Berlin - Molkenmarkt und Klosterviertel

  • Selbst die "Gucklöcher" sind ja nicht sicher. Was gab es doch für Versprechungen, als das Erdgeschoß des Alten Rathauses an der Königstraße zugunsten der U-Bahn abgerissen wurde (ist ja sonst wenig Platz zwischen Fernsehturm und Spree). Wie das "archäologische Fenster" im U-Bahnhof aussieht ist bis heute unklar - zwischendurch sollte es ganz gespart werden.

    Auch am Petriplatz ist kaum etwas von den Versprechungen übrig geblieben, außer diesem gläsernen Fußboden im mißlungenen Hotel Capri, das einem wenig bis nichts vermittelt:

  • Eben, „bestenfalls“. Und wie Sie sagten: belanglos und lediglich eine als Zugeständnis verpackte Botschaft à la „Da habt ihr ja irgendwas Altes, und nun haltet bitte endlich den Mund und lasst uns bauen“ an die Reko-Befürworter. Gleichzeitig soll den Bürgern, denen es ohnehin egal ist, suggeriert werden, dass dieser schlechte Witz ein „Triumph“ der Reko-Befürworter war, für den sie so lange gekämpft haben.

    Dass diese unschönen Reste unbefriedigend bis verzichtbar sind, ist letztlich klar. Auf diesen Keller, der mehr an eine unbedeutende Römersiedlung in der Pampas Italiens erinnert als an Bürgerhäuser des 17.-19. Jahrhunderts, würde ich persönlich liebend gern verzichten, wenn die dazugehörige Fassade wieder auferstehen würde.

  • East Clintwood.

    Ihre Artikel finde ich messerscharf aber auch sehr treffend:

    - Deutschland und Berlin wurden und (leider) werden andauernd von Provinzialismus ständig verhunzt. Von sehr
    mittelmässigen Politiker (wie die Frau aus nicht Deutschland selbst) und Leute die sich Architekten nennen aber nur
    fähig zu "moderne" Kuben und Raster Zeichnen und "Entwerfen". Ich denke dass wir beiden so etwas auch ohne Uni
    leicht noch schöner können.

    - Medien im Ausland können tatsächlich diese miserabalen Figuren enttarnen und errreichen. Die Bürger machen gar nichts
    und wir von Forum sind mit nur einige hunderte, also so wenig. So sollen wir also handeln um diese Kritiker an die
    Arbeit zu setzen. Ja dass wird die sogenannte Elite in D und Berlin hart treffen.

    - Mann könnte die moderne einfalslose Kisten auch mit Graffitti verunstalten und schreiben dass die "pothässlich" sind und
    der Berliner Mitte unwürdig!! Bin sehr gegen Schmierer aber in dsiesem Fall aber nicht. Aber die Bürger ist dass
    vermutlich Einerlei.

  • @East_Clintwood Ich teile deine Kritik ja durchaus, aber es ist leicht, die ganze Berliner Bürgerschaft anzugreifen, wenn man selber keine konkreten Vorschläge macht oder Ideen präsentiert, wie man es besser machen könnte. Was sagst du denn zur Verkehrssituation? Würdest du die Verkehrsachse komplett zurückbauen? Und wenn nein, was würde dir für eine Bebauung vorschweben? Eine gründerzeitlich anmutende Prachtstraße? Häuser, die so ähnlich aussehen wie die historischen, an einer so großen Straße? Oder lieber eher mittelgroße Häuser im Neobarock?
    Einfach in die Luft zu fordern, man solle es besser machen, wird bei dem Können, was heutige Architekten haben, nicht von Erfolg gekrönt sein, erst recht bei einer so schwierigen Situation.

    Ich weiß, dass das hier nicht gut ankommt, aber man muss manchmal auch die praktischen Gegebenheiten betrachten. Und in Frankfurt, Potsdam oder Dresden konnte man tolle Rekonstruktionsprojekte machen, weil dort eben keine Hauptverkehrsader entlanglief, oder weil man eine solche, wie in Potsdam, um ein paar Meter verrücken konnte.

    Also, was ist hier die angedachte Lösung?

