Rekonstruktion oder traditioneller Neubau?

  • Aus Frankfurter Altstadt (Dom-Römer-Areal) hier her verschoben.

    Seitdem bin ich auch dezidiert gegen dieses ganze Geschwurbel von "traditionellem Bauen". Normalerweise dient das nur zur Reko-Verhinderung. Reko first!

    In diesem besonderen Fall magst du recht haben, in den allermeisten Fällen aber (bei den meisten Bauprojekten in Deutschland) kommt keine Reko als Alternative infrage. Daher finde ich, solltest du deine Kritik am traditionellen Bauen etwas differenzieren.

  • In diesem besonderen Fall magst du recht haben, in den allermeisten Fällen aber (bei den meisten Bauprojekten in Deutschland) kommt keine Reko als Alternative infrage. Daher finde ich, solltest du deine Kritik am traditionellen Bauen etwas differenzieren.

    In Fällen, in denen keine Reko in Frage kommt, ist traditionelles Bauen natürlich eine Alternative. Aber wo ist das denn der Fall: doch nur außerhalb der Areale der ehemaligen Altstädte.
    Ansonsten ist der Rufe nach "traditionellem Bauen" doch meistens nur Ausdruck davon, dass man (in dem Fall meist: die Lokalpolitiker) nicht rekonstruieren will oder dass man (in dem Fall meist: wir) sich nicht traut, Rekonstruktionen einzufordern, weil man meint, damit irgendwie bei der Politik anzuecken - was oft gar nicht einmal ausgemacht ist.

  • Anders gesagt: jeder traditionelle Neubau auf dem Areal einer ehemaligen Altstadt ist eine verlorene Rekonstruktion.

    Oder schlimmstenfalls sogar ein verlorenes Original. Einer unserer Regionalverbände hat schon Fälle berichtet, in denen der Abriß frühneuzeitlicher Originalbauten mit dem Argument gerechtfertigt wurde, dass man ja einen traditionellen Neubau an die Stelle setzen werde.
    Da schädigt dann unsere positive Einstellung zu "traditionellem Bauen" sogar nicht zuletzt unseren Ruf beim Denkmalschutz.
    Insofern: außerhalb der ehemaligen Altstädte gerne, aber auf deren Areal ein klares Nein zu "traditionellen Neubauten", solange auch nur die minimalste Chance auf Reko oder Erhalt der Originalsubstanz besteht.

  • Anders gesagt: jeder traditionelle Neubau auf dem Areal einer ehemaligen Altstadt ist eine verlorene Rekonstruktion.

    Das wird aber schwer in solchen Städten, in denen aufgrund der gewachsenen Stadtgröé sowie gestiegener Grundstückspreise und anderer Investoreninteressen eine Reko von vorneherein unrealistisch ist. Dann muss klassisch-traditionelles Bauen als Alternative zum grauen Modernistenwürfel ja unbedingt als Alternative gezeigt werden.

  • Diese Zwickmühle hatten wir auch schon 2005, als wir uns nach langer Diskussion dann für "Stadtbild Deutschland" und gegen "Historisches Stadtbild Deutschland" entschieden haben.

    Erinnerst Du Dich, Philon?

  • Der Verein Stadtbild Deutschland ruht doch letztlich auf drei Säulen, die auch gleichberechtigt behandelt werden sollten:

    Neue klassische Architektur, Rekonstruktion, und Denkmalschutz für alte (v.a. klassische) Architektur.

    Wenn wir uns hier dogmatisch auf eine Säule festlegen, sind wir dann wirklich besser als unsere verbohrten Gegner? Am Ende geht es uns doch um ein möglichst ästhetisches Stadtbild.

    Dass das immer die Erscheinung einer Bauparzelle von prä-1945 bedeutet, ist mE nicht ausgemacht. Ich erinnere nur an Frankfurts Haus am Dom, das Berliner Columbia-Haus und ähnliche Bausünden, die es auch da schon gab. Auch ältere Bauten waren doch mitunter recht graue Mäuse, wo eine Reko nicht zwingend das beste Ergebnis bringt. Wir müssen gerade in den Großstädten eben auch den Hunger nach Wohnraum bedenken. Letztlich ist das immer eine Einzelfallentscheidung.

    Und gerade Frankfurt ist ja ein gutes Beispiel für den weitgehenden Erfolg dieser Dreifaltigkeit.

