Berlin - Molkenmarkt und Klosterviertel

  • Die Berliner Zeitung befasst sich heute mit dem Molkenmarkt ...

    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/dramati…artier-31415986

    Aus diesem Artikel:
    "Klar ist jedenfalls: Am Molkenmarkt findet eine Art Probelauf für das Areal zwischen Rotem Rathaus, Marienkirche und Fernsehturm statt. Inspiration erfährt die Debatte durch den durch bürgerschaftliches Engagement wieder hergestellten Neumarkt in Dresden sowie die soeben eröffnete neue Frankfurter Altstadt mit teils rekonstruierten alten Gebäuden, teils eingefügten modernen. Man hört viel Begeisterung."

    Das klingt vielversprechend. Warum soll es hier nicht auch so gemacht werden? Ein Gemisch von modernen kleinteiligen Gebäuden, aufgelockert von einigen ausgesuchten Rekonstruktionen. Nur so entstehen lebendige urbane Plätze.
    Große Flachdachwohnriegel mit immer den gleichen modernen Fassaden können nie Aufenthaltsqualität erzeugen.

  • Noch ein interessanter Artikel aus dem Tagesspiegel:

    "Braucht Berlin eine neue Altstadt?"

    "Was aber ist die Botschaft von Frankfurt? Eine neue Altstadt ist möglich und kann sogar schön sein. Sie ist und bleibt aber neu, eine Mischung von wenigen historisch rekonstruierten und mehrheitlich zeitgenössischen Bauten, neu natürlich auch hinsichtlich der Nutzung und Nutzer."

    "Und Berlin? Bleibt Berlin von diesem Rekonstruktionsfieber verschont?"


    Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/beispie…t/23148936.html

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Ich kann die Gedankengänge eines Journalisten, der hofft, von Rekonstruktionen „verschont“ zu bleiben (als wäre es eine Seuche), nicht nachvollziehen. Von daher verzichte ich auch auf die Lektüre des Artikels.

    In dubio pro reko

  • Da machst du einen Fehlschluss Stuegert.
    Der Artikel ist durchaus altstadt- bzw. rekonstruktionsfreundlich und wirft einige sehr interessante Fragen auf, hat die Debatte in Berlin durchaus befeuert.

    Er endet mit:

    "Brauchen wir daher überhaupt so etwas wie eine neue Berliner Altstadt? Brauchen wir mehr als das Nikolaiviertel? Eigentlich ist allen klar:
    Es fehlt etwas in der Berliner Mitte, es fehlen städtische Räume, Straßen und Plätze, die nicht nur an die großen Zerstörungen Berlins im Zeitalter der Diktaturen des 20. Jahrhunderts erinnern, sondern auch an seine durchaus lange Geschichte – an die bescheidenen Anfänge einer kleinen bürgerlichen Stadt des Mittelalters im wilden Osten, in der im Zeitalter der Aufklärung die Toleranz einen Triumph von europäischer Bedeutung feierte.

    Sagen wir es so: Auch Berlin braucht auf dem Weg in die Zukunft einen Ort der Erinnerung – an die gesamte Geschichte, an Toleranz und Intoleranz, an Zerstörung und Aufbau. An die grandiose Geschichte eines Aschenputtels, das zur Weltstadt wurde. Einen Ort, der die durch Autotrassen zerstückelte Altstadt wieder zusammenführt und ihr einen Sinn gibt. So wie es heute ist, darf es nicht bleiben."

  • Irgendwie klingt das mit der Toleranz uws. schon wieder so nach politisch korrekter Aufladung, statt einfach nur Häuser hinzustellen.

    Mir ists schon rel. egal, was da genau gebaut wird. Wüsste jetzt nichts, was es dort groß zu rekonstruieren gäbe, außer der Klosterkirche, aber die "steht" ja noch und spielt somit keine Rolle bei den Plänen. Gabs denn da zuletzt noch weitere signifikante Bauten neben dem Alten Stadthaus und dem Palais Schwerin?

    Mir würde eine neue Straßenführung und ansprechende Neubauten reichen. Keine Calatrava-Hadid-Libeskind-Experimente, aber auch keine Patzschkes (kann den nun langsam auch nicht mehr sehen). Finde, hier kann man sich durchaus an den Neubauten, die in Potsdam entstehen orientieren. Und eben weg mit dieser Autobahn und den großen Parkplätzen vor den bestehenden Bauten, wie sie eigentlich auf einen Hinterhof gehören.

