Leipzig - zwischen Abriss und Sanierung

  • Ich sehe jetzt an dem Haus auch nix, was seinen Abriss gerade in Anbetracht des massigen Gründerzeitbestandes in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] zur Katastrophe macht. Es scheint weder vorgründerzeitlich, noch architektonisch besonders originell oder künstlerisch besonders wertvoll zu sein - eine klassische "Mietskaserne" halt. Man mag mich korrigieren, sollte ich falsch liegen.

  • ^ Da hast du nicht ganz unrecht! Der Verlust von Altbauten, und seien sie auch keine Highlights, ist umso ärgerlicher, weil wir wissen was uns danach so gut wie immer leider erwartet: Unangepasster, stilloser Mist. Gerade in diesem Stadtteil, wo die Platte um die Ecke mit billigen Mieten Konkurrenz macht.

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  • Ich sehe es ähnlich: Jeder abgerissene Altbau ist ein Verlust - aber da habe ich hier im Forum schon sehr viel schmerzlichere Verluste gesehen, in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wie in anderen Städten. Möchte gar nicht wissen, was für schmucke Eckhäuser alleine in Chemnitz in den letzten Jahren weggehauen worden sind.

  • Ich habe mir das eingestürzte Haus noch mal angesehen. Städtebaulich ist es schon schade (die Gegend zerfleddert halt immer mehr), um das Einzelgebäude jedoch nicht wirklich.
    Unglaublich ist halt schon, wie billig man auch damals manchmal (wie in diesem Fall) gebaut hat, wenn ich mir in dem aufgebrochenen Haus die dünnen Wändchen angucke. Es schon erstaunlich, wie diese Gebäude massenweise eben doch 50 Jahre ohne Instandsetzung überlebt haben. Man kann es nachvollziehen, dass keiner die Haftung für die weitere Standsicherheit übernehmen will.
    Jetzt wird es hastig abgebrochen, ein kleiner Teil war gestern abend schon weg. Die Einsturzstelle sieht schon ein bisschen wild aus, ganze Straße ist gesperrt, der Schutt liegt auf der Straße, Sicherung durch riesige Schuttcontainer.

  • Der Abriss ist bereits erfolgt.
    Ich will nicht hoffen das wir uns an solche Nachrichten im Leipziger Osten gewöhnen mussen.
    Auch wenn es in diesem Fall nicht das wertvollste gründerzeitliche Haus getroffen hat, es muss etwas passieren.
    Grade im Leipziger Osten sieht es vergleichsweise immer schlimmer aus.
    Die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] muss sich grade dort mit Fördermitteln stärker engagieren um wenigstens die wichtigsten und schönsten Altbauten zu retten.
    Ich denke da an weitere Sicherungen und Verbesserungen im direkten Umfeld (zb. neuer Strassenbelag oder Anlage von Grün- und Erholungsflächen).

  • Die wichtigsten Altbauten wurden bereits gesichert, die waren entweder städtebaulich bedeutend (bspw. Eckgebäude) oder architektonisch wertvoll. U.A. dabei war auch das nicht weit entfernt liegende Gebäude an der Ecke zum Rabet. Nur gibt es für die Sicherungsmaßnahmen nicht Geld ohne Ende. So gesehen ist es doch besser, wenn das Geld in ein u.U. städtebaulich oder architektonisch wertvolleres Gebäude investiert wurde. Man sollte sich in jedem Falle klar machen, wieviele Gebäude wohl durch die städtischen Sicherungsmaßnahmen (vorerst) gerettet wurden, diverse wurden bereits oder werden gerade saniert.

    Man kann also weder davon sprechen, dass nichts passiert, noch davon, dass es immer schlimmer aussieht: auch im Leipziger Osten steigt die Sanierungsquote stetig.

  • ^ Da muss ich Dase zustimmen. Der Leipziger Osten macht sich. Wenn auch langsam (zu langsam?...). Noch vor ein paar Jahren wäre ich dort sicher nicht unbedingt hingezogen. Mittlerweile muss ich sagen, gibts dort einige wirklich schöne Ecken, z.B. um den Lene-Voigt-Park (ehemals Bahngelände Eilenburger Bahnhof; http://www.[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/de/buerger/freizeit/[lexicon='leipzig'][/lexicon]/parks/lene/\r
    www.[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/de/buerger/freize ... arks/lene/), die es durchaus mit den teureren, fast durchsanierten Stadtteilen aufnehmen können und auch mich reizen. Zumal dort Preis/Leistung noch in einem besseren Verhältnis stehen. Trotzdem bin auch ich der Meinung, dass in Sachen Notsicherung noch einiges mehr laufen könnte, wenn nicht gar müsste.

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  • Keine Frage auch der Leipziger Osten macht sich langsam.
    ABER es ist beileibe noch nicht jedes wichtige und stadtebaulich wertvolle Haus gesichert.
    Wie viel gründerzeitliche Gebäude hab ich leergezogen und verwarlost dort gesehen und wenn nicht bald entscheidende Massnahmen getroffen werden können wir uns alle bald noch mehr Bilder von Schutthaufen ansehen die mal stolze Häuser waren...

  • ^ Alles völlig richtig. Hier wurden schon in der Vergangenheit von öffentlicher Hand zu viele Fehler gemacht; Stichwort: Stadtumbau Ost. Ich will hier jetzt auch nicht wieder zu weit ausholen, aber der bisherige Rückbau der Plattenbauten, also der Stadtumbau von außen nach innen, war und ist wohl im Verhältnis zu dem glücklicherweise recht großen, aber leider leerstehenden Altbaubestand einfach noch zu wenig. Zumindest wenn man berücksichtigt, dass die Uhr ganz gewaltig tickt und nicht mehr viel Zeit bleibt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass durch reine Zuzügler nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon] die Nachfrage so stark steigt, dass Investoren und Eigentümer vermehrt und forciert in Leipzigs Osten sanieren. Dafür gibts selbst in den besseren Stadtteilen einfach noch zu viel Leerstand.

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  • ich hoffe vor allem, dass der eigentümer - und der ist in diesem fall bekannt - für die abrisskosten aufkommen muss.
    entweder er hat das geld - dann muss er sich fragen lassen, warum er das gebäude nicht wenigstens gesichert hat. oder er hat das geld nicht - dann muss er sich fragen lassen, warum er das objekt nicht verkauft hat. gern darf er die rechnung auch mit der übertragung des grundstücks begleichen.
    das gebäude einstürzen zu lassen, die abrisskosten auf die allgemeinheit abzuwälzen und das grundstück zu behalten, geht jedenfalls nicht.

  • "Leipziger Osten" - diese Bezeichnung suggeriert, wir hätten es mit einem homogenen Gebiet zu tun. Das Gegenteil ist der Fall! So haben wir einerseits die Magistralen, die überall in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ein Problemfall sind. Unmittelbar nördlich der Eisenbahnstraße oder der Wurzner Straße ist die Sanierungsquote zwar gering, die Substanz der Häuser aber noch sehr gut.
    Pars pro toto darf ich den Link zu Bing hier anheimstellen. Von dort aus fliege man ein wenig über den "Leipziger Osten" und schaue selbst: es ist alles dabei!
    http://www.bing.com/maps/default.a…95627&encType=1

  • Dr. Zott, Ihre eingestreuten lateinischen Brocken kommen immer cool. Latein ist schon eine schöne (wenn auch tote) Sprache.

    Die Befürchtung, dass bei der Stadtsanierung des Osten zu viel auf der Strecke bleibt, existiert meiner Meinung nach weiterhin.
    Wenn ich mich an die letzten 3 Jahre rückerinnere, so sind im Umfeld unseres eingestürzten Hauses in der Wurzener Str. zwei Häuser, am Rabet eines und in der Konradstr. eines, verschwunden. Die kritische Phase ist noch längst nicht überwunden.

  • Da haben Sie allerdings - und leider! - Recht. Zwei Entwicklungen stimmen mich hoffnungsfroh:
    - die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] verfolgt die Pläne der perforierten Stadt und ähnlicher Sachen nicht weiter, zwar gab es keine rechte offizielle Kurskorrektur, doch große Abrißpläne liegen auf Eis, der hier in der Nähe gepflanzte dunkle Wald entsteht auf schon länger brach liegenden Flächen
    - die Sanierungswelle geht ununterbrochen weiter - inzwischen gibt es Stadtteile, die sind schon beinahe "leersaniert"; sprich: es gibt kaum noch unsanierte Gebäude; wenn man sich die avisierten Projekte unserer Lieblingssanierer so anschaut, dann kommen die Einschläge näher und die betroffenen Häuser liegen schon länger außerhalb der 1a-Lagen
    Übrigens ist das Haus diagonal gegenüber des hier schon mehrfach benannten noch stehenden Eckgebäudes von einer Abrißliste auf eine Erhaltungsliste gewandert. DIES macht Hoffnung!

  • ^ Naja, Häuser notzusichern ist sicher ein Teil einer Erhaltungsstrategie. Dafür zu sorgen dass das Umfeld stimmt und durch entsprechende Nachfrage nach Wohnraum in den inneren Stadtteilen, diese auch saniert werden, die andere. Hier kann man natürlich nicht nur die öffentliche Hand verantwortlich machen; logisch. Aber sie kann durch ihre Macht den Markt sehr stark beeinflussen. Zum Wohle der Altbauten oder auch zu deren Nachteil.

    Im übrigen kann man auch nicht einfach davon ausgehen, dass wenn die "guten Stadtteile" alle größtenteils durchsaniert sind, die Sanierungswelle ganz automatisch auf die heute schlechteren Stadtteile überschwappt. Das kann sein, muss aber überhaupt nicht. Wir dürfen nicht vergessen, dass es in den besseren Stadtteilen noch jede Menge Kriegslücken gibt und die Lage bekanntlich so mit das wichtigste ist. Und wie wir nun mittlerweile feststellen, werden daher auch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wieder verstärkt Neubauten hochgezogen. Ob das so weitergeht, wissen wir nicht. Architektonisch ordentliche Lückenschlüsse sind aus optischer und städtebaulicher Sicht natürlich ebenso begrüßenswert. Aber jedes Neubauprojekt (vornehmlich Geschosswohnungsbau) klaut natürlich irgendwie einem zu sanierenden Altbau auch die Mieter weg bzw. mindert die Zahl der potentiellen Mieter und übt damit auch Druck auf die Preise und die Sanierungsbereitschaft aus.

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  • Immer das Kriterium der Lage unreflektiert zu nutzen, halte ich für gefährlich. Denn was ist die Lage? Eine gottgegebene Situation, in der sich die Umgebung befindet? Nein! Vielmehr eine vom Menschen geschaffenen Situation. Und darum beeinflußt ja jede Sanierung auch in schwieriger Lage diese Lage wieder: eben durch diese Sanierung wird die Lage besser!
    Außerdem: die Firmen, die hier in großem Stil sanieren, tun dies, weil damit die Anleger immer noch größere Summern abschreiben können. Das ist erst einmal lageunabhängig.

  • Zitat von "rakete"

    ich hoffe vor allem, dass der eigentümer - und der ist in diesem fall bekannt - für die abrisskosten aufkommen muss.
    entweder er hat das geld - dann muss er sich fragen lassen, warum er das gebäude nicht wenigstens gesichert hat. oder er hat das geld nicht - dann muss er sich fragen lassen, warum er das objekt nicht verkauft hat. gern darf er die rechnung auch mit der übertragung des grundstücks begleichen.
    das gebäude einstürzen zu lassen, die abrisskosten auf die allgemeinheit abzuwälzen und das grundstück zu behalten, geht jedenfalls nicht.

