Potsdamer Stadtschloss

  • Es ist eben nur die erste Sitzfigur, die wieder aufgestellt wird. Es kommen noch viele weitere. Dieses herrlich-lockere BeineBeinebaumeln ist schon - verbunden mit der Freizügigkeit - auch für das 18. Jahrhundert einzigartig im öff. Raum.

    Nächstes Jahr kommt die Euridike auf den Ost-Kopfbau (Orpheus steht leider noch auf der Humboldt-Universität), die Restaurierung ist durch den Schloßverein organisiert und bezahlt worden. Nächstes Jahr kommen auch Andromeda mit Perseus über der Fahnentreppe und die Musen gegenüber dem Interhotel - hier bezahlt mit einer Bürgerspende. Auch die Minerva auf dem Ostgiebel kommt durch das Engagement des Schloßvereins wieder.

    Die nächste Rekonstruktionarbeit wird wohl die Dame neben dem Marcus Manlius werden, von der nur der Unterleib in lasziver Haltung erhalten ist. Man sieht hier die besondere Sorgfalt, die die Schlösserstiftung den "Spitzenwerken der Bildhauerkunst des 18. Jahrhunderts" (O-Ton-SPSG) zukommen läßt, wenigstens ein Regenschutzdach wäre schon schön gewesen.

    Das letzte Foto zeigt die Figur neben dem Marcus im Jahr 1956 mit Kriegsschäden und noch vor der Sprengung.

  • OK, danke für die Info. Schade, dass da nur Jüngling und weibliche Sitzfigur steht, statt auch wen sie darstellen.

    Aber ich meinte eben so allgemein findet man das nicht allzu oft, auch an anderen Schlössern anderswo. Ist mir jedenfalls bisher nicht aufgefallen.

  • Gibt es eigentlich Bewegung vonseiten der Humboldt-Universität, die Originalskulpturen wieder dem Stadtschloss zu übergeben?
    Für mich ist es ziemlich unverständlich, warum sie sich so quer stellen.

  • Nein. Nicht die Humboldt Universität stellt sich quer, sonden der zuständige Berliner Landes-Denkmalschutz. Denn der meint, die auf der Uni, in Leihgabe, nach dem Wiederaufbau, später hinzugekommenen und aufgestellten Figuren gehören zur Wiederaufbauleistung des Ensambles zu DDR-Zeit.

    Dass die Figuren vom gesprengten Potsdamer Stadtschloss nach Berlin kamen, um sie vor der Vernichtung der Ulbrichtschen Bilderstürmer zu bewahren, wird dabei völlig ausgeblendet.

    Damals durfte von adliger historischer Überlieferung nur weiterexistieren, was irgendeinem (sozialistischen) Zweck zugeführt werden konnte. So entstanden in unzerstörten Potsdamer Schössern das NVA Museum (Marmorpalais), das Museum für Ur-und Frühgeschichte (Schloss Babelsberg) und das Filmmuseum (Marstall). Unter völliger Verblendung, Negierung oder Zerstörung der ehemaligen inneren Ansichten. Selbst im Schloss Sanssouci sollte ein Arbeiter- und Bauern Museum eingerichtet werden.
    Bei den Hinterlassenschaften, bei denen man sich derer nicht "kriegsbedingt" entledigen konnte, gab es in den 1954ern einfach mal Großbrände.
    Unbekanntere Werke wurden nicht einfach zweckentfremdet, negiert oder unkenntlich gemacht, sondern gleich ausgelöscht. Vergleiche hier.
    Später fielen die Gebäude einfach (wegen fehlendem Unterhalt und Sanierung) in sich zusammen. Das war dann nicht mehr ganz so offensichtlich, aber immer noch System und systematisch.

    In diesem Kontext ist die Überführung der Figuren nach Berlin zu sehen: auf der Humboldt-Uni waren sie selbst für Ulrichs Lakeien unantastbar. Damit hat das nichts mit Aufbau, sondern mit Kulturrettung zu tun. Das ist natürlich eine Auffassung, die der zuständige Berliner Denkmalschutz nicht teilt.

