Potsdamer Stadtschloss

  • Gute Sache.

    Interessant ist natürlich, dass man erkennt, wie weit weg eigentlich Krieg und Elend in dieser Gesellschaft sind. Sie sind zwar als Mythen, als bedrohliches Dauergrollen im gesellschaftlichen Überbau permanent präsent, aber der Lebenspraxis dabei völlig entrückt.

    Was will ich damit sagen? Was weit weg ist, übt eine fast schon erotische Anziehungskraft aus. Weil Krieg nur noch als Schauergeschichte bekannt ist, muss jedes Einschussloch sichtbar bleiben und wird vermutlich mühevoll konserviert. In einer Gesellschaft, die Krieg und Gewalt noch ganz unmittelbar kennt, würde man vermutlich versuchen, Einschusslöcher möglichst zu kitten, um wenigstens auf einigen befriedeten Inseln eine heile Welt zu schaffen, in der man nicht an den Schrecken denken muss. Mir ist nicht bekannt, dass bei der Rekonstruktion des Königspalastes in Kabul bewusst Kriegsschäden sichtbar gelassen wurden.

    Das jetzige Potsdamer Beispiel ist natürlich eine Sache von viertrangiger Wichtigkeit. Vielleicht hätte auch ich als Konservator das Einschussloch in der Kinderfigur gelassen. Es stört mich an dieser Stelle auch nicht riesig. Aber die Plastik ist ja kein Einzelfall. In Berlin z.B. wurden in letzter Zeit ja oft Kriegsverletzungen von Gebäuden bewusst konserviert, bis hin zum Neuen Museum. Eine Art Grusel-Tourismus.

    Dazu wollte ich einfach ein paar Zeilen verlieren.

  • (...) entfernt, bezog sich auf gelöschte Beiträge. Franka

    Zur Sache: Ich denke, dass Heimdall hier nicht unbedingt recht hat, wiewohl das von ihm beschriebene Phänomen zweifellos in anderen Fällen durchaus real sein könnte.
    Hier geht es mE darum, dem "Landtag" ein Maximum an Authentizität zu geben. Und das finde ich auch richtig so. Das Stadtschloss im Herzen der Stadt verdient das. Dazu kommt natürlich eine Anspielung auf das gleichermaßen nur in Spolien erhaltene antike Griechenland, welches ja die architektonische Vorlage des Stadtschlosses abgibt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bei der Ringerkolonnade ist mit der jüngsten Zusage die Vollendung der Attikafiguren gesichert. Das ist sehr schön. Der
    Anschluß an das Schloß, der städtebaulich wichtig wäre, kostet jedoch noch weitere 200.000 Euro und die Figuren der Ringer und Fechter sind auch noch nicht saniert. Das wird pro Figur auch noch einmal 20 bis 40.000 Euro kosten - da das alles die städtische Dekmalpflege "nebenbei" macht dauert es auch. Sehr lobenswert aber, daß die Denkmalpflege das nicht aus den Augen verliert.

    Bei der Fahnentreppe wird man zu Ostern 2020 das Werden erkennen können. Hier baut ja der Schloßverein und im Januar werden die Figuren öffentlich vorgestellt. An der Trepep selbst wered wohl zu Ostern die Bauarbeiten beginnen, das Vorhaben ist durch die Cornelsen Kulturstiftung finanziert.

    In 2020 werden wir auch auf dem Schloß mindestens 4 maximal 9 neue Figuren sehen. Eine Kamnagne wird die Musen der Südwestecke betreffen (Richtung Lustgarten), die andere den Theaterflügel am Alten Markt. Hier kommt die Minerva wieder und auch die Euridike wird wieder aufgesetzt - beide Restaurierungsprojekte des Schloßvereins. Der Orpheus steht ja leider noch auf der Humbodt-Universität.


    Anschlu

  • Interessant ist natürlich, dass man erkennt, wie weit weg eigentlich Krieg und Elend in dieser Gesellschaft sind. Sie sind zwar als Mythen, als bedrohliches Dauergrollen im gesellschaftlichen Überbau permanent präsent, aber der Lebenspraxis dabei völlig entrückt.

    Was will ich damit sagen? Was weit weg ist, übt eine fast schon erotische Anziehungskraft aus. Weil Krieg nur noch als Schauergeschichte bekannt ist, muss jedes Einschussloch sichtbar bleiben und wird vermutlich mühevoll konserviert. In einer Gesellschaft, die Krieg und Gewalt noch ganz unmittelbar kennt, würde man vermutlich versuchen, Einschusslöcher möglichst zu kitten, um wenigstens auf einigen befriedeten Inseln eine heile Welt zu schaffen, in der man nicht an den Schrecken denken muss.

