Berlin - Molkenmarkt und Klosterviertel

  • Die Modernisten sind ja auch Konservativ und halten geradezu Reaktionär an Bauformen fest, die mit der Bauhausströmung und der klassischen Moderne teilweise schon hundert Jahre alt sind. Die damaligen Architekten und die heutigen Modernisten sind mit ihrer Denke teilweise Lichtjahre von der Arbeiterklasse entfernt. Links im Sinne der Gleichheit der Menschen wird und wurde gerne von den Modernisten als Argument für ihre Bautätigkeit vorgeschoben. Doch schon im Bauhaus residierten die Meister in komfortablen Villen und gesellten sich nicht zu den Arbeitern in den neuen Arbeitersiedlungen.

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  • Warum "zum Glück"? Das klingt geradezu erleichtert. Und wenn wir hier tatsächlich alle konservativ wären wie der Artikel suggeriert, wäre das eigentlich ein Problem? Die von dir beschriebene Vielschichtigkeit ist schön und gut, aber keine Notwendigkeit. Schon gar nicht um es irgendwelchen Beobachtern von außen recht zu machen.

    Natürlich bin ich darüber erleichtert, schließlich bezeichne ich mich selber nicht als konservativ und ich würde mich in diesem Forum deutlich weniger wohl fühlen, sollten die Diskussionen hier zukünftig eindimensionaler ausfallen. Also ja, für mich wäre das ein Problem – ganz unabhängig davon, es "irgendwelchen Beobachtern von außen recht zu machen".

    Davon abgesehen sollte es ein Anliegen des Vereins sein, nicht ausschließlich in einer konservativen Blase zu rühren, sondern gesamtgesellschaftliche Diskussionen anzustoßen. Durch eine einseitige Ausrichtung des Vereins sehe ich die Gefahr, sich potentialle Gesprächspartner bereits durch das "falsche Parteibuch" zu verschließen.

  • Majorhantines, ich sprach eigentlich nur davon, ob dieses Forum unbedingt die Vielschichtigkeit der Gesellschaft widerspiegeln muss, bzw. was daran problematisch sein sollte, dass eine Mehrzahl der Teilnehmer sich als (wert-)konservativ definiert - eigentlich etwas, das angesichts der Thematik recht naheliegend ist. Für den Tagesspiegel scheint das jedoch bereits ein Grund besonderer Erwähnung zu sein, so als ob das die Legitimität schmälert. Muss man sich heutzutage etwa schon für eine konservative Gesinnung rechtfertigen bzw. dies möglichst von sich weisen? Das war meine grundlegende Frage.

    In dubio pro reko

  • Ich weiß gar nicht, warum sich über den "Tagesspiegel"-Artikel dieser Dame so aufgeregt wird. Wenn die Dame eine solch gute professionelle journalistische Ausbildung genossen hat und ein solch gutes politisches Bekenntnis abgelegt hat, dann können die Ergebnisse ihres Schaffens doch nur ausgezeichnet sein.

    Sollte letzteres wirklich nicht der Fall sein, dann müsste wohl irgendetwas vorher nicht so gut gelaufen sein, also entweder war die Ausbildung doch nicht so gut oder das politische Bekenntnis hat einen Wurm. Oder gar beides.

    Interessant wird dabei allenfalls, ob andere das Framing aufgreifen und ihrerseits weiterverbreiten. Dann wäre die nette Bürgerbeteiligung in den ideologisch aufgeladenen Kulturkampf hereingezogen worden, was dem Projekt nicht gut tun würde. Möglichenfalls aber war das auch von der Autorin so beabsichtigt.

  • reklov2708 Ach so. Zumindest indirekt würde ich es begrüßen aus meinem vorgebrachten Argument heraus, dass für ein realitätsnahes Bild es möglichst viel unterschiedliche Herangehensweisen braucht. Wenn Wir hier im Forum diskutieren, gibt es ja auch Debatten über den richtigen Umgang in der öffentlichen Diskussion oder welche Projekte und Teilaspekte besonders wichtig sind. Das hat Einfluss meiner Wahrnehmung nach auf die Kommunikation des Vereins. Auch dessen Außenwirkung wurde ja bereits öfters durch den Diskurs im Forum geprägt, obwohl dies eigentlich vom Verein nicht so begrüßt wird.

    Ich schreibe aber ausdrücklich indirekt, weil man natürlich nicht mehr als ein offenes niederschwelliges Angebot machen kann, bei dem sich dann hoffentlich alle in der Gesellschaft eingeladen fühlen mitzudiskutieren.