  • Das wird aber schwer in solchen Städten, in denen aufgrund der gewachsenen Stadtgröé sowie gestiegener Grundstückspreise und anderer Investoreninteressen eine Reko von vorneherein unrealistisch ist.

    Und in welcher Stadt soll das bitte der Fall sein? Selbst in dem seit dem Mittelalter extrem gewachsenen Frankfurt, das mit die höchsten Grundstückspreise der Republik hat und wo es sicher entgegenstehende Investoreninteressen gab, waren Rekonstruktionen realistisch.
    Wenn Rekonstruktionen in Frankfurt realistisch sind, sind sie nach deinen eigenen Kriterien überall in der Republik realistisch. Nein, ich bleibe dabei: das Eintreten für "traditionelles Bauen" statt Rekonstruktionen ist in nahezu allen Fällen nur ein Zeichen mangelnden Mutes, Rekonstruktionen zu fordern, weil man Angst hat, damit bei der Lokalpolitik und der Lokalpresse anzuecken.
    Diese Mutlosigkeit verstehe ich nicht. Warum steigt man (z.B, in Hanau) nicht mit der Forderung nach Rekonstruktionen (und seien es nur Fassadenrekos) in den Ring? Wenn das dann auf unüberwindliche Widerstände stößt, kann man immer noch auf "traditionelles Bauen" zurückfallen oder einen Mix vorschlagen. Warum von Anfang an mit der Minimalforderung einsteigen? Gerade Reko-Forderungen können die Bewohner einer Stadt elektrisieren und lebendige Debatten anstoßen (siehe Nürnberg, Dresden und Frankfurt). Forderungen nach "traditionellen Neubauten" rufen in der Bürgerschaft meistens nur ein Gähnen hervor.

  • Wenn wir uns hier dogmatisch auf eine Säule festlegen, sind wir dann wirklich besser als unsere verbohrten Gegner? Am Ende geht es uns doch um ein möglichst ästhetisches Stadtbild.

    Nein, es geht um ein ästhetisches Stadtbild und (für mich in erster Linie) um die Wiedergewinnung der geschichtlichen Tiefe einer Stadt. Das zweite kann mir kein "traditioneller Neubau" bringen. Deshalb können "traditionelle Neubauten" immer nur eine nachrangige Option gegenüber Rekonstruktionen sein.

    Ein Verein, der sich primär als Verein für "traditionelles Bauen" und nicht primär als Verein für Rekonstruktionen verstehen würde, könnte mir ziemlich gestohlen bleiben.

  • Der Verein Stadtbild Deutschland ruht doch letztlich auf drei Säulen, die auch gleichberechtigt behandelt werden sollten:

    Neue klassische Architektur, Rekonstruktion, und Denkmalschutz für alte (v.a. klassische) Architektur.

    Um Himmels Willen, ist dir überhaupt klar, was du da schreibst? Wenn alle drei Säulen gleichberechtigt wären, dann würde nichts gegen den Abriß eines mittelalterlichen Hauses z.B. in Nürnberg sprechen, wenn man dafür einen "traditionellen Neubau" errichten würde. Nein, Nein und nochmals Nein: die drei Säulen können nicht gleichberechtigt sein:

    Denkmalschutz (bei Gebäuden, die es verdienen, nicht bei irgendwelchen aus ideologischen Gründen unter Denkmalschutz gestellten Nachkriegsprovisorien oder Betonklötzen) geht vor Rekonstruktionen und Rekonstruktionen gehen vor "traditionellen Neubauten".

  • Ich denke, dass man hier sehr differenziert und je nach Areal, Stadt und Möglichkeiten bewerten muss. Bei der Beurteilung, wann Rekonstruktionen möglich, wünschenswert und sinnvoll sind, gibt es keine digitale Antwort nach dem Schema es gibt entweder nur schwarz oder weiß.
    Man kann weder sagen, dass Rekonstruktionen immer und in jedem Fall die bessere Lösung sind noch dass eine Rekonstruktion von vornherein ausgeschlossen werden sollte.
    Bei der Bewertung muss man unglaublich viele Kriterien berücksichtigen.

    1. Es musss überhaupt einen Bau zu rekonstruieren geben, denn auf vielen Flächen außerhalb von ehemaligen Altstadtkernen gibt es ja faktisch gar keine Möglichkeiten, eine Reko in Betracht zu ziehen, einfach weil dort nie ein historischer Bau stand.

