Stuttgart und seine negativen Seiten

  • Dresden bietet in der Neustadt und Striesen eine höher entwickelte urbane und bürgerliche Kultur als Stuttgart, wo die Wohlhabenden entweder in die Hänge oder das Umland fliehen.

  • Zitat von saudadegostosa

    Stuttgart hat mit 44 % so ziemlich den höchsten Migrantenanteil aller deutschen Großstädte, wann warst Du denn zum letzten Mal hier? (...)

    Im Jahre 2010. Das war wohl vor der Flüchtlingswelle. Doch es gibt gut und weniger gut integrierte Zuwanderer. In Stuttgart ist mir das jedenfalls nicht sonderlich aufgefallen. Zugegeben, ich war auch nur im Zentrum der Stadt. Den Wilhelmsplatz kenne ich nicht. Aber Du wirst selbst in der nobelsten und schönsten Stadt eine "Schmuddelecke" finden. Ist ja auch egal. Der Eindruck einer Stadt ist ja sehr subjektiv und für jeden individuell anders. Es fließen viele Faktoren in die Entscheidung, ob man eine Stadt mag, oder auch nicht. Ich jedenfalls mag Stuttgart und kann die übertrieben negative Kritik nicht immer nachvollziehen.

  • Es ist sehr lange her, dass ich zuletzt in Stuttgart war. Ich habe die Stadt aber immer noch gut in Erinnerung als lebensfroh und weltoffen, und nicht abstossender als andere Großstädte, die mit Wiederaufbau und autogerechter Stadt einen noch akzeptablen Spagat hinlegten. Ganz anders wie zum Beispiel Hannover, wo mehr erhaltene alte Bausubstanz dem Verkehr und dem Stadtbild der Zukunft geopfert wurde als im Endeffekt nötig war.

  • "Dresden bietet in der Neustadt und Striesen eine höher entwickelte urbane und bürgerliche Kultur als Stuttgart, wo die Wohlhabenden entweder in die Hänge oder das Umland fliehen."

    Wie sieht es denn in den Dresdner Vorstädten (Wilsdruffer-, Pirnaische Vorstadt, Seevorstadt u.a.) rings um die Innere Altstadt aus? Ich denke, wir beide kennen die ernüchternde Antwort. Blasewitz, Striesen sind das, was in Stuttgart die Halbhöhe ist, und da braucht sich die Schwabenmetropole mit ihren großartigen Villen nicht verstecken. Schicksal, dass die Hanglage den bequemen Zugang eher erschwert. Und in Dresden hat man sich in den Villenvierteln wahrscheinlich aus pragmatischen Gründen niedergelassen, während man in Stuttgart dahin "geflohen" ist? Bisschen unglaubwürdig, oder? Vielleicht eint das ja beide Städte, dass die Wohnqualität in den Stadtzentren für das gehobene Bürgertum, sagen wir, eher suboptimal ist?

    "Läufst du manchmal einfach so durch S-Süd oder West?"

    Öfter als du glaubst. Und im Gegensatz zu dir entdecke ich dabei jedes mal wieder Reizvolles und Interessantes.
    Ich streite nicht ab, dass Stuttgart keinen Schönheitspreis für sein Stadtzentrum bekommt, nur finde ich dein rundum negatives Urteil über die Stadt ungerechtfertigt, mir scheint das bei dir eher eine persönliche Aversion zu sein.

    In dubio pro reko

    14 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (12. März 2017 um 19:59)

  • Was Dresden anlangt, gebe ich Dir recht - Stuttgart ist wesentlich urbaner als Dresden, weil es noch überwiegend urbane Strukturen aufweist und hochverdichtet ist, Dresden besteht ja leider in weiten Teilen des Zentrums nach wie vor aus grüner Wiese und sehr sporadischer Bebauung.

    Indes habe ich das schöne Wetter für eine hoffentlich halbwegs ausgewogene Fototour durch die Stuttgarter Innenstadt genutzt:

    Stuttgart März 2017

    Kennt jemand einen Hosting-Service oder ein Hosting Script, der bzw. das die Fotos auf einer Karte übersichtlich präsentiert? Mit Flickr habe ich etwas herumexperimentiert, das ist aber extrem umständlich. Picasa und Locr gibt es ja leider nicht mehr... zur Not stelle ich die Fotos auf meiner Synology NAS bereit, das ist nur zwangsläufig reichlich langsam.

    P.S. Ggf. stelle ich die Fotos noch mit etwas neutraleren Farbeinstellungen nochmals bereit, beim "Entwickeln" am Computer habe ich mich diesmal für intensive Farben entschieden.

