Berlin - Molkenmarkt und Klosterviertel

  • Besonders 1025,1026, 1030 sind ein Graus. Was den Leuten von 1027 durch den Kopf ging weiß ich nicht so recht, aber sie sind Gott sei Dank schon ausgeschlossen. 1021 und 1024 sind wohl die besten.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Bei Entwurf 1029 gefiel mir der vom Historischen abgeleitete Grundriss. Ob man mit verschiedenen Dachformen spielen wird konnte ich auf Grund der Unschärfe der Abbildungen nicht sagen, aber 1021 und 1029 waren meine Favoriten

  • Sehe ich das richtig? Die Entwürfe waren für ganze 8 Stunden (werktags) öffentlich einsehbar, und das auch nur nach Registrierung?

    Zu dieser Art von "Transparenz" und "Bürgerbeteiligung" muss man wohl nichts mehr sagen.

    In dubio pro reko

  • Sehe ich das richtig? Die Entwürfe waren für ganze 8 Stunden (werktags) öffentlich einsehbar, und das auch nur nach Registrierung?

    Zu dieser Art von "Transparenz" und "Bürgerbeteiligung" muss man wohl nichts mehr sagen.

    Ja nur gestern zwischen 12 und 20 Uhr. Es gibt wohl verfahrenstechnische Gründe für diese Filterung, da man bei der Registrierung unter Androhung von Schadenersatz versichern musste, keine Screenshots anzufertigen, nicht einmal für private Zwecke. So musste ich mir nach der Arbeit in knapp zwei Stunden alle 10 Entwürfe einschließlich Text im Schnellverfahren ansehen, für die Kommentierung blieb entsprechend nicht wirklich viel Zeit.

    Es stimmt, dass etwa drei der Entwürfe eine kleinteilige Parzellierung auf dem Grundriss des Bebauungsplans vorsehen, während die anderen Entwürfe teils großzügig davon abwichen, Straßen abschnitten usw. Obwohl keine detaillierten Aussagen zur architektonischen Gestaltung verlangt wurden, zeigten mehrere Entwürfe differenziertere Visualisierungen, mehrere davon auch mit Schräg- und Satteldächern. Der wohl beste Entwurf war 1021, der meiner Erinnerung nach auch der einzige war, der explizit ein Leitbautenkonzept vorschlug. Dieser Entwurf erhielt auch die am deutlichsten zustimmenden Kommentare.

    Mindestens genauso interessant waren die vielen Teilnehmerkommentare, zu einigen Entwürfen wohl 50-80 an der Zahl. Es fiel auf, dass die Tendenz der Kommentare mit geschätzt 80% Zustimmung auf der Linie der in diesem Forum vertretenen Idealvorstellungen lag: kleinparzellige Bebauung, Schrägdächer (zumindest am Molkenmarkt und den fernsichtrelevanten Straßenabschnitten), differenzierte Fassaden mit historisch begründeten Materialien, sowie ein Leitbautenkonzept mit Rekonstruktionen quartierprägender Bauten. Natürlich wurden nicht alle Punkte von jedem Kommentator erwähnt, aber die Tendenz war doch eindeutig und deckte sich ziemlich gut mit den Ergebnissen früherer Bürgerbeteiligungen zum Molkenmarkt, wie dem 8/20 publizierten PopUp.

    Ich bin gespannt, ob die Jury den auch hier deutlich erkennbaren Bürgerwillen zu diesem Thema ignoriert und sich doch noch die ziemlich isoliert dastehende Intention der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen durchsetzt, hier einen rein modernistischen Wiederaufbau zu realisieren. Ich fände das angesichts der erneut eindeutigen Ergebnisse in diesem Beteiligungsverfahren wirklich empörend.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Ich kann Königsbau nur zustimmen, die "Beteiligung" verdient den Namen nicht. 8 Stunden sind einfach absurd.

