Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

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    Dass auch einem Wissenschaftler bei einer solchen Materie die Droschkengäule einmal durchgehen können, sollte man nicht übergewichten. Deshalb an dieser Stelle einige behutsame Korrekturen. Natürlich kann niemand schon zu Kaisers Zeiten Nazi gewesen sein. Was Goethe betrifft, so hat sich dieser mit flammenden Appellen zur größten „geschichtsrevisionistischen“ Baumaßnahme aller Zeiten bekannt: zur Vollendung des Kölner Doms. Und wenn sich der schlaue Architekturkenner Trüby auf Walter Dirks beruft, der den niederträchtigen Plan, das Goethehaus wieder aufzubauen, zu Fall zu bringen versuchte, so ist ihm für einen Augenblick aus der Erinnerung gerutscht, dass es mit Hermann Hesse und Thornton Wilder natürlich sehr viel bedeutendere Autoren waren, die „diese Aufgabe als lebenswichtig, ja heilig“ ansahen und „rückhaltlos bejahten“ (Hesse). Zur Fertigstellung gratulierte kein Geringerer als Albert Schweitzer mit den Worten: „Wie viele freuen sich mit Ihnen, dass diese einzigartige Gedächtnisstätte der Kultur nun wieder vorhanden ist.“ Da hat der alte Schweitzer wohl gar nicht gemerkt, mit wem er sich da solidarisierte.

    Aber wie „nazistisch“ ist die Frankfurter Altstadt wirklich? Dazu könnte es nützlich sein, sich in der Geschichte etwas genauer umzusehen, als es den Jüngern von Walter Gropius erlaubt ist; denn tatsächlich hat sich Adolf Hitler ja höchst persönlich in seinen Parteitagsreden mit der von ihm sogenannten Mittelalterbauweise beschäftigt. Ihre Anhänger nannte er „kulturelle Museumswächter“, die sich zu einem „Angriff gegen das heutige Reich“ formiert hätten. Es könne aber nicht zugelassen werden, „die Neuzeit zugunsten des Mittelalters (zu) zu vergewaltigen“. Denn, so sprach der Diktator die sogenannten Heimatschützer persönlich an, „Eure vermeintliche gotische Verinnerlichung passt schlecht in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas, Stahl und Beton ...“ – so sehr weit her scheint es mit der historischen Kontinuität wohl doch nicht zu sein.

    Ganz und gar im Sinne derartiger Bekenntnisse des „Führers“ war, was zu Nazizeiten unter der Parole „Altstadtgesundung“ dann tatsächlich in Frankfurt in Gang gesetzt worden war: eine „brachiale Flächensanierung“, und zwar ausgerechnet in den Altstadtvierteln rund um das Goethehaus, wie der Frankfurter Architekturkritiker Dieter Bartetzko schon vor Jahren recherchiert hatte. Unter anderem sei ein ganzes Quartier des 16. Jahrhunderts plattgemacht worden. Der Nazi-Vergleich, die Nazi-Verschwörung, die Geschichtsklitterung – das alles stimmt hinten und vorne nicht, klingt aber gut, um ein ehrgeiziges Bauprojekt madig zu machen, das, soweit es um Fachwerk geht, buchstäblich aus anderem Holz geschnitzt ist als die ans Ende ihres Einfallsreichturms gelangte staubtrockene Bauhausmoderne.

    (...)"

  • @ Philipp, :daumenoben: danke für's Zitieren. Klasse Argumentation von Guratzsch!
    Da müssen die Nazikeulenfetischisten mit ihrer Gegenwehr zur neuen Altsadt aber zukünftig aufpassen, daß der Schuß nicht gewaltig nach hinten losgeht und die Bauhausmoderne noch nach des Führers Ambitionen passend "... in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas, Stahl und Beton ..." eingeordnet und bewertet wird und flux selbst von der Nazikeule erwischt wird! 8):biggrin:

  • Wobei dieses Zitat aber aus einem anderen Kontext stammte, nämlich ging es um die Frakturschrift:

    "Eure vermeintliche gotische Verinnerlichung passt schlecht in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas und Beton, von Frauenschönheit und Männerkraft, von hochgehobenem Haupt und trotzigem Sinn ... Unsere Sprache wird in hundert Jahren die europäische Sprache sein. Die Länder des Ostens, des Nordens wie des Westens werden, um sich mit uns verständigen zu können, unsere Sprache lernen. Die Voraussetzung dafür: An die Stelle der gotisch genannten Schrift tritt die Schrift, welche wir bisher die lateinische nannten ..."

  • Vom Wiederaufbau des Schöpenbrunnens, der sich noch im Bereich der Spekulation befindet, abgesehen wird wohl auf die Rekonstruktion des gotischen Torbogens zwischen dem Frankfurter Kunstverein und dem Haus „Klein Nürnberg“ verzichtet. Stattdessen soll dafür ein Architektenwettbewerb stattfinden. Das ergibt sich aus dem Beitrag der FAZ.

    Man kann nur hoffen, dass nicht noch mehr "Schlichtheit", "Brüche" oder "Kontraste" zur Geltung kommen.

  • Schöne Geschichte... da ich selbst einen Opel-Oldtimer besitze, freue ich mich ganz besonders. Vor allem die Motoclub ist ein absolutes Kultmotorrad - aber auch die großen Opel-Sechszylinder der Vorkriegszeit sind selten und eindrucksvoll.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • So einige Vergleiche sind mit den APH-Bildern und mithilfe von Wikimedia Commons schon möglich:

    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Technisches_Rathaus
    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:…ankfurt_am_Main)

    Es wäre natürlich vorzüglich, wenn jemand hier einige Vergleichsperspektiven für die Öffentlichkeit zusammenstellt! :)


    Wo ist eigentlich der bzgl. der Frankfurter Altstadt so engagierte Forumer RMA abgeblieben?
    Seit zwei Jahren ward er hier nicht mehr gesehen, leider. Wie auch bei Wiki.


    Moderationshinweis (Riegel)
    Beitrag gekürzt! Es geht nicht an, dass man hier in aller Öffentlichkeit den richtigen Namen eines Forumsmitglieds preis gibt!

  • Gelungen gelöst ist das auf keinen Fall. Zumal es scheint, dass links und rechts der Spolie nun kleine Pinkelecken entstehen, die mindestens zum Abwurf von Kleinmüll (Schokoladenpapier, Pappbecher, Eiscremelöffel) bestens geeignet sein dürften.Um diese Lösung aber ein klein wenig in Schutz zu nehmen: Ich vermute mal, dass nicht nur die Idee einer kontrastreichen Absetzung des Gebäudes von der Spolie eine Rolle gespielt haben könnte, sondern auch der Schutz der Spolie vor der Witterung.

    Hier zur Erinnerung ein Beitrag samt Bilder wie und wo die Großspolie von Markt 30 seit 1943 aufbewahrt wurde. :D

    http://www.domroemer.de/news/spolien-v…furter-altstadt

    Zitat: "An ihrem neuen Bestimmungsort ist sie besser geschützt und kann ihre Wirkung durch die klare Fassade des Hauses voll entfalten.“

    Mit der Entfaltung hat es leider nicht so ganz geklappt. ablachen:)

    UND hier ein neuer Artikel:

    https://www.extratipp.com/frankfurt/exkl…nn-9839796.html