Potsdamer Stadtschloss

  • Guten Tag,

    endlich mal wieder eine positive Nachricht aus der Landeshauptstadt Potsdam. Wie Potsdams Neuste Nachrichten (pnn) am 23.06.2014 berichten ist das [lexicon='Potsdamer Stadtschloss'][/lexicon] bei Reisenden so beliebt wie die Welterbeschlösser und der SPSG ist es "unheimlich" die das allerdings auch gelassen sieht.

    http://www.pnn.de/potsdam/867395/

    Viele Grüße :cool:

    2 Mal editiert, zuletzt von Meister Lampe (23. Juni 2014 um 13:27)

  • Ich wunder mich nur, wieso soll das Stadtschloss unheimlich sein?? Es ist eher so, dass wir hier die wahren Bedürfnisse der Menschen nach Architektur verteten. Das sieht man in Braunschweig, in Dresden, und man wird es in Frankfurt sehen. Es ist der Öffentlichkeit scheinbar entgangen, dass die Menschen Sehnsucht nach humanen Bauformen haben ! ...Also sind wir hier die eigentlichen Modernisten !!

  • Die Schlösserstiftung beschwert sich doch sonst immer über die "Übernutzung" ihrer Häuser und führt immer neue Beschränkungen ein, da müsste eine Entlastung doch hochwillkommen sein.

    Zudem ist das Stadtschloß noch neu - Sanssouci seit 1918 zu besichtigen. Das wird sich alles wieder relativieren.

  • Ich find es ja immer wieder erstaunlich, wie überrascht man immer noch erscheint, dass Rekonstruktionen am Ende immer äußerst positiv aufgenommen werden und selbst viele der Meckerer ob deren Schönheit schnell verstummen. Schönheit zieht an, das war, ist und wird auch immer so bleiben!
    Ich bin auch bereit meinen Arm zu verwetten, dass das wiederaufgebaute Berliner Stadtschloss innerhalb kurzer Zeit zu einer der Hauptattraktionen der Stadt werden wird und man sehr davon profitiert.

    Edit:
    Ehrlich gesagt, wunder ich mich auch, dass es noch nicht zu einem "Ding" geworden ist, dass man in einer Stadt mit knapper Kasse einfach mal alle paar Jahre entscheidet ein verlorenes Architekturkleinod zu rekonstruieren. Das gibt immer wieder regelmäßig einen Boost an Promotion und Neugierigen, die die neue (alte) Attraktion live und in Farbe sehen wollen. Das es oft ältere Jahrgänge sind ist auch ganz praktisch, da diese meist mehr Geld in der Stadt lassen. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Treverer (6. Juli 2014 um 07:58)

  • Noch besser finde ich in Dresden die ausverkauften Räume des Grünen Gewölbes !!! Sowas habe ich noch nie erlebt, von den Menschenmassen im Zentrum und vor allem im Neumarktbereich ganz zu schweigen.

  • Alles rückwärtsgewandte, die Geschichte ungeschehen machen wollende Menschen, die nicht mit der Zeit gehen und die die Vorzüge der modernen Architektur nicht erkennen wollen :biggrin:

  • Hallo zusammen,

    die mit dem ersten Preis prämierten "Kunstwerke", die in Kreuzform aufgestellten, und mit dem Mittelteil des Schlosses Sanssouci bemalten 2 Messestände wurden heute vom "Künstler" eingeweiht. Und nach der Kunstkommission sollen die Messestände uns dauerhaft mit deren Anwesenheit beglücken. Laut dem Künstler sind diese Kunstwerke demokratischer, als das Parlamentsgebäude in Form des Stadtschlosses. Zitat PNN "Achsensymmetrie und Zentralperspektive sind prägend. Meine „Zugabe“ hingegen fällt aus dieser Perspektivität heraus. Aus jeder Position bekommt man einen anderen Eindruck. Für mich ist das demokratischer." Also ist die Demokratie schief und krumm und verwinkelt und unsymmetrisch und unschön und plakativ und herabwürdigend und herausfordernd und Historie verachtend, gar negierend? Dann muss ich leider sagen, habe ich mich in meiner Auffassung zur Demokratie zutiefst getäuscht.