    Wer hinterher dann noch behauptet, man hätte ja alle Interessierten mit eingebunden, verdient mehr als nur eine symbolische Ohrfeige... :schockiert:

  • Littenstraße, Emmi-Luebeskind-Haus.

    img_37041vj3c.jpg

    img_3705xbj1s.jpg

    Leider fällt der Bau gegenüber der Visualisierung erheblich ab. Die nunmehr gräuliche Farbe, die fehlenden, auflockernden Balkone (lt. Webseite vom Denkmalschutz verboten) und die nicht ausgeführte, plastische Vertikalstruktur der Gesimse machen den Bau jetzt irgendwie beinahe zu Stangenware.

    img_37063lkd0.jpg

    img_370717ju4.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Oh ja Mantikor,zwischen der Visualisierung und dem realisierten Bau ist ja ein architektonisch gewaltiger Unterschied. Das jetzige Gebäude finde ich, Banal und Uniformiert und ist in dieser sehr ähnlichen Form so leider überall in Berlin und anderen Städten anzutreffen (Potsdamer Platz,Hauptbahnof,Petriplatz,Dresden Postplatz,usw.....

  • Leider fällt der Bau gegenüber der Visualisierung erheblich ab. Die nunmehr gräuliche Farbe, die fehlenden, auflockernden Balkone (lt. Webseite vom Denkmalschutz verboten) und die nicht ausgeführte, plastische Vertikalstruktur der Gesimse machen den Bau jetzt irgendwie beinahe zu Stangenware.

    Das ist wirklich mehr als traurig.

    Auf der Webseite des Bauherrn, der EmMi Luebeskind gGmbH heißt es ....

    "Schade !

    Die offiziell bereits genehmigten Balkone verbot uns eine Mitarbeiterin der Unteren Denkmalbehörde unmittelbar vor Baubeginn. Da sie uns dafür keinen Grund nannte, hätten wir erfolgreich ein OK einklagen können. Angesichts der enormen Zeitläufe an den Gerichten aber beugten wir uns schweren Herzens dieser - leider erneut erlebten - Willkür einzelner Verwaltungs-Mitarbeiter*innen."


    Mir kommt diese Beschreibung merkwürdig vor.

    - Also normal ergeht ein solches Verbot mit schriftlichem Bescheid...und Begründung.

    - Dann ist eigentlich ein verwaltungsinternes Widerspruchsverfahren möglich, das dem Gerichtsverfahren vorgeschaltet ist.

    - Und schließich: man hätte zumindest versuchen können unbürokratisch mit dem Vorgesetzten zu sprechen.

    Sich von einer einzelnen Veraltungsmitarbeiterin so abspeisen zu lassen wäre schon sehr schwach.

    Vielleicht beugte man sich nicht nur "schweren Herzens", sondern einfach auch um Kosten zu sparen.


    Also für solche einschneidenden Veränderungen

  • Am 8. Oktober fand ein Thementag der Historischen Kommission zu Berlin zum Thema Molkenmarkt statt. Von dem Vortrag von Professor Markus Tubbesing von der Fachhochschule Potsdam gibt es nun einen Podcast sowie einen Tonmitschnitt auf YouTube. Leider sind die Vortragsbilder nicht dabei.

    Prof. Tubbesing berichtet über die städtebauliche Geschichte von Molkenmarkt und Klosterviertel und stellt die Bedeutung der Wiederbebauung des Quartiers in einen vergleichenden Zusammenhang mit Neubebauungen anderer historischer Innenstadtareale in Deutschland und Europa seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Er spricht sich für eine Neubebauung am Molkenmarkt aus, die Charakteristika der dort verlorenen Baukultur wieder aufgreift, und plädiert für die Berücksichtigung von Leitbauten bei der Wiederbebauung am Molkenmarkt. Hierzu verweist er auf die Forschungen und Publikationen von Lutz Mauersberger zu den dort potenziell realisierbaren Leitbauten.