  • Bitte in der Galerie unten auf den Pfeil nach rechts klicken, dann kommen weitere Aufnahmen :)

    Die restlichen Viertel habe ich schon recht ausgiebig fotografiert, die lade ich bei Gelegenheit hoch (idealerweise auf eine Seite, die Geotagging unterstützt). Ich finde sogar, daß die schönen Seiten etwas überrepräsentiert sind...

  • Wiewohl es sehr löblich ist, dass "saudadegostosa" hier eine ordentliche Fotogalerie präsentiert, muss eine anhand von zwangsläufig subjektiver Motivauswahl/Inszenierung durchgeführte Bewertung einer Stadt scheitern. Man könnte aus jeder Stadt in Deutschland durch die Motivauswahl entweder ein absolutes Monstrum machen oder eben eine der schönsten Städte des Landes.

    Diese Diskussionen über die Schönheit einer Stadt sind zwar häufig unterhaltsam, führen aber nur selten zu irgendeinem Ziel. Was man wohl festhalten kann, ist, dass Stuttgart -vielleicht etwas atypisch für eine süddeutsche Stadt- einen ziemlich autogerechten Wiederaufbau erfahren hat, was der Stadt sicher nicht gutgetan hat. Ich kenne Stuttgart von ein, zwei Besuchen bei den Eltern einer Freundin und einer (unfreiwilligen) Komplettdurchquerung vor zwei Jahren mit dem Auto ohne Navi.

    Jedes Mal hat die Stadt auf mich einen zumindest interessanten Eindruck gemacht, was wohl hauptsächlich am abwechslungsreichen Relief liegt. Für eine Stadt dieser Größe dürfte die Topografie in Deutschland ihresgleichen suchen. Auf der Durchfahrt kamen wir durch einige attraktiv wirkende, einigermaßen geschlossene Altbauviertel und eben auch durch viel verbauten Schrott und überbreite Verkehrstrassen.

    Insgesamt vielleicht mit Hannover zu vergleichen (nicht insgesamt, bitte nicht missverstehen!), eine Stadt mit einem fast ausgelöschten Zentrum und in der Peripherie dann beeindruckend erhaltenen Wohnvierteln, wobei Hannover beim zweiten Punkt sogar führt. Auch das hier schon genannte Wuppertal wäre vielleicht ein Vergleichskandidat (zumal hier auch die Tal- bzw. "Kessellage" ähnlich wäre), sehr schöne Gründerzeitwohnviertel mit ganz eigenem Charakter. Die Zentren Wuppertals allerdings sind noch runtergekommener und kaputter. Bei einem Besuch vor 2 Jahren in Elberfeld (wohl noch irgendwie der "bessere" Teil) war ich schockiert über Zustand und Gebäudebesatz der Fußgängerzone. Im Prinzip habe ich auf der ganzen Runde zu Fuß kein einziges Vorkriegsgebäude gesehen (verzeiht die leichte Übertreibung).

  • locr scheint doch noch Fotohosting anzubieten, ich mache mich da mal kundig, ob ich damit oder mit einer anderen Plattform auch die Aufnahmeorte einblenden kann. Ich habe mich aber schon bemüht, das Stadtzentrum gleichmäßig abzudecken, inwiefern ich lizenzrechtlich zumindest die zugehörige Open Street Map-Karte hochladen kann, muß ich auch noch herausfinden.

  • Mir würde da eine interaktive Übersicht vorschweben, so ähnlich wie man das früher mit JetPhoto erstellen konnte - eine große Kartenübersicht, aus der sofort ersichtlich ist, wo die Fotos aufgenommen wurden. Idealerweise auch mit Anzeige von Metadaten wie Straßenname und Stadtteil, die Daten sind ja im Prinzip in alle Fotos eingebettet, nur auswerten und anzeigen kann das kaum noch ein Hoster.

    Locr scheint es zumindest noch teilweise zu schaffen, siehe https://www.locr.com/photo-germany-…atz-17-14449679 (ist aber erfahrungsgemäß extrem unzuverlässig).

    Bei Deinen - sehr gelungenen - Fotos werden halt fast immer nur kleine Ausschnitte präsentiert, ich habe ein Ultraweitwinkelobjektiv (das 11-22 von Canon für die EOS-M, zuvor hatte ich das 10-22 von Canon für die Canon Spiegelreflexkameras) und versuche, möglichst oft Komplettansichten abzubilden, bei denen dann nicht mehr getrickst werden kann, z. B.:

    Die kompletten Fotos werden aber erst angezeigt, wenn man auf die zugeschnittenen Vorschaubilder klickt.


    Man könnte aus jeder Stadt in Deutschland durch die Motivauswahl entweder ein absolutes Monstrum machen oder eben eine der schönsten Städte des Landes.