    Die Gegenstimmen noch schnell hier zusammen gefasst: PNN, "Die kleinen Sanssoucis wirken lächerlich" (vollständig hier) und "die Pavillons wirken lächerlich". Und in der MAZ gibt der Untertitel den wirklichen Willen des Künstlers wieder, Zitat "Ihr wolltet ein historistisches Disneyland - da habt ihr es!"

    Grüße
    Luftpost

  • Ab Oktober 2014 haben wir einen neuen Landtag und eine neue Kunstkommission. Wir werden sehen.

    Das, was der Künstler behauptet ausdrücken zu wollen kommt jedenfalls bei den Menschen nicht an. Da muss man ein großen Schild daneben stellen, um die beiden Werbetafeln zu erklären. :lehrer:

  • Wenn man vom einfachen Volk spricht, mag das vielleicht stimmen. Aber das ist ja selten Adressat moderner Kunst. Für jeden geringfügig kunsthistorisch Interessierten ist die Absicht des Künstlers aber eindeutig. Symetrien gelten der linken Architektur-Szene der Bauhaus-Tradition seit Jahrzehnten als Symbol feudaler und "faschistischer" Herrschaftsstrukturen. So wird beispielsweise das Corps de Logis als hierarchische Ausrichtung von Architektur und absolutistisches Symbol erkannt und abgelehnt. Dagegen wird seit Jahrzehnten als Kennzeichen "demokratischer" Architektur gesehen, möglichst Ornamentik und historische Rückgriffe zu vermeiden, Gebäude transparent zu gestalten (Glasfassaden) und tendenziell auf Symetrie zu verzichten, als Erbe von Bauhaus und sowjetischem Suprematismus. Dass der Künstler also die Symetrie brechen will, ist aus seiner ideologischen Sicht genau so konsequent wie sein "Kunstwerk", das allein der Verballhornung und Abwertung der Schlossrekonstruktion dient. Das alles ist jedem halbwegs interessierten Zeitgenossen rasch verständlich. Umso bezeichnender ist es, dass die angeblichen Vertreter des Volkes offenbar kein Problem mit diesem Ramsch in dem Landtagshof haben.

  • So rüpelhaft würde ich mit der Sache nicht umgehen.

    Ich halte mich bspw. durchaus für "geringfügig kunsthistorisch interessiert" (allein wegen des Studiums des Faches) - die Reaktion der Architektursprache auf symmetrisch (mit Doppel-M) gleich antidemokratisch zu schelten ist doch recht infantil und so gar nicht feinsinnig. Dies mag sich einem ideologiegeschulten Alt-68er erschließen, jedenfalls nicht dem auch mehr als "geringfügig kunsthistorisch" Interessierten. Die Reihe an "modernen" Bauten, die ebenfalls symmetrisch sind, ist für eine derartige Schwarzweissmalerei doch zu lang.

    Jeder Plattenbau, die neuerdings unter Denkmalschutz gestellt werden, ist symmetrisch. Der Palast der Republik, eine Inkone der Moderne wie das ICC, war bzw. ist es. Das Bikinihaus am Zoo ist es. Das Haus des Lehres ist es genauso wie das halbe Hansaviertel oder die Karl-Marx-Allee.

    Zudem sind die Sanssouci-Werbetafels ja auch in sich symmetrisch und nur asymmetrisch aufgestellt. Hiermit einen Protest gegen die Monarchie und den Wiederaufbau des Schlosses formulieren zu wollen ist nun wirklich ein Insiderwitz. Letzte Woche habe ich jedenfalls einem eine Stunde lang zufällig Passanten befragt - "verstanden" hatte den vermeindlichen Impetus des Künstlern niemand.

  • @ "Konstantindegeer"

    Eventuelle "Rüpelhaftigkeit" war mir nicht bewusst. Das bitte ich also zu verzeihen.

    Und dass es in der Moderne auch Symmetrien gab, ist unbestritten. Die Symmetrie ist ja nicht aus der Welt zu bannen, sonst müssten wir uns alle ein Ohr abschneiden. Das ändert aber nichts, an bestimmten Strömungen im ideologischen Überbau, die Symmetrie durch feudale bzw. antidemokratische Positionen (z.B. die NS-Zeit) diskreditiert sehen, wie ja auch besagter Künstler in Potsdam offenbart.