    Das Anhören des Vortrags lohnt sich für alle, die sich für diese Thematik interessieren, auch wenn es mit Bildern natürlich noch interessanter wäre.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Ein Interview des Berliner Stadtbild-Deutschland-Ortsverbands im Online-Magazin 'Immobilien aktuell by IMMOCOM' zur Thematik des vorgeschlagenen Leitbautenkonzepts am Molkenmarkt

    Gutes Interview, aber an der Stelle mit vorgeblendeten Dachstrukturen zur Ermöglichung von begrünten Dächern fand ich die Argumentation recht angreifbar. Das Kulissenhafte steckt da ja schon drin irgendwie, dazu die Interpretationsmöglichkeit, dass man lieber ein Dach simuliert, nur um auf jeden Fall dem historischen Vorbild nachzukommen. Das könnte dann mit den Aussagen zur Gestaltung der Fassaden kollidieren.

    Dagegen hätte ich mehrere Ideen, die das Anliegen einer Begrünung aufnehmen können, ohne sich verkünsteln zu müssen argumentativ:

    Zum einen gibt es natürlich Schrägdächer, die bis zu einem relativ flachen Winkel auch begrünt werden können, und zwar auch farblich abgestimmt, v.a. in rot:

    https://www.zinco.de/sites/default/…10/IMG_7092.jpg

    https://lh3.googleusercontent.com/proxy/ZI_tYme-…WrU=s0?imgmax=0

    Auch wäre bei einem steileren Schrägdach, sollte die Farbe nicht so wichtig sein, auch ein Kletterbewuchs möglich (wilder Wein wahrscheinlich weniger aufgrund der Kälte zum offenen Himmel):

    https://c8.alamy.com/compde/c07p01/…sher-c07p01.jpg

    Selbstredend brauchen solche Schrägdächer jedoch etwas aktive Pflege, weshalb ich auch andere Ideen unterbreiten würde:

    Das Dach soll frei bleiben, weil es so nachhaltiger ist, weil es länger hält als ein Flachdach, je nach Wunsch vielleicht auch Strom erzeugt z.B. mit Solarziegel (im Forum vorgestellt), und für die Begrünung entwickelt man ein Balkonbrüstungs- und Fensterbrett-Begrünungskonzept z.B. mit einem automatischen Bewässerungssystem. Es gibt sogar Fälle in denen Turmfalken in solchen Fensterbrettbepflanzungen genistet haben.

    Das würde gut zum Verein passen, der sich am Menschen orientiert, und was mag man mehr, als ein bisschen Grün vor dem Fenster, anstatt so ein Trockenrasen auf dem Flachdach.

  • Es ist wohl vernünftig, erst einmal 16 Briefe an Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen (also an Rot-Rot-Grün) zu schicken. So wird den Koalitionären, die letztlich die Entscheidungsträger sind, die Möglichkeit gegeben, sich ohne Druck zu positionieren. Mittelfristig aber sollten auch die Oppositionsfraktionen über die Ideen unterrichtet werden, damit auch sie das Thema mittragen und eventuell öffentlichen Druck verstärken können.

  • Das Kulissenhafte steckt da ja schon drin irgendwie, dazu die Interpretationsmöglichkeit, dass man lieber ein Dach simuliert, nur um auf jeden Fall dem historischen Vorbild nachzukommen.

    Da ist jemand auf die "Argumentation" der Gegner traditioneller Architektur reingefallen. Eine Kulisse ist etwas funktionsloses. Solch ein Plattformdach ist allerdings weiterhin vollständig funktional als Dach und überhaupt nichts Neues. Das ist also kein Argument. Solche Dachformen lassen sich als Alternative zu vollständig ziegelgedeckten Sattel-, Mansard- und Walmdächern leicht implementieren, wenn z.B. per Bebauungsplan oder anderer Richtlinien generell Dachbegrünung für Neubauten vorgegeben wird (wie z.B. bei kommunalen Neubauten in Dresden), was oft als Totschlag-"Argument" gegen Rekonstruktionen, Leitbauten oder traditionelle Dachformen gebracht wird.

