Dresden, Neumarkt - Allgemeines

  • Ich schaue mir gerade das Palais de Saxe an der Moritzstraße an und es fallen sofort die vier Kolossalsäulen auf. Wenn man mal weiter denkt waren Säulen, insbesondere in kolossaler Ordnung, sehr selten im barocken Dresden. Am Neumarkt findet sich z.B. keine einzige Säule. Die Innenhöfe des Schlosses oder Stallhofes waren dagegen sehr säulig, aber nach außen hin hat man sich da stark zurückgehalten. Mir fällt jetzt spontan nur die Katholische Hofkirche mit ihren kolossalen Säulen zur Front ein, ansonsten kamen Säulen erst erst ubiquitär im Historismus mit der Semperoper, Lipsius-Bau, Albertinum und Sempergalerie etc.

    Gab es im barocken Dresden eine allgemeine Säulenfurcht und warum hat das PdS damit so deutlich gebrochen?

  • Palais de Saxe

    Gibt es eigentlich einen Plan, in dem die Lage des Palais de Saxe in die heutige Straßenführung eingezeichnet ist? Ich bin nicht so firm, wo es eigentlich lag und warum es heute nicht rekonstruiert werden könnte. Liegen die Gebäude der Wilsdruffer heute an der Stelle?

  • Das Palais de Saxe befindet sich auf der Karte des von der Landeshauptstadt entwickelten städtebaulich-gestalterischen Konzeptes etwas unterhalb der Bezeichnung "Quartier IV" (das rot umrandete Pendant zum wiedererrichteten "Britsh Hotel", gekennzeichnet mit R 1b). Auf absehbare Zeit werden wir die Wiedererstehung dieses wundervollen Gebäudes wohl nicht sehen, da der Abstand zu den Bauten in der Wilsdruffer Straße einfach zu gering ist.

    Neumarkt - Städtebauliches Konzept - Stand September 2011

  • Es würde dort genau hineinpassen.

    Und der Spitzwinkel zu den Wilsdruffer Hinterhöfen? Wie kann eine derartige Monumentalfassade dort zur Geltung kommen?

    Gab es im barocken Dresden eine allgemeine Säulenfurcht und warum hat das PdS damit so deutlich gebrochen?

    Es entsprach nicht dem Formempfinden des Dresdner Barocks, das nicht auf Monumentalität und Kolossalordnung ausgerichtet war (wie Wien, Prag), letztlich auch weniger auf ausgeprägte Plastizität (wie Franken), wobei es hier natürlich wohldosierte und wohlinszenierte Ausnahmen gibt, wie Erker und einzelne besonders hervorgehobene Achsen. Überladenheit war nicht Dresdnerisch, zumindest was das bürgerliche Bauen anbelangt (vgl das Bamberger Böttinger Haus).

    Zur Frage im 2. Halbsatz:

    Ich würde sagen: Ausnahmen bestätigen die Regel bzw auch das musste eben irgendwann passieren, wohlgemerkt im Spätstil, sozusagen aus Ausloten aller Möglichkeiten und dazu doch auch eine ganz spezifisch Dresdnerische Art.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Vielen Dank,

    wenn es genau dort hinpassen würde, würde ich es dort rekonstruieren. Die Hinterhofsituation muss ja nicht bis in alle Ewigkeit bestehen bleiben. Und wenn doch, dann ist es etwas für den Strang über "Skurrilitäten", was das Palais eventuell bei Touristen als "Geheimtipp" noch bekannter machen könnte.

    Allerdings vermute ich, dass die Bauordnung eine derart nahe Bebauung am Bestand nicht zulassen würde. Zumindest nicht, wenn die Ecke des Hauses direkt an Fenster reichen würde.

  • Warum macht man daraus nicht ein Nachverdichtungsprojekt, indem man das Palais da noch einfügt, aber nach hinten versetzt? Die Gebäude an der Wilsruffer Straße sehen nicht so aus, als kämen die in absehbarer Zukunft weg.

