Potsdamer Stadtschloss

  • Die sind Kunstinstallationen, welche, wenn ich mich richtig erinnere, darauf aufmerksam machen sollen, wie beliebig kopierte Fassaden wirken können, oder so ähnlich. Ich dachte, als ich die Dinger das erste mal gesehen habe, die seihen dazu da um Werbung für den Park Sanssouci bei Touristen zu machen.

  • Welche Sinn erfühlen diese Mini-Sanssoucis eigentlich? Erinnert mich an die mini Holzversionen der Weilheimer Stadttore die zu Fasching aufgestellt werden.

    https://m.pnn.de/potsdam/zugabe-fuers-schloss/21611882.html

    Sie erfüllen jedwede Zweck von Kunst am Bau.

    Sie regen zum Hinterfragen an - sie regen zur Diskussion an - sie ermöglichen die Förderung der Künstler und sonstigen Beteiligten.

    Ob in Kunst(Installationen) immer ein Sinn erwartet werden darf, lass ich mal so im Raum stehen.

  • Na, das Blechdach war früher blau gestrichen und teilvergoldet. Der Stadtschloßverein hat wenigstens dafür gesorgt, daß das Schloß nicht mit Zink sondern mit Kupfer gedeckt wird. Das kann jetzt erstmal in Ruhe Grünspan ansetzen.

    Sonst stehen nach der Fahnentreppe wieder die verbleibenden Attikafiguren und die 56 Dachvasen auf dem Programm.

    Das war gar nicht als Kritik gemeint, nur als Einordnung, weil einige sich über das Gold gewundert haben. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Stadtschloss historisch noch sehr viel goldener war. Die Arbeit des Stadtschlossverein ist großartig und hat mehr erreicht als zu erwarten war.

  • Etwas konkreter formuliert, erfüllen sie - genau wie die Inschrift "Ceci n'est pas un chateau" - den Sinn, die ansässige Künstlerschaft zu besänftigen, die die Rekonstruktion der Schlossfassaden nicht verhindern konnte, aber durch diese Kunstwerke wenigstens signalisieren kann, dass sie von der reko nichts hält. Nebenbei hat man auch etwas Geld dabei geschnitten...

  • Etwas konkreter formuliert, erfüllen sie - genau wie die Inschrift "Ceci n'est pas un chateau" - den Sinn, die ansässige Künstlerschaft zu besänftigen, die die Rekonstruktion der Schlossfassaden nicht verhindern konnte, aber durch diese Kunstwerke wenigstens signalisieren kann, dass sie von der reko nichts hält. Nebenbei hat man auch etwas Geld dabei geschnitten...

    Das mag für den güldenen Schriftzug noch als güldener Handschlag zurechtzudiskutieren sein - die Siegerinstallation diente jedoch eher nicht als Besänftigung der ortsansässigen Künstlerschaft.

    Neben dem Damoklesschwert des RZ-Abrisses ging der Hauptteil des Geldes nach auswärts - nach Köln, wo doch auch genug Geld verfügbar sein sollte - in den Westen - - - was für ein Sakrileg.

    Wir sollten da einfach unaufgeregt nichts zusätzlich reindiskutieren. ✌?

  • Ich dachte auch immer, das ist als Werbung für Sanssouci gedacht. Fand das damals, als die aufgestellt wurden, aber ziemlich billig und hab mich gefragt, weshalb man nicht einfach Wegweiser aufstellt. Naja. Wieder was gelernt.

  • Also, irgendwie ist das eine witzige Geschichte ... So hat sich dieser zunächst unsympathische, da oberlehrerhaft „edukatorische“, Von-oben-herab-Ansatz des Künstlers/der Künstlerin komplett ins Gegenteil verkehrt. Die eigentliche Intention mit dieser Installation war ja, dem Betrachter entgegenzuschreien: Hallo? Alles Fake! Was du dummer Touri da schön findest, lässt sich ganz billig und seriell reproduzieren und wenn du so was schön findest, bist du halt ein armer Wicht, der nicht begreift, dass Architektur eben nicht nur Fassade, sondern der Raum, die Menschen und die Nutzung dahinter ist usw. usw. bla bla … Und jetzt? 99% der Menschen, die ohne Erklär-Bär die beiden Gebilde im Hof des Stadtschlosses stehen sehen, halten sie für eine Art Werbe-Hinweis, sich unbedingt während des Besuchs der Stadt auch noch die barocken Schlösser-Highlights im Sanssouci-Park anzuschauen. Und witzigerweise taugen sie dafür offenbar tatsächlich gar nicht mal schlecht – und können insofern wegen meiner auch gerne stehen bleiben. Aber unterm Strich ist das doch v.a. ein prima Lehr-Beispiel dafür, wie „pädagogische Ansätze“ in der Kunst eben häufig (Gottseidank) in die Hose gehen ...

  • Viel schlimmer fand ich die "Bänke" und die komische Pflasterung, dessen Farbe sich nicht gut mit der Farbe der Fassaden verträgt. Aber vergessen wir nicht was ursprünglich geplant war (moderner Landtag).

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) berichtet eher beiläufig in ihrer Ausgabe vom 01.06.2021, dass es heute ein Comeback am Potsdamer Stadtschloss gefeiert wird.

    Nachdem Anfang Mai mit der Minerva-Statue bereits die "schönste Frau Potsdam" wieder an ihrem angestammten Platz auf dem wiederaufgebauten Stadtschloss zurückgekehrt ist, die goldenen Putten wieder die Fahnentreppe (Engelstreppe) erstrahlen lassen, folgt heute Eurydike. Wie der Potsdamer Stadtschloss-Verein mitteilte, wird sie jedoch noch einige Zeit auf ihren Partner Orpheus warten müssen. Diese Statue steht aktuell „(noch) auf der Humboldt-Universität und wartet auf eine Wiederkehr in Potsdam“, heißt es in der Mitteilung.