    Luftpost

    4 Mal editiert, zuletzt von Luftpost (4. Juli 2019 um 16:57)

  • Der Berliner Landeskonservator verweist darauf, daß die Humboldt-Uni in der heutigen Form unter Schutz steht und die Verwendung der Attikaskulpturen des Potsdamer Stadtschlosses den "Wiederaufbauwillen der DDR" dokumentiert.

    https://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_…dok_nr=09095954

    Die Sicht der HumboldtUni ist auf deren Website zu finden. Hier finden sich auch alle vertiefenden Gutachten zum Download:

    https://www.hu-berlin.de/de/ueberblick/…ttikaskulpturen

  • Der Berliner Landeskonservator verweist darauf, daß die Humboldt-Uni in der heutigen Form unter Schutz steht und die Verwendung der Attikaskulpturen des Potsdamer Stadtschlosses den "Wiederaufbauwillen der DDR" dokumentiert.

    https://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_…dok_nr=09095954

    Die Sicht der HumboldtUni ist auf deren Website zu finden. Hier finden sich auch alle vertiefenden Gutachten zum Download:

    https://www.hu-berlin.de/de/ueberblick/…ttikaskulpturen

    Wir hatten oben schon recherchiert, dass die Skulturen nicht Teil des eingetragenen Denkmals sind. Das Wort Leihgabe ist außerdem nicht schwer zu verstehen. Wiederaufbauwillen der DDR - Schmarrn.

    Noch was anderes: Die Traufhöhe von Humboldtuniversität und Potsdamer Stadtschloss ist ja nicht identisch. Man kann am Luther vor der Katharinenkirche sehen, was passiert, wenn Denkmäler in falscher Höhe stehen. Bildhauerisch werden Denkmäler in den Proportionen für einen Ort geplant. Nun hat man zwar irgendwelche Figuren auf die Humboldtuni gepackt, besser wären natürlich höhengerechte. Also historische oder moderne Firguren.

    Einmal editiert, zuletzt von Agon (5. Juli 2019 um 09:18)

  • Natürlich sind die Attikafiguren Teil des Denkmals "Humboldt-Universität". Die Unterschutzstellung gilt für den Bau wie er steht und liegt.

    Und nach dem Berliner Landesdenkmalschutzgesetz ist eine Veränderung eines Baudenkmals genehmigungspflichtig. Genau diese Genehmigung verweigert das LDA Berlin. Ich halte die Begründung auch für falsch, aber es ist rechtlich so.

    Zudem will auch die Humboldt-Universität die Figuren nicht herausgeben, das ist aus der Website und dem Ergebnis des Kolloquiums klar ersichtlich. Die Präsidentin der Universität beharrt auf dem Verbleib als eigene Zeitschicht und hat angekündigt gem. des Leihvertrages die Figuren auf dem dach ohne Abnahme sanieren zu lassen.

    Last - but not least - will - so die Rechtssicht der SPSG - diese als Rechtsnachfolger des Leihgebers (Staatliche Schlösser Potsdam-Sanssouci) den Leihvertrag von 1966 gar nicht kündigen. Ich bin zwar der Ansicht, daß der Leihgeber 1966 nur als Verwalter des Eigentümers, dem heutigen Land Brandenburg, handelte, aber das nachzuweisen ist komplex.

    Insofern sind sich Landesdenkmalamt, Universiät und SPSG einig.

    Das Gutachten zur Denkmaleigenschaft von 2013 hänge ich einmal an und zeige zwei Textzitate als Bild vorab:


  • Gibt es hier Kenntnisse, ob mit der Wiederanbringung des Geländers auch eine Gestaltung der Nische unter der Treppe verbunden ist :?:
    Dort befand sich ja ursprünglich eine Figur einer Najade (=Wassernymphe), welche zusammen mit den acht Putten von Friedrich Glume gefertigt worden war. Wahrscheinlich wird die Nische dort mangels Dokumentation leer bleiben, vermute ich...

    "Erkennbar ist die Nische mit Muscheldekoration, jedoch ohne die seit 1828 verlorene Figur einer Najade von Friedrich Christian Glume.", heißt es in diesem ausführlichen Fachbeitrag von Silke Kiesant (SPSG) zur Fahnentreppe:

    Vergoldete Knabenfiguren und ein Geländer mit Tradition – Neue Erkenntnisse zur Fahnentreppe des Potsdamer Stadtschlosses

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ach, schön, daß das Gutachten jetzt online ist. Die Arbeit haben die Freunde der SPSG und der Schloßverein in Auftrag gegeben, um eine bessere Grundlage für die Rekonstruktion zu haben.

    Die Nische mit Najade wird nicht wieder hergestellt - da ist eine einfach Tür drin und ein Lagerkeller dahinter. Zudem ist die Najade verloren. Das kann man aber noch später machen, wenn man dafür geld generieren kann.

  • Natürlich sind die Attikafiguren Teil des Denkmals "Humboldt-Universität". Die Unterschutzstellung gilt für den Bau wie er steht und liegt.