    Ich habe mal nur ganz auf die Schnelle nach Beispielen im Internet gesucht, kenne die Thesen aber schon aus dem Kunstdiskurs seit der eigenen Schulzeit:

    Der Leserbrief eines Herrn Feldhausen:

    Zitat

    Mich hat Libeskinds Keil förmlich euphorisch gestimmt. Ich war nicht drinnen, ich hab ihn nur von außen gesehen. Gebäudesymmetrie und Säulen-Portkusse haben sehr viel mit denjenigen zu tun, die in der Vergangenheit Kriege führten, Symmetrie, Gleichmaß und rechter Winkel bestimmen soldatisches Verhalten bis ins Detail. Dieser Keil zerschmettert diese Symmetrie förmlich, symbolisiert zugleich das Zerstörerische des Krieges wie auch die Hoffnung, dass auch der Krieg selbst einmal so zerschmettert werden möchte. Ein genialer architektonischer Einfall, an dem ich (und viele andere) sich nicht sattsehen und sattfotografieren konnten!


    http://www.cicero.de/salon/ich-bin-kein-pazifist/46157

    Zitat S.29:

    Zitat

    Züge der kommenden Epoche zu erraten, die noch Anfang 1931 kritisiert wurden: Während
    einer öffentlichen Vorsstellung sagte einer der auftretenden Arbeiter unter anderem auf den WOPRAEntwurf deutend: ”1) Hier gibt es etwas, 2) aber das gefällt mir nicht.” Welches Prinzip lenkte beim WOPRA-Entwurf die Aufmerksamkeit auf sich? Sicher war es die klare auf Symmetrie, mit einer hervorgehobenen Zentralachse basierende Architekturkompositionsmethode... Es ist kein Zufall, dass in der bisherigen Architektur die Symmetriemethode unter Hervorhebung des Zentralteils gewählt wurde, der die Sozialstruktur der ganzen Gesellschaft und die Persönlichkeitsbestärkung sowie die Institution des Privateigentums bestärkte... Nach demselben Prinzip wurden natürlich auch Regierungsgebäude als Symbole der Herrschaft der Eigentümerklasse gebaut... Eine auf solchen Grundsätzen basierende Architekturkompositionsmethode kann bei uns nicht als eine unseren ideologischen Vorstellungen entsprechende angenommen werden, hier liegt deutlich eine Diskrepanz zwischen der vorgeschlagenen Architekturform und den ideologischen Aufgaben vor...


    opus4.kobv.de/opus4-tuberlin/files/702/chmelnizki_dmitrij.pdf

    Zitat

    «Demokratische Architektur» verbindet er mit einem Entwurfsprozess, der möglichst umfassend und ohne vorgefasste Formvorstellungen die spezifische Aufgabe sucht und studiert. Die Architektur für Bundesbauten (seit 1990 im Bau) soll die Verantwortung des Staates als Bauherr zum Ausdruck bringen, die er gegenüber der Stadt, der Landschaft, der Region und dem einzelnen Bürger habe. Die Gültigkeit einer unfertigen Architektur, die festgefügte Formen der Selbstdarstellung überdauert (…)Wir vermenschlichen unsere Gesellschaft, wenn wir die Zeit, wenn wir die Wege, wenn wir die Mittel, derer wir uns bedienen, vermenschlichen. Beim Endprodukt Architektur können wir nicht anfangen. Vielleicht ist der Weg das Ziel? Die offene Architektur wird weniger von oben her geordnet sein, weniger gut verwaltet, weniger rechthaberisch, weniger verschlossen, einfach neuer, mit einem Anteil des Chaotischen, das ja erforderlich ist, wenn Neues entstehen soll.


    http://retro.seals.ch/cntmng?pid=wbw-004:1992:79::1288


    http://www.zeit.de/2004/08/InterviewBehnisch/seite-6

  • Das Problem scheint mir der Unterschied zwischen Gefallen und Gefallen zu sein:

    Gefallen als ein momentanes GEFÜHLSMÄSSIGES Angesprochensein, eine Ergriffenheit, ein Staunen.
    Und Gefallen, das seinen höchstkomplizierten Umweg über den Kopf nimmt, zerdenkt, wo unmittelbar und seit jeher gefühlt werden kann und ebenso sieht dann auch die gängige und gegenwärtige Architektensprache aus: Prinzipien, die von keinem Auge erkennbar sind, Sinnbilder, die an nichts erinnern, nur nahelegen, dass der Architekt noch sehr viel vor hat.