    Das finde ich nicht, weil ich viele Übersichten fotografiert und die Innenstadt sehr gleichmäßig abgedeckt habe.

    Einmal editiert, zuletzt von silesien (12. März 2017 um 19:52)

  • Der eigentliche Problemfall in Stuttgart ist das Stadtzentrum vom Kriegsberg bis hin zur Hauptstätter Straße, mit Ausnahme von Traditionsinseln und -arealen wie Schlossplatz, Schillerplatz, Calwer Straße oder Tübinger Straße. Verstärkt durch den Umstand, dass die breiten Stadtautobahnen heute von allen Seiten eine Barriere zwischen Zentrum und Vorstädten bilden. Dementsprechend bekommen die allermeisten Besucher nur diese Kernstadt zu sehen, ein solcher Eindruck alleine würde auch mich abschrecken. Was mich mit Stuttgart versöhnt sind hauptsächlich die Bezirke ringsum, auch wenn sie keinesfalls mit einer historischen Altstadt gleichzusetzen sind. Am Bismarckplatz in West, im Süden der Stadt (Heslach), dem Lehenviertel oder dem Arbeiterbezirk Osten fühlt sich die Stadt noch authentisch an. Bei all den Sandsteinfassaden und Hinterhöfen spüre ich noch Großmutters Stuttgart, mich fasziniert eine solche Atmosphäre von je her. Ich akzeptiere auch, dass andere dem nichts abgewinnen können.

    In dubio pro reko

  • Wie sieht es denn in den Dresdner Vorstädten (Wilsdruffer-, Pirnaische Vorstadt, Seevorstadt u.a.) rings um die Innere Altstadt aus? Ich denke, wir beide kennen die ernüchternde Antwort. Blasewitz, Striesen sind das, was in Stuttgart die Halbhöhe ist, und da braucht sich die Schwabenmetropole mit ihren großartigen Villen nicht verstecken. Schicksal, dass die Hanglage den bequemen Zugang eher erschwert. Und in Dresden hat man sich in den Villenvierteln wahrscheinlich aus pragmatischen Gründen niedergelassen, während man in Stuttgart dahin "geflohen" ist? Bisschen unglaubwürdig, oder?

    Nein, denn Striesen weist die höchste Bevölkerungsdichte in ganz Dresden auf und ist zugleich integraler Bestandteil der Stadt, keine Vorstadt. Hier wohnt das Bürgertum, das sich in Stuttgart als Häuslebauer ins Umland geflüchtet hat.

  • Das Bürgertum Stuttgarts wohnt in Halbhöhenlage, integraler Bestandteil der Stadt, nur eben in "gehobener" Position. Jedes Haus mit Panoramablick, hat auch nicht jede Stadt. Weist außerdem die höchste Millionärsdichte in ganz Stuttgart auf.

    Zu Striesen folgender Auszug:

    "1856 begann mit der Errichtung des ersten Wohnhauses außerhalb des Dorfkerns ein neues Kapitel der Ortsgeschichte. Vier Jahre später wurde ein Bebauungsplan festgelegt, der auf schachbrettartigem Grundriss Parzellen zum Bau von Mietshäusern und Villen auswies. Nach amerikanischem Vorbild erhielten die neuen Straßen zunächst nur Zahlen und Buchstaben, bevor sich nach der Eingemeindung auch hier richtige Straßennamen durchsetzten. Die Bebauung war in offener Bauweise vorgeschrieben, sodass Striesen zu einem „grünen“ Wohnvorort Dresdens wurde."

    Ja was denn nu? Wikipedia verklagen?

    http://killig.com/wp-content/upl…86-1000x670.jpg
    Das sieht doch eher nach gehobenem Wohngebiet außerhalb des Zentrums aus.

    In dubio pro reko

    13 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (12. März 2017 um 21:59)

  • Es mag ein Wohnvorort gewesen sein, aber durch die vollständige Auslöschung der Innenstadt haben sich die innerstädtischen Agglomerationsschwerpunkte verschoben. In den Stuttgarter Villen können auch ein paar Millionäre wohnen, gewiss aber nicht das Bürgertum. Ein passender Vergleich wäre in diesem Zusammenhang noch das Weißer Hirsch-Viertel. Dass die Bewohner Stuttgarts keinen kulturell-identitären Bezug zu ihrer Stadt haben, kann man auch am hoffnungslos heruntergekommenen Stadtbild in den Wohnvierteln ablesen. Hier gibt es keine Interessengruppen mit kulturellem Anspruch, die sich etwa politisch zu organisieren in der Lage wären und ihrem bürgerlichen Gestaltungsanwillen Geltung zu verschaffen.

    Das ist auch kein besonderes Phänomen, sondern der ganz normale White Flight. Manche zog es aus den Stuttgarter Türkenkolonien bis nach Berlin, wo im Prenzlauer Berg eine schwäbische Mustergemeinde entstand. Doch war das Glück auch hier nicht von Dauer...

    Das trifft überdies auf die meisten westdeutschen Großstädte zu, noch schlimmer ist diesbezüglich nur noch Nürnberg.

    2 Mal editiert, zuletzt von Verweser (12. März 2017 um 22:31)

  • Es gibt aber auch Ausnahmen. So gab es zu meiner Stuttgarter Zeit (bis April 2012) einen Herrn, der Gründerzeithäuser aufkaufte um diese Muster gültig zu renovieren, da hatte dann z. B. ein Steinmetz die gesamten verwitterten Gesimse durch neue aus Naturstein ersetzt. Den Namen des Mannes habe ich vergessen. Als Beispiel kann ich die Nobel-Pizzeria VIVA in der Senefelder Straße im Stuttgarter Westen nennen.

    Und in aller Bescheidenheit möchte ich kurz erwähnen, dass ich 1995 bei einer WET-Versammlung angeregt hatte, die Fassade des Hauses, in dem sich unsere Eigentumswohnung befand, durch einen Steinmetzen Original getreu renovieren zu lassen. Die Gesimse und Fenster-Verdachungen aus Sandstein mussten alle gegen neue ausgetauscht werden. Nach dem Beschluss hierüber schoss ein Miteigentümer quer, deshalb führten die anderen Miteigentümer einen Prozess gegen ihn, den wir anderen Miteigentümer nach 2 Jahren gewonnen haben. Alledings gab es wegen geänderter Bestimmungen der Stadt dann keinen Zuschuss der Stadt mehr. Es handelte sich bei dem Gebäude um Augustenstr. 46, Stuttgart-West. Auf unsere Einheit entfielen 1997 Kosten für Steinmetzarbeiten in Höhe von ca. 21.000 DM.

    Aber auch sonst sah man immer wieder mal eine gut restaurierte Fassade.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (13. März 2017 um 23:40)

  • Meinen kleinen Rundgang habe ich jetzt noch als GPX-Track und als KMZ-Datei für Google Earth exportiert. Vermutlich werde ich auch noch meine weiteren Fotos als KMZ-Datei exportieren, solange ich keine bessere Möglichkeit zur Darstellung auf einer Übersichtskarte finde. Die Königstraße habe ich tatsächlich vernachlässigt, aber die unterscheidet sich ja nicht groß von den anderen fotografierten Straßen.

    Stuttgarter Fotos

    Nachtrag: Die Position der Fotos hängt etwa 30 Sekunden hinterher, das werde ich im Laufe des Tages nochmals neu zuordnen. Außerdem ist die Genauigkeit des GPS natürlich eingeschränkt und kann um bis zu 20 Meter schwanken.

    2 Mal editiert, zuletzt von silesien (13. März 2017 um 08:23)

  • Dass die Bewohner Stuttgarts keinen kulturell-identitären Bezug zu ihrer Stadt haben, kann man auch am hoffnungslos heruntergekommenen Stadtbild in den Wohnvierteln ablesen."

    Das kann ich so nicht bestätigen. Hast du meine Galerie gesehen? Sehen die Gebäude etwa "hoffnungslos heruntergekommen" aus? Für eine westdeutsche Stadt ist deren Zustand sogar recht erfreulich. Da kenne ich Schlimmeres z.B. aus Köln.

    Sehr ärgerlich sind allerdings die Graffiti-Schmierereien, besonders augenfällig im Westen, und darüber regen sich viele Stuttgarter auf.
    Ich wehre mich gegen solche Pauschalisierungen wie "Bewohner die keinerlei kulturell-identitären Bezug zu ihrer Stadt haben", das ist doch nichts weiter als eine haltlose Unterstellung von dir. Vielleicht ist dir entgangen, wie stark sich die Stuttgarter jedesmal beim Bürgerhaushalt mit Vorschlägen für ihre Stadt engagieren?

    In dubio pro reko

    5 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (13. März 2017 um 09:43)

  • Willst Du uns veralbern? Die Foristen können sich gerne bei Google StreetView umschauen. Ein graues, von Asphalt und Beton überbordendes Stadtbild, das selbst mit lieblosen Baumarktfenstern verunstaltete Jugendstilperlen in den Schatten stellt. Von den obligatorischen 50er-Füllbauten ganz zu schweigen. Und wenn man eine Stadt schon mit Köln vergleichen muss...

    Und im Gegensatz zu Köln hätte Stuttgart in Anbetracht seines vielversprechenden Bestandes durchaus Potenzial. Allein, es fehlt an Bürgern.