    2. Wenn wir uns in einem Areal befinden, wo es vor dem Krieg relevante historische Bebauung gab, muss geklärt werden, ob es überhaupt die formalen Voraussetzungen gibt, dass heißt ob die Grundstücke noch die gleichen Zuschnitte haben, wie die Eigentümerstrukturen sind, ob es einen bestehenden Denkmalschutz für jetzige Bauten gibt.

    3. Eine Rekonstruktion muss ökonomisch vertretbar sein. Und hier meine ich nicht in erster Linie die Kosten für die Fassade oder den Bau an sich. Aber stellen wir uns eine alte Fachwerkstadt wie Frankfurt vor wo auf 5 Grundstücken 5 Fachwerkbauten standen. Diese Fläche wurde nach dem Krieg mit einem Hochhaus von 100 m bebaut. Somit besitzt der Eigentümer das Recht auf diese Quadratmeterzahl. Egal wie toll die historischen Bauten gewesen sein mögen, niemand wird diese Flächen opfern um dort 5 viergeschossige Fachwerkbauten zu errichten. Ein börsennotiertes Unternehmen dürfte so etwas gar nicht, weil es bewusst Werte seiner Anleger vernichten würde, das ginge also nur, wenn die Stadt solche Fläche dann aufkaufen und entwickeln würde. Bei den aktuellen Preisen wäre so ein finanzieller Aufwand aus öffentlichen Geldern bis auf wenige Ausnahmen überhaupt nicht vermittelbar.

    4. Ich glaube nicht, dass eine Rekonstuktion immer die richtige Antwort ist. Für mich spielen da auch kunsthistorische Bedeutung, Relevanz, Position des historischen Baus im Stadtraum in Bezug auf Sichtachen und Eckbebauung eine besondere Rolle. Nicht jede Rekonstruktion hat für den Stadtraum den gleichen positiven Effekt.

    5. Eine Rekonstrukion nur um der Rekonstruktion willen ist keine Lösung, eher das Gegenteil. Ich habe hierzu lange mit dem Stadtbaudirektor einer deutsche Großstadt diskutiert. Angenommen wir haben eine typische 60-er Jahre Bebauung, sowohl von der städtebaulichen Konzeption der autogerechten Stadt wie auch architektonisch. Jetzt angenommen, ein Grundstück würde frei, auf dem früher ein Fachwerkbau stand, alles andere aber bliebe perspektivisch gleich. Macht es dann Sinn, diese Stelle trotzdem mit einer Rekonstruktion zu bebauen? Aus meiner Sicht nein, weil man der Rekonstruktion und dem Umfeld hier keinen Gefallen tun würde. Daher kommt es auch immer auf den Kontext und die Möglichkeiten an, die man perspektivisch hat.

    Man könnte sicherlich noch weitere Punkte anführen. Aber ich halte gar nichts davon, zu dogmatisch an das Thema Rekonstruktionen heran zu gehen. Dann sind wir übrigens auch nicht besser wie die Gegenseite, der wir genau das immer vorwerfen. Ich denke, jede Situation ist anders, man muss sich bei jeder Bauaufgabe fragen, was das beste für den Platz, die Straße oder das Ensemble ist. Hier können manchmal Rekonstruktionen die richitge Antwort sein, manchmal traditionelle Neubauten und manchmal etwas ganz anderes. Städte sind lebendige Organismen. Es gibt nicht das eine Patentrezept, wie man Städte entwicklen muss. Und letztlich ist alles auch zu einem gewissen Grad Zeitgeist und Geschmack, auch das sollte man nie vergessen!

    APH - am Puls der Zeit

  • Da halte ich es komplett mit dir Apollo, vielen Dank für diesen Beitrag!

    Und Philon: natürlich sollte stets die Maximalforderung erhoben werden. Und zwar da, wo es Sinn macht. Sonst verpulvern wir nicht nur Energie, sondern auch reichlich Glaubwürdigkeit. Wir brauchen gerichteten Fokus. Und diesen braucht es in allererster Linie oft erstmal beim Grundsätzlichen: urbaner Städtebau, Kleinteiligkeit, Nutzungsmischung, regionale Material- und Formenwahl, Prinzipien der europäischen Stadt.

    Nehmen wir Dresden. Es ist ja schön, was da alles rund um den Neumarkt rekonstruiert wurde. Doch zugleich entsteht im Rest der Stadt ein Haufen Schrott. Hier haben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht und sollten künftig zusehen, dass wir uns eben nicht nur auf die mikroskopischen Altstadtbereiche beschränken, auch wenn es da einen riesigen Handlungsbedarf gibt. Locker 90% des Alltags der meisten Menschen in Deutschland findet nunmal außerhalb der Altstädte statt.

