Berlin - Molkenmarkt und Klosterviertel

  • Im heutigen Tagesspiegel gibt es einen Artikel bzw. ein Interview mit dem Senator für Stadtentwicklung und Bauen Geisel (SPD), das meiste hinter einer Bezahlschranke, die ersten Zeilen sind dennoch aufschlussreich.

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/senator…in-8754925.html

    Senator Geisel zum Molkenmarkt: „Die Architekturdebatte ideologisch zu führen, ist ein Fehler“

    Andreas Geisel will am Molkenmarkt Fakten schaffen. Den Vorwurf von Alleingängen weist er zurück und nennt die Signa-Kooperation am Ku’damm ein „normales Planungsinstrument“.

    Herr Geisel, Ihre Stadtentwicklungspolitik steht in der Kritik. Ihre Senatsbaudirektorin zog die Notbremse im Verfahren zur Gestaltung des Molkenmarktes und zieht den Zorn der Architektenschaft auf sich. Was ist da los?

    Notbremse ziehen hieße, dass alles gestoppt wird. Das stimmt aber nicht, es geht ja weiter. Was wir jetzt erleben, ist der Nachteil langjähriger Verfahren. Die Molkenmarkt-Planung begann vor 2016 und hatte sehr viele Beteiligte und es gab viele Beschlüsse. Vielleicht hätte man das Verfahren auch ganz abbrechen und neu aufsetzen müssen, weil es zu überfrachtet war. Dann wäre der Aufschrei unserer Koalitionspartner aber noch größer gewesen. ....

  • Wichtiger Veranstaltungshinweis: heute startet das "Mitte-Festival", organisiert von der Stiftung Mitte Berlin und 14 Bürgervereinen, die sich für die historische Mitte Berlins engagieren.

    Bis Sonntag in der Parochialkirche, täglich von 12 bis 20 Uhr! Der Stadtbild Deutschland Ortsverband Berlin ist natürlich auch vor Ort. <3:)

    Siehe: https://stiftung-mitte-berlin.de/festival.php

  • Wenigstens gibt es einen medialen Aufschrei, denn den braucht es. Und hoffentlich wird der noch größer. Das wäre die Rückendeckung für Frau Kahlfeldt und Herrn Geisel, die ja unter großem Empören das Lüscher-Diktat endlich umkrempeln wollen.

  • Noch ein sehr vielversprechender Entwurf eines Kai Grebe für das Gymnasium zum Grauen Kloster.

    img_1212zvikl.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Mantikor

    Ohne Frage schöne Bilder, wobei es für einen wirklichen Eindruck der Fassaden Visualisierungen bei Tageslicht bräuchte.

    Ich werde jedoch immer vorsichtig, wenn Entwürfe nur im Nachtmodus visualisiert bzw. gezeigt werden.

    Wenn warm-weiße Lichter aus den Fenstern scheinen, bekommen sogar Wohnblöcke am Alex einen Flair an Gemütlichkeit.

    Und gehört das Gebäudeteil links (also oben bei Schnitt B und Westansicht) auch dazu?

    Das wirkt leicht wie eine Rasterfassade mit Schießschartenfenstern. Wieso wurde das nicht visualisiert?


    Also der Entwurf geht sicher in die richtige Richtung, doch um Applaus zu spenden, müsste ich mehr sehen.

  • Der Berliner Baublog Entwicklungsstadt berichtet über jüngste Äußerungen des Bausenators Andreas Geisel zum Molkenmarktverfahren:

    entwicklungsstadt.de

    Was Geisel in dem Tagesspiegel-Interview noch gesagt hat:

    „Zum Areal des Molkenmarkts gehört auch die Klosterstraße 44, ein ehemaliges DDR-Post-Gebäude, das heute als Theater-Discounter genutzt wird. Dieser Bau ist potthässlich. Er ist zu DDR-Zeiten entgegen der alten Struktur dort hingebaut worden und völlig unattraktiv. Im Verfahren hätte ich erwartet, dass das abgerissen wird.“

    Das Gebäude Klosterstraße 44 sollte zugunsten einer kleinteiligen Neubebauung mit Durchgangsmöglichkeit zum Französischen Kirchhof abgerissen werden. Bliebe er stehen, würde sich das geradezu vernichtend auf die bauliche Neugestaltung der nördlichen Klosterstraße auswirken, egal wie gelungen die gegenüberliegenden Neubauten des Grauen Klosters auch werden würden. Dieser hässliche, maßstabsprengende Funktionsbau mit seinem abweisenden Erdgeschoss sollte nicht erhalten werden, nur um eine kleine Anzahl radikaler Aktivisten zufriedenzustellen. Die Theatergruppen, die diesen Bau für sich reklamieren, könnten auch neue, vergünstigte Spielstätten in der Nachbarschaft erhalten. Aber, wie beim Rechenzentrum in Potsdam, geht es eben nicht wirklich darum, diesen minderwertigen Bau als architektonisches Kleinod zu erhalten, sondern letztlich nur darum, den Befürwortern einer kleinteiligen, eventuell gar traditionellen Neubebauung des Areals Molkenmarkt/Klosterviertel einen möglichst gründlichen Strich durch die Rechnung zu machen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Ich werde jedoch immer vorsichtig, wenn Entwürfe nur im Nachtmodus visualisiert bzw. gezeigt werden.

