Dresden, Neumarkt - Quartier III/2

  • ...wir könnten einmal dem Dresdner Baubürgermeister der Grün*innen eine Architekt(o)ur nach Wien vorschlagen. Reisen bildet, hat schon Goethe geschrieben!

    Die fahren lieber allesamt (BauBü, Grüne und Verwaltung) nach Rotterdam um sich weitere Inspiration a la "Prager Straße" in die Stadt zu holen (in dem Fall fürs Verwaltungszentrum - wie das in Rotterdam aussieht, zeigt google). So nen Stil-Import hat ja so doll schon in den 60ern funktioniert, also kann man 60 Jahre später das Ganze doch nochmal machen. Der pawlov´sche Hund greift sich derweil an den Kopp und bellt die Glocke an.

  • Nochmal als Erklärung für alle, die neu hinzukamen, nach dem Nöfer-Bau gefragt haben, und ihn doch recht ansprechend finden. Es war nicht das Problem, dass uns der Nöfer-Bau nicht gefallen hätte, das Problem ist, sie haben ihn nun verschlimmbessert. Er war höher, die Fensterformate länglicher und die Fenstergitter waren filigraner, floraler. Nun wurde der Bau in der Höhe gestaucht, so auch die Fensterformate und die filigranen Fenstergitter wurden vereinfacht. Der Bau hat viel von seiner ursprünglichen Eleganz verloren. Eleganz, Leichtigkeit und Schwung war immerhin das zugrunde liegende Konzept des ursprünglichen Entwurfes.

  • Danke für die Aufklärung, nun kommt Licht ins Dunkel. Wer hatte ihn denn verschlimmbessert, die berüchtigte "Gestaltungskommission"? (Kritische Stimmen nennen sie auch die "Verunstaltungskommission", wer weiss, vielleicht zu Recht).

    Wie gesagt, wäre ich Baubürgermeister: Das Palais Rietsch käme als Reko, und Nöfer, der ja sehr gut baut, würde ich beauftragen, gemeinsam mit Kolhoff den Pirnaischen Platz wiederaufzubauen.

    Noch kann man aus Dresden was machen! Den Postplatz wird man dann halt nur vom Wegkucken und als Autobahnknotenpunkt kennen, hoffentlich mit viel Pflanzen und Bäumen davor, damit man die hässlichen Gebäude nicht sieht. Aber um den Pirnaischen Platz - und das ist mein Ernst -sollten die Dresdner kämpfen! Denn hier besteht noch reale Hoffnung, dieses Viertel kann noch gut werden. Ein zweiter Postplatz wäre eine Katastrophe für Dresden.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Wer hatte ihn denn verschlimmbessert, die berüchtigte "Gestaltungskommission"?

    Wie ich das verstanden habe, gab es Einspruch seitens des benachbarten Polizeipräsidiums. Leute hätten theoretisch vom Dachgeschoss auf das Dach des Präsidiums klettern und in das Gebäude gelangen können. Also musste es niedriger werden, damit das nicht möglich ist. So wurde der vorliegende Entwurf einfach gestaucht, weil man wohl keinen neuen Wettbewerb ausschreiben wollte.
    Der große Fehler liegt in der Frage, warum die Gebäudehöhe nicht vorab mit dem Nachbarn abgestimmt wurde? Auf mich wirkt diese Planung dilettantisch.
    Der größte Fehler lag in dem Umstand begründet, dass man nicht das Palais Riesch rekonstruieren wollte. Das wäre ein Luxus-Knaller am Neumarkt geworden. Aber vermutlich hatte der Investor nur die Euro-Noten im Kopf, also eine effektivere Ausnutzung der Raummasse.

    Bitte korrigieren, wenn ich falsch liege.

  • Als Ergänzung noch: Die Nicht-Rekonstruktion des Palais Riesch wurde v. a. mit unwirtschaftlichen Geschoss- und damit Raumhöhen und Zuschnitten begründet.

