Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Zitat von "Booni"

    Wieso wurde eigentlich der Rathausumbau doch nicht vorgenommen?

    Ganz einfach: Kein Geld.
    Einen 6- oder 7-stelligen Betrag hat man rausgeworfen, um ihn als Preisgeld unter allen Wettbewerbsteilnehmern gleichmäßig aufzuteilen (was ich nie verstanden habe :keine ahnung: ), und für die Realisierung welchen Entwurfes auch immer hatte man dann plötzlich kein Geld, daher ist der Umbau zwar nicht gestorben, aber auf Eis gelegt. Immerhin zeigte sich die Jury damals relativ angetan von einem Entwurf, der das Mansarddach samt Ecktürmchen und Giebel fast originalgetreu rekonstruieren wollte, allerdings mit seltsamen Fensterschlitzen im Dach anstelle der Gauben (was auch prompt bemängelt wurde).

  • Aus der Frankfurter Rundschau:

    Der Abriß ist besiegelt, 2006 kann neu gebaut werden.

    http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frankfurt_und_hessen/frankfurt_und_hessen/?cnt=704198\r
    http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frank ... cnt=704198

    In den seit Monaten laufenden Verhandlungen mit der Deutsche-Bank-Tochter DIL, die Eigentümerin des Gründstücks ist, sind sich laut Hemzal beide Seiten über eine Verlängerung des Leasingsvertrages einig. Zwar stehe eine letztendliche Vereinbarung noch aus, "aber für die Stadt wäre das ein finanzieller Gewinn", sagte der Stadtkämmerer. Dem politisch gewollten Abriss des Technischen Rathauses stünde damit nichts mehr im Wege, nach einem Stadtverordnetenbeschluss und der anschließenden Vertragsunterzeichnung könnten die Arbeiten im ersten Halbjahr 2006 beginnen. Allerdings schränkte Hemzal ein, die Finanzierung einer Neubebauung des Areals am Dom hänge "stark von der künftigen Ausnutzung der Fläche" ab. Da sehe er "noch keinen Durchbruch." Dennoch sei die Alternative zum Leasingvertrag, das Grundstück 2007 für rund 70 Millionen Euro von der Deutschen Immobilien Leasing GmbH (DIL) zurück zu kaufen, ebenso vom Tisch wie ein Umbau des Hauses.

    Etwas widersprüchlich klingt wiederum das hier:

    Einerseits:

    Zur Zukunft des Areals steht nun ein Wettbewerb bis zum 15. September an, bei dem der Planungsdezernent "den Architekten relativ freie Hand lassen" will.

    Aha, also auch schiefe Wände aus Glas erlaubt????

    Andererseits:

    So könne die Bruttogeschossfläche von heute 27 000 Quadratmetern beibehalten "und die neuen Bauten gleichzeitig an die Umgebung angepasst werden"

    Das klingt schon etwas besser.

    In der gestrigen FAZ klang es noch etwas konkreter, danach sollen "Fassaden und Dächer mit den umliegenden Gebäuden harmonieren". Das Wort "harmonieren" ist zwar auslegungsfähig und dehnbar, aber ich kann mir nach dieser Vorgabe nicht vorstellen, daß Flachdach & Glasfassade große Chancen haben werden...

  • Ein kurze, aber nicht uninteressante Meldung aus der heutigen FAZ:

    Die im Römer vertretene Fraktion der Freien Wähler (BFF) fordert in einem Antrag an die Stadtverordnetenversammlung für die Neubebauung des TR-Areals die Rekonstruktion markanter Altstadtgebäude wie "Goldene Waage", "Rotes Haus" oder "Haus der Tante Melber".

    Solche Häuser sollen als architektonische Leitbauten rekonstruiert werden, der künftige Verlauf der Gassen habe sich an der historischen Situation zu orientieren, die Parzellen sollen kleinteilig bebaut werden, und die neu entstehenden Gebäude, die keine Rekonstruktionen sind, sollten der Vorkriegsbebauung "optisch verpflichtet" sein, etwa durch traditionelle Baustoffe und Dachformen. Der Hühnermarkt soll wiederentstehen, und für den Straßenbelag sollen Pflastersteine verwendet werden.

    Hört sich gut an und klingt stark nach [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon], oder?


    Das Rote Haus:

    http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com

  • Das wäre freilich eine super Sache (trotz bestimmt vieler Mängel), aber wie realistisch ist die Durchsetzung eines solchen Antrages?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Ich denke nicht schwieriger als in Dresden, schließlich wissen auch die Frankfurter sehr wohl was sie verloren haben und würden es gerne wiederbekommen und der Stadtrat hat ja schon anderen Rekonstruktionen seinen Segen gegeben.

    Kommt vmtl nur darauf an, wer das Geld hat, wenn sich ein Investor findet kann man das sicherlich durchboxen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Antiquitus"

    Das wäre freilich eine super Sache (trotz bestimmt vieler Mängel), aber wie realistisch ist die Durchsetzung eines solchen Antrages?

    Naja, ich will's mal so sagen: Durch einen solchen Antrag ist noch nicht viel gewonnen, aber dadurch sind Rekos in der Altstadt durchaus ein klein wenig wahrscheinlicher geworden.

    Ich weiß aus verschiedenen Artikeln über und Interviews mit dem Frankfurter Planungsdezernenten Edwin Schwarz, daß er schon lange dafür ist, die Frankfurter Altstadt wieder etwas "altstädtischer" zu machen. Er hat schließlich auch massiv darauf gepocht, daß das TR abgerissen (und nicht umgebaut) wird.

    Schwarz wäre wohl mit einer einigermaßen angepaßten Neubebauung schon zufrieden, stünde aber mit Sicherheit auch Rekonstruktionen aufgeschlossen und wohlwollend gegenüber. Und damit steht er vermutlich (auch ohne den BFF) im Römer nicht alleine da.

    Und selbst wenn schließlich keiner der eingereichten Entwürfe Rekos vorsieht, muß das nicht das letzte Wort sein. Denn auch ein Siegerentwurf kann nach Anweisung der Jury überarbeitet werden. Das hat man sich ja auch beim Hotel-Wettbewerb am Opernplatz ausdrücklich vorbehalten, und sogar Norman Foster hat ja an seinem Siegerentwurf für den Reichstag nach den Wünschen der Abgeorneten vieles ändern müssen (Kuppel, Farbe der Sitze etc).

    Somit ist es m.E. durchaus denkbar, daß ein Architekt mit einer angepaßten, aber mehr oder weniger modernen Bebauung gewinnt, dann aber noch die Auflage erhält, einige Rekos hinzuzufügen.

    Das war übrigens der Hühnermarkt (von dessen Wiederherstellung die Rede ist)

    1944 hatte man dann freien Blick auf die Braubachstraße.
    Der Brunnen existiert übrigens noch, er steht ein paar 100 Meter weiter südlich.

    http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com

  • Sehr schön: Der Ball ist im Spiel und das sogar noch vor Bekanntwerden der Wettbewerbsergebnisse ...

    Die in der BFF-Meldung genannten Gassen, Plätze und Gebäude sind ja hinlänglich bekannt. Außer dem "Haus der Tante Melber" - wer weiß, wo es gestanden hat, wie es ausgesehen hat oder hat gar ein Foto?

  • Auch die Frankfurter Rundschau hat sich dem Thema angenommen:

    http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frank…sen/?cnt=715342

    Zitat

    "Wir wollen nicht die Städte unserer Großväter, sondern die unserer Kinder bauen", ist als Satz des Publizisten Walter Dirks aus den Jahren überliefert, als hier mit dem "Bund tätiger Altstadtfreunde" um die Rekonstruktion gestritten wurde. Jetzt wünschen die Kinder die Besinnung auf die Stadt der Großväter. Der Geist der Zeit geht rückwärts. Studenten haben damit angefangen, Architekten zeigten für eine neue Altstadt Modelle vor. "Es ist wie eine Welle", äußert der frühere Stadtkonservator Heinz Schomann (Frankfurter Denkmalforum). Auch Schomann, der 1983 "in flammender Rede" gegen den Bau von Neu-Alt-Frankfurt an der Ostseite des Römerbergs stritt, ist ein anderer geworden: "Was haben wir ideologisch verklemmten Heinis eigentlich für ein Recht, den Leuten auszureden, was ihnen gefällt?"

    Die zerbombte und unter OB Walter Kolb abgetragene und zerschredderte Altstadt liegt als Leiche im Keller und gibt keine Ruhe. Erst recht nicht, wenn, wie beim Technischen Rathaus, die Kellertür aufgeht. 60 Jahre ist das alte Frankfurt Streitobjekt geblieben. Mit der Debatte im Parlament wird jetzt die Altstadt zum Zukunftsthema.

    Die Stimmung in der Stadt (bei denen, die sich für die Stadtentwicklung überhaupt interessieren) scheint in der Tat in Richtung Reko zu gehen. :)

    @Henk Frost

    Ich habe nur das hier gefunden:

    Johanna Melber, geb. Textor, war die Schwester von Goethes Mutter Catharina Elisabeth. Sie bewohnte mit ihrem Mann, dem Geheimrat Georg Adolph Melber, ein Haus am Frankfurter Markt. Goethe hat sie in seinen Kinderjahren dort oft besucht.

    Das Haus muß also irgendwo am Alten Markt gestanden haben, auf dem heute vom TR verdeckten Gelände. In der FAZ war vor einigen Wochen mal ein Leserbrief von einem Nachkommen dieser Familie, der vorschlug, man solle doch bei der Neubebauung des TR-Areals auch dieses Haus rekonstruieren - immerhin ist Frankfurts berühmtester Sohn dort ein- und ausgegangen.

    Aber ein Bild oder sonstige Infos habe ich nicht gefunden...

  • Mal abwarten... die richtigen Stimmen gab es schon oft, nur daraus geworden ist selten etwas...

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Restitutor Orbis"

    Mal wieder ne Meinung aus dem DAF zu dem Thema:

    "Der Versuch eines Wiederaufbaus mittelalterlicher Häuser würde in einem musealen Disneyland enden - das sehe ich auch so. "

    Wenn ich noch einmal im Zusammenhang mit Rekonstruktionen das Wort "Disneyland" lese, kriege ich Schreikrämpfe... :augenrollen:

    Nicht erstnehmen - wer sich so ausdrückt, denkt wahrscheinlich über die Ostzeile genauso, und dann folgerichtig auch über [lexicon='Kommandantur Berlin'][/lexicon], [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon] und überhaupt alle Rekonstruktionen am authentischen Standort.

    Hauptsache die Entscheidungsträger im Römer haben etwas mehr Sachverstand...

  • Denen fehlt halt oft auch die Bildung, in einem Gebäude mehr zu sehen als das bloße Gebäude - oder trivialer ausgedrückt: warum sollte jemand, der Goethe nicht kennt, dessen Wohnhaus rekonstruieren wollen?
    Ansonsten: genau, nicht ernst nehmen, und schon gar nicht aufregen - lohnt sich nicht.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
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    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Vielleicht sollte es anderen Menschen aber auch erlaubt sein, eine vom hiesigen common sense abweichende Meinung zu vertreten. Die Mehrheit in diesem anderen Forum ist eindeutig für Rekonstruktionen an dieser Stelle, und die diesbezügliche Diskussion differenziert und ziemlich interessant, während hier trotz positiver Meldungen eher pessimistische Griesgrämigkeit vorherrscht. Ohne Mehrheit in der Bevölkerung für dieses Projekt, hervorgerufen durch bessere Argumente und Überzeugungsarbeit, könnte der vielversprechende Ansatz allerdings tatsächlich scheitern.

    @ Antiquitus: Goethes Wohnhaus wurde schon vor Jahrzehnten rekonstruiert.

  • @ Henk Frost:
    Ich gebe dir völlig recht, daß es mehr als des bloßen Kommentierens, Reagierens und Lamentierens bedarf.
    Was die Argumente und Diskussionen angeht, finde ich allerdings nicht, daß sie hier im Forum bzw. im alten Forum gegenüber dem Deutschen Architektur Forum vom Niveau her zurückbleiben - oft eher im Gegenteil. Es gab (im laten Forum vielleicht noch mehr als im neuen) schon zig Grundsatzdebatten, die ein sehr hohes Niveau hatten (und zwar von Vertretern aller Seiten). Und die Diskussionen über die Gestaltung des Dresdner Neumarkts haben m.E. sogar ein mehr als beachtliches Niveau der Auseinanderstzung über ästhetische Fragen.

  • Philon, das steht doch völlig außer Frage. Das oben Stehende bezieht sich ausschließlich auf dieses Thema und auch nur auf die Beiträge in der letzten Zeit.

  • Zitat von "Henk Frost"

    Vielleicht sollte es anderen Menschen aber auch erlaubt sein, eine vom hiesigen common sense abweichende Meinung zu vertreten.

    Selbstverständlich!

    Selbst ich als grundsätzlicher Reko-Freund und -befürworter überlege gelegentlich, ob zu viele Rekos nicht vielleicht wirklich (wie von Gegnern bisweilen behauptet) die stehengebliebenen Originalbauten zu sehr entwerten und den Betrachter eines historischen Bauwerks verunsichern (ist das nun echt alt oder nachgebaut?).

    Über Pro und Contra von Rekonstruktionen läßt sich trefflich streiten, beziehungsweise diskutieren, und jeder ist hier im Forum auch eingeladen, das zu tun.

    Aber dann bitte mit sachlichen und stichhaltigen Argumenten (die es zweifellos gibt) und nicht mit solchen billigen, abgelutschten und platten Ausdrücken wie Disneyland oder Las Vegas.

    Auch wenn ich's nicht mehr hören kann, noch einmal: Im Disneyland und in Las Vegas stehen eher schlecht nachgeahmte Gebäude, deren Originale ein paar 1000 Kilometer entfernt noch unversehrt stehen.

    Bei Rekonstruktionen, wie wir sie hier befürworten, geht es hingegen um original- und maßstabsgetreu und aus ähnlichen Materialien gebaute Nachbildungen von Gebäuden, die nicht mehr existieren, die aber (teilweise mehrere Jahrhunderte) genau an diesem Ort gestanden haben. Wie zum Beispiel das Goethehaus. Und die Ostzeile. Und eben vielleicht sogar die Goldene Waage.

  • Zitat von "Henk Frost"


    @ Antiquitus: Goethes Wohnhaus wurde schon vor Jahrzehnten rekonstruiert.

    Denkst du, das weiß ich nicht?
    Aber mal abgesehen davon, dass dies am Argument nichts ändern würde, bezog sich meine Aussage auf "Johanna Melber, geb. Textor, war die Schwester von Goethes Mutter Catharina Elisabeth. Sie bewohnte mit ihrem Mann, dem Geheimrat Georg Adolph Melber, ein Haus am Frankfurter Markt. Goethe hat sie in seinen Kinderjahren dort oft besucht.". Gut, ich hätte schreiben müssen "...Wohnhaus von Goethes Tante...", aber davon abgesehen, dürfte klar sein, was gemeint ist.
    Jemand, der aber die Rekonstruktion eines wichtigen Gebäudes als "museales Disneyland" abtut, hat aber nicht nur lediglich eine andere Meinung, sondern halt auch keine Ahnung, weil das Argument einfach Quatsch ist. Und das ist die Stelle, an der die meisten hier sich entweder aufregen oder nur noch gähnen, weil solche Argumente in der Vergangenheit schon so oft entkräftet wurden, dass zumindest ich dies nicht noch einmal tun werde, und offensichtlich andere heir auch keine Lust dazu haben. Das mag arrogant wirken, ist es aber nicht.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.