Berlin - Tempelhofer Feld und ehemaliges Flughafenareal

  • Hochhäuser und Experimentalarchitektur zum Wohnen in Tempelhof finde ich genau passend, das Gebiet ist citynah, und wir brauchen massiv Wohnraum angesichts steigender Mieten. Man kann auch kein Banlieue in der Mitte der Stadt haben. :gutenacht:

  • Warum nicht citynah? Damit die Cappuccino trinkenden Hipster vom Prenzlauer Berg nicht mit dem Anblick von Beton und Prekariat belästigt werden? Wer Banlieues mit allen bekannten Problemen offenbar in Kauf nimmt, um einfach möglichst viele Menschen billig in Wohnmaschinen unterzubringen, der soll die Folgen seiner Politik wenigstens täglich mitbekommen. Soviel soziale Gerechtigkeit sollte schon sein. Und zu moderner "Experimentalarchitektur" besteht ja an vielen Ecken der Stadt ausreichend Gelegenheit. Was dabei herauskommt, kann man derzeit übrigens live im Quartier vor dem Berliner Hauptbahnhof bestaunen.

  • Wer weitere qualifizierte Argumente und sonstige interessante Gehirnblüten in die Diskussion einbringen mag, kann dies beim aktuellen Online-Beteiligungsverfahren zur Bebauung des südwestlichen Abschnitts im Winkel von Tempelhofer Damm und Ringbahn zum Besten geben.

    http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/b-planv…ehbb/tempelhof/


    Als Beurteilungsgrundlage mag auch dieser Beitrag des Stadtentwicklungssenators samt Hintergrundinformationen dienen:
    Warum das Tempelhofer Feld bebaut werden sollte – ein Gastbeitrag von Senator Michael Müller (SPD) - Berliner Zeitung

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Seltsamerweise scheint es auch funktionierende "Wohnmaschinen" zu geben, beispielsweise gleich bei mir um die Ecke den Wohnkomplex in Asemwald - siehe auch diesen Artikel

    Soziale Probleme sind also nicht unbedingt an die Wohnform oder die Lage innerhalb der Stadt gebunden (siehe auch Brüssel, wo die gefährlichsten Viertel ja im Norden und Westen der Innenstadt liegen und abgesehen vom Erhaltungszustand architektonisch reizvoll sind). Das aber nur als kurze Randbemerkung.

  • Und zu moderner "Experimentalarchitektur" besteht ja an vielen Ecken der Stadt ausreichend Gelegenheit. Was dabei herauskommt, kann man derzeit übrigens live im Quartier vor dem Berliner Hauptbahnhof bestaunen.

    Davon kann keine Rede sein. Am Hauptbahnhof wird sehr in einer Art Retrolangeweile gebaut, und ungeheuer zögerlich. Wenig Wohnraum. viel Hotels und Bürogebäude. Von experimenteller Architektur kann überhaupt keine Rede sein.

    Das Tempelhofes Feld wird eine Art Central Park von Berlin. Es ist sehr wichtig, dass hier wertig gebaut wird. Der Reflex der Berliner geht aber genau in die andere Richtung. Darum will man nun billige Genossenschaftswohnungen bauen. Es ist tatsächlich ganz egal, für welches Einkommensniveau Wohnraum geschaffen wird. Wer am Tempelhofes Feld im Luxusappartment wohnt gentrifiziert eben nicht mehr andere Gebiete der Hauptstadt. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage wird es schon regeln, dass Mieten wieder sich normalisieren, wenn denn nur nicht zu zurückhaltend gebaut wird.

    Die Vorschläge der Stadt sind sehr vernünftig, dennoch ist ein radikales Nichtsverändervolksbegehren sehr populär, das die Öffentlichkeit etwas in die Irre führt. http://www.thf100.de/start.html

  • Um da mal kurz reinzugrätschen - Berlin hat nur einen "Central Park", und das ist der Tiergarten. Daran wird das Tempelhofer Feld herzlich wenig ändern.

    Ich denke, man sollte mit der Bebauung dort lieber noch etwas warten. Bis die meisten anderen großen Brach- und Abrissflächen u.a. in Mitte bebaut sind (Lehrter Quartier, Mediaspree, Marienviertel, Alexanderplatz-Umgebung). Dann erst ist ein wirklich großer Wurf am Tempelhofer Feld möglich, durch den Marktdruck.

  • Um da mal kurz reinzugretschen - Berlin hat nur einen "Central Park", und das ist der Tiergarten. Daran wird das Tempelhofer Feld herzlich wenig ändern. Ich denke, man sollte mit der Bebauung dort lieber noch etwas warten. Bis die meisten anderen großen Brach- und Abrissflächen u.a. in Mitte bebaut sind (Lehrter Quartier, Mediaspree, Marienviertel, Alexanderplatz-Umgebung). Dann erst ist ein wirklich großer Wurf am Tempelhofer Feld möglich, durch den Marktdruck.

    Der Tiergarten ist ein Parksolitär, aber wir haben keine richtiggehend auf den Tiergarten bezogene Wohnbebauung, so wie in Manhattan auf den Central Park oder in Hamburg auf die Alster hin. Ein hochwertiger Wohnring mit Blick auf die Tempelhofer Freiheit ist etwas anderes. Der Tiergarten ist auch zerschnitten durch die Magistrale. Sicherlich hilfreich der Weiterbau der U5.

    Die genannten Bebauungen kommen sowieso aber stückweise und organisch und stehen nicht in Konkurrenz. Marienviertel, da bin ich eher skeptisch. Lehrter Quartier hin scheint mir für langweilige Hotelbunker angedacht zu sein. Das ist schon jetzt tot und alles andere als modern. Mediaspree ist ein kaltes Quartier für die Kreativbranche, also gewerblich. Alexanderplatz wird über die nächsten 20-30 Jahre sich transformieren, die Richtung ist ja schon erkennbar, aber der Rückbau von Altbauten ist da natürlich Schlüssel.

  • Doch natürlich stehen die alle irgendwie in Konkurrenz, innerstädtische Lagen generell. In Berlin ist der Investitionsdruck einfach noch nicht groß genug, um das Tempelhofer Feld wirklich großstädtisch zu bebauen. Man könnte es tun, aber da bräuchte es schon gewaltigen Anschub von der Politik, der nicht zu erwarten ist.

    Was die Mediaspree betrifft - nichts da mit rein gewerblich! Ein ganzes Wohnquartier ist fast fertig. Dort entstehen zudem demnächst die umfänglichsten Wohnhochhäuser Deutschlands, Max und Moritz (Entwurf von Tobias Nöfer) - hier mehr dazu: http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=1669876

  • Hallo

    die Idee, einen Teil des Flugfeldes zu einem Wohngebiet zu machen ist gut. Ich fürchte nur, das was darauf wird. Berlin braucht Wohnraum, definitiv, aber das was dann dort gebaut wird, wird nicht bezahlbar sein, nicht für Normalsterbliche ... daher bin ich was die Bebauung angeht noch unentschlossen. Die Frage ist nämlich wie können dort neue, günstige Wohnungen entstehen ohne das die Geldgeilheit regiert.

    Gruß

  • Ich kann die Logik nicht so recht nachvollziehen.

    1. Wohlhabende werden so oder so Wohnraum entweder kaufen oder mieten. Wenn deren Nachfrage durch neugeschaffene Bauten befriedigt wird verdrängen sie in diesem Fall nicht Bewohner aus vorhandenem, oft günstigerem Wohnraum.

    2. Im nationalen und erst recht im internationalen Vergleich wird in Berlin billig gebaut und angeboten. Echter Luxus ist die absolute Ausnahme. Mich wundert mit welch provinzieller Brille viele sogar in Architekturforen auf Kosten und Preise schauen.

    3. Ein grosser Teil der Kostentreiber sind Gutmenschen-Bedingt: Die Energiewende (zB Dreifachverglasung; aufwendige, energieeffiziente Heizsysteme; Wandisolierungen) ebenso wie andere Vorschriften zum Schutz der Nutzer (Trittschalldämmungen bis Feuerschutz) lassen es so und so nicht mehr zu, dass für eine paar Euro/qm gebaut werden kann. Der typische Deutsche will hier den Kuchen essen und behalten.

  • 1. Wollte ich auch gerade schreiben. Wenn die Wohlhabenden in die Wolkenkratzer einziehen, dann ziehen die nicht in die bestehenden Bauten ein und geben dort so mehr Platz für andere.

    3. m²! Bitte auf richtige Verwendung von Einheiten achten!

    Wie gesagt, ich finde, das ist die Chance für Berlin, sich eine recht einzigartige Skyline zu verpassen. Und nein, das sollen keine Ghetto-Plattenbauten sein, sondern wie in Shanghai, Hongkong oder Dubai recht ansprechende Glastürme. Die wirken auch nicht so schwer wie Betontürme.

  • Weil man aus Fehlern ja nicht klug wird, deutet sich hier nun das nächste Debakel mit Ansage an. Allein wenn man das Wort Prestigeprojekt hört, sollte man hellhörig werden, denn dann wird es meist teuer!

    Zitat


    Landesbibliothek wird nun wohl 350 Millionen Euro kosten

    Vieles deutet darauf hin, dass die Kostenschätzung des Senats für den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek unrealistisch ist. Stattdessen muss das Land Berlin für das umstrittene Projekt möglicherweise 350 Millionen Euro zahlen. Das befürchten in Berlin nicht nur Grüne und Linke. Auch die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gab jetzt in einer Vorlage für das Abgeordnetenhaus zu, dass die bisher „grobe Ermittlung des Kostenrahmens mit einem relativ hohen Risiko behaftet“ sei. Die Grünen-Haushälterin Clara Herrmann sagte dem Tagesspiegel: „Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Neubau am Ende 350 Millionen Euro kosten wird.“ Unterlagen der Stadtentwicklungsbehörde, die dem Abgeordnetenhaus vorliegen, bestätigen diese Prognose....

    Die Linken-Abgeordnete und Ex-Senatorin Katrin Lompscher hatte schon zu einem früheren Zeitpunkt den Verdacht gehegt, dass die Bibliothek weit über 300 Millionen Euro kosten könnte. Der zuständige Abteilungsleiter der Senatsbehörde, Hermann-Josef Pohlmann, hatte dies ohne weitere Begründung als „Spekulation“ zurückgewiesen. Die Bauplanungsunterlagen für den Neubau sollen bis Sommer 2016 vorgelegt werden – gerade rechtzeitig vor der Abgeordnetenhauswahl. Der Neubau ist, auf Betreiben des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), Bestandteil des rot-schwarzen Koalitionsvertrags, allerdings unter dem Vorbehalt der Prüfung der Baukosten.


    http://www.tagesspiegel.de/berlin/prestig…en/9508274.html

    Natürlich wäre ein Neubau für die Institution schön, ob man nun aber sehenden Auges wieder ins Unheil rennen muss, weil irgendwelche Politiker zum Ende ihrer Regierungszeit nun noch unbedingt ein Prestigeprojekt durchdrücken müssen, ich habe ernste Zweifel. Vermutlich werden es am Ende dann über eine halbe Milliarde sein, aber das wird in Berlin vermutlich auch niemanden mehr aufregen :augenrollen:

    APH - am Puls der Zeit

  • Vermutlich werden es am Ende dann über eine halbe Milliarde sein, aber das wird in Berlin vermutlich auch niemanden mehr aufregen :augenrollen:

    So lange dort keine Barockfassade an dem Neubau angebracht wird, dürftest Du recht haben, dass es den Leuten völlig egal ist. Im anderen Fall hätte sich schon längst eine superkreative "Bürgerinitiative" dagegen gegründet...

  • Zitat


    Klage des BUND erfolgreich : Baustopp für Wasserbecken auf dem Tempelhofer Feld

    Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland hat sich mit seiner Klage gegen das Bauvorhaben auf dem Tempelhofer Feld durchgesetzt. Das Verwaltungsgericht hält die Baugenehmigung für unzulässig. Ganz vom Tisch ist das Vorhaben jedoch noch nicht.

    Die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts erklärte nun, es gebe erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung. Es handele sich um die "Herstellung eines Gewässers" und nicht um ein "technisches Bauwerk", das vom natürlichen Wasserkreislauf abgekoppelt sei. Für die Schaffung eines Gewässers sei "eine Plangenehmigung oder ein Planfeststellungsbeschluss" erforderlich. Hierzu hätte es zunächst einer Vorprüfung bedurft, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sei. Das Unterlassen dieser Vorprüfung stelle einen "beachtlichen Verfahrensmangel" dar.

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/klage-d…ld/9553042.html

    APH - am Puls der Zeit

  • Ein flammender Appell von Prof. Hans Kollhoff gegen die Senatspläne zur Bebauung des Tempelhofer Felds. Das macht mich durchaus nachdenklich bezüglich meiner Entscheidung am Sonntag.

    Zitat

    [...] Das wird aber nicht gelingen, solange man den Bürgern weismachen will, man könne noch billiger bauen. Billiges Bauen ist teuer. Jeder weiß, dass ein Haus, das drei oder mehr Generationen als Zuhause dient, dem gegenwärtigen Lebenszyklusdenken von 30, 40 Jahren nicht nur wirtschaftlich überlegen ist, sondern auch die Voraussetzung bietet für gesellschaftlichen Halt, materiell und symbolisch, denn Erinnerung muss sich festmachen können an physisch erfahrbarer Überlieferung, also der Stadt und ihren Häusern.
    Wir dürfen durch neureiche Exzesse, die unsere Städte unbezahlbar werden lassen, nicht zurückfallen in die Banalität des Siedlungsbaus, den Gefallen können wir einem Kapitalismus, der aus dem Ruder zu laufen scheint, nicht tun. Hier geht es um die Erhaltung, das Aufrechthalten einer urbanen Kultur, und das kann nicht gelingen mit der Strangpresse kommunalen Wohnungsbaus.
    Und warum sollten nicht auch Luxuswohnungen gebaut werden dürfen? Die müssen ja nicht gleich so vulgär ausfallen wie die Designerbuden in Mitte. Warum sollte es da nicht möglich sein, quer zu subventionieren, im selben Block oder selben Haus, nicht von Reichen-Getto zu Armen-Getto? Dass dazu Fingerspitzengefühl nötig ist, versteht sich von selbst.[...]

    Denkt groß und stimmt mit NEIN! - Welt online

    Die Pläne des Berliner Senats:

    Bildquelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

    Senatsverwaltung für Stadtentwicklung - Tempelhofer Freiheit

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Als jemand, der Berlin liebt und im (leider) ehemaligen Zentralflughafen Tempelhof noch immer "die Mutter aller Flughäfen" (Norman Foster) sieht, der muss an die Berliner appellieren, morgen nur und zwar ausschließlich nur mit einem deutlichen und kräftigen

    NEIN!

    abzustimmen.

    Herr Kollhoff hat vollkommen recht mit seinen Argumenten. Wenn, dann muss hier etwas Einzigartiges geschaffen werden! Aber dieser Mist, der von den ambitions- und lieblosen Stadtverwaltern geplant wird, kann nur in die Hose gehen.

    Berliner bedenket bitte, dass wirklich alles, was mit Geld und Bauen von Sozialisten in dieser unheilvollen Symbiose in Angriff genommen wird, stets und unweigerlich bis dato immer in die Hose gegangen ist udn aufgrund dieser Ideologie auch stets nur ein immerwährender Griff ins Klo werden kann! Dass man den schönsten Stadtflughafen der Welt vor ein paar Jahren abgemurkst hat, dass hat auch sicherlich damit zu tun gehabt, um das Desaster (das Wowi schon sehr bald endgültig seinen Kopf kosten wird) des nie fertig werdenden Flughafens Berlin Brandenburgs zu pushen. Nun will man diese damalige Abtreibung unrevidierbar vollenden. Das morgige NEIN wird hoffentlich ein doppeltes NEIN werden. Eines gegen die dummen, unausgegorenen Pläne der geplanten (?) Bebauung und eines gegen Wowereit. Berlin ist arm und unsexy verwaltet und das ist NICHT gut so!

  • Kollhoff hat recht.

    Allerdings steht zu befürchten, dass mit einem "Nein" bei der Abstimmung jedwede Chance auf eine Entwicklung überhaupt in den Wind geschossen wird. Man kann und muss die Senatspläne kritisieren, aber ein Denk- und Bauverbot sollte es dort auf keinen Fall geben. Nur eine deutlich gründlichere und visionärere Planung.

  • Es müsste schon ein doppeltes Nein sein:

    1. ein Nein zu den unambitionierten, schlichtweg phantasielosen und einschlägig interessebezogenen Plänen des Berliner Senats

    und gleichzeitig auch

    2. ein Nein beim zweiten Vorschlag, auf dem Tempelhofer Feld dürfe zu keiner Zeit nichts von niemanden gebaut werden.