  • Somit besitzt der Eigentümer das Recht auf diese Quadratmeterzahl.

    Wie kommst du denn auf die merkwürdige These? Ein solches Recht besitzt er natürlich nicht. Er hat das Eigentumsrecht an dem Grundstück, sonst nichts.
    Wenn es eine Gestaltungssatzung gäbe, die in dem betreffenden Areal maximal viergeschossige Häuser erlauben würde, dürfte er dort eben kein neues Hochhaus errichten. Das Eigentumsrecht an einem Grundstück gibt niemandem das Recht auf eine bestimmte Quadratmeterzahl bei der Bebauung dieses Grundstücks.

  • Jetzt angenommen, ein Grundstück würde frei, auf dem früher ein Fachwerkbau stand, alles andere aber bliebe perspektivisch gleich. Macht es dann Sinn, diese Stelle trotzdem mit einer Rekonstruktion zu bebauen?

    Natürlich ergibt das Sinn. Warum denn nicht? Vielleicht würde es ja eine Diskussion anstoßen, die dazu führen würde, die idiotischen Städtebaukonzepte der 60'iger Jahre zu überdenken.

  • Das ist jetzt eine sehr hypothetische Diskussion, und ich denke es ist wirklich komplett individuell vom jeweiligen Standort abhängig. Was in Köln gilt, muss in Dresden, Pforzheim oder Neustrelitz noch lange nicht gelten.

    Das ist doch auch sonst unsere Linie, dass wir uns immer ganz genau die Situation vor Ort ansehen. Sehe auch keinen Grund diese zu verlassen. Denn nur ortsgerechte Entscheidungen sind wirklich Entscheidungen im Sinne unserer Stadtbilder.

  • Dann würde er das Hochhaus aber nie abreißen sondern einfach sanieren. Und wenn im Bebauungsplan bestimmte Höhen und entsprechende Quadratmeterzahlen festgelegt sind, darf der Bauherr diese auch entsprechend nutzten.

    Natürlich kann man in Einzelfällen wie in Potsdam am Mercure mit geändertem Bebauungsplan und Modernisierungssperre versuchen hier langfristig Änderungen herbei zu führen. Theoretisch. Denn erstens muss dies gut begründet werden.

    Und zweitens sieht man ja, wie langatmig das ist. Wenn der Investor sich quer stellt und nicht mitarbeitet heißt deine Lösung dann faktisch dass hier nix passiert. Im Zweifel sitzt der Eigentümer das aus. Und selbst wenn er dann irgendwann abreißt, glaubst du wirklich, dass dann anstatt des Deutsche Bank Hochhauses dann 15 Fachwerkhäuser rekonstruiert werden? Das ist völlig illusorisch und macht uns nicht grade glaubwürdig wenn wir wirklich solche Lösungen nach außen kommunizieren.

    Ich setze da eher auf sinnvolle und kooperative Lösungen. Nach meiner Erfahrung kommt man damit weiter als mit irgendwelchen Satzungen und Gesetzen und utopischen Maximalforderungen. Ist zumindest meine Meinung.

    APH - am Puls der Zeit

  • Denn nur ortsgerechte Entscheidungen sind wirklich Entscheidungen im Sinne unserer Stadtbilder.

    Was ist dein Kriterium dafür, dass eine Entscheidung "im Sinn unserer Stadtbilder ist"? Meines ist, dass die Entscheidung die ausgelöschte Geschichte eines Ortes wieder erfahrbar macht. Deshalb können nur Entscheidungen für Rekonstruktionen "ortsgerechte Entscheidungen" sein.
    Du hast offenbar ein anderes Kriterium dafür, was "im Sinn unserer Stadtbilder" ist. Gerne, dann diskutieren wir meinetwegen darüber, aber das Ganze als Diskussion "dogmatisch" vs. "undogmatisch/situativ" zu führen, ist ein rein rhetorisches Manöver (genauer gesagt: ein klassischer "red herring").

  • Zitat von Philon

    Deshalb können nur Entscheidungen für Rekonstruktionen "ortsgerechte Entscheidungen" sein.

    Und genau das ist der Dogmatismus, den ich ablehne und der uns auch nicht zum Ziel führt meines Erachtens.

