Dresden, Neumarkt - Allgemeines

  • Eine interessante Aufnahme des Dresdner Architekten Jörg Blobelt aus dem Jahre 2005. Wir sehen die Südseite des Coselpalais vor der Wiederbebauung der Salzgasse. Ein aktuelles Bild (Dezember 2021) gibt es hier oben von Mattielli. Die Südfassade des Coselpalais wurde für eine schmale Gasse entworfen. Sie hat aber zugleich eine bemerkenswert gute Fernwirkung.

    Coselpalais, Südseite zur Salzgasse (Foto: Jörg Blobelt, 20. März 2005, CC-BY-SA-4.0)

  • Ja, das ist eben ein qualitätvolles Gebäude - und ein Palais. Meines Wissens muss ein solches von allen Seiten gut sein. Damals gaben sich Architekten offenbar selbst dann Mühe, wenn sie wussten dass eine Gebäudeseite nicht gut sichtbar sein wird.

    Heute tut man das nicht einmal, wenn man weiss, dass die Seite exponiert sein wird. Und dann wundern sich die Herr*innen Baukünstler/innen/divers etc. , warum die Bevölkerung von einem modernistischen Irrweg umkehren und zurück zu traditioneller Architektur will.

    Es wird ja immer gesagt, daß man einem Bau das Alter und die Entstehungszeit ansehen können soll. Deshalb wird, beispielsweise, der alte barocke Stil, oder die Gründerzeit, ... nicht kopiert und heute nicht mehr verwendet. Angeblich werde damit ein höheres Alter vorgegaukelt und sei unehrlich. - Komischerweise greift man aber im Jahre 2021 immer wieder auf den Bauhaus-Stil, oder den Brutalismus der 1960er und 1970er Jahre zurück. Besonders bei Bürogebäuden. In diesen Fällen drückt man allgemein beide Augen zu und kopiert waagerechte Fensterbänder ohne Ende. Da ist es dann plötzlich wurscht, ob man die Entstehungszeit zuordnen kann.

    Ganz genau. Hier sieht man ja die Unehrlichkeit der Modernisten. Es wird grundsätzlich mit zweierlei Maß gemessen.

    Um wieder mal ein plattes, aber wahres Klischee zu bemühen: In Berlin laufe ich oft genug an Altbauten vorbei, in denen Architekturbüros sind und Architektur*innen an Schreibtisch*innen sitzen. Vermutlich hetzen sie dort fleissig in sehr intellektuellen Feuilletons gegen reichlich verzierte Stuck-Altbauten, um die reichlich verzierten Stuck-Altbauten bezahlen zu können die sie selber bewohnen.

    Ist das nicht ein kosmisches Gesetz? Wie oben, so unten. Wie innen, so aussen. Die Betonkistenmoderne ist aussen inhuman, innen unaufrichtig. Wenigstens cohärent in sich selber.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Rainer Zufall

    "Sancta simplicitas!"

    Wäre ich jetzt entweder Architekt oder, sagen wir, ein gut verdienender, in fester, unkündbarer Anstellung befindlicher Denkmalpfleger in dieser unserer ach so bunten BR Deutschland, würde ich angesichts dieser Bilder mit Jan Hus sagen "Heilige [dumme] Einfältigkeit"

    dieser vielen Menschen die sich - offensichtlich glücklich?! - am rekonstruierten Dresdner Neumarkt tummeln,.

    Aber da ich das nicht bin, sage ich das nicht.

  • Die Stimmung am Neumarkt war - als ich vor kurzem dort vor dem Freiberger gegessen habe - einfach schön. Problematisch finde ich nur, dass es zu viele Souvenir-Geschäfte gibt - auch hier nähert sich Dresden Prager Niveau :-).

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Es verteilt sich halt auch nicht großartig. Bis zum Wiederaufbau am Neumarkt bot Dresden hinter dem Canaletto-Blick gar keine Altstadt (abgekanzeltes Barockviertel um die Königstraße auf der anderen Elbseite mal außen vor). Nun drängt sich dort sich dort halt alles, da gleich gen Postplatz, Pirnaischen Platz usw. unurbanes Wasteland anschließt.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Nun drängt sich dort sich dort halt alles, da gleich gen Postplatz, Pirnaischen Platz usw. unurbanes Wasteland anschließt.

    Das ist und bleibt das große Problem Dresdens. Eine Altstadt-Insel ohne Einbettung in einen dicht bebauten, urbanen Raum, der eine richtige Großstadt ausmacht.

    In dubio pro reko

  • Zugute halten kann man, dass mit den Projekten um die Schweriner Straße via Postplatz zumindest wieder eine "Aorta" in Richtung Friedrichstadt gegeben ist, die eine Renaissance erfährt und zumindest noch vorgründerzeitliche Bauten besitzt. Umso drängender ist die Herkulesaufgabe, die Lignerstadt und die Pirnaische Vorstadt bis zur Elbe in den nächsten Jahrzehnten urban zu gestalten und wieder mit der Altstadt zu verbinden. Dies kann allerdings nur mit einer drastischen Umgestaltung/Verschmälerung der aufgeweiteten St. Petersburger Straße gelingen.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Es ist ein Anzeichen, dass noch weitere Rekonstruktionen erforderlich sind, denn die Menschen halten sie dort nunmal gerne auf. Es ist der Gegenentwurf zu anonymem Arbeiterschließfach und dem Stuckabschlagen der Nachkriegszeit.

  • Ihr vergesst alle in was für einem Zustand diese Stadt 1945 war und was der Sozialismus in 40 Jahren hier angerichtet hat....... Und damit meine ich in beiden Fällen nichts gutes.....

  • Dresdens Zentrum war tatsächlich weitgehende Wüste, ähnlich Berlin-Mitte in den Nachwendejahren. Nur dass die Stadt viel kleiner ist und das nicht so gut mit endlosen urbanen Vierteln drumherum kompensieren kann.

    Insofern ist die Renaissance der Stadt absolut erstaunlich. Trotz vieler verpasster Chancen, wirklich nachhaltig sind all die positiven Errungenschaften. Jetzt gilt es vor allem, rund um den Neustädter Markt kluge Entscheidungen zu befördern.