    Das sind interessante Gedanken. Ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen, in einer Kleinstadt voller Militär. Jeden Mittwoch wurde die Sirene geprüft, jedes Haus hatte einen Luftschutzkeller. Krieg war für uns nicht weit weg. Es war, als seien die Kämpfe erst vor Kurzem beendet worden. Es gab einige Straßen mit alten Häusern, die zahllose Einschusslöcher hatten. Nicht weil hier irgendjemand etwas konservieren wollte, sondern weil seit Kriegsende nur die allernötigsten Instandsetzungsarbeiten vorgenommen worden waren, um die Häuser nutzen zu können. Solche authentischen Zeugnisse des Häuserkampfes der letzten Kriegstage sieht man heute nirgends mehr. Die alten Häuser sind inzwischen fast alle saniert und die Kriegsschäden beseitigt. Wenn man heute Gebäude saniert und Einschusslöcher aufwendig konserviert, haftet dem oft etwas Künstliches an. Ich wäre als Kind nicht auf die Idee gekommen, die Einschusslöcher für pädagogisch wertvoll zu halten. Sie waren einfach noch da. Wäre eines der Häuser restauriert worden, so hätte niemand hinterher die Einschusslöcher vermisst. Es wäre einfach ein Stück Normalität des Wiederaufbaus nach dem Krieg, dass sie verschwanden.

    Kriegsruinen, die nicht genutzt wurden, und Kriegsbrachen habe ich als Kind völlig ausgeblendet. Zum Beispiel in Dresden. Ich habe kein eigenes Bild im Gedächtnis von der Ruine des Residenzschlosses, obwohl ich da war. Meine Erinnerung: ein Bauzaun und eine unförmige schwarze Masse. Georgentor, Hofkirche und Zwinger, die wiederaufgebaut waren, haben meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen und mich begeistert. Wenn ich mir heute Fotos der Schlossruine ansehe, staune ich. Sie war ja doch recht eindrucksvoll. Aber ich habe sie nicht wahrgenommen. Ich weiß, ich muss sie gesehen haben, aber ich habe sie nicht wahrgenommen. Ähnlich beim Neuen Museum in Berlin. Diese Kriegsruinen waren völlig langweilig und uninteressant. Was Krieg war, wusste man auch so.

    Bei dem Zinkguss-Putto in Potsdam freue ich mich unendlich, dass er erhalten ist und wiederaufgestellt werden kann. Ich finde auch, dass er nicht wie neu aussehen muss, aber das Einschussloch könnte man doch kitten. Ein echter Mensch hat Jahre später auch kein Einschussloch mehr, sondern eine Narbe. In der DDR, wo der Krieg noch nahe war, wurden Kriegsschäden nicht aufwendig konserviert. Wo man sie sah, waren sie einfach noch da. Wo alte Bauten restauriert wurden, freute man sich, dass sie wieder schön waren.

    Den Wiederaufbau des Neuen Museums in Berlin finde ich aber sehr gelungen. Bei mir überwiegt die Freude, dass es wieder da ist, ein nutzbares Gebäude, und dass so viel alte Substanz erhalten ist.

  • In 2020 werden wir auch auf dem Schloß mindestens 4 maximal 9 neue Figuren sehen. Eine Kampagne wird die Musen der Südwestecke betreffen (Richtung Lustgarten), die andere den Theaterflügel am Alten Markt. Hier kommt die Minerva wieder und auch die Euridike wird wieder aufgesetzt - beide Restaurierungsprojekte des Schloßvereins. Der Orpheus steht ja leider noch auf der Humbodt-Universität.

    Hmm ... Orpheus in Berlin und Eurydike in Potsdam. Wenn es umgekehrt wäre, ergäbe sich noch eine reizvolle Analogie zwischen Mythos und Gegenwart. Aber so?

  • Peter Kulka hatte ja moderne neue Attikafiguren auf dem Stadtschloss vorgeschlagen, welche "die Demokratie" symbolisieren sollen. Was ist aus diesen Plänen geworden, und was geschieht mit den originalen Attikafiguren des Schlosses, die sich jetzt auf der Humboldt-Universität befinden?

  • Davon habe ich noch nie gehört und die bisherigen Versuche barocke Schlösser mit "modernen" Attikafiuren zu bestücken - wie am Schloß Charlottenburg - sind ja auch ein Desaster. Der aktuelle Stand ist, daß Prof. Kulka der Wiederaufstellung des "äußeren Rings" zugestimmt hat und die Hoffiguren auf dem Fortunaportal, der ehem. Schloßwache und der beiden Tempelfronten (Kopfbauten) wiederkommen. Im Bereich des Corps de Logis und der beiden Seitenflügel (bis zum Rücksprung auf die historische Tief) sollen die Figuren nicht wiederkehren.

    Das heißt von den ursprünglich 76 Attikafiguren dürfen 46 wieder aufgestellt werden. Hiervor sind 5 schon oben und 10 weitere in der Restaurierung, diese kommen im Verlaufe des nächsten Jahres. Es bleiben also noch 31 offen, davon sind 6 Figuren auf der Humboldt-Uni, die der Berliner Landeskonservator nicht herausgeben will und der neue Chef der SPSG auch nicht. Die Figuren sind aber ganzfingurig erhalten, genauso wie vier weitere in den Depots und einige, die nur in Bruchstücken vorhanden sind.

