Kritische Berichte über modernistische Architektur in den Medien

  • Wer möchte denn absichtlich erreichen (ja Tautologie), dass die Gesundheit der Bevölkerung leidet? Und zu welchem Zweck soll das bitte geschehen?

    Ich interpretiere daraus, viel sinnhafter, dass eine positive Wirkung auf die psychische Gesundheit meistens überhaupt kein Kriterium (mehr) beim Entwerfen von Gebäuden und öffentlichen Räumen ist, und das kann man daraus sehr wohl als Vorwurf ableiten, weil es eben so offensichtlich ist. Dafür braucht man gar keinen Verschwörungstheorien zu folgen, um sowas zu äußern.

  • Wer möchte denn absichtlich erreichen (ja Tautologie), dass die Gesundheit der Bevölkerung leidet? Und zu welchem Zweck soll das bitte geschehen?

    Zunächst einmal gilt grundsätzlich zu klären, ob Architektur und das einen umgebende Stadtbild überhaupt einen Einfluss auf die seelische Verfasstheit und mentale Gesundheit von Menschen hat.

    Ich meine das dem so ist und dass es diesbezüglich einen Unterscheid ausmacht, ob man - sagen wir in Görlitz, Landshut, Lüneburg in Innenstadtnähe aufwächst oder in einer gesichtslosen Neubausiedlung im Ruhrgebiet, in einer Stadt ohne historischen Stadtkern.

    Civita fortis postete am Dienstag Aufnahmen vom Altmarkt (z.B. Schreibergasse) woraufhin Grimminger folgende Einschätzung abgab.

    Völliger toter Stadtraum. Habe mich beim letzten Dresdenbesuch geekelt, hier durchzulaufen.

    Über den wieder aufgebauten Neumarkt wird man solch ein verheerendes Urteil wohl eher nicht vernehmen.

    Nun verhält es sich aber so, dass Projekte, welche Stadtbildreparaturen im Sinne des Neumarktes in Dresden fortschrieben möchten, von offizieller Seite - trotz des Erfolges und der positiven Annahme in der Bevölkerung - eher wenig unterstützt werden, um es sehr vorsichtig zu formulieren.

    Weshalb aber werden von offizieller Seite solch erfolgreiche, von der Bevölkerung überschwänglich angenommene und auch bewunderte Projekte wie der Dresdner Neumarkt oder die neue Frankfurter Altstadt (auch das Berliner Schloss) so herabgewürdigt?

    Dieselben Wortführer und Entscheidungsträger haben auf der anderen Seite wenig Probleme weiterhin solch tote Stadträume wie in der Schreibergasse in Dresden zu generieren.

    Nein, ich gehe nicht davon aus, dass sich Architekten und Bauherren zusammensetzen und gezielt besprechen, wie sie ein Projekt besonders hässlich, kalt und steril umsetzen können.

    Einen Erklärungsansatz zeichnet Claus Wolfschlag vor.

    (16:45) Und dann gibt es natürlich ein paar Ideologen, die aus spezifischen Gründen, die man hinterfragen muss, etwas gegen diese Rekonstruktionen haben. Im Prinzip ist es eigentlich lächerlich, denn wir sehen ja was draußen in der Landschaft gebaut wird. Und das sind dann zu 90% diese weißen Blocks mit den Styropor-Platten dran und einem Flachdach und das ist der Massenwohnungsbau und so sehen auch die Schulen aus und so sehen die Verwaltungsgebäude aus. Also, das ist ja alles im Grunde genommen heutzutage ein Brei. Und wenn dann jetzt mal so ein paar wenige Rekonstruktionen kommen, da macht mal einer ein Barock-Palais oder eine alte Kirche, dann könnten die ja müde drüber lächeln und sagen: das spielt für das Bauvolumen, das in Deutschland stattfindet überhaupt keine Rolle. Aber anscheinend ist es nicht so. Anscheinend schafft es so ein kleines Stückchen Altstadt oder eine Frauenkirche oder ein Berliner Schloss, die Narrative dieses Milieus so stark in Frage zu stellen, dass sie Angst haben es könnte zu einem Kippen kommen. Das ist glaube ich die innere Befürchtung, die sie haben.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Ich interpretiere daraus, viel sinnhafter, dass eine positive Wirkung auf die psychische Gesundheit meistens überhaupt kein Kriterium (mehr) beim Entwerfen von Gebäuden und öffentlichen Räumen ist, und das kann man daraus sehr wohl als Vorwurf ableiten, weil es eben so offensichtlich ist.

    Das sehe ich ähnlich und ich glaube, das wird man sogar über unsere Kreise hinaus so einschätzen.

    Dafür braucht man gar keinen Verschwörungstheorien zu folgen, um sowas zu äußern.

    Niemand hat etwas von Verschwörungstheorien geschrieben.