    Jegliche Modernisierung, die das Alte nicht als Feind begriff, sondern als Grundlage seines Hinauswachsens, hat Menschen angesprochen. Die erklärte und dem Alten rigoros entgegenstehende, mehr ideologisch geprägte Moderne, sie erst hat das Schisma geschaffen, unter dem die heutige Architektur immer noch leidet. Das widerspiegelt sich selbstverständlich auch darin, in stadtbildprägenden Rekonstruktionen eine Wiederaneignung von Geschichte zu sehen oder aber einen persönlichen Angriff auf das eigene Gestaltungsvermögen.

  • Also das sind doch alles Positionen von verkopften Alt-68ern im Rentenalter - da würde ich nicht viel drauf geben. Auf mich wirken die Mini-Sanssoucis wie ein wilder Dachgeschossausbau auf einem Gründerzeitmietshaus - letzteres erträgt den Quatsch im Regelfall ohne Qualitätseinbuße. Und niemand käme auf die Idee hier einen Antagonismus aus "demokratischer" oder "antidemokratischer" Architektur zu zeichnen.

    Behnisch hat aus gesagt "demokratische" Architektur müsse aus Glas sein, weil man nur da durchschauen könnte. Zu dem Niveau fällt mir echt nichts mehr ein.

  • Also das sind doch alles Positionen von verkopften Alt-68ern im Rentenalter - da würde ich nicht viel drauf geben.

    Ich glaube da täuschst Du dich, denn genau dieser Geist wird bis heute jeder weiteren Generation an den deutschen Hochschulen eingetrichtert, mal subtil, mal mit Nachdruck. Das Problem ist noch immer ganz gegenwärtig und längst nicht ausgestorben. Architektur wie auch die gesamte Kunst ist in diesem Land seit 1945 ein Politikum, und manchmal glaubt man, je offensichtlicher diese Ideologie der Moderne gescheitert ist, desto verbissener wird sie vertreten.

    In dubio pro reko

  • Bauhaus steht doch vor allem für den neusachlichen Industriestil, Zeichen einer Modernität der Zeit, und ich denke auch durchaus nachvollziehbar. Das besondere an den politisierenden Kampfbegriffen ist doch, dass wir Ideologien jeweils als Aufladung nehmen. Ist der Flugverkehr "faschistisch" oder "demokratisch"? Was ist modern? Was ist avantgarde etc. Das was als reaktionär oder von gestern galt, kann man leicht mit dem geweiligen Zeitgeist denunzieren oder modern aufladen. Von den Nazis wissen wir, dass sie auf Freischwingern saßen, die Frakturschrift abgeschafft haben usw. aber auch bestimmte widerstrebende Architekturkonzepte protegierten. Es ist gut, dass es Moden gibt und Fassaden den Geist einer Zeit widerspiegeln. In der Nachkriegszeit musste es vor allem schnell und einfach gehen. Da war es weniger Ideologie als Not des zügigen Wiederaufbaus. Der Kampfbegriff des "Disneylands" spiegelt verschiedene Ressentiments wider, etwa das antiamerikanische aber auch die Lust am Echten, wiedererstandene Bauten seien bauhistorisch ohne Wert, als sei eine durch Keramik geschlossene Zahnlücke ein Verrat an der Wahrhaftigkeit und man müsse auf die unverfälschten Stümpfe blicken oder Metallgebisse tragen, als wohltuender Bruch. Heute muss man kein Monarchist sein, um Schlösser zu schätzen, kein Militär für Stadtmauern und Tore. Das Stadtschloss sieht einfach gut aus, und das überzeugt am Ende. Danke Hasso Plattner!


    Zitat

    Mit der Zeit wird alles heil,
    Nur die Pfeife hat ihr Teil.

    Der Blödsinn der 350 000 EUR stolzen Sansouci-Installation wird schon wieder korrigiert werden. So etwas hat vor der Zeit keinen Bestand, wie der Beton am Kölner Dom. Zeugnisse eines Irrwitzes im Zeitgeist.