SPIEGEL-ONLINE hat ein Interview mit dem russischen Architekten Michail Below geführt, der ein Verfechter traditioneller Formensprache ist.
Ein paar Auszüge:
ZitatAlles anzeigenEr baut Stalin-Klötze in Sichtweite des Kreml und kritisiert die westlich geprägte Architektur der geplanten Business-City von Moskau: Im Interview spricht Star-Architekt Michail Below über die Bausünden der russischen Hauptstadt - und das Stilgefühl von Diktatoren. [...]
SPIEGEL ONLINE: Neoklassizismus bedeutet doch nichts anderes, als dass Sie die Zukunft Moskaus durch einen Rückgriff in die Vergangenheit erschaffen wollen, oder?
Below: Architekten greifen in der Regel auf Traditionen zurück, mit der Ausnahme des Durcheinanders im 20. Jahrhundert. In Russland wird sowohl die Politik als auch die Architektur immer einen byzantinischen Beigeschmack haben. Wir brauchen uns dessen nicht zu schämen. Wir können stolz darauf sein, was schon mehr als 1000 Jahre Geschichte hat. Schauen Sie auf Berlin! Es ist ohne den preußischen Baumeister Karl-Friedrich Schinkel nicht denkbar. Und Sankt Petersburg, die schönste Stadt der Welt, wird immer eine Stadt des Neoklassizismus sein.
SPIEGEL ONLINE: Woher kommt Ihre Vorliebe für diese Architektur?
Below: Als ich Ende der achtziger Jahre anfing, in den Westen zu reisen, habe ich mir viele moderne Gebäude angeschaut, Wolkenkratzer des Star-Architekten Norman Foster zum Beispiel. Ich habe festgestellt, dass mir alte Häuser mit klassischer Architektur oft besser gefallen haben. Mich regt es auf, wenn ständig zu hören ist, dass Russland angeblich so hoffnungslos hinter den Westen zurückgefallen sei oder bei uns angeblich eine Provinzmentalität vorherrsche. In der Architektur darf man nicht von einem Wettlauf zwischen Ost und West sprechen. Russland wird sich immer sowohl vom Westen als auch vom Osten unterscheiden. Okay, vielleicht liegen wir 50 Jahre hinter der Westen zurück. Prima! Dafür werden wir ihn vielleicht bald um 500 Jahre überholen.
SPIEGEL ONLINE: Was halten Sie von den Wolkenkratzern in Moskwa City, dem neuen Finanz- und Verwaltungsviertel am Ufer des Moskau-Flusses? Dort baut Norman Foster einen 600 Meter hohen Turm, das mit Abstand höchste Gebäude Europas.
Below: Unser Bürgermeister Jurij Luschkow zwingt uns Moskwa City auf. Darin sehe ich nichts Positives. Denn Moskau ist eine historisch gewachsene Stadt mit einem eigenen Gesicht. Dieser globalisierte Stil ist ein Eiterbeutel auf dem Antlitz Moskaus , eine marktschreierische Angeberei. Er mag zu Hongkong passen, wo alles auf Inseln mit nacktem Felsen gebaut wird, oder zu anderen asiatischen Städten. Zu Moskau aber passt er nicht.
[...]
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,567592,00.html\r
http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 92,00.html