    Kann ich alles komplett unterschreiben (und das will was heißen...)

    Wenn die Bauaufsicht hier eine Abrißverfügung erlassen hat, muß der Eigentümer natürlich auf eigene Kosten den Abriß ausführen. Bei einer Ersatzvornahme durch die Behörde trägt er ebenfalls die Kosten. Die Frage ist nur, ob man tatsächlich an sein Geld kommt: Wenn er nicht zahlt (bzw. zahlen kann), ist die Vollstreckung in das Grundstück möglich. Ist dieses allerdings schon mit einer Grundschuld belastet, sieht es schlecht aus. Wenn bei dem Eigentümer nichts zu holen ist, muß der Steuerzahler in Vorleistung treten; die Zahlungspflicht des Eigentümer bleibt trotzdem. Es sei denn er beantragt Insolvenz - dann war's das.

  • Im Leipziger Osten drehen sich inzwischen einige Kräne. Man kann gespannt sein, wie es dort in einigen Jahren aussehen wird.

    Der MDR hat einen Beitrag über das ehemalige Reichsgerichtsgebäude, in dem sich heute das Bundesverwaltungsgericht befindet, wiederholt. Das Gebäude wurde bis 2002 saniert und umgebaut. Fotos


    Zerstörte Bereiche wie der Festsaal wurden rekonstruiert.


    Festsaal-Reichsgericht [<a href="http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html">GFDL</a> oder <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/">CC-BY-SA-3.0</a>], von Chalco, vom Wikimedia Commons


    Halle


    Bundesverwaltungsgericht2 [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von Gbecker248 (Eigenes Werk), vom Wikimedia Commons


    Großer Sitzungssaal


    Bundesverwaltungsgericht Sitzungssaal [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von Gbecker248 (Eigenes Werk), vom Wikimedia Commons

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (23. Februar 2016 um 22:18)

  • Und dann bitte noch eine völlige Rekonstruktion des schwerstens vereinfachten Landgerichtsgebäude genau wie dass beim Reichsgericht / Bundesverwaltungsgericht passiert ist!!! Bitte......es löhnt sich.

  • Ist da denn was geplant? Oder weshalb hat man das Grün entfernt? Einen Hirschgarten hätte ich jedenfalls besser gefunden als die jetzige Brache.

  • Der Maibaum

    Ausgezeichnete Bauarbeiter durften sich in der DDR auch mal was wünschen. Und so waren die führenden Genossen ungläubig erstaunt, als einer dieser nicht etwa in einen Neubau nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon]-Grünau ziehen wollte, sondern in die Kohlenstraße.

    Grund dafür war ein sozialistischer Ideenwettbewerb, dessen Ergebnisse 1977 auch öffentlich präsentiert wurden. Demnach sollte der Bayerische Bahnhof von mehrgeschossigen Neubauten eingerahmt werden, dahinter und daneben gewaltige Hochhäuser. Selbst an ein großes Karl-Liebknecht-Denkmal war bereits gedacht (das heute immer noch in der großen Abflußrinne vor dem City-Tunnel aufgestellt werden könnte).

    Das alles geschah in Vorbereitung des 60. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution als Rechenschaftslegung des damals 10 Jahre alten Büros des Chefarchitekten.

    Ob der Ausgezeichnete dann tatsächlich in die Kohlenstraße einzog, ist nicht überliefert.

    Wie dem auch sei, 40 Jahre später in Vorbereitung des 100. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution habe ich einfach mal aktuell (ohne Vergleich) den vermutlich ungeplanten Maibaum Lößniger Straße Ecke Kohlenstraße dokumentiert.

    Foto: 5. Mai 2016 (anläßlich Karl Marx Geburtstag 1818 in Vorbereitung seines 200. Geburtstages im Jahre 2018 ...)