  • Lasst uns Lösungen für die Straße entwickeln. Viele sind sich überhaupt nicht bewusst, dass man etwas unternehmen kann.

    Schau doch bitte mal auf dieser Seite nach ganz unten.

    Und nachfolgend schauen wir mit Bildern auf den Ort des Geschehens.

    Blick vom Mühlendamm auf den Molkenmarkt.

    Erste Grabungsergebnisse sind freigelegt.

    An der Spandauer Straße wurde schon gegraben oder täusche ich mich?

    Vor den Stadthäusern wurden die stattlichen Bäume gefällt.

    Blick auf das Gründungsviertel der Stadt Berlin.

    Sachstand zum Molkenmarkt - Kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus von vor einem Jahr.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Normalerweise ist die Altstadt in den meisten Städten reine Fußgängerzone, der hiesige Bereich ist zudem so winzig und kommt einer tatsächlichen Insel gleich, dass man ihn z.B. via Brückenstrasse komplett umfahren könnte ohne dass man allzu viel Zeit einbüßt. Das Argument „autogerechte Stadt“, das kulturell mehr zerstört, als es verkehrspolitisch gebracht hat lasse ich so nicht gelten (btw als ob sich das eine mit dem anderen aufwiegen ließe). Gerade hier könnten sich linke Ökos und konservative Reko-Befürworter treffen!

    Natürlich ist der historische Kern stets der am dichtesten bebaute Bereich einer Stadt- andere Städte sind dankbar für und stolz auf ihre alten Strukturen und lassen sich auch fürstlich für deren Besichtigung bezahlen.

    Wie man es „besser“ machen kann? Indem man sich nicht (typisch Berlinerisch) von einer unausgegorenen Teillösung zur anderen hangelt, sondern die historische Mitte als eine anzugehende Aufgabe und als Ganzes betrachtet. Das Schloss steht bereits- wie viel Winke und Motivation braucht es eigentlich noch, um den kleinen Teil „historische Mitte“ mit Ernsthaftigkeit und vor allem einer Vision anzugehen? Weil Sie die Verkehrssituation ansprachen: ein Lösungsansatz wäre, den (wie gesagt: winzigen) Altstadtbereich bereits jetzt zur autofreien Zone zu erklären und jetzt Umleitungen zu planen und umzusetzen.

    Dann erübrigt sich das Stückwerk aus faulen Kompromissen und Notbehelfen, über das wir die ganze Zeit reden und man könnte endlich das Areal als Ganzes ins Auge fassen und ein Leitbautenprinzip anvisieren.

    Es ist übrigens beschämend, dass die DDR in den letzten Tagen ihres Bestehens und beinahe schon scheintot das (nicht perfekte, aber dennoch beachtliche) Nikolaiviertel aus dem Boden stampfen konnte und ausgerechnet der Sozialismus dieser Stadt ein historisches Gesicht zurückgab. Während die BRD seit über 10 Jahren darüber diskutiert, wie man ein paar km2 Altstadt denn nun bebauen könnte, als handelte es sich um den Turm zu Babel.

    Aber Sie wissen selbst: auch wenn alle Hürden aus dem Weg geräumt sind und selbst wenn Investoren gefunden würden, die an Rekonstruktionen teilhaben wollen: die Stadtverwaltung würde es nicht zulassen. Und man würde sehr schnell merken, dass alle verkehrstechnischen Argumente (für die sie letztlich sehr dankbar sind) lediglich ein Vorwand sind, um eine modernistische Agenda durchzupeitschen. Wie gesagt: jedes Kuhkaff besitzt eine Altstadt. Berlin will partout keine haben. Weswegen kann ich Ihnen nicht sagen, aber so ziemlich jede Ecke dieser Stadt schreit beinahe mit Stolz hinaus: „Hurra! wir haben unsere Geschichte überwunden!“