    Hinzu dürfen 56 Attikavasen wieder aufgestellt werden (ca. 1,90 hoch).

    Von den vier Trophäen des Fortunaportals sind drei schon wieder oben, eine weitere ist im Modell fertig.

    Von den vier Adlergruppe ist eine wieder herstellt und aufgesetzt, drei weitere warten auf Spenden.

    Die 12 Trophäen der Schloßwache fehlen noch komplett.

    Die 9 Putti der Fahnentreppe sind im Modell zur Rekonstruktion so gut wie fertig.

    Die Figuren der Ringer und Fechter der Kolonnade warten noch auf Unterstützung, der Attikaschmuck der Ringerkolonnade ist zur Restaurierung und diese ist auch finanziert.

    Am Neptunbecken kommen in 2020/21 weitere Figuren durch Spenden.

    Ingesamt können rund 140 Sandsteinfiguren rund um das Stadtschloß restauriert, ergänzt, neugeschaffen und kopiert werden. Historisch gab es fast 300 Skulpturen rund um und am Stadtschloß.

    Die "modernen" Figuren auf dem Schloß Charlottenburg:

  • Der Bereich des Haupteingangs soll bleiben, wie er von Kulka entworfen wurde. Girlanden, die vier Attikafiguren zum Gruß der Besucher und die beiden Bodenskulpturen von Appolon und Minerva gehören zusammen.

    Ich denke, wenn die anderen gut 100 Fuguren geschafft sind wird sich Kulka auch hier überzeugen lassen. Es gibt ja genau zu tun.

  • Konstantin ,Sie sind ein Optimist was Kulka betrifft. Ist ja auch gut.Aber ein Architekt der Moderne wird sich mit über achtzig Jahren nicht mehr hin zur historischen Vervollständigung des Innenhofes überzeugen lassen.Er sagt sich,solange ich lebe bleibt es alles so wie ich es geplant habe!!

  • Ich bin deshalb Optimist, weil es uns ja in der Vergangenheit schon gelungen ist Prof. Kulka von den jetzigen 46 Attikafiguren und 56 Vasen zu überzeugen - da hatte Kulka ja ursprünglich auch eine ablehnende Haltung. Und Prof. Kulka hat ja auch die historische Fassae rekonstruiert, obwohl sein Entwurf diese nicht vorsah. Insofern hat Prof. Kulka seine Meinung schon geändert.

    Insofern ist meine Haltung nicht ganz ohne Grund optimistisch, allerdings bedingt dies auch ein anhaltendes Engagement der Bürger. Die Politik nimmt zwar gern jedes Kunstwerk am Landtag entgegen, beteiligt sich aber finanziell nicht einmal mit einem Zuschuß zu Gerüstkosten oder Blecharbeiten.

  • Der Verein Potsdamer Stadtschloß e.V. hat derweil ca. 70.000 Euro Aufsetzkosten wie Krane, Blecharbeiten, Edelstahlanker, Statikerhonorare, Gerüstkosten, Blitzschutzarbeiten, Mörtel- und Verbleiarbeiten, Sandsteinversetzarbeiten, Lackierarbeiten, Taubenvergrämungsumbauarbeiten ausgeben dürfen und darf leider am eignen Gerüst nicht mal eine Werbung für den Filmpark Babelsberg aufhängen, um die Kosten durch zusätzliche Einnahmen etwas zu lindern.

    Das Land Brandenburg bekommt Kunstwerke in Millionenwerten geschenkt und bestimmt noch exakt, welche Farbe das Geschenkpapier haben soll und wie die Schleife auszusehen hat. So wird das Ehrenamt durch das Land Brandenburg Landesregierung geschätzt - das ist Stil des Hauses.

  • Schöner Vergleich - das SW-Foto zeigt die Sanierung von 1930. Hier ein Bild der beiden Putti Nro 1 in ihrer erneuten Genese beim Bildhauer Hoferick. Die Originale aus Zinkguß sind stark zerstört und nicht mehr langfristig wiederaufstellungsfähig, sodaß Kopien gefertigt werden.

    Z. Zt. entstehen noch die Modelle in Ton. Nach Fertigstellung werden die neun Figuren in Bronze gegossen, die aus widerstandsfähiger und vandalismussicherer ist als ein Zinkguß. Paralell schreiten die Arbeiten an der Wiederherstllung des Gitters voran.

  • Sind eigentlich noch Fassadenpläne von Knobelsdorff zum Stadtschloss erhalten?

    Ich vermute mal das es keine mehr gibt, dennoch wollte ich mal nachgefragt haben, ob es da noch was gäbe.

  • Die Zeit vor der Veränderung der Schlossfassade unter Friedrich Wilhelm IV. Zu dieser Zeit müsste der Fassadenschmuck noch vollständig erhalten gewesen sein. Ich kenne aus dieser Zeit leider nur Gemälde, welche den Fensterschmuck nicht authentisch wiedergeben.