    Trotz nächtlicher Szenerie ist gut zu erkennen, dass das Fassadenmaterial Backstein ist, die Gestaltung der Bauten historisierend, die Proportionen der einzelnen Baukörper sowie die Form und Anordnung der Fenster gelungen sind. Ein sehr schöner Entwurf.

    Zum Fernmeldeamt Klosterstraße 44: Das steht wirklich einer weiteren Entwicklung des Areals im Wege. Bitte unbedingt abreißen!. Es hat keinen architektonischen oder geschichtlichen Wert.

  • Ist/war Frau Kahlfeldt nicht für den weiteren Bestand von Klosterstraße 44? Normalerweise decken sich ihre Ansichten ja zu weiten Teilen mit denen dieses Forums, aber sie mag das Bauen im Bestand, was anscheinend auch solche Platten angeht.
    Vielleicht war das aber auch nur ein kluger Schachzug von ihr, um nicht früh alle gegen sich zu ziehen. Jetzt, da sie ja anscheinend selbst das Areal mit ihrem Team entwickelt, und Geisel die Kiste anscheinend auch nicht ab kann, kann sie womöglich doch weg.

  • Mit etwas Abstand von der Klosterstr. 44 fühlte ich mich unweigerlich an den Anbau des Polizeipräsidiums am Dresdner Neumarkt erinnert. Ein Schlüsselbau, dessen Abriss dringend geboten ist, damit das Areal dort wirklich gelingen soll. Das ist mir gestern erst richtig klar geworden. Wahrscheinlich werden die Gegner genau deswegen für den Bestand kämpfen, weil sie genau das auch wissen.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Snork : Danke für die Infos - das sind doch super Neuigkeiten bzw. Eindrücke! Mich hat der Albers-Entwurf auch nie wirklich überzeugt, mit den ganzen Flachdächern.

    Super, dass Herr Geisel auch mal klar benennt, dass das K44 ein absoluter Schandfleck ist, der weg muss.

    Es ist zu hoffen, dass Frau Kahlfeldt nun was richtig Ordentliches daraus entwickelt, im Optimalfall mit Gestaltungsvorgaben für die Bebauung wie im Gründungsviertel in Lübeck. Und vielleicht könnte man auch dann auf die ein oder andere Reko als Leitbau drängen…?

  • Es ist zu hoffen, dass Frau Kahlfeldt nun was richtig Ordentliches daraus entwickelt, im Optimalfall mit Gestaltungsvorgaben für die Bebauung wie im Gründungsviertel in Lübeck. Und vielleicht könnte man auch dann auf die ein oder andere Reko als Leitbau drängen…?

    Frau Kahlfeldt vertritt derzeit die Auffassung, dass der Bau Klosterstraße 44 eine erhaltungswürdige "Zeitschicht" in der Klosterstraße darstellt und daher erhalten werden sollte. Das Problem an diesem Standpunkt ist meines Erachtens, dass städtebauliche Missgriffe wie dieser zur denkmalwürdigen Zeitschicht erklärt werden, während auf der anderen Seite kontinuierlich ähnliche Gebäude sang- und klanglos verschwinden, für die es keine Lobby von Aktivisten gibt, die die Freunde traditionellen Städtebaus so richtig schön ärgern möchten - wie beispielsweise erst kürzlich ein sehr großer Waschbetonbau, ebenfalls aus den 1970ern, an der Urania.

    Und: die Potsdamer haben sich ja auch in einer ähnlichen Situation gegen das 1970er Fachhochschulgebäude entschieden, zugunsten einer, wie man immer mehr erkennen kann, erheblichen städtebaulichen Verbesserung. Dieser "Fehler" soll sich anscheinend in der Klosterstraße nicht wiederholen.

    So läuft es in Potsdam, so in Berlin.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • dass der Bau Klosterstraße 44 eine erhaltungswürdige "Zeitschicht" in der Klosterstraße darstellt und daher erhalten werden sollte.

    Gibt es in Berlin-Mitte denn nur noch so wenige DDR-Bauten, dass diese "Zeitschicht" Gefahr der völligen Verdrängung liefe?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wenn etwas erhaltenswert war, dann das Ahornblatt und nicht dieser Riegel. Doch wie sollte es weitergehen? Das Gymnasium Graues Kloster ist eine Marke für Berlin, welche an dieser Stelle gegenüber neu entstehen sollte mit so viel Historie wie möglich. Kleinteiligkeit ist dort wie im gesamten Klosterviertel die Maßgabe der Stunde. Alles andere ist bei den aktuell erwartbaren Kostensteigerungen unverantwortlich. Und da das Viertel durch den Namen "Klosterviertel" Gottesbezug hat, sind Demut und Bescheidenheit eine Zier. Es darf nicht so laufen, wie bei der Adler-Gruppe, die wohl völlig vergessen hatte, dass sie kein Pelikan ist, alles geschluckt hat und irgendwann massive Verdauuungsbeschwerden bekam.

  • Gibt es in Berlin-Mitte denn nur noch so wenige DDR-Bauten, dass diese "Zeitschicht" Gefahr der völligen Verdrängung liefe?

    Berlin und insbesondere Berlin-Mitte ist nach wie vor überfüllt mit DDR-Bauten; dafür hat die LINKE fleißig in den letzten Jahrzehnten gesorgt. Seit der Wende sind nur wenige DDR-Bauten abgerissen worden. Bekanntestes Beispiel ist der Palast der Republik. Es gibt genügend dieser Zeitzeugen im Stadtzentrum zu sehen, leider.