  • Signifikante Bauten gab es. Zum Beispiel die Französische Kirche oder das Palais von Kreutz mit seinem Schlütersaal, beide in der Klosterstraße (siehe auch Rubrik "Berlin in alten Bildern"-Seite 29). Oder das "Haus zum Löwen" in der Jüdenstraße.

    Palais von Kreutz wäre allerdings nur zu verwirklichen, wenn dieses entsetzliche Parkhaus neben dem Rathaus teilweise wieder verschwinden und die neue Grunerstaße nicht gerade hinter dem Rathaus durchgezogen würde. Insofern wird die Rückgewinnung wohl sehr schwierig.

    Einmal editiert, zuletzt von Friedenau (16. Oktober 2018 um 15:21)

  • Ich fände es gut, wenn wir mal einen extra Themenfaden nur zum Thema bedeutender Einzelbauten in der Berliner Altstadt machen.

    Dann wird auch klar, wo Leitbauten sinnvolle Ankerpunkte für die Wiedergewinnung dieses Stadtraumes sein können. das können aus meiner Sicht auch eher schlichte, jedoch geschichtlich für Berlin und darüber hinaus bedeutsame Bauten sein, so wie man das auch schon im Nikolaiviertel bzw am Märkischen Ufer machte. Allerdings hätte ich die Leitbauten gerne an ihrem originalen Standort, wo es möglich ist - wenn nicht, kann auch mit translozierten Bauten ein Ensemble erbaut werden, das echtes Altstadtflair erlaubt. Als Schaukasten Alt-Berlins.

  • Ich finde die Idee von Erbse sehr gut. Wir sollten mal die Altbauten von besonderer Relevanz für das Klosterviertel, Molkenmarkt, heutiges Marx Engels Forum und die Fischerinsel sammeln, denn das war im Kern ja das alte Berlin.

    Ich bin mir sicher, dass wir nach der Bebauung des Molkenmarkts auch die Bebauung des Marx-Engels-Forums zwischen Schloss und Fernsehturm sehen werden. Warum? Weil man erstens nach der Bebauung des Molkenmarkts und dem Rückbau der Straßen sehen wird, welch enormen städtebaulichen Gewinn das Ganze hat. Und zweitens weil es extrem wertvolles Bauland ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das dauerhaft ungenutzt liegen lässt.

    Dazu wäre es dann von Vorteil, wenn man einmal geordnet sehen würde, was in den historisch relevanten Arealen in Berlin so stand, denn in der Breiten Straße ist ja ebenfalls noch massig Bauland, was dazu führt, dass drei große Areale des Alten Berlin aktuell frei sind und zwei Areale zur Bebauung anstehen. Ich bin mir sicher, dass einige unserer Berliner Freunde bestimmt das ein oder andere Bild auftreiben können.

    Kommen wir zur zweiten Frage, die ich seit Jahren beschäftigt und zu der ich mir schon vor geraumer Zeit Gedanken gemacht habe: Was soll man wie wiederaufbauen?

    Ich glaube, dass an allen drei Stellen das Frankfurter Modell aus einigen Rekos und modernen kleinteiligen Adaptionen das richtige Konzept wäre. Nur stehen wir in Berlin vor einem Problem. Anders als in Frankfurt fehlen die historisch herausragenden Einzelbauten zumeist. Ich weiß nicht, ob es so etwas wie die Goldene Waage oder das Rote Haus in Berlin gab.

    Und da bin ich auf eine Idee gekommen, die zunächst selbst einigen Rekofreunden nicht unbedingt passen wird, aber die man für Berlin zumindest einmal diskutieren sollte. Da die wertvollen Bauten, die es sicher auch in Berlin gab, wenn dann sehr verstreut standen und auch an Orten, die heute vielfach überbaut sind, müsste man für den Berliner Altstadtbereich veilleicht überlegen, eine Rekonstruktion der besten Bauten in den Arealen vorzunehmen, die aktuell frei sind. Heißt übersetzt, man sammelt die wertvollsten Bauten der ehemaligen Berliner Altstadt und baut sie wenn nötig ortsversetzt wieder auf. Ich weiß, dass es einigen gar nicht behagen wird. Aber ich finde, man sollte im Berliner Fall mal drüber nachdenken. Und man hat dies in Berlin mir dem Ephraim-Palais ja bereits genau so gemacht. Also warum nicht mal kreativ denken und diese Option zumindest mal prüfen.

    Denn ich sehe über diese Option eine große Möglichkeit zur Stadtreparatur!

    APH - am Puls der Zeit

    2 Mal editiert, zuletzt von Apollo (16. Oktober 2018 um 13:39)

  • Jetzt hatte ich meinen Beitrag schon editiert und sehe, dass wissen.de praktisch dasselbe vorschlägt. Großartig, da sind wir immerhin schon zwei! :D
    Berlin ist sicherlich eine Stadt, welche die Translozierung wichtiger Bauten gut verträgt und auch eine Historie diesbezüglich aufweisen kann. Wenn es stimmige Ensembles ermöglicht, warum nicht...

    Ich würde mir wünschen, dass zumindest ein Ort jedoch weitgehend originalgetreu wiederhergestellt wird, z.b. der Neue Markt. Der zwar zuletzt überwiegend durch den Historismus geprägt war, aber einfach so markant und durch viele Postkarten bekannt war, dass er mE wiederkehren muss.

  • Persönlich würde ich immer eine Rekonstruktion am Originalstandort bevorzugen. Dann lieber ein doppeltes Ermeler-Haus als ein "Gasthaus zum Nussbaum" vor der Nikolaikirche. Es gibt genügend Gebäude am Molkenmarkt, Kloster-, Jüden oder in der Rathausstraße (Königsstraße), die es verdienen rekonstruiert zu werden. Ein wichtiges Gebäude wäre zum Beispiel auch das Mühlengebäude (Sparkasse) auf der Mühlendamm-Brücke und die davor gelagerte barocke Laden-Kolonnade auf der Brücke aus dem 17. Jahrhundert (wenn ich mich da nicht täusche). Der gesamte Hafenbereich war damals ein Hingucker, der es durchaus verdiente wieder aufgebaut zu werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Friedenau (16. Oktober 2018 um 17:33)

  • Die Versetzung historischer Bauten scheint tatsächlich eine längere Tradition im Ostteil Berlins zu haben. Wenn sie wie so oft dem monströsen Städtebau der DDR im Weg waren, hat man zumindest manchmal ihre stadthistorische Bedeutung gewürdigt und sie an eine der schmalen Traditionsinseln versetzt.

    Wenn ein bedeutender Einzelbau oder das dadurch erzielte Ensemble es rechtfertigt, sollte man auf jeden Fall darüber nachdenken - solange man die Standorte trotzdem so authentisch wie möglich wählt. Das Vorbild wäre dann für mich eher weniger die Versetzung des Ermelerhauses ohne räumlichen Bezug von Alt-Cölln ans Märkische Ufer, sondern wie von Wissen.de erwähnt das Ephraim-Palais. Wenn die zukünftige Straßenführung einem besonders wertvollen Kandidaten für einen zu rekonstruierenden Leitbau im Weg stehen sollte, wäre eine solche Versetzung um mehrere Meter vor oder zurück wohl die eleganteste Lösung.

    Grundsätzlich wäre ich an der Stelle aber auch nicht abgeneigt gegen gelungene Neubauten wie in Frankfurt oder zukünftig in Potsdam. Die Gegend um den Molkenmarkt leidet meiner Meinung nach bisher ja weniger an einem Mangel an historischen Bauten als an den viel zu weitläufigen Asphaltwüsten dazwischen.

  • Da es gerade so gut passt, hier ein aktuelles Video des RBB zum Stand am Molkenmarkt:

    https://www.rbb24.de/kultur/beitrag…chaeologen.html

    Die Grabungen könnten schon im November beginnen, man erhofft sich weitere Aufschlüsse zum ältesten Marktplatz Berlins.

    Auch vor dem Hintergrund des Erfolges in Frankfurt hoffe ich, dass man zumindest direkt am Marktplatz zwei drei Bauten rekonstruiert, damit man ein Gefühl dafür bekommt, wie das alte Berlin einmal aussah.

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (17. Oktober 2018 um 15:40)

  • Neben dem Chor der Klosterkirchenruine, im ehemaligen "Bullenwinkel" der dort nicht mehr vorhandenen Waisenstraße, wird es wohl bald einen Neubau geben. Bauherrin wird die 'Stiftung EmMi Luebeskind' sein, welche sich in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen und dabei insbesondere für die Bedürfnisse von Pflegekindern engagiert. In dem Haus sollen ein Veranstaltungssaal sowie Büros und Wohnungen entstehen.

    Das "EmMi LuebesKind-Haus" | Berlin-Mitte

    Der Entwurf von Klaus Theo Brenner Architekten, hier wohl von Süden aus der Littenstraße gesehen, gefällt mir schon mal recht gut

    Bildquelle: Stiftung EmMi Luebeskind/Klaus Theo Brenner Architekten

    Im nächsten Jahr dürfte es dann losgehen mit diesem Neubau.


    Dieser Bereich ist mittlerweile schon wieder zugeschüttet oder gar abgegraben.

    Der Bau ensteht auf den Fundamenten der Häuser, welche sich an die mittelalterliche Stadtmauer gelehnt hatten.

    Bildquelle: http://www.bildindex.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Bau von Klaus Theo Brenner Architekten ist interessant und sicherlich annehmbar, wenn auch etwas seltsam proportioniert. Gleichwohl hätte ich eine Rekonstruktion der historischen pittoresken Häuserzeile aus Sicht des historischen Stadtbildes für wünschenswerter gefunden.

  • Der Neubau hat irgendwie etwas amerikanisches an sich, der könnte glatt in Chicago oder New York stehen. Für diese altstädtische Lage in der Tat nicht die beste Wahl. Und dennoch muss man sagen, hier hätte auch eine völlig missratene Strichcode-Kiste oder ein dekonstruktivistischer Betonhaufen entstehen können. Insofern in Zeiten von Lüscher und Lompscher schon eher ein erfreulicher Entwurf.
    Zumal eben nebenan sowas wie eine innerstädtische Autobahn liegt. Noch.

  • Der Neubau hat irgendwie etwas amerikanisches an sich, der könnte glatt in Chicago oder New York stehen. Für diese altstädtische Lage in der Tat nicht die beste Wahl. Und dennoch muss man sagen, hier hätte auch eine völlig missratene Strichcode-Kiste oder ein dekonstruktivistischer Betonhaufen entstehen können. Insofern in Zeiten von Lüscher und Lompscher schon eher ein erfreulicher Entwurf.
    Zumal eben nebenan sowas wie eine innerstädtische Autobahn liegt. Noch.

    Naja, an einem (sehr einfachen) Strichcode scheint sich das schon eher orientiert zu haben, auch wenn man ansatzweise kalte neoklassizistische Züge erkennen mag. ;)


    Laut Beschluss aus dem 2000er Jahren ist eine höhere Traufhöhe als bei der ursprünglichen Bebauung von vor 1945 vorgesehen. Das würde ja Rekonstruktionen - selbst in einem Leitbaukonzept - doch pauschal ausschließen...
    Heißt das aber umgekehrt nicht, dass echte Dachtraufen anstelle von Flachdächern kommen sollten? Dieses Beispiel würde dem ja widersprechen. :wie:
    Gibt es weitere Pläne für die Visualisierung von dem, was kommen wird? In vielen Kommentaren von einschlägigen Webzeitungen wird schon die "Disneyland"-Keule geschwungen.

  • Für die Neubebauung des Molkenmarktes und der Grunerstraße ist seitens des Senates vorgesehen, den überwiegenden Anteil an die Wohnungbsaugesellschaften zu vergeben. Dieser werden ihre Großparzellen, die nichts mit den historischen Grundstücken zu tun haben, in Wettbewerben vergeben.

    Rekonstruktionen, auch einzelner Bauten, sind nicht vorgeshen und durch den B-Plan auch nur durch krasse Verschiebungen theoretisch möglich. Ein Wiederaufbau des Jüdenhofes wird ausgeschlossen. Auch der französische Kirchhof soll nur abstrakt als Platzform wiederentstehen. Irgendwelche "Leitbautenkonzepte" gibt es nicht.

    Was es gibt sind Bebauungsverschläge verschiedener Gruppen aus der Bürgerschaft, die jedoch allesamt vom Senat und vom BA Mitte abgelehnt werden.

  • Vielleicht macht man in Berlin ja den gleichen Fehler wie in Frankfurt und plant so banal und gesichtslos, dass sogar die Berliner aufstehen und sich eine solche Frechheit an einer der bedeutendsten Stellen ihrer Stadt nicht bieten lassen. Zu wünschen wäre es der Stadt, denn der Molkenmarkt hat mehr verdient als ein Bahnhofsvorplatzprojekt in Miniatur zu werden!

    APH - am Puls der Zeit