    3 Mal editiert, zuletzt von East_Clintwood (1. Februar 2019 um 21:34)

  • Ich kann den hier geäußerten Unmut über die geradezu sagenhafte Inkompetenz der Politiker bestens nachvollziehen. Ideologische Borniertheit, Unbildung und Korruption gehen wie so oft eine verhängnisvolle Synthese ein. Ich denke, am erfolgreichsten sind wir, wenn wir gute Projekte vorantreiben. Die Frankfurter Altstadt, das Berliner Schloss, der Dresdner Neumarkt, das Lübecker Gründerviertel und nun auch der Potsdamer Alte Markt und die Garnisonkirche - all das sind wegweisende und bahnbrechende Projekte, die mehr als alles andere zu einem Mentalitätswechsel beitragen. Die Menschen müssen erleben und mit eigenen Augen sehen, was möglich ist. Und sie müssen die Städte der Vorkriegszeit mit der Öde der Nachkriegszeit und die Öde der Nachkriegszeit mit der Schönheit rekonstruierter Quartiere vergleichen können.
    Noch immer sind viele Menschen so abgestumpft, dass ihnen der Verlust gar nicht bewusst ist. Sie haben sich mit dem Hässlichen abgefunden, sich mit ihm innerlich arrangiert. Nun müssen sie das Schöne wieder erkennen lernen und dabei auch den Phantomschmerz über das Verlorene spüren.


    Brillianter Kommentar und genau den Punkt getroffen! Ich hätte es nicht besser formulieren können.

    Ja, das Problem ist dass so vieles möglich wäre, aber es ist A ) von den Machthabern im Städtebau (Politische Klasse plus Architektenschaft) politisch nicht gewollt , und B ) die Bevölkerung ist entweder unwissend oder ignorant, im ersten Falle weiß sie schlicht nicht wie es früher aussah, im zweiten Falle weiß sie es aber es ist ihr egal. Und das hat, wie du richtig sagtest, viel damit zu tun dass sie es nicht vor Augen haben und nie hatten. Die alten schwarzweissfotos in Kunsthistorischen Bildbänden, die der Durchschnittsbürger ohnehin selten zu Gesicht bekommt, reichen keinesfalls.

    Bestes Beispiel dafür dass das alte bzw. wiederaufgebaut erst vor den Augen greifbar stehen muss um es vollständig erfassen zu können, ist die Frauenkirche in Dresden. Ich erinner mich noch gut als ich ca. 2003 in Dresden war, vom Neumarkt stand keine einzige Reko, stattdessen der abartige Polizei-Anbau und die Frauenkirche war als Ruine nicht sichtbar, versteckt unter Baugerüsten. Das einzige "normale" Gebäude am Neumarkt war das Johannaeum, und ich glaube das Coselpalais stand schon. Der Rest, gähnende Leere. Zu diesem Zeitpunkt waren tatsächlich noch sehr viele Dresdner gegen den Wiederaufbau dieser phantastischen und einmaligen Kirche. Mit einem Dresdner kam ich in einer Kneipe ins Gespräch, auch er war dagegen.

    Tja, und heute? Dieses Projekt war ein so gigantischer Erfolg, ich habe seit Jahren nicht mehr gehört dass irgendjemand in Dresden dagegen wäre. Vermutlich traut sich niemand mehr, da diese Grandiosität einfach innerhalb von Sekunden alleine durch ihre Präsenz klarmacht, dass sie stärker - und schöner - ist, als jedes Argument.

    Die Leute müssen es tatsächlich erst erleben.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Eine kleine Aktualisierung für Leute, die noch Hoffnung haben und sich für Leitbauten oder Rekonstruktionen einsetzten wollen. - in der Berliner Zeitung

    Anstelle von ortstypischer Bebauung oder auch nur kleinteiliger Häuserparzellierung sollen im "Neuen Quartier" des Molkenmarktes wohl Plattenbauten "im Billig-hässlich-monoton-Stil" durch zwei städtische Wohnungsbaugenossenschaften kommen. Das wäre eine vertane historische Chance...

    Vielleicht kann man ähnlich Druck ausüben wie in Potsdam beim Staudenhof oder in Frankfurt-Altstadt? Immerhin ist Berlin die Haupt- und größte Stadt.

  • Etwas positiv stimmt, dass in der Presse (hier: Berliner Zeitung) durchaus kritisch auf die Großblock-Pläne eingegangen wird. In dem Artikel ist der Wunsch nach einem kleinteilig strukturierten Quartier, den sicher auch viele Berliner hegen, deutlich formuliert.

  • Währenddessen kann die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V. den vierten bedeutenden Preis als Anerkennung für den gelungenen Wiederaufbau des innerstädtischen Ortes entgegennehmen. Entscheidend dabei war das Bürgerengagement. Und in Berlin? Sollen Plattenbauten in der historischen Mitte linke Mehrheiten sichern?

    Die Berliner Zeitung hat sehr zutreffend die Gretchenfrage beantwortet, warum auch diesem Falle höchstwahrscheinlich nur wieder Monotonie und Klötze gebaut werden. Und dass Lüscher und Lompscher stur und beratungsresistent sind, ist auch keine Neuigkeit, somit erübrigt sich wohl jeglicher Widerstand.
    Im Berliner Senat hat man eben andere Prioritäten als qualitativ hochwertiges Bauen, man hält es z.B. für wichtiger dass "die Menschen ihr Auto abschaffen" (abgesehen freilich von den Dienstwagen des Senats).

  • Und an dieser Stelle könnte man eigentlich die Diskussion schon wieder beenden, Forumsregeln und so. Warum kann sich diese blöde Politik da draußen einfach nicht an die Spielregeln von APH halten...

    In dubio pro reko

  • Die Berliner Zeitung hat sehr zutreffend die Gretchenfrage beantwortet, warum auch diesem Falle höchstwahrscheinlich nur wieder Monotonie und Klötze gebaut werden. Und dass Lüscher und Lompscher stur und beratungsresistent sind, ist auch keine Neuigkeit, somit erübrigt sich wohl jeglicher Widerstand.

    Keine Frage, dass der Senat und allen voran die Bausenatorin hinsichtlich des Molkenmarktes "Unterirdisches" plant und sie beratungsresistent agiert.
    Bei entsprechend starkem Gegenwind in und außerhalb des Senats und Abgeordnetenhauses könnte aber auch sie nicht einfach so schalten und walten. Ihre Position ist so stark nicht, zumal sie ja auch beim wichtigsten Thema, dem Wohnungsneubau, versagt.

    Allerdings gibt es auch von den anderen Regierungs- und Oppostionsparteien keinen allzu lautstarken Protest. Ein Knackpunkt ist, dass sich kaum ein Politiker mit den Autofahrern als Wählergruppe anlegen will. Eine massive Zurückdrängung des Verkehrs ist aber nunmal hier logische Voraussetzung für ein Wiederaufleben der historischen Mitte und einer anprechenden Architektur.

    Man sollte nicht "jeglichen Widerstand" auf Lüscher und Lompscher fokusieren, dann würde er sich tatsächlich erübrigen.

  • An der Existenz der Grunerstraße wird nicht zu rütteln sein. Aber hinter dem (in den Fassaden hoffentlich halbwegs gefälligen) Riegel an der Grunerstraße entsteht ja ein Wohnquartier. Und dieses könnte durchaus kleinteilig und altstadtgerecht geplant werden.

  • An der Existenz wohl nicht, an ihrer Funktion als Hauptverkehrsstraße (die sie auch nach der Umgestaltung immer noch sein wird) schon.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass an einer solchen Hauptverkehrsstraße ein halbwegs gefälliger Riegel entsteht, geht doch realistischerweise gegen Null.

    Mir ist auch kaum eine Großstadt bekannt, die eine Hauptverkehrsader mitten durch den sehr kleinen Bereich ihrer (ehemaligen) Altstadt leitet.

  • Für das Viertel gibt es ja schon längst einen rechtsgültigen Bebauungsplan... Der sagt zwar nur sehr wenig über die Qualität der dort entstehenden Bauten aus, aber die Grundstruktur ist erst einmal damit festgelegt. Vor einer Änderung gibt es als Instrument der Bürgerbeteiligung Offenlegungen und Einspruchsmöglichkeiten. Da könnte dann angesetzt werden, wenn eine drastische Änderung ansteht.

    https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/staedte…arkt_blatt1.pdf

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...