    Im Übrigen gibt es mit dem Berliner Dach eine historische Vorlage für solcherlei "vorgeblendete" Dächer, während in nicht öffentlich einsehbaren Bereichen andere Dachformen gewählt werden. Statt der mit Bitumenpappe belegten Flächen wird einfach Dachbegrünung installiert.

  • Civitas fortis Im Interview steht ,,Blenddächer" und nicht ,,Plattformdach". Wenn ich also eine Dach ,,vorblende" ist das etwas anderes als, wenn ich ein Plattformdach meine. Man muss schon beim Wortlaut bleiben, und das Wort ,,Blenddach" ist meiner Kenntnis nach nicht weiter definiert.

    Das mit dem Berliner Dach ist aber natürlich eine spannende mir nicht bekannt gewesene Vorlage, womit nachvollziehbar wird, was gemeint war. Da sich der Artikel an Berliner Publikum vermutlich richtet, wird es hoffentlich auch so verstanden.

    Solche Dachvorblendungen sind nämlich sonst bei modernen Bauten deutlich bekannter: https://www.swp.de/imgs/07/6/2/7/…dd1d2af7fd.jpeg

  • Majorhantines Der Begriff "Blenddach" scheint mir eine ad-hoc-Schöpfung während des Interviews gewesen zu sein, weil mit "Plattformdach" evtl. die Leser des Artikels nicht viel hätten anfangen können. Eine Google-Suche nach dem Begriff liefert jedenfalls nicht das Gemeinte, bzw. überhaupt kaum Ergebnisse. Konstruktiv werden sich beide nicht unterscheiden. Das Konzept gab es übrigens auch zu DDR-Zeiten an Plattenbauten, die "altstadttauglich" angepasst wurden, z.B. in Erfurt und Gotha (siehe hier), aber auch in Berlin, z.B. an der Wilhelmstraße.

  • Der Vorschlag mit den Blenddächern beruht auf der expliziten Vorgabe des Bebauungsplans 1-14, die Dächer zu begrünen:

    Zitat

    Gemäß textlicher Festsetzung Nr. 6.1 sind mit Ausnahme einiger Sonderfälle alle Dachflächen im Plangebiet extensiv zu begrünen. Als extensive Dachbegrünung gilt eine naturnahe Bepflanzung der Dachflächen, die sich nach dem Anwachsen weitgehend selbst erhält. Die dabei verwendeten Pflanzen müssen weitgehend geschlossene und flächige Vegetationsbestände bilden und entsprechend anspruchslos sowie anpassungs- und regenerationsfähig sein, um unter den extremen

    Zitat


    Die Verpflichtung zur extensiven Begrünung der Dachflächen gilt unabhängig von der möglichen Dachform. Wählt ein Bauherr kein flach geneigtes Dach für sein Vorhaben, hat dies zur Folge, dass die Baukosten steigen, weil sich die Dachbegrünung bei steilen Dächern schwerer verwirklichen lässt.

    Somit sind Flachdächer im Bebauungsplan nicht vorgeschrieben, eine Dachbegrünung aber schon. Also stellte sich die Frage, wie man die für die Fernansicht (insbesondere zum Molkenmarkt und zur Klosterstraße hin) so wichtigen Schrägdächer in Kombination mit einer Dachbegrünung realisieren könnte. Es wäre ja wohl kaum zielführend, hier noch mal eine Änderung des Bebauungsplans mit Verzicht auf eine Dachbegrünung zu fordern, damit es von Ferne schöner aussieht - das wird natürlich nicht mehr passieren, und wir würden uns mit so einer Forderung direkt ins argumentative Aus manövrieren. Ein sinnvoller Kompromiss wären somit eventuell vorgeblendete Schrägdächer, und dahinter eine den Großteil der Dachfläche einnehmende (flache) Begrünung. Ein besserer Begriff als "Blenddächer" fiel mir da ad hoc nicht ein - gibt es einen passenderen Ausdruck?

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir