In Hornburg habe ich die ersten vier Übernachtungen auf meiner einwöchigen Harzreise gebucht. In einer kleinen Pension direkt am ZOB - Na ja, was man halt in einer 2700-Einwohner-Stadt so als ZOB bezeichnet - da fährt etwa stündlich ein Bus zum Bahnhof nach Schladen.
Ein Bahnhofsgebäude gibt's übrigens auch. Nur keine Gleise mehr. Dort ist heute der ZOB:
Auf dem Weg in die Altstadt kommt man an einem schönen Gründerzeit-Fachwerkhaus vorbei:
Außerdem grüßt einen aus der Ferne eine Villa, die wirkungsvoll an einem Hang platziert ist.
Den schönsten ersten Eindruck der Hornburger Altstadt bekommt man, wenn man sie durch das Dammtor betritt, das letzte der ehemals fünf Stadttore. Sonderlich wehrhaft sieht es allerdings nicht aus (ohne jetzt die Hornburger beleidigen zu wollen), ebensowenig wie der nördlich anschließende Wall:
Stadtwappen am Dammtor (mit Adam und Eva?):
Umso beeindruckender ist der Anblick hinter dem Stadttor:
Noch ein Blick zurück...
...und dann lassen wir die Gegenwart hinter uns und tauchen ein ins 16./17. Jahrhundert (Autos und geteerte Straßen bitte wegdenken). Von den knapp 300 Häusern in der Altstadt stammen noch etwa 100 aus dem 16. Jahrhundert. Und viele davon können locker mit den (ehemaligen) Bauten aus den größeren Städten Goslar, Quedlinburg, Halberstadt, Hildesheim oder auch Braunschweig mithalten.
Zuerst ein Blick in die Dammstraße:
Überrest einer Tordurchfahrt:
Hopfenspeicher in der Dammstraße (steinerner Unterbau aus den 1630ern, Oberbau von 1672).
Der Hopfen hat die Stadt wohl auch so wohlhabend gemacht, dass sie heute ein Geheimtipp für alle Liebhaber des niederdeutschen Fachwerks ist.
Weiter geht's (wir sind immer noch in der Dammstraße):
So, das war's. Aber erst mit der Dammstraße. Das beste kommt noch. Also bitte festhalten und staunen (und Mund zumachen, sonst fliegen Fliegen rein). Konsequenterweise müsste ich jetzt mit der direkt anschließenden Wasserstraße fortfahren. Aber das beste soll man sich ja für den Schluss aufheben. Also begeben wir uns erstmal zur Pfarrkirche der Stadt, der Kirche Beatae Mariae Virginis, einer der wenigen Renaissancekirchen in Deutschland, und der ersten evangelischen Kirche, die in