Nordhausen (Galerie)

  • Das ist interessant mit der "halben" Zerstörung der Stadt, kenne ich auch von Strasburg in der Uckermark (hier war es aber die östliche Hälfte ;) . Obwohl es da erheblich schlimmer aussieht als in Nordhausen. Scheint doch einigermaßen zivilisiert zu sein, das Städtchen, alles sauber und gut in Schuss!

  • Vor allem die Ecke rundum das Rathaus war vormals sehr malerisch. Das Rathaus bildete zusammen mit einer ehem. Kirche (?) einen grossen, sehr eigentuemlichen Komplex, wie man auf diesem Bild sehen kann:


    Quelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

    Davon steht heute nur noch der Vorderbau ohne die Dachgiebel (die waeren relativ einfach zu rekonstruieren) mit dem Tuermchen.
    Die grossen Brachen in der ehem. Altstadt vor St. Blasius scheinen kurz vor einer Neubebauung zu stehen. Hoffentlich wird es was vernuenftiges, am besten natuerlich Rekonstruktionen!

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "Zeno"

    Ja, unbedingt. Seit Jahren fällt mir immer mehr eine Diskrepanz zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen auf. Während Sachsen-Anhalt immer noch stark vom Verfall geprägt ist, ist das Bild in Thüringen merklich freundlicher. Im Vergleich zur Zeit kurz nach der Wende sieht Thüringen mittlerweile schon recht gepflegt aus.

    Stimmt, genau das ist mir auch schon aufgefallen. War letztes Jahr in Rudolstadt/Thüringen, echt eine schöne Residenzstadt. Sachsen-Anhalt dagegen ist mir schon mehrfach übel aufgestoßen, da läuft irgendwas richtig schief. Noch schlimmer jedoch ist Brandenburg - das Land des grauen DDR-Kratzputzes...*kotz*

    Hier zwei DDR-Kratzputz-Beispiele - das zweite jedoch ausgerechnet aus Rudolstadt...

    Im Westen gab und gibt es auch jede Menge geschmacklose Putzarten, z.B. den Münchner Rauhputz. Aber im Osten haben die das echt perfektioniert: Wer kriegt den grauesten, kariösesten, augenblicklich Suizidalität auslösenden Putz hin? Wenn das nicht was aussagt über den Rest dieses Staates...

  • Zitat von "macron79"

    Sachsen-Anhalt dagegen ist mir schon mehrfach übel aufgestoßen, da läuft irgendwas richtig schief.

    ach na kommt. so schlimm ist es nun auch wieder nicht. städte wie wernigerode, blankenburg, quedlinburg, naumburg oder wittenberg können sich allemal sehen lassen. :zwinkern:
    und auch das geschundene halberstadt hat sich seit der wende definitiv nicht zum negativen entwickelt.

  • Zitat

    Da haben wir's: "Platz für ein Einkaufszentrum"

    Wenn nur das Einkaufszentrum nicht schlimmer wird als es die Platten waren... :augenrollen:

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Grüße in die illustre Runde.

    Mich hatte es kürzlich mal wieder in die Südharzstadt verschlagen und da ich schon mal vor Ort war, habe ich auch gleich aktuelles Bildmaterial des Stadtkerns produziert. Zusammen mit historischen Postkarten und Ansichten von bildindex.de kommt eine nette Collage zusammen. Ein Archiv neuerer Fotos findet sich übrigens auch auf der Seite von Raymond Faure..

    Domstraße 12, im anderen Fred ist ja schon vermeldet worden, dass hier in absehbarer Zeit eine Sanierung stattfinden soll. Eigentümer ist die allgegenwärtige Städtische Wohnungsbaugesellschaft:

    Hier sieht man das Gebäude rechts angeschnitten:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

  • Blick in die Barfüßerstraße. Nach links bin ich dann jedoch nicht gegangen, da ich keine Lust hatte den Berg wieder hoch zu laufen. :rolleyes:

    Rechter Hand kommt man dann in den Teil der restlichen Altstadt, der noch die meiste Ensemblewirkung aufweist:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

  • In der Bildmitte ist die Barfüßerstraße 6 , auch Flohburg genannt zu sehen, es ist neben der Finkenburg sicherlich das bedeutendste noch vorhandene Fachwerkgebäude der Stadt:

    Schön oder?
    Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Bedeutung und der Idylle des Ortes, wollte sich die Stadtführung nicht lumpen lassen. Im Rahmen der nötigen Sanierung des Gebäudes, hat man sich dazu entschloßen einen Anbau zu errichten und die Liegenschaft als Museum zu nutzen.
    Klar ist natürlich, das man nicht einfach, zur Wahrung des seltenen Ensembles, angepasst oder gar in traditioneller Weise bauen konnte. Im Sinne von Licht, Luft und "Spannung" muss es eine Faserzementplatten-Kratzputz-Erbärmlichkeit sein. Dies ist so gewollt, denn "so setzen wir der verspielten Flohburg was Schlichtes entgegen", meint der Architekt. Der meint auch, dass ein neues Fachwerkgebäude die alte Flohburg "erdrückt" hätte, das macht natürlich Sinn in einer Fachwerk-Altstadt. Das Gestammel des Architektendarstellers ist hier nachzulesen: Schlichte Bauklötze und altes Fachwerk bilden neues Nordhäuser Museum

    Mag sein, dass es vom Ansatz her ok ist oder manchem gar gefällt. An dieser Stelle aber ist es pure Freude an der Provokation:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

  • Nein, das ist keine Provokation mehr, das ist eine Frechheit und Rücksichtslosigkeit erster Ordnung. Das Fachwerkensemble wird außerordentlich stark gestört. Sowas von unangepasst ist wirklich unglaublich.

    Nordhausen ist ja ohnehin schon eine trostlose Stadt. Das wenige, was von der Altstadt noch übriggeblieben ist, wird nun auch noch in Form des Anbaus an eines der bedeutendsten Denkmäler der Stadt schwer in Mitleidenschaft gezogen. Dieser hellgraue Bunker (wahrscheinlich sollen wir jetzt auch noch das Steildach bejubeln) ist sowas von fehl am Platz, dass er einfach nur als Faustschlag ins Gesicht verstanden werden kann. Wieviel Hass und Verachtung gegenüber den Fachwerkhäusern muss in den Köpfen sitzen, die so etwas gut finden? Weiter hinten (d. h. östlich) mag so ein Bauwerk ja noch diskutabel sein, wobei die riesigen Fensterflächen auf jeden Fall abzulehnen sind. Aber sich zwischen die beiden Fachwerkhäuser schiebend wirkt das Ding wie ein Keil, wie ein Pfahl im Fleisch der Fachwerkaltstadt, wie der Dolch, der die Reste von Nordhausens Altstadt von hinten erdolcht hat und steckengeblieben ist.

    Ich habe es ja schon nach meinem bisher einzigen Aufenthalt in Nordhausen bereut, diese Stadt besucht zu haben. Nun aber wieder ein Argument mehr...

  • ^ War schon ein Schock als ich nicht böses ahnend um die Ecke kam. Ist wahrscheinlich auch so gedacht.

    Ein paar Meter weiter. Freie Sicht von der Kranichstraße zu Kornmarkt und Töpferstraße. Die Namen tun eigentlich nichts mehr zur Sache, die Szenerie könnte in jedem Plattenbaugebiet der Republik sein:

    Aus der Baugrube wird ein nettes Einkaufszentrum erwachsen. Ursprünglich aus Glas und Beton, jetzt nur noch aus Beton. Hier hat sich die Stadt wohl etwas ungeschickt angestellt und keinerlei bindende Gestaltungsvorgaben gemacht. Mehr noch, es interessiert den Stadtrat nicht, wie ich jetzt lesen mußte wurde sogar die Durchführung eines Fassadenwettbewerbs mit Mehrheit abgelehnt um den Investor nicht zu verärgern. Der entscheidet jetzt wie es dort auf Jahre hinaus aussehen wird, es ist unglaublich wie man sich aufs Kreuz legen lässt. Warum nicht die alten Parzellen wiederherstellen und an einzelne Interessenten zur Wohnbebauung verkaufen? Wen das Drama interessiert: Beton statt Glas am Nordhäuser Pferdemarkt

    So sah es übrigens vor 1945 aus Richtung der großen Wohnscheibe (WBG eG Schild) in der Wolfstraße aus:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Stutzen (23. Juni 2012 um 21:52)

  • So, um das Gruselkabinett zu komplettieren wenden wir uns nun der "Kulturbibliothek" am ehemaligen Nordhäuser Markt zu. Kulturellen Wert wird wohl nur der Inhalt haben. Die aufgehübschten Platten in der Straße waren übrigens mal der altstadtgerechte Typ. Als die Sanierung anstand hat man dann noch einen draufgesetzt in Sachen Kontrast bzw. man glaubt wirklich, dass das gut ausschaut:

    Auf der Rathaus-Rückseite (für dessen Sanierung hat die Bauwut wohl nicht mehr gereicht):

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

  • Der Verlust des historischen Stadtbilds ist bei so viel heutiger Einfältigkeit und Kulturlosigkeit umso schmerzlicher.

    Rathaus mit der ehemaligen Marktkirche "St. Nikolai", auf deren Grundmauern der Kulturpalast, sorry die "Bibliothek" erbaut wird:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Stutzen (23. Juni 2012 um 21:25)

  • Was fuer eine Unverschaemtheit :aufdenkopf: und was fuer ein Jammer! :weinenstroemen:

    Immer wieder frage ich mich, wie die Stadtoberen so eine Grausamkeit wie den Anbau an der Flohburg auf der vorhergehenden Seite genehmigen koennen. disgust:)

  • @ Beitrag 13

    Zitat

    "Eine Fassade sollte abbilden, was drinnen passiert."

    Zitat

    "Der Entwurf ist in Ordnung. Das Wichtigste ist ohnehin, dass überhaupt gebaut wird."

    Zitat

    "Es kommt darauf an, dass das Einkaufstor zur Stadt kommt."

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Das Übliche. Investoren als Heilsbringer wirtschaftsschwacher Regionen. Man nimmt was man kriegen kann. Das wird was die Billigkeit der Architektur angeht natürlich auch gnadenlos ausgenutzt. Im Bewusstsein des Mangels einer wirtschaftlichen Alternative für dir Stadt. Lehnt die ab, zieht der Investor ins nächste gebeutelte Städtchen und baut dort. Anschließend dürfen sich die Stadtoberen ob ihrer Unfähigkeit einen solchen Investor abzulehnen, belehren lassen

  • Wir beobachten hier die weitgehende Gleichgültigkeit dem Stadtbild gegenüber. Es geht nur darum, dass endlich irgendein Konsumtempel in die Stadt kommt. Dabei gibt es bereits einen an der Bahnhofstraße, den kann man aber ziemlich vergessen. Inmitten der Stadt dem Bauherrn zu überlassen, wie das Bauwerk aussehen wird, das mehr als viele andere das Gesicht der Stadt prägen wird, ist verantwortungslos. Dabei könnte man wirklich alles mögliche an Gestaltung fordern. So schnell zieht der Investor nicht ab. Wenn man natürlich jegliche Auseindersetzung von vornherein meidet und dem Bauherrn das Feld überlässt, dann brauchen wir über Instrumente des Planungs- uznd Baurechts nicht mehr zu reden, dann ist sowieso alles zu spät. Schlimm ist nur, dass der Nordhäuser Bevölkerung, der schon die Stadtmitte weggebombt wurde und die als Dank dafür seelenlose Wohnblöcke hingesetzt bekam, nun auch noch deutlich gemacht wird, dass der Stadtrat offenbar kein Interesse daran hat, seinen Bürgern im Rahmen der Möglichkeiten ein angenehmes Stadtbild zurückzugeben.

    Diese Stadt geht ja völlig vor die Hunde. Da bin ich ja froh, dass ich nur die Reste der Vorkriegsbebauung und die von vier Jahrzehnten DDR gesehen habe. Was jetzt kommt, ist ja genau das Gegenteil von Stadtreparatur.

  • Einige Bilder ohne Bautätigkeit kann ich noch bieten. Lutherplatz ggü. von Markt und Rathaus:

    Auf dem Platz stehen die Büsten der Reformatoren Martin Luther, Justus Jonas und Michael Meyenburg, darüber hinaus gibt es einen "Reformatorenbrunnen". "Die von den Bürgern befürchtete Brunnenversion, mit Luther als Wasserspeier in der Mitte, wurde durch eine moderne Konstruktion vermieden." sagt der Bilderhauer der 2004 eingeweihten Plastiken.

    Der selbe Ort im intakten Zustand:

    Falls nicht gesondert erwähnt: die Bilder sind selbst erstellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Stutzen (1. April 2013 um 09:49)