Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Sichtachsen sind doch langweilig, man hat binnen kürzester Zeit das Gefühl, alles schon gesehen zu haben. Dasd mag bei barock und Klassizissmus ja schön sein, passt aber wenig zum Mittelalterlichen, wo ja gerade das entdecken von neuen An- Ein- Durch- und Ausblicken und der deteilreichtum, der von einer sichtachse nur sehr unvolkommen erfasst werden kann den reiz ausmachen.

    "... es allen Recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann..." (Goethe)

  • Gerade weil der Alte Markt ganz anders war als wir es heute vom "Krönungsweg" der deutschen Könige und Kaiser erwarten, wäre eine Wiedergewinnung dieses städtischen Raums ein Gewinn an Information, der viel aussagen könnte über unsere Vergangenheit. Ein dicht bebauter, bürgerlicher, eben gar nicht "imperialer" Krönungsweg spricht vom Selbstbewusstsein der Reichsstadt gegenüber den politisch meist schwachen Kaisern. Eine Sichtachse wie in barocken Residenzstädten war hier eben einfach nicht durchsetzbar und von der Bürgerschaft nicht gewollt.

  • Ausserdem würde das die doch ach so entfernten könige und Kaiser den menschen wieder näherbringen und somit ein stück zur nationalen Identität beitragen. In prag ist der Krönungsweg der bömischen Könige ja auch Pflichtprogramm in den grundschulen, live und in Farbe, nicht nur in staubigen büchern und auf Bildern. Und wenn sio ein kleiner prager steppke sich einmal im leben wie König Karl IV gefühlt hat, dann verbindet ihn das gleich mit der Geschichte seines Landes.

    Ich habe bei einer Führung in der großen Stadtkirche St. Marien in Prenzlau mal einen grundschüler in eine der Chornischen gestellt, während ich die Funktion derselben erläutert habe. Dadurch, dass damit die Geschichte des gebäudes erlebbar wurde, ist sicher mehr davon hängengeblieben, als wenn ich das im Lehrerton erzählt hätte. Bei einigen von den Kindern war schon der Umstand, dass sie bei der Führung ausnahmsweise mal hinter die Absperrung des Hochaltarbereichs durften, und Dinge zu sehen bekahmen, die dem normalen Besucher verborgen bleiben (das zumindest glaubten sie da), dafür zuträglich, dass sie zuhörten und die Augen aufmachten. Und so bekamen sie tatsächlich mehr zu sehen als wenn sie einfach als Pulk vor dem Hochaltar die Ausführungen einer Lehrerin als lästige Hintergrundmusik zu ihren Gesprächen über Fußball, Autos, Klamotten oder süße Schauspieler empfunden hätten.

    Dieses Beispiel zeigt einerseits, dass erlebbare Geschichte überhaupt erst das Interesse an der Geschichte und damit an der eigenen Identität weckt. andererseits zeigt es deutlich, dass die Architekten und stadtplaner von heute in ihrer Schulzeit keine Studenten hatten, die ihnen die "Geheimnisse" der Überbleibsel alter Zeiten gezeigt haben oder gar in einer völlig Kulturlosen Umgebung aufgewachsen sind. Wer natürlich sein Leben lang als sagrotan-Kind keimfrei gehalten wurde, wird früher oder später in der richtigen Welt böse krank werden, und wer in einer kultursterilen Umwelt großgeworden ist, muss zwangsweise Fachwerk und historische Bausubstanz, Stuck und Naturstein als ein Übel sehen.
    Die Krankheiten der Menschen sind die Krankheiten der Gesellschaft.

    komisch nur, dass das fachwerk der "Ostzeile2 als "steril" verschriehen wird...

    "... es allen Recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann..." (Goethe)

  • Bericht von der gestrigen Bürgerversammlung in der FNP:

    http://www.rhein-main.net/sixcms/list.php?page=fnp2_news_article&id=2631281\r
    http://www.rhein-main.net/sixcms/list.p ... id=2631281

    Zitat

    Bürger wollen in der Altstadt wohnen
    [...]
    Die Forderung nach einer kompletten Rekonstruktion der historischen Altstadt stand nicht im Mittelpunkt der sachlich geführten Debatte. Es waren auch zahlreiche Befürworter einer modernen Bebauung gekommen.

    Es wurde offenbar auch wieder darüber gestritten, ob es möglich wäre, die Goldene Waage am ursprünglichen Standort zu rekonstruieren. Engel und Bartetzko sagen nein, Schreiblauer (Architektur-Professorin an der FH Frankfurt) sagt ja.

  • @ Kardinal:

    Kannst du dazu was sagen:

    Zitat

    «Eine Rekonstruktion im Sinne der Kunstgeschichte ist dort nicht möglich», sagte der Kunsthistoriker Dieter Bartetzko, Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Goldene Waage stünde mit all ihren Hintergebäuden über dem Archäologischen Garten, für eine komplette Rekonstruktion des Roten Hauses müsste sogar ein Teil der Schirn abgerissen werden.

  • Das sind wenige Quadratmeter der "Alten Hölle", dem hinteren der beiden Hintergebäude, welche in den Archäologischen Garten "hereinreichen würden". Man müsste in einem Bereich von wenigen Metern (sogar weniger als die Hälfte des letzten Gebäudes) die alte Pfalzmauer überbauen, der Rest der Brandmauer des gesamten Komplexes der Goldenen Waage stand auf dieser Pfalzmauer. Diese Hereinreichen sind auch nur ein kleiner Teil, wieviel genau kann ich gerade nicht nachsehen, müssten aber nur ein bis zwei Meter sein.

    Für das Rote Haus (Neues und Altes!!) müsste man dieses Dach (Metallgitter auf vier Betonstützen, welches letztens sogar mal verkleidet wurde), sowie die Betonerweiterung der Nottreppe, welche man auch direkt an das Gebäude setzen kann, abreißen. Also zwei nahezu unabhängige An- bzw. Vorbauten, welche auch nicht mal wirkliche Funktion haben (Nottreppe kann, wie gesagt, auch direkt am Gebäude sein).
    Hier zu sagen, man müsse die Schirn abreißen, bringt Bartetzko auf dieselbe Ebene wie die Architekten, die auch Blödsinn reden, ohne sich wenigstens ansatzweise zu informieren.
    Schade! Ich hielt ihn für sachlich.

    So jetzt geht's nach Japan...

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • In der JF habe ich folgenden Artikel gefunden.
    Der Autor, Claus M. Wolfschlag, hat mir seinen Original-Manuskript überlassen und erlaubt den Text hier einzustellen:

    Auf der Suche nach dem Krönungsweg
    - Frankfurter Architekturstreit: Beton-Lobbyisten und Modernisten stehen gegen Bürgersinn und Altstadt-Tradition -

    Seit Spätsommer berührt ein großer städtebaulicher Streit die Mainmetropole Frankfurt.
    Mitten in die im Krieg zerstörte ehemalige mittelalterliche Altstadt zwischen gotischem "Römer"-Rathaus und Kaiserdom war 1972 ein brutaler Waschbeton-Klotz plaziert worden, das "Technische Rathaus". Dieses Produkt fehlgeleiteten Zeitgeistes ist mittlerweile stark sanierungsbedürftig und soll nun nach städtischem Beschluß abgerissen werden. Damit wird ein für die Stadt und deutsche Geschichte bedeutsames Areal zur Neubebauung frei.
    Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) präsentierte in Einvernehmen mit wirtschaftlich interessierten Investoren im September den Siegerentwurf eines Architektenwettbewerbs, der vor allem nur durch extreme Wirtschaftlichkeit, sprich: Flächenausnutzung, und nur minimale historische Raumbezüge auffiel. Beigefügte Architekurzeichnungen zeigten zudem glatte, konventionelle Glas- und Steinplattenfassaden, wie sie heute zum Standard bundesdeutscher Bankenquartiere gehören.

    Die Verantwortlichen klopften sich bereits auf die Schulter, alles rasch unter Dach und Fach gebracht zu haben, als sich unerwartet Widerstand an den städtischen Planungen regte. Die Oppositions-Fraktion der "Freien Wähler - BFF" hatte bereits als erste im Vorfeld der Entscheidung einen Magistratsantrag gestellt, daß Areal nach dem alten Straßenverlauf des königlichen "Krönungsweges" auszurichten sowie mit rekonstruierten
    Leitbauten der alten Fachwerkstadt und historisierender Restbebauung zu füllen.
    Der Antrag wurde zwar umgehend von den Mehrheitsfraktionen abgelehnt, doch sein Medienecho überraschte. Zahlreiche Bürger sprachen sich unter anderem in Leserbriefen für die Rekonstruktionsidee aus, ein Offenbacher Bauingenieur präsentierte zudem ein durchdachtes Computermodell samt Machbarkeitsstudie einer vollständigen historischen Rekonstruktion des
    Areals. Die Verantwortlichen des Planungswettbewerbs gerieten ins Schwitzen, forderten Nachbesserungen, die verwirrten großen Parteien sprachen sich zunehmend für einzelne Rekonstruktionen aus, um die Bürgerseele zu beruhigen. Gleichzeitig begannen sich modernistische Gegner zu formieren, kommunale Stadtplaner und Vertreter der Architektenlobby, mit der Wirtschaft verbandelte Kommunalpolitiker und Ideologen.

    Die Modernisten sparten nicht mir sehr hartem Tobak, um diejenigen anzugreifen, die auf dem kleinen Areal etwas anderes als die üblichen modernen Geschäftsbauten verwirklicht sehen wollten. Beliebt waren mal wieder Begriffe aus der "antifaschistischen" Mottenkiste. Die "Grünen" ereiferten sich gegen "Revisionismus" und machten indirekt zum Sprachrohr der Vermarktungsinteressen der Beton-Lobby. "Grünen"-Sprecher Stefan Majer verstieg sich gar zu der Aussage: "Fachwerk ist infektiös in dieser Stadt!"
    Andere Stellungnahmen warnten vor "reaktionären" Bestrebungen. Der Architekt Albert Speer beschimpfte die Rekonstruktionspläne als "schwachsinnig". Bei einer Podiums-Veranstaltung im "Deutschen Architekturmuseum" erklärte ein Mitglied der städtischen Planungsjury, die Deutschen müßten einsehen, daß die unwiederbringliche Zerstörung der Altstadt ein Ergebnis ihrer Wahlentscheidungen von 1933 sei. Der bei dieser Veranstaltung ebenfalls strategisch auf dem Podium plazierte Psychoanalytiker Wolfgang Leuschner diente dazu, Anhänger von Rekonstruktionen zu psychisch labilen Patienten zu stempeln.
    Er äußerte in der "Frankfurter Rundschau", daß die Zerstörung als "Folge der Verbrechen des Hitler-Regimes" zu betrachten sei.
    Er polemisierte gegen solche heutige Stadtheilungsbestrebungen als "Bilder infantiler Sehnsüchte", als "ganzjährigen Weihnachtsmarkt", "Geschichtslüge" und "rückwärts gewandte Architektur", die von der "eigenen Schuld" ablenken wolle.

    Das eklatante Unverständnis der Baumodernisten gegenüber historisierender Architektur, die vorschnell als "Disneyland" abgetan wird (analog könnte man die Bauhaus-Moderne als "Raumschiff Enterprise-Kitsch" bezeichnen), resultiert also auch aus der Instrumentalisierung von "Schuld" und linearem Fortschrittsdenken. Deshalb verkennen diese Leute, daß historisierende Architektur vermutlich gerade fortschrittlich ist, da sie, angesichts des offenkundigen Scheiterns der Bauhaus- und International-Style-Moderne, Defizite des Bestehenden zu überwinden versucht.

    Gegen die "belanglosen Architekturbauten"
    Architektonische Rebellion wird von der Stadtplaner- und Architektenlobby als "Gefahr" empfunden. Hier geht es darum, Fragen zur eigenen Verantwortung abzuwehren und eine basisdemokratische Einflußnahme von Bürgern in die bislang obrigkeitlich verfügten Entscheidungsprozesse zu verhindern. Instinktiv ängstig die Lobbyvertreter, daß sich diese kleinsten Rekonstruktionsinseln pilzartig ausweiten könnten.
    "Wenn das so weitergeht, werden wir am Ende noch arbeitslos", meinte ein junger Architekt bei der Veranstaltung im Architekturmuseum zu einem Kollegen.
    Die Rekonstruktionsbefürworter ließen sich von der Polemik nicht einschüchtern, sondern sprachen sich gegen "belanglose Architekturbauten" aus und für eine "architektonische Lösung, die der Geschichte, dem Wohlgefühl und der Attraktivität der Stadt verpflichtet ist".
    Die "Junge Union" und die SPD brachten die Möglichkeit eines Bürgerentscheids ins Spiel.
    Mittlerweile hat sich unter großen Interesse der Einwohner eine Bürgerinitiative "Pro Altstadt" gebildet. Der frühere Kulturdezernent Hilmar Hoffmann (SPD) meinte auf die Frage nach Fachwerk-Rekonstruktionen am [lexicon='Römerberg'][/lexicon]: "Ja, ich bin dafür. Ich bin der Welt herumgekommen und
    habe gesehen, was die alte Architektur bei den Menschen an Identifikation mit ihrer Stadt und ihrer Geschichte bedeutet." Und die Frankfurter Soziologieprofessorin Marianne Rodenstein äußerte sich positiv gegenüber den nun wachsenden demokratischen Entscheidungsprozessen im
    Baubereich.

    Ruinensanierungen und Baurekonstruktionsbemühungen werden bislang selten von staatlicher Seite unterstützt, sondern kommen zumeist nur auf Bestreben von Bürgerinitiativen und Einzelpersonen zustande. Die engagierten Basisbewegungen "von unten" stoßen sich oft an der trägen staatlichen Bürokratie und Querschüssen der modernistischen Architektenlobby. Nur durch viel Hartnäckigkeit gelingt es, die staatliche Pflicht zur Mitwirkung an der Erhaltung des baukulturellen Erbes einzufordern. Es ist dies als Akt der Wiederaneignung von Geschichte und
    eigener Lebenswelt nach den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs zu interpretieren.
    Das Rhein-Main-Gebiet weist einige Beispiele hierfür auf:
    Die klassizistische Stadtbibliothek in Frankfurts Innenstadt, direkt am Main gelegen, brannte 1943 vollkommen aus. Die Ruine wurde 1965 bis auf die korinthische Säulenvorhalle mit Giebel, den sogenannten "Portikus", abgebrochen. Eine Initiative, der "Bürgerverein Alte Stadtbibliothek e.V." initiierte durch Spenden die Finanzierung einer Rekonstruktion in Höhe
    von ca. 11 Millionen Euro, die auf Grundlage eines Entwurfes von Christoph Mäckler nun im Oktober fertig gestellt wurde.
    Ebenfalls in Frankfurt rekonstruiert der niederländische Immobilien- und Stadtteilentwickler MAB scheinbar ganz unkompliziert ein kleines "Stadtschloß" im Rahmen eines baulichen Großprojektes.
    Stolz zeigt man sich dabei vor allem angesichts des gleichzeitigen bürokratischen Versagens in Berlin.
    In der Nähe der Frankfurter Shoppingmeile Zeil entsteht für 800 Millionen Euro ein neues Einkaufsquartier. Außer dem gastronomisch und kulturell
    zu nutzenden "Stadtschloß" umfaßt das Bauvorhaben zwei 120 und 93 Meter hohe Hochhäuser in markanter Rombenform und eine "Mall".
    Der Deal der Investoren mit der Stadt lief folgendermaßen:
    Wenn die geplanten Hochhäuser über die bis dahin geltende baurechtliche
    Marke aufgestockt werden könnten, würde man im Gegenzug das ab 1732 von dem französischen Barockarchitekten Robert de Cotte errichtete Palais Thurn und Taxis, von dem nur zwei Torbauten erhalten waren, nach Originalplänen rekonstruieren. Das noble Adelspalais errang nationale Bedeutung, da es im 19. Jahrhundert als Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesversammlung fungierte. Der holländische Investor holte sich das Einverständnis aller regierenden Fraktionen der Stadt ein.

    "Rettet Jagdschloß Platte" hieß 1988 die Devise einer Bürgerinitiative in Wiesbaden. Dieser Traum darf nun 17 Jahre später in Erfüllung gehen, gegenwärtig wird die Runie saniert. Das 1823 erbaute und im zweiten Weltkrieg völlig ausgebrannte Schloß der nassauischen Herzöge erhält eine moderne gläserne Krone mit vier Pyramidenhelmen als freitragende
    Dachkonstruktion und soll fortan als Kultur- und Veranstaltungsort dienen. Federführend bei der Erhaltung ist die private "Stiftung Jagdschloß Platte". 1989/90 hatte die Stiftung die Ruine mit einem finanziellen Aufwand von damals zwei Millionen Mark in einem ersten Sanierungsabschnitt von 900 Kubikmetern Schutt und Wildwuchs - teilweise waren bereits große Bäume im Inneren des Schlosses gewachsen - befreit sowie die erhaltenen Mauern gesichert und zugänglich gemacht. Das zum Teil von der Stiftung selbst finanzierte Projekt wird nun vom Land Hessen, der Stadt Wiesbaden und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unterstützt.

    Äußerlich originalgetreu wiederhergestellt wurde hingegen unlängst bereits das 1943 ausgebrannte kurhessische Schloß Rumpenheim im nahen Offenbach.
    Die Kasseler Landgrafen erweiterten eine ältere Residenz 1787 und 1805 zu einer dreiflügeligen barock-klassizistischen Anlage. Im angrenzenden Schloßpark entstanden Ziertempel und ein Mausoleum. Österreichs Kaiser Franz Joseph war hier ebenso zu Gast wie der russische Zar Alexander III. oder Kaiser Wilhelm II. Nach der Kriegszerstörung übernahmen Wind, Wetter und Verwahrlosung den nächsten Part. 1965 gingen Schloß und Park in städtischen Besitz über. Nachdem dann gar die sozialdemokratische Stadtregierung in den 70er Jahren auf völligen Abriß spekuliert hatte, um Platz für ein monströses Betonhochhaus zu schaffen, entstand Bürgerprotest. 1973 bildete sich eine "Bürgerinitiative Rumpenheim" (BIR), der es schließlich gelang, das am Main gelegene
    Schloß vor dem endgültigen Verfall zu retten, erste Aufräumaktionen durchzuführen und nun mit Hilfe eines risikofreudigen Investors wieder aufzubauen. So entstand der ehemalige Treffpunkt des europäischen Hochadels wieder, in Luxus-Eigentumswohnungen aufgeteilt und
    per Erbpacht verkauft.

    Ebenfalls in Offenbach dämmerte nach Kriegsbeschädigung jahrzehntelang der Badetempel des Bankiers Friedrich Metzler nahe des Mains, im Volksmund "Lili-Tempel" genannt, vor sich hin und vergammelte. Nur die Eingänge wurden vernagelt, um die Hinterlassenschaften von Stadtstreichern fernzuhalten. Die Stadt hatte kein Geld zur Sanierung des 1798 erbauten klassizistischen Kleinods, Investoren fanden sich keine. Durch Zeitungsartikel wurde der Möbelhändler Volker Hohmann aus Linsengericht bei Gelnhausen auf den Bau aufmerksam und entwickelte sich zum Liebhaber. Juni 2003 stellte er Restaurierungspläne der Öffentlichkeit vor und wurde mit der Stadt handelseinig.
    In Absprache mit dem Denkmalschutz wird bis 2006 die Ruine im Ursprungszustand des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt.
    Hohmann trägt dafür die Baukosten in Höhe von 600.000 bis 900.000 Euro. Neben den Tempel kann Hohmann für 250.000 Euro ein dezentes modernes Gebäude errichten, das er zukünftig teilweise bewohnt.
    Restflächen des Neubaus und der Tempel dienen fortan als Ausstellungsfläche für eine Galerie und Veranstaltungsort.
    Dafür erhält der neue Bewohner ein Drittel des umgebendes Parks für 99 Jahre in Erbpacht überlassen.

    Es gibt sie also doch, die Erfolgsgeschichten der historischen Rekonstruktion.
    Nur: Ohne Bürgersinn wird sie an vielen Orten auf verlorenem Posten stehen.
    "Ein historisches Stadtbild ist ständige Erinnerung an das aus der Tradition erwachsene Gemeinsame unserer Gesellschaft", hatte der scheidende Bundesbauminister manfred Stolpe (SPD) auf einem Symposium zur Altstadtsanierung in den neuen Bundesländern erklärt und die "Verantwortung der Bürgergesellschaft" angemahnt.
    Die Frage ist nur, wer sich diesem Anlegen verpflichtet fühlt...

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "Reinhard"


    "Rettet Jagdschloß Platte" hieß 1988 die Devise einer Bürgerinitiative in Wiesbaden. Dieser Traum darf nun 17 Jahre später in Erfüllung gehen, gegenwärtig wird die Runie saniert. Das 1823 erbaute und im zweiten Weltkrieg völlig ausgebrannte Schloß der nassauischen Herzöge erhält eine moderne gläserne Krone mit vier Pyramidenhelmen als freitragende
    Dachkonstruktion und soll fortan als Kultur- und Veranstaltungsort dienen. Federführend bei der Erhaltung ist die private "Stiftung Jagdschloß Platte". 1989/90 hatte die Stiftung die Ruine mit einem finanziellen Aufwand von damals zwei Millionen Mark in einem ersten Sanierungsabschnitt von 900 Kubikmetern Schutt und Wildwuchs - teilweise waren bereits große Bäume im Inneren des Schlosses gewachsen - befreit sowie die erhaltenen Mauern gesichert und zugänglich gemacht. Das zum Teil von der Stiftung selbst finanzierte Projekt wird nun vom Land Hessen, der Stadt Wiesbaden und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unterstützt.

    Oh mann.... :augenrollen:

    http://www.stahlbauforum.de

    Der Artikel ist gut und provozierend geschrieben, aber die Zeitschrift mag ich trotzdem nicht. Wieso hört man hier eigentlich momentan so viel von der JF?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    Wieso hört man hier eigentlich momentan so viel von der JF?


    Ich frage mich eher: wieso hört man von der JF sonst so wenig?

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "Claus M. Wolfschlag"

    Der bei dieser Veranstaltung ebenfalls strategisch auf dem Podium plazierte Psychoanalytiker Wolfgang Leuschner diente dazu, Anhänger von Rekonstruktionen zu psychisch labilen Patienten zu stempeln.
    Er äußerte in der "Frankfurter Rundschau", daß die Zerstörung als "Folge der Verbrechen des Hitler-Regimes" zu betrachten sei.
    Er polemisierte gegen solche heutige Stadtheilungsbestrebungen als "Bilder infantiler Sehnsüchte", als "ganzjährigen Weihnachtsmarkt", "Geschichtslüge" und "rückwärts gewandte Architektur", die von der "eigenen Schuld" ablenken wolle.


    Da haben wir´s: die modernistische Architektur soll "Strafe" sein. So sieht sie auch aus! :augenrollen:

    Die "infantilen Sehnsüchte" sind wohl eher bei der Beton-Lobby zu finden: die haben sich noch nicht von den Bauklötzchen ihrer Kinderzimmer-Zeit lösen können. :lachen:

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Ich sags ja wieder, die Moderne Architektur ist das Ergebnis einer unzureichenden Erziehung.

    "... es allen Recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann..." (Goethe)

  • So einfach ist das leider nicht, denke ich. Wie wir aus vielen Threads im Forum wissen, gab´s auch in anderen Ländern den großen historischen Kahlschlag und Ersatz durch seelenlose Klötze. Gerade in den 60er und 70er Jahren wütete die moderne Stadtplanung an vielen Stellen Europas.

    Also das Postulat, in Deutschland wäre das alles nur Bestrafungsarchitektur, greift nicht richtig. Es mag an vielen Stellen der Schuldkomplex gewirkt haben, klar, aber nicht nur. Warum wurde z.B. massenhaft historische Bausubstanz in den Dörfern plattgemacht? Wo sind unsere verwunschenen Mittelalter-Dörfer mit Häusern windschief und bucklig, bäuerlich-stolz und bescheiden, wie wir sie heute noch als Kulisse im "Herr der Ringe" bestaunen dürfen, anstelle im Landkreis XYZ live zu sehen?? Bis in die 60er/70er Jahre gab es die Möglichkeit noch...

    Und Reinhard:

    Zitat

    Ich frage mich eher: wieso hört man von der JF sonst so wenig?

    Hier im Forum deswegen, weil wir ausgewogen unpolitisch sind und das auch bleiben wollen. Beiträge links von der Mitte haben hier ebenso ihren Platz, wie solche, die eher konservativ sind. Gemeinsamer Nenner ist die Sachbezogenheit. Es gibt keine Notwendigkeit, evt. sachfremde Beiträge bestimmter Medien hier zu bringen. :zwinkern:

  • Zitat


    So jetzt geht's nach Japan...


    Kardinal
    Beneide Dich! Stell mal ein paar Bilder ein, wenn Du dazu kommst. Ich habe neulich einen recht differenzierten Beitrag über die Architektur und Stadtplanung Tokios gesehen, deswegen würde mich mal ein Live-Eindruck interessieren! Unglaublich, was da alles umgesetzt wurde. Gesamtkonzepte hinsichtlich Städtebau scheinen zeitweise irgendwie ausser Kraft gewesen zu sein (oder immer noch?). Da ist Pforzheim noch eine wahre Architektur-Perle...

    VG

  • @ Kindvon2dresdnern:

    Das Zitat stammt nicht von mir, ich hab´s aus der Fotocommunity. War auf der Suche nach Bildern von dem Schloss. Das Ding ist weder Rekonstruiert noch Restauriert, es wurde einfach nur konserviert. Schade, Schade...

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Zitat von "Jürgen"

    Hier im Forum deswegen, weil wir ausgewogen unpolitisch sind und das auch bleiben wollen.


    "Ausgewogen" ist zumindest nicht falsch aber es ist eine Illusion, eine unpolitische Diskussion sei möglich.
    Alles ist irgendwie politisch, insbesondere der Städtebau strotzt nur so vor Politik.
    Gemeint ist wahrscheinlich das Politisch-Dogmatische. Das will wohl niemand hier haben, wenn ihm etwas an einer ergebnisoffenen Debatte liegt.

    Zitat von "Jürgen"

    Beiträge links von der Mitte haben hier ebenso ihren Platz, wie solche, die eher konservativ sind. Gemeinsamer Nenner ist die Sachbezogenheit. Es gibt keine Notwendigkeit, evt. sachfremde Beiträge bestimmter Medien hier zu bringen.


    Ja - und wo liegt das Problem?

    Ich denke: hier kann aus jeder Zeitung, aus der "taz" ebenso wie aus der "Jot Ef" zitiert werden, wenn es mit dem Thema dieses Forums zu tun hat.
    Anderenfalls hat es hier eh nichts zu suchen .
    Oder etwa nicht?

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "Restitutor Orbis"

    Bitte zurück zum eigentlichen Thema.


    Gerne. Ich habe nicht damit angefangen.

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Genau. Wie der lokale Moderator richtig sagte: Bei einem Thema bitte _in_ diesem Thema bleiben und weder a) das Thema ganz wechseln, noch b) die Ebene wechseln und eine Metadiskussion anfangen. :)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.