    Im Anhang noch ein Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 18.05.2021 zur Rekonstruierung der Fahnentreppe (Engelstreppe) am Potsdamer Stadtschloss.

  • Am alten Potsdamer Schlossbild sieht man vor allem, dass die Dächer des Haupthauses steiler, besser proportioniert und auch bekrönt waren. Stattdessen sehen sie heute banal und kasernenhaft. Erst die Rückkehr der Attikafiguren und -vasen könnte eine Verbesserung bewirken. Das Gold ist dagegen zweitrangig, zeugt mehr vom Protz-und Machtgebaren als vom Sinn für Schönheit. In Versailles ist das besonders krass, hier sieht man wie wenig Louis XIV. vom Barock verstanden hat.

  • Endlich jemand der meinen Beitrag liest :thumbup:.

    Ich habe vor 11 Stunden in einem Beitrag mitgeteilt das heute eine neue Stadtschlossfigur auf das Dach kommt und "potsdam-fan" hat sich gleich vor Ort begeben, Fotos erstellt und ins Forum eingestellt. Herzlichen Dank :smile: !

    Es wäre natürlich schön wenn "Orpheus" auch zurückkehren würde, aber ich gehe davon aus dass die Bildhauer einen Zwillingsbruder erschaffen werden.

  • Orpheus macht auf dem Heinrichspalais keine sonderlich gute Figr mehr. Die Figuren sind dringend restaurierungsbedürftig. Das ist wohl für 2028 geplant - so Gott will, wir sind in Berlin...

  • Heute war ich beim Stadtschloss/Landtag und habe doch tatsächlich eine Infotafel zu der Kunstinstallation gefunden:

    Das Bild ist von mir.

  • Ludwig XIV. hat ungefähr soviel vom Barock verstanden, wie Michelangelo von der Renaissance.

    Tut mir leid: Versailles gehört nicht zum Barock, sondern zur Gattung des Klassizismus, so nennt man diesen Stil in Frankreich. Barock verbreitete sich von Italien aus ins Alte Reich und nach Spanien, aber nicht in Frankreich, wo die dominante Mischung aus Gallikanismus, Jansenismus und Cartesianismus sich dem römisch und katholischen Barock verweigerte und einen eigenen Stil entwickelte. Man kann zu diesem Stil stehen wie man will, er hat aber weder die originale, fröhliche, gerne experimentierende Formensprache des Barock noch seine Vielfalt. Im Barock gibt es viele Versionen: spanisch, lateinamerikanisch, flämisch, norddeutsch und die vielen regionalen Varianten des süddeutschen und des italienischen Barock. Klassizismus ist eine einheitlichere, politische Architektur, die vor allem dem Machtgebaren des "Sonnenkönigs" dienen sollte. Es ist aber auch eine unausgegorene, zögerliche Architektur: jeglicher Leichtigkeit abgeneigt, aber aus machtpolitischen Gründen nicht dem Prunk, so dass im Ergebnis obsessive Symmetrie und ungeschickte, aufgeladene Zier aus Gold und Marmor gegeneinander wirken. Erst später, unter Louis XV. entsteht eine kohärentere Architektur, die etwa in den hôtels particuliers von Paris überzeugen kann. Aber auch das bayerische Rokoko, das sich angeblich am diesem, "rocaille" genannten Stil anlehnen soll, hat damit kaum etwas zu tun: es ist viel einfallsreicher und ist für die Kirchenkunst und -architektur prägend, während Klassizismus und Rocaille vor allem zivile Architektur produzierten. Die unter den beiden französischen Königen gebauten Kirchen sind nicht sehr zahlreich und selten gelungen.

  • Tut mir leid: Versailles gehört nicht zum Barock, sondern zur Gattung des Klassizismus, so nennt man diesen Stil in Frankreich. Barock verbreitete sich von Italien aus ins Alte Reich und nach Spanien, aber nicht in Frankreich, wo die dominante Mischung aus Gallikanismus, Jansenismus und Cartesianismus sich dem römisch und katholischen Barock verweigerte und einen eigenen Stil entwickelte.

    Du würfelst da einiges durcheinander. Der Klassizismus ist ein internationaler Stil des späten 18. und frühen 19. Jh. Ihm ging der Barock voran, auch und gerade in Frankreich! Der barocke Schlossbau Frankreichs war zum Beispiel für Deutschland prägend. Die barocke Architektur zeichnet sich in Frankreich aber vielfach durch ein gewisse Strenge aus, weshalb man auch vom klassizistischen Barock spricht. Dieser ist aber in der Epocheneinteilung deutlich vom Klassizismus zu scheiden und nicht zu verwechseln oder gleichzusetzen.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Tegula: dass in Deutschland Versailles vielfach als "barock" gilt, bedeutet noch nicht, dass diese Zuschreibung auch richtig ist. Es ist wohl eher so, dass die Annahme (eigentlich eine Floskel), viele deutschen Residenzen des Barock seien auf das Vorbild von Versailles zurückzuführen, im Rückschluss dazu verleitet, Versailles zum Barock zuzurechnen. In Frankreich und in der Fachliteratur wird aber Versailles dem classicisme à la française in ausdrücklicher Abgrenzung zum Barock zugerechnet, auch wenn der französische Klassizismus dem damals im Ausland vorherrschenden Barock einiges zu verdanken hat.