    Jeder hier hat sicher eine individuelle Motivation, warum er sich bei Stadtbild Deutschland engagiert. Natürlich ist ein großes Motiv bei mir die verlorene sichtbare Geschichte unserer Stadtbilder.
    Doch der Blick zurück alleine genügt mir nicht.
    Da schlägt genauso stark ein zweites Herz in meiner Brust, das eine allgemeine Weiterentwicklung will. Eine neue Baukultur. Die sich überall durchsetzen kann und Akzeptanz findet. Da wünsche ich mir eine Weiterentwicklung klassischer Bauformen für neue Zwecke und auch gerne eine Verquickung mit ganz neuen Ideen, oder auch Ansätzen aus der frühen Moderne mit Jugendstil, Modernisme, Artdeco und Expressionismus.

    Auch unter diesem Gesichtspunkt sind einige der Neubauten in Frankfurts Altstadt meines Erachtens hochgradig spannend, genauso wie beim aktuellen Projekt im Lübecker Gründungsviertel.

    Für diesen Faden führt das allerdings zu weit, vielleicht können wir das woanders fortführen.

  • Natürlich ergibt das Sinn. Warum denn nicht? Vielleicht würde es ja eine Diskussion anstoßen, die dazu führen würde, die idiotischen Städtebaukonzepte der 60'iger Jahre zu überdenken.

    Naja, da habe ich einfach eine andere Meinung. Ich möchte keinen isolierten dreistöckigen Fachwerkbau z.B. an einer sechsspurigen Stadtautobahn mit zehngeschossigen Bauten der 70-er Jahre sehen. Wenn er da noch als Kriegsüberbleibsel steht, dann war es eben Geschichte aber so etwas ohne langfristige Perspektive auf einen weiteren Abriss und ohne stimmiges Gesamtkonzept zu bauen, nein, da gehe ich dann nicht mit, da gibt es dann andere Lösungen.

    Ich kann ich Erbse nur anschließen, jede städtebauliche Situation muss man genau betrachten, man muss überlegen, was hier sinnvoll ist und was nicht. Bleiben wir beim Beispiel Frankfurt. Macht es Sinn, irgendwann die Schirn abzureißen, um das Dom-Römer-Areal zu erweitern, den Fünffingerplatz zu rekonstruieren und so den Main auch von Norden nach Süden an das Altstadtareal anzubinden? Hier sage ich auf jeden Fall ja. Es gab eine markante Stadtplatzsituation, historisch wertvolle und einmalige Bauten. Es macht im Kontext einer Erweiterung der bestehenden Altstadt Sinn und es hat städtebauliche viele Vorteile .

    Andere Situation. Macht es Sinn, den Opernturm wieder abzureißen, um hier einen fünfgeschossigen Gründerzeitbau wieder zu errichten. Und hier sage ich für die nächsten Jahrzehnte nein, weil sich die Identität der Stadt verändert hat, Hochhäuser heute zu Frankfurt gehören und jeder Vorstoß dieser Art völlig sinnlos wäre.

    Nichts spricht dagegen, zu träumen, nichts spricht dagegen, mit Optimiusmus und vielleicht auch mal hier und da mit leicht übertriebenen Visionen an ein Areal heran zu gehen. Aber Rekonstruktionen in jedem Fall und ausnahmslos zur besten Lösung zu erklären, da gehe selbst ich als leidenschaftlicher Anhänger historsicher Architektur nicht mit.

    APH - am Puls der Zeit

  • Und genau das ist der Dogmatismus, den ich ablehne und der uns auch nicht zum Ziel führt meines Erachtens.Für diesen Faden führt das allerdings zu weit, vielleicht können wir das woanders fortführen.

    Nein, das ist kein Dogmatismus, sondern der Versuch, dir durch Zuspitzung zu verdeutlichen, dass du einfach andere Kriterien dafür hast, was unter "ortsgerechter Entscheidung" zu verstehen ist als ich. Dass man andere Kriterien als jemand anderes anlegt, macht einen nicht zum Dogmatiker ... oder es macht halt alle zu Dogmatikern, die überhaupt Kriterien anlegen, aber dann ergibt das auch keinen Sinn mehr als Vorwurf.

    Von daher ist der Dogmatismus-Vorwurf einfach nur ein rhetorischer Trick, der von der eigentlichen Sachfrage nach den Kriterien "ortsgerechter Entscheidung" ablenkt (deshalb ein https://en.wikipedia.org/wiki/Red_herring ).