  • Ich schaue mir gerade das Palais de Saxe an der Moritzstraße an und es fallen sofort die vier Kolossalsäulen auf. Wenn man mal weiter denkt waren Säulen, insbesondere in kolossaler Ordnung, sehr selten im barocken Dresden. Am Neumarkt findet sich z.B. keine einzige Säule. Die Innenhöfe des Schlosses oder Stallhofes waren dagegen sehr säulig, aber nach außen hin hat man sich da stark zurückgehalten. Mir fällt jetzt spontan nur die Katholische Hofkirche mit ihren kolossalen Säulen zur Front ein, ansonsten kamen Säulen erst erst ubiquitär im Historismus mit der Semperoper, Lipsius-Bau, Albertinum und Sempergalerie etc.

    Gab es im barocken Dresden eine allgemeine Säulenfurcht und warum hat das PdS damit so deutlich gebrochen?

    Das Palais de Saxe wurde zwischen 1712 und 1715 vom Großkanzler und Oberhofmarschall Wolf Dietrich von Beichlingen errichtet.

    Wer war Beichling?

    Er gehörte zu den größten Grundbesitzern Kursachsens. Im Jahr 1700 wurde er Oberstkanzler und war für die Staatsfinanzen zuständig. Er galt als Gegner des Großen Nordischen Krieges und hatte auch aufgrund seiner Finanzpolitik zahlreiche Feinde.
    Auf Betreiben von Anton Egon Fürst von Fürstenberg (Statthalter August des Starken in Dresden bei Abwesenheit dessen in Polen) und Jakob Heinrich Graf von Flemming (oberster Minister und Armee-Chef) fiel Wolf Dietrich Graf von Beichlingen beim sächsischen Kurfürsten in Ungnade und wurde (mit allen seinen Brüdern, Frau und engen Freunden) Anfang April 1703 unter dem Vorwurf der Veruntreuung und verräterischer Umtriebe inhaftiert.

    Er wurde bis 1709 auf der Festung Königstein gefangen gehalten, dann rehabilitiert, aus der Haft auf dem Königstein entlassen, durch Rückgabe seiner vormals enteigneten Güter in den alten Stand gesetzt und erhielt von da ab eine jährliche Pension von 8.000 Talern als Wiedergutmachung.

    Das Palais de Saxe wurde 1712 bis 1715 unter der Regie George Bährs und George Haases in Formen des Hochbarock errichtet und bezieht sich in seiner Architektur ganz deutlich auf die zur damaligen Zeit gerade entwickelten Schlossbaupläne Pöppelmanns.


    Matthäus Daniel Pöppelmann (1662-1736): Die Schloss- und Zwingerplanungen für Dresden. Planen und Bauen im "modus Romanus" — Fachbereich Kunstgeschichte — TU Dresden (tu-dresden.de)

    34 (d-nb.info) (Seite 55)

    War es eine Anbiederung an August? War es eine "Fanfaronade" frei nach dem Motto "seht her ich bin noch da, größer und mächtiger als je zuvor"?

    Angeblich soll Beichling auch nach seiner Entlassung in Dresden gesellschaftlich geächtet gewesen sein.

    Auf jeden Fall wurde mit dem Jahr 1719 in Dresden der Höhepunkt des Italienisch geprägten Hochbarock (Zwinger) erreicht.
    Durch den immer stärkeren Einfluss der Architekten Longuelune und Knöffel wurde ein eher klassizistischer Spätbarock französischer Prägung zur aktuellen Hofkunst. Insgesamt zurückhaltendere Formensprache fern ab der Opulenz des Zwingers kamen in Mode.
    Kolossalsäulen kamen aber am Jap. Palais und an der Hofkirche wieder, genau so wie geschossübergreifende Pilaster und Lisenen an Hofbauten und Palais üblich waren.

    Kurländer Palais – Wikipedia
    Palais Wackerbarth – Wikipedia
    Japanisches Palais – Wikipedia

    Übrigens denke ich, dass an diesen letztgenannten "protoklassizistischen Barockbauten" dann auch klar wird, warum gerade Dresden ein optimaler Nährboden für die "Erfindung des Klassizismus" war.
    Johann Joachim Winckelmann – Wikipedia

    Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff – Wikipedia

  • War es eine Anbiederung an August? War es eine "Fanfaronade" frei nach dem Motto "seht her ich bin noch da, größer und mächtiger als je zuvor"?

    Ja, so was hatte ich mir immer gedacht. Man nennt das "Fanfaronade"? Jetzt lerne ich gerade was dazu......

  • Das Palais de Saxe war im 18. Jh wohl der spektakulärste Privatbau Dresdens. Seine Wiederrichtung müsste höchste Priorität besitzen.

    Auf den ersten Blick könnte man die Fassade ob ihrer Üppigkeit und der Verwendung architektonischer Grundformen nach überwiegend dekorativen Gesichtspunkten sogar für neobarock halten.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ein schoenes Hallo!

    Schaut mal her - im Film "Book of Daniel" hat man die Dresdener Frauenkirche

    mit eingebaut! der Film ist von der Bibel Serie. Die Frauenkirche stellt einen Palast

    von Nebukanza aus Babylonien dar. Das geht nartuerlich nicht ohne Deutschland:

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    Ihr muesst leider druecken. das spiel springt dann auf die richtige Stelle.

  • Interessanter Fund. Nebuchadnezzar II. wird allerdings von Juden nicht gerade positiv eingeordnet. (siehe z.B.: hier)

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

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    Ob das jetzt ein besonderes gutes Werbevideo ist, um Touristen anzulocken, wage ich zu bezweifeln. Aber es stellt die Realität recht gut dar.

    Freunden würde ich eher das Video nahelegen:

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    Oder das (mein Lieblingsvideo):

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    Da muss ich coar leider zustimmen.
    Aus der Luft ein extremer Kontrast zwischen dem kleinen, schönen, wiederaufgebauten Kern der Altstadt und den wirklich sehr unansehnlichen äußeren Bereichen. Zumindest die DDR-Hochhäuser direkt westlich der Altstadt müssten unbedingt weg. (Ich weiß, das wird erst Mal nicht passieren, und ich weiß, dass man diese sogar gerade erst saniert und umbaut.)

  • Ich muss da ebenfalls zustimmen. Ich habe früher eigentlich immer gedacht, dass in Dresden alles richtig gut wieder rekonstruiert wurde und es quasi alles wieder so ist wie vor dem Krieg, bis ich dann angefangen habe mich immer mehr und mehr mit der Stadt zu beschäftigen und da stellte sich dann tatsächlich eher Ernüchterung ein.

    Es fällt vor allem auf, wenn man sich Luftbilder oder auch Satellitenbilder usw. ansieht. Denn dann wirkt es wirklich so, als sei die Kernaltstadt mit dem Neumarktareal ein eigenes Dorf oder kleines Städtchen und drumherum liegen weitere Dörfer und Städte.

    Diese Kernaltstadt hat nämlich irgendwie gar keine Verbindung zur restlichen Stadt. Das ist ein in sich abgeschlossener verdichteter Raum und direkt drumherum ist dann gefühlt kilometerweite Brachfläche mit vereinzelten Baracken und Plattenbauten drin.

    Das ist deutschlandweit ja fast einmalig, dass man nur wenige Meter vom Zentrum gehen muss, um dann obwohl man noch mitten in der Innenstadt ist, quasi komplett im Nirgendwo zu stehen.

    Deshalb wäre es für mich am allerwichtigsten, dass man die fehlende Verbindung vom Altstadtareal zum Rest wieder herstellt.

    Insbesondere am Pirnaischen Platz bis runter zum Elbufer muss wieder mehr verdichtet werden. Natürlich im Optimalfall mit Rekonstruktionen genau wie am Neumarkt. Kaiserpalast, venezianische Häuser etc.. Da gab es so viele gute Pläne.

    So müsste man stückweise immer mehr vom alten Dresden zurückholen und den schönen verdichteten, urbanen und historischen Altstadtbereich immer mehr auf die Umgebung ausweiten.