  • "So wurde der vorliegende Entwurf einfach gestaucht, weil man wohl keinen neuen Wettbewerb ausschreiben wollte."
    Vermutlich wurde der Architekt um Überarbeitung gebeten und hat die Modifikationen selber vorgenommen. Keine Baubehörde kann eigenständig einen Entwurf "einfach stauchen"; da ist u.a. das Urheberrecht vor.

  • Als Ergänzung noch: Die Nicht-Rekonstruktion des Palais Riesch wurde v. a. mit unwirtschaftlichen Geschoss- und damit Raumhöhen und Zuschnitten begründet.

    Das Land Sachsen hat den maximal Preis für das Quartier verlangt, eine kleinteilige Vermarktung war nicht gewünscht, die Stadt Dresden hat die Rekonstruktion nicht gefordert, den meisten Dresdner Bürgern ist es egal, keiner kann oder will mehr Miete zahlen, der Staat gibt keinerlei Anreiz zur Rekonstruktion - also kann ich den Investor absolut verstehen.

  • "So wurde der vorliegende Entwurf einfach gestaucht, weil man wohl keinen neuen Wettbewerb ausschreiben wollte."
    Vermutlich wurde der Architekt um Überarbeitung gebeten und hat die Modifikationen selber vorgenommen. Keine Baubehörde kann eigenständig einen Entwurf "einfach stauchen"; da ist u.a. das Urheberrecht vor.

    Naja das wird man mit dem Architekten schon abgesprochen haben. Hätte man bei Nöfer sagen sollen "Nein, nicht mit uns, macht einen neuen Wettbewerb"? Wer sich noch an den modernen Rasterentwurf erinnert, der ist auch über die gestauchte Version noch froh.

  • Etwas seltsam finde ich die Begründung für das Stauchen, ein zu hohes Palais erleichtere Einbrechern via Dach des Polizeigebäudes aufs Dach des Palais zu gelangen.

    Moment mal: Wenn jemand es überhaupt gelingt, von aussen auf ein 5 Stockwerke hohes Dach zu klettern (Spiderman?), dann kann er das doch von jedem Nachbargebäude aus, bzw., direkt beim Zielgebäude selber? Kommt mir fast vor wie eine übliche und nicht besonders überzeugende Modernistenausrede.

    Übrigens, welcher Einbrecher ist so blöd, und begibt sich freiwillig in ein, oder auf ein, Polizei (!) - Gebäude.....? Wo ist hier bitte das "Schenkelklopf-Kreisch-Brüll-Totlach" Smiley?
    Ich habe das Gefühl, hier geht es wieder mal um ganz andere Dinge......

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ich denke, es geht weniger um Fassadenkletterer noch um Einbrecher.

    Man könnte ganz einfach, z.B. durch Betätigen der Klingelanlage ("Hallo, Paket für den Nachbarn"...) in das Haus gelangen. Vor dort könnte man eventuell auf das Dach gelangen (es gibt ja Dachfenster und Luken für Schornsteinfeger oder gar Dachterrassen; die genaue Bauplanung kenne ich jetzt nicht), und von dort in das Präsidium. Womöglich in einem günstigen Moment in der Dunkelheit.

    Solch ein Präsidium dürfte vermutlich weniger für gemeine Einbrecher interessant sein, womöglich aber für Terroristen, die einen Brandsatz oder gar Sprengsatz legen wollen, oder für Leute jener Klientel, die gerade das Stadthaus in Köln-Deutz gestürmt und dort Akten aus dem Fenster geworden haben. (Siehe Meldung hier)

    Klar war man hier womöglich von Seiten der Polizei übervorsichtig. Aber, dennoch, sind solche Bedenken denn in heutigen Zeiten wirklich so schwer zu verstehen?

    Noch einmal: Der eigentliche Dilettantismus war, sich nicht vorher mit den Nachbarn hinsichtlich der Planung abgesprochen zu haben. Dann wäre es gar nicht zu der Fehlplanung gekommen.