    Zur Frage bezüglich Rechtfertigung von persönlicher Gesinnung: Ich denke jede Haltung will erklärt werden und besonders die konservative Haltung muss in dieser Zeit des Wandels sich mehr rechtfertigen, weil mit der Digitalisierung und dem Klimawandel große Umbrüche bestehen, die Erhalt von Bestehendem zunächst erklärungsbedürftig erscheinen lassen. Gerade die konservativen Parteien haben da momentan es nicht leicht sich als zukunftsweisend zu inzenieren und werden abgestraft. Im diesem Kontext sehe ich auch die Abwertung des Artikelautors.

  • Warum "zum Glück"? Das klingt geradezu erleichtert. Und wenn wir hier tatsächlich alle konservativ wären wie der Artikel suggeriert, wäre das eigentlich ein Problem?

    Der Artikel spricht vom Verein, nicht vom Forum. Der Verein hat nur ein Bruchteil soviel Mitglieder wie das APH. Selbst wenn alle Vereinsmitglieder hier aktiv wären, sind Aussagen über den Verein nicht im geringsten auf das APH zu übertragen (und umgekehrt).

    Und ich stimme da Klotzenstein absolut zu: Meinungsvielfalt ist immer eine bessere Grundlage für den Dialog als engstirnige Einseitigkeit.

    Evangelisch... journalistisch... antirassistisch sind euphemistische Begriffe, die heutzutage mit links bzw. linksradikal gleichzusetzen sind. Somit ist klar einzuordnen, dass "die Person" keine konservative Einstellung haben und folglich auch keine Rekonstruktionen befürworten wird.

    So, so, Antirassismus, Journalismus und die evangelische Kirche sind mit links/linksradikal gleichzusetzen. Wow, solche Aussagen sind ja wirklich ein Aushängeschild für das APH. Ich spare es mir, das konkret zu widerlegen, denn wer eine antirassistische Einstellung nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und Kirche grundsätzlich politisch verortet, der hat sich bereits sehr eindeutig positioniert. Ich würde in diesem Forum unzählige Mitglieder finden, die mindestens zwei der genannten Attribute bedienen und dennoch pro Rekonstruktion sind, einige davon würden sich sogar nicht als konservativ einstufen.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Dieses Selbstzerfleischen, sich ständig in Frage stellen und ausschweifende Diskutieren haben die Modernisten zumindest nicht (wenn man sich die einschlägigen Foren und sozialen Kanäle betrachtet). Dort sehe ich eine große Einigkeit und Geschlossenheit und dort wird wirklich von allen Anhängern mit einer Stimme gesprochen. Auch wo der "Feind" steht ist bei den Modernisten unverkennbar klar.

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  • Dieses Selbstzerfleischen, sich ständig in Frage stellen und ausschweifende Diskutieren haben die Modernisten zumindest nicht (wenn man sich die einschlägigen Foren und sozialen Kanäle betrachtet). Dort sehe ich eine große Einigkeit und Geschlossenheit und dort wird wirklich von allen Anhängern mit einer Stimme gesprochen. Auch wo der "Feind" steht ist bei den Modernisten unverkennbar klar.

    Aber gerade deshalb sind die Ergebnisse ja so schlecht. Es herrscht keine Fehlerkultur in meinen Augen vor, und das ist auch das beste Ass in Unserem Ärmel, weshalb Wir ja auch berechtigt auf gute Zustimmungswerte aus der Bevölkerung verweisen können für den Städtebau den Wir hier fördern. Diese Ablehnung wird den Modernisten gegenüber jeden Tag steigen, je deutlicher in der Überzahl ihre Werke die Städte verschlechtern.

    Das ist wenigstens mal ein positiver Aspekt von dem vielen Streit um historisierende oder klassische Architektur und traditionellen Stadtgrundriss. Dass Wir deutlich besser Unsere Projekte begründen müssen und damit bessere Lösungen anbieten können.

  • Ich glaube, die ganze Diskussion beruht bis zu einem gewissen Grad auf einem Missverständnis:

    Stadtbild Deutschland e.V. ist natürlich im Hinblick auf Architektur im besten Sinn konservativ: Nämlich ausgerichtet auf die Bewahrung, Überlieferung und - wo es verloren gegangen ist - Wiederherstellung des architektonischen Erbes. Das ist konservativ und da beißt die Maus auch keinen Faden ab.

    Das bedeutet aber nicht, dass der Verein in anderen Hinsichten, Belangen und Fragen konservativ wäre (was ja alleine schon durch die parteipolitische Neutralität, wie sie in der Satzung verankert ist, ausgeschlossen ist).
    Und ebenso wenig bedeutet es, dass die Mitglieder in anderen als architektonischen Hinsichten, Belangen und Fragen zwangsläufig konservativ wären oder gar sein müssten.

    Wenn man die Unterscheidung trifft, löst sich die ganze Diskussion hier doch in Luft auf.

  • Dort sehe ich eine große Einigkeit und Geschlossenheit

    Ja, klar, weil es dort eben keine Vielfalt in politisch- gesellschaftlichen Fragen gibt, sondern eine geschlossene Ideologie. Das halt ich aber nicht unbedingt für erstrebenswert.

  • Ich spare es mir, das konkret zu widerlegen, denn wer eine antirassistische Einstellung nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und Kirche grundsätzlich politisch verortet, der hat sich bereits sehr eindeutig positioniert.

    Das ist jetzt aber auch eine Unterstellung. Wenn ich Holsteiner richtig verstehe, dann meint er, dass der Antirassismus (der für sich genommen natürlich ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Anliegen ist), in den letzten Jahrzehnten von Linksradikalen "gekapert" wurde, die nun ihre spezielle politische Ideologie unter diesem Label laufen lassen.

    Ich sehe nicht, dass Holsteiner gesagt hätte, dass Antirassismus für sich genommen linksradikal wäre.

    Nur mal ein Beispiel: Ich habe mich kürzlich auf eine Professur in den USA beworben und da wird neuerdings immer ein "diversity"-Statement verlangt. Ich schreibe also aus meiner naiven alteuropäisch-liberalkonservativen Sicht da rein, dass ich Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe oder ihrem Geschlecht beurteile und auch nie beurteilt habe, sondern nach ihrem Charakter und ihrem Können. Dementsprechend würde ich auch bei der Frage, wen ich als Mitarbeiter einstelle oder fördere, nur auf die wissenschaftliche Leistung und nicht auf Geschlecht oder Hautfarbe achten.

    Und werde unter anderem wegen dieses Statements abgelehnt. Begründung: Durch das Statement würde ich leugnen, dass BIPOC (oder wie es gerade heißt) aufgrund ihrer Hautfarbe und/oder ihres Geschlechte bevorzugt behandelt - und Männer und Weiße im Gegenzug aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts benachteiligt - werden müssten, weil sie jahrhundertelang benachteiligt wurden. Damit sei das Statement latent rassistisch.

    Diese Art von linksradikalem "Antirassismus", der selbst nichts anderes ist als ein knallharter Rassismus, kann man sich gerne schenken und ich gehe mal davon aus, dass Holsteiner so etwas gemeint hat, als er sagte, dass "Antirassismus" heute nur ein Label für linksradikale Positionen sei.

  • Wenn wir jetzt schon in einer politischen Diskussion sind. "Antirassismus" ist nicht das Vermeiden von rassistischem Verhalten, sondern Rassismus gegen Weiße. Den aber gibt es laut "antirassistischer" Ideologie gar nicht. Fröhliches Schlachten also, heute in Südafrika, morgen anderswo. :zwinkern:

    Also, die Tiefendimension wird hierzulande nicht erfasst, und so wird dieser "Antirassismus" noch zu viel Leid führen, womöglich vergleichbar der Vorgänge der 1940er Jahre.

    (Kleiner allererster Appetithappen für diejenigen, die das Thema wirklich interessiert: hier und hier und hier)

    Übrigens bin ich dafür, die Diskussion zu diesem Thema zu deaktivieren. Es kommen nur die üblichen Leute hervor, um ihre Ideologie zu verbreiten.

  • Aber gerade deshalb sind die Ergebnisse ja so schlecht. Es herrscht keine Fehlerkultur in meinen Augen vor, und das ist auch das beste Ass in Unserem Ärmel, (...) den Städtebau den Wir hier fördern. Diese Ablehnung wird den Modernisten gegenüber jeden Tag steigen, je deutlicher in der Überzahl ihre Werke die Städte verschlechtern. (...) Dass Wir deutlich besser Unsere Projekte begründen müssen und damit bessere Lösungen anbieten können.

    Sprach die Mücke zum Elefanten... :lachen:

  • Sprach die Mücke zum Elefanten... :lachen:

    Ist doch egal, dass es erst in einzelnen Städten soweit ist. Dafür machen Dresden, Leipzig oder Potsdam dann sehr gute Vorbilder für weitere Städte. Ich finde Du schreibst immer so demotivierend, wenn es um Zukunftsperspektiven geht :(

  • "Majorhantines", das stimmt nicht. Ich will nicht demotivierend sein. Ich kritisiere ja "Herrn Hermann" bisweilen, weil er demotivierend schreibt bzw. die Flinte zu schnell ins Korn schmeißt. Zugleich aber bin ich nicht so euphorisch wie z.B. "erbse". Das hat einfach etwas damit zu tun, dass ich stets versuche die Machtverhältnisse im Blick zu behalten und die Chancen der eigenen Möglichkeiten einzuschätzen. Vielleicht haben da bestimmte Erfahrungen der Vergangenheit dazu geführt, dass ich skeptischer hinsichtlich mancher Realisierungsmöglichkeiten bin. Aber, ich bitte darum, lass Dich nicht durch mich demotivieren. Nur wer versucht, hat auch die Chance, etwas zu erreichen. Selbst wenn diese nur bei 2 Prozent liegen sollte. Insofern wünsche ich dem Molkenmarkt-Projekt wirklich von Herzen ein Gelingen. Wenn nur ein, zwei schöne Straßenzüge herauskämen, wäre doch schon viel erreicht. Und wenn es scheitert, dann ist es eine Erfahrung, die dazu helfen kann, es das nächste Mal besser zu machen.

    Die Diskussion ist erst am Anfang. Deshalb: Weitermachen. :daumenoben:

  • Vielleicht kann ich etwas zu Realismus und zu unseren Erwartungen beitragen. Wir Potsdamer SD-Mitglieder waren ja daran Beteiligt, die jetzige Berliner Senatsbaudirektorin in die Gestaltungskommission nach Potsdam zu holen. Eines der ersten Projekte, das zu diskutieren war, war der Neubau des Holiday-Inn-Hotel östlich der Potsdamer Hauptpost aus der Kaiserzeit.

    Hier einmal der ernstgemeinte Entwurf der Investoren und das Endergebnis, daß unter maßgeblicher Moderation von PK entstanden ist. Eine der ersten Maßnahmen war die Einführung des Satteldaches. Die monotone und für die Potsdamer Altstadt völlig überlange Fassade konnte sie nicht strukturiert bekommen. Inszwischen ist das Haus fertiggestellt.

    Hier sieht man, was erreichbar ist und auch, was nicht. Wir hatten natürlich vorgeschlagen den Bau in mindestens zwei Einzlbaukörper zu teilen und den Hauptgang des Hotels hervorzuheben.

  • Das bedeutet aber nicht, dass der Verein in anderen Hinsichten, Belangen und Fragen konservativ wäre (was ja alleine schon durch die parteipolitische Neutralität, wie sie in der Satzung verankert ist, ausgeschlossen ist).
    Und ebenso wenig bedeutet es, dass die Mitglieder in anderen als architektonischen Hinsichten, Belangen und Fragen zwangsläufig konservativ wären oder gar sein müssten.

    Das ist natürlich zutreffend. Diesen Zusammenhang stellen aber vielleicht Journalisten beim Tagesspiegel her. Und selbst wenn es so wäre gäbe es nichts daran auszusetzen, darum geht es mir.

    Konservativ sein – echt jetzt?

    In dubio pro reko

  • Da sind ja ein paar Totalausfälle dabei. Was sollen die lustlos nebeneinander gelegten Stanzbleche von Klaus Theo Brenner eigentlich darstellen? Überdimensionierte Plätzchenformen? Oder die bunten Würfel, die scheinbar wahllos über das Spielbrett ausgekippt wurden bei Octagon Architekturkollektiv und Tafkaoo architects? Siedler von Catan?

    Die Entwürfe von Jordi Keller Pellnitz Architekten und OS arkitekter scheinen zumindest im Ansatz diskutierbar.

  • Wobei Klaus Theo Brenner als Architekt und Stadtplaner durchaus einige angenehme Entwürfe zu Wege gebracht hat:
    https://www.klaustheobrenner.de/project.html

    Mein Favorit unter den Entwürfen für den Molkenmarkt ist aber der von Marc Jordi, Susanne Keller und Christina Kautz.

    https://molkenmarkt.berlin.de/entwurf-1021/

    Da lässt sich durchaus was übernehmen für die Entwürfe von OS und Albers. Ich denke, am Ende gewinnt Albers.

    Es wird laut Senat ohnehin erst in etwa 10 Jahren losgehen am Molkenmarkt. Doch jetzt werden natürlich die Weichen gestellt.