    Ich bitte noch mal darum genau in der Denkmalrolle zu recherchieren und weiter oben nachzusehen. Dass es für sich genommen um Denkmale geht ist ja nicht strittig. Wohl aber die Behauptung einer Einheit von Universität und Kunst am Bau. Nach meiner Erinnerung sind hier insbesondere die Jahreszahlen zu beachten. Ich glaube mich vage zu erinnern, dass der Wiederaufbau zum Denkmalschutz eingetragen wurde zeitlich bevor die Attikafiguren dorthin verbracht und aufgestellt wurden.

    (In anderen Worten, um das amtlich geschützte Denkmal wiederherzustellen sollte man die späteren entliehenen Ergänzungen, die ihrerseits geschützt sind, entfernen)

  • Es gibt in Berlin keine "Denkmalrolle". Maßgeblich ist die Denkmalliste, die mit Gutachten das Schutzgut präzisiert, und auch diese ist nur nachrichtlich (nicht wie früher, wo die Eintragung wesentlich war, dein Gdanke zählt zu den häufigsten Irrtümern des Denkmalrechtes (https://www.hagen.de/web/media/file…nkmalschutz.pdf)). Die Denkmalbegründung habe ich oben als PDF bereitgestellt, die aktualisierte Begründung ist von 2013.

    Mit welchem Trick willst Du jetzt beweisen, daß die Figuren nicht zum Denkmal gehören - die Denkmalbegründung ist von 2013 und die Figuren sind in den 1960er Jahren auf die Humboldt Universität gekommen. Unter Denkmalschutz stand die Friedrich-Wilhelm-Universität schon vor 1945.

    Das die zweifelsfrei unter Denkmalschutz stehenden Figuren das Erscheinungsbild der Hochschule prägen dürfrte auch unbestritten sein.


    Darüber hinaus gilt § 11 DSchutzG Berlin:

    [§ 11 Genehmigungspflichtige Maßnahmen


    (1) Ein Denkmal darf nur mit Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde
    1.in seinem Erscheinungsbild verändert,
    2....] - eben genau diese Genehmigung versagen die Berliner Denkmalbehörden.

    Ich bin ein großer Fan von Hartnäckigkeit - denkmalrechtlich kann man allerdings die Sache nicht aushebeln.

  • Du hast offenbar meinen Post nicht gelesen. Klick doch bitte nochmal zu den häufigsten Irrtümern im Denkmalschutzrecht. Das ganze Baudenkmal steht unter Schutz wie es heute steht und liegt und eine Veränderung ist nur mit Zustimmung der Denkmalpflegebehörde zulässig.

    Die Denkmalliste ist nachrichtlich, nicht konstitutiv. Wann was in die Liste aufgenommen wurde ist irrelevant. In unserem Fall ist die Denkmalbegründung 2013 ergänzt worden (siehe #3231). Ich weiß, früher war das anders. Aber früher hatten wir auch noch'n Kaiser (sagt der Berliner).

  • Kleine Dokumentation zu den Attika-Figuren. Video vom 18.06.2019

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    Viel Spaß

  • Eine schöne Nachricht zur Fahnentreppe / Engelstreppe.

    Unter: http://www.stadtschloss-potsdam.org/Erste_Skulpturenmodelle, findet man einen ausführlichen Bericht.

    "Im Atelier des renommierten Bildhauers Andreas Hoferick in Berlin-Weißensee waren die ersten Tonmodelle der acht Putten der Treppe zu sehen, die nach historischen Fotografien und originalen Fragmenten herstellt werden. Ein neunter Putto aus Zinkguß ist noch so vollständig erhalten, daß er nach einer umfangreichen Restaurierung im Original wiederaufgestellt werden kann." (Quelle: Homepage Verein Potsdamer Stadtschloß e.V.)

  • Und noch eine Nachricht (bereits vom September) von der Fahnentreppe, die wir noch nicht hatten:

    Zitat von maz-online.de

    Die Putten der Fahnentreppe nehmen Gestalt an

    Der Berliner Bildhauer Andreas Hoferick erarbeitet die Modelle für acht Kinderfiguren am Landtag. Eine Originalfigur aus Zinkguss kann wieder aufgestellt werden – trotz eines Einschusslochs im Rücken.
    [...]

    „Wir hoffen, dass wir in einem guten Jahr fertig sind. Es sind allerdings unerwartet viele Fragen aufgetaucht“, erklärt Kuke.
    So muss das filigrane Geländer mit seinem schweren Rahmen zahlreichen statischen Auflagen genügen und in die moderne Konstruktion der Außentreppe eingepasst werden. Obwohl Bildhauer Andreas Hoferick noch an den Modellen arbeitet, konnte der Auftrag, die Puttenmodelle in Bronze zu gießen, bereits erteilt werden.
    [...]

    https://www.maz-online.de/Lokales/Potsda…hmen-Gestalt-an