  • Vermutlich stand eine solche Kaffeetasse gerade auf dem Tisch im Stadtplanungsamt, als man die Paranoia entwickelte, jemand könnte die Fassaden am Neumarkt hochklettern und von dort das Palais Rietsch überfallen.

    Neue Anordnung aus dem SPA: Sofort alle Palais, Schlösser und Barock-Bürgerhäuser stauchen bis aufs Erdgeschoss - Spiderman aus Disneyland kommt!

    Die Logik des SPA: Wo keine höheren Stockwerke mehr sind, kann auch niemand draufklettern... (Ironie Modus off).

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Die Überarbeitung des Nöferbaus gefällt mir besser als der Rohentwurf und kommt durch die Kürzung des ersten Obergeschosses den Proportionen des Palais Riesch näher. Die Portalbögen sehen stimmiger aus. Auch hat man die Risalite etwas abgerundet und der Fassade mehr Schwung gegeben, sodass alles harmonischer wirkt.

    Möge es so kommen wie gerendert.

    Riesch und Überarbeitung

    alter Entwurf

  • Ich denke, es geht weniger um Fassadenkletterer noch um Einbrecher.


    Ja, sag ich doch. Ich denke, es ist eine billige Ausrede des SPA und der Modernistenlobby, die einfach nur ein weiteres Palais verhindern wollten. Welcher Einbrecher ist denn so blöd und geht unmittelbar vor dem Einbruch ausgerechnet in/auf ein Polizeigebäude. Ausserdem hast du ja auch genügend realistische Beispiel genannt, mit denen man sich anderweitig unerlaubten Zugang verschaffen könnte. Und: Eine solche Gefahr besteht doch bei jedem Gebäude. Warum nicht beim Kulturpalast? Die Herren vom SPA drehen und wenden es doch so, wie es ihnen grade passt. Hey, das wäre doch die Idee: Kulturpalast und alle Postplatz-Bauten ein bissel "stauchen" - könnten ja sonst Einbrecher übers Dach kommen.

    Ich bin übrigens für das Palais.....so gut ich Herrn Nöfers Architektur auch finde. (ich meine vor allem sein Projekt beim Materni-Hospital, habe den Namen vergessen. So etwas wäre für Dresden der Hammer! Eine absolute Bereicherung. Hoffentlich lässt man Nöfer den Pirnaischen Platz wiederaufbauen. Am besten gemeinsam mit Kolhoff und den Patzschkes. OK, lasst mich doch auch mal ein bischen träumen...).

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Mir gefällt die neue Größe besser. Für die alten größeren Dimensionen gibt der klobige 08/15-Bau einfach zu wenig her. Mit dem ursprünglichen Palais haben beide nichts zu tun, nicht mal im Ansatz. Insofern: bitte so unauffällig wie möglich gestalten, damit der Bau die rechtsseitig gelungene Rampische Straße nicht verhunzt.

  • Das Riesch oben schaut interessant aus.
    Andere Städte sanieren sich an solchen Gebäuden über Jahre zu Tode.
    Dresden bekommt es einfach hingestellt.

    Schon toll!

    Übrigens bei dem "alten" Entwurf frage ich mich, weshalb man Architektur überhaupt studieren muss.
    Die paar Elemente wie aus dem Kopierer fügt doch schon ein Sechsjähriger zusammen und fertig.

  • Liebe Vorposter,

    Eure Kritik scheint mir hier maßlos übertrieben. Können wir nicht froh sein, daß ein Architekt wie Nöfer, der klassische Elemente in seine Architekturen einbaut am Neumarkt sich ein Stelldichein gibt!? Diese Art von klassischer Moderne hatten wir in dieser Qualität am Neumarkt noch nicht. Nöfers Palais hat durchaus Bezug zum Vorgängerbau, dem alten Palais Riesch. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich das. Und damit will ich konkret auf Mr. Clintwoods Kritik eingehen:

    Das Riesch zeigt eine Fassadenrhythmik, die sich durch die Fensterachsen und die vertikale Gliederung in Risalite und Fassadenflächen ergibt, von links nach rechts: 1-5-3-5-1
    Das Nöfer-Palais übernimmt genau diese Rhythmik. Ein Hauptrisalit, der die symmetrische Mitte kennzeichnet und 2 schmälere Seitenrisalite und es ergibt genau die gleiche Abfolge von Fensterachsen: 1-5-3-5-1
    Selbst so kleine Details, wie die Betonung der Mitte in den 5er-Feldern hat Nöfer übernommen. Beim Riesch ein schlichtes Gesims über dem Fenster, bei Nöfer breitere Fenster, zusätzliche Ladeneingänge und ein leichter Fassadenausschwung!
    Ein weiteres Architekturmotiv des Riesch hat Nöfer im Prinzip ebenfalls übernommen. Die überfangenden Portalbögen, die über 2 Stockwerke reichen und die Eingänge und die Fenster des ersten OG rahmen.
    Ebenso das Kolossalsockelgeschoß über 2 Stockwerke gehend, jetzt, wie Hallejula richtig feststellte mit der Höhenreduzierung des 1. OG sogar proportional dem Riesch angenähert. Man könnte nun fast meinen, das Riesch habe eine neue Fassade bekommen und sei aufgestockt worden.
    Hier wurde aus Respekt vor dem Vorgängerbau dessen architektonische Struktur zitierend in einen Entwurf der klassischen Moderne eingeflochten. Wo gibt es das am Neumarkt nochmals!? Das sollte doch anerkannt werden!
    (auch mir wäre eine Reko des Barockbaus freilich lieber gewesen!)

  • Die räumliche Anordnung bzw das „Zitat“ fiel mir natürlich auf, dennoch kann ich diesem Gebäude nichts abgewinnen. Und es ist befremdlich, dass eine symmetrische und lose an den Ursprungsbau erinnernde Anordnung und ein paar unbeholfene „Schwünge“ bereits mit einem tosenden Applaus aufgenommen werden sollen und als ästhetischer Triumph präsentiert werden.

    Ich kann daran nichts loben außer die nun reduzierte Größe, die es tatsächlich den Proportionen des Originals näher bringt. Es gab einen Entwurf, der das Palais Riesch formal wesentlich besser zitierte: er landete naturgemäß auf dem dritten Platz.

    Wie gesagt: aufgrund des originalen Palais Riesch begrüße ich die Anpassung an dessen Proportionen- einerseits, weil das Zitat dadurch ersichtlicher wird. Andererseits, weil der Bau den Straßenbeginn nun nicht mehr dominiert und dadurch den Gesamteindruck dieser wunderschönen Straße nicht mehr in gleicher Weise stören kann.

    Aber ein paar ornamental gestaltete (und hier deplatzierte) Gitterchen und softe Wellchen, die letztlich wie ein vibrierender Pudding daherkommen und jegliche formale Strenge (und auch Ernsthaftigkeit) des Originals vermissen lassen, kann ich nicht als das Meisterwerk anerkennen, das andere womöglich darin sehen. Letztlich wohl Geschmackssache.

  • Liebe Vorposter,
    Eure Kritik scheint mir hier maßlos übertrieben. Können wir nicht froh sein, daß ein Architekt wie Nöfer, der klassische Elemente in seine Architekturen einbaut am Neumarkt sich ein Stelldichein gibt!? Diese Art von klassischer Moderne hatten wir in dieser Qualität am Neumarkt noch nicht. ... Hier wurde aus Respekt vor dem Vorgängerbau dessen architektonische Struktur zitierend in einen Entwurf der klassischen Moderne eingeflochten. Wo gibt es das am Neumarkt nochmals!? Das sollte doch anerkannt werden!

    Das sehe ich ganz genauso. Zumal in der Rampischen Straße vor einigen Jahren schon ein deutlich "schlechterer" zeitgenössischer Bau errichtet wurde:


    By Björn S... - Houses in Dresden and Frauenkirche, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40042756