    Valjean

    Bei vielen von dem, was du nun schreibst, kann ich dir folgen, aber letztlich gehst du kein Stück auf meine Rückfragen ein. Wer genau möchte denn mit Architektur die Gesundheit der Bevölkerung schädigen? Du schmeißt das so einfach in den öffentlichen Raum und umgehst die zu erwartenden Rückfragen.

    Ich kann auch durchaus den Erklärungsmustern von Wolfschlag etwas abgewinnen, aber wenn dabei auf Kanäle rund um die rechtsextremen Kreise von Schnellroda und Kubitschek etwas von Ideologien gefaselt wird, bin ich raus. Das sind für mich keine seriösen Medien.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Nun Valjean hat mit keinem einzigen Wort behauptet, dass "[jemand] mit Architektur die Gesundheit der Bevölkerung schädigen" will. Das ist deine nun zum zweiten mal wiederholte Interpretation.

    Haben die beiden Gebäude denselben Einfluss auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung?

    "nein, das glaube ich in der Tat nicht und ich meine auch, dass eben dies auch beabsichtigt ist."

    Man kann es auch so sehen, dass eben umgekehrt - vor hundert Jahren indirekt die psychische Gesundheit - über die Schönheit und Harmonie - sehr wohl als Kriterium eine Rolle spielte, im Gegensatz zu heute, wo eine besondere Kühnheit, ein besonders harscher Kontrast, eine besondere Abhebung von traditionellen Architekturformen, ein besonderes Spektakel beabsichtigt ist. Den Geist des Betrachters in ständiger Unruhe halten.

  • Nun Valjean hat mit keinem einzigen Wort behauptet, dass "[jemand] mit Architektur die Gesundheit der Bevölkerung schädigen" will. Das ist deine nun zum zweiten mal wiederholte Interpretation.

    Nur damit sichergestellt ist, dass wir hier nicht einander vorbeireden. Die Frage lautete:

    Zitat

    Glaubt eigentlich irgendjemand, dass diese beiden Gebäude die gleichen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung haben?

    Die Antwort auf diese Frage lautete:

    Als Antwort zur, auf englisch, gestellten Frage: nein, das glaube ich in der Tat nicht und ich meine auch, dass eben dies auch beabsichtigt ist.

    Vielleicht fehlt mir auch nur die Fantasie, aber ich kann keine andere Interpretationsmöglichkeit erkennen, als dass hier behauptet wird, dass der negativen Auswirkungen auf die physische Gesundheit der Menschen nicht nur erkannt, sondern auch bewusst (durch wen denn nun?) in der Architektur angelegt werden. Zu so einem weitreichenden Vorwurf hatte ich Rückfragen, die ich formuliert habe. Eine konkrete Antwort dazu habe ich nicht erhalten.

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  • Zu so einem weitreichenden Vorwurf hatte ich Rückfragen, die ich formuliert habe. Eine konkrete Antwort dazu habe ich nicht erhalten.

    Wenn du nur wieder deine Paranoia ausleben willst, dass du hinter jeder Aussage eine Verschwörungstheorie vermutest, dann macht das bitte unter euch aus. Ich habe keine Lust auf solche Unterstellungen, die nichts bringen, außer dass du wieder deine Ressentiments bestätigt bekommen willst - die du doch sowieso längst mit dir herumträgst - , sondern würde mich weiter über eine sachliche Argumentation zu Sachthemen freuen. Dieses ewige Nachgebohre "Was hast du gesagt? Wie hast du es gemeint?" ist albern und kindisch. Lass es bitte endlich!

  • GoldenerEngel

    Wer Dinge in die Öffentlichkeit hinausposaunt, muss damit rechnen, dass man nachfragt, wie es gemeint ist. Wenn du damit ein Problem hast, dann kannst du dich ja der Diskussion enthalten. Den Einwurf der Verschwörungstheorie lese ich jetzt schon zum zweiten Mal hier, von mir kam er definitiv nicht. Insofern unterlasse es bitte, mir Paranoia zu unterstellen!

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  • Tegula, ist ja nicht so, dass du in der Vergangenheit nicht immer wieder mit der Masche aufgefallen wärst. Es interessiert hier niemanden außer dir, wie er es gemeint hat. Wenn es dich wirklich interessiert, frag ihn privat. Danke!

  • Ich versuche mal für mich eine Antwort darauf zu geben. Pathos, Stolz, Repräsentation, künstlerische Meisterschaft und damit natürliche Hierarchien sollen heutzutage im Zeichen der Demokratie „überwunden“ werden. Das spiegelt sich in der modernen Architektur wider, die in meinen Augen durchaus eine erzieherische, man könnte sagen „exorzistische“ Wirkung haben soll. Schönheit und Harmonie stehen im Ruch, Überlegenheit (in welcher Form auch immer) zu signalisieren. Und sie erinnern an Könnerschaft und Begabung, die der sozialdemokratischen Doktrin der Gleichheit aller Menschen zuwiderlaufen. Das Hässliche und Unterdurchschnittliche, also das architektonische „Understatement“, soll dem entgegenwirken. Ebenso die „Auslese“ nach unten und die Öffnung der Kultur für jedermann, die diese Hässlichkeit natürlich hervorbringt und politisch gewollt ist. Gerade auf Deutschland bezogen, da hier auch in den sensibelsten Bereichen der Innenstadt diese Dogmen verfolgt wurden und weiterhin werden. Zumindest sehe ich es so, man darf mir natürlich gerne widersprechen.

  • Zumindest sehe ich es so, man darf mir natürlich gerne widersprechen.

    Ich hinterfrage mal, erneut auf die Gefahr hin, dass irgendein Nutzer glaubt, mich deshalb persönlich angehen zu dürfen und zu müssen. Folgende Anmerkungen und Fragen habe ich:

    Die Gleichheit aller Menschen ist gewiss keine sozialdemokratische Doktrin. Sie ist vielmehr bereits in den Menschenrechtskonventionen verankert. Auch in der jüdisch-christlichen Überlieferung spielt die Gleichheit aller Menschen eine zentrale Rolle. Mir ist schon bewusst, dass es Gleichheit auf verschiedenen Ebenen geben kann, aber wie man die Würde des Menschen mit einer Doktrin in Verbindung setzen kann, ist mir schleierhaft. Könnerschaft und Begabung können selbstredend auch in einer Gesellschaft Anklang finden, die die Prinzipien der Gleichheit aller Menschen für ein zentrales Element des Miteinanders ansieht. Im Grunde gilt das mehr oder weniger ausgeprägt für alle kapitalistischen Demokratien.

    Eine künstlerische Meisterschaft bedingt doch keine natürliche Hierarchie, wie du schreibst. Vielmehr ist diese Hierarchie eine Frage der gesellschaftlichen Bedingungen. Bis ins Hochmittelalter hinein zum Beispiel galt der Künstler, auch der Architekt, als einfacher Handwerker. Das spiegelt sich vor allem darin wider, dass deren Namen anders als beim Bauherren praktisch nicht überliefert sind. Auch anderweitig hat sich der Künstler in seinen Werken praktisch nicht verewigt. Das beginnt erst im Spätmittelalter aufzubrechen. So gäbe es sicher unzählige Beispiele für Gesellschaften, in denen Künstler keine hohe Stellung in der Ordnung hatten. Eine natürliche Hierarchie vermag ich da nicht erkennen.

    Du schreibst, moderne Architektur soll im Zeichen der Demokratie wirken. Dabei hast du vielleicht einige Länder im Kopf, bei denen dies so gedeutete werden könnte, vernachlässigst aber unzählige Diktaturen und nichtdemokratische Länder, in denen ebenso modern gebaut wird. Ich erspare es uns mehr Beispiele zu nennen als China. Diese Gleichung geht also nicht auf.

    Du behauptest, moderne Architektur würde mit seiner Hässlichkeit und Unterdurchschnittlichkeit politisch gewollt sein. Erkläre mir das bitte anhand der chinesischen Megacitys der letzten Jahre, anhand der sich gegenseitig übertrumpfenden Wolkenkratzer und Retortenstädte in den Scheichstaaten in Nahen Osten oder am Guggenheim-Museum in Bilbao. Letzterem ist es gelungen, das Image und das Gesicht einer ganzen Stadt in nur wenigen Jahren komplett positiv umzukrempeln. Diese Bitte ist nicht rhetorisch gemeint.

    Allein an diesen Gegenargumenten kann man erkennen, dass einfache Erklärungsmuster, die natürlich populistisch verfangen, bei der Beurteilung von moderner Architektur nicht ausreichen. Das gilt selbstverständlich für beide Lager, die der Modernisten und die der Anhänger klassischer Architektur.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Gut. Einige sehr gute und nachvollziehbare Punkte, die ich so stehen lassen möchte. Dennoch halte ich die moderne Architektur für einen Demokratisierungs- oder Vermassungsprozess. Dagegen spricht auch nicht, dass zuftiefst kollektivistische Systeme (an dieser Stelle unterscheiden sich dem Gleichheitssatz verpflichtete Demokratien und Diktaturen in meinen Augen ästhetisch nur bedingt) es ähnlich handhaben und aus anderen Motiven, aber mit der ähnlichen Absicht bauen. Ich bleibe also bei meinem Standpunkt im Wissen, dass das gleiche Phänomen unterschiedlich interpretiert werden kann.

  • Dennoch halte ich die moderne Architektur für einen Demokratisierungs- oder Vermassungsprozess.

    Wenn die heutige Architektur wirklich ein Spiegelbild von Demokratisierung wäre, wäre sie ja zu mindesten 75-90% traditionell geprägt, wie es die jeweiligen lokalen Umfragen zu dem Thema deutlich zeigen.