quelle gefunden:

    Zitat

    Ein ganz besonderes Stück ist auch der „Wasserspeier“, der in der Höhe an das Ende der Regenrinne gesetzt wird. Auch er ein Nachbau des Originals aus dem Historischen Museum, das ja eine Dependance in der „Goldenen Waage“ bekommt und dort auf zwei Stockwerken originale Einrichtungsgegenstände aus dem alten Haus zeigen wird.

    (http://www.fr.de/frankfurt/wert…st-da-a-1501993)

    Vielleicht kann mir ein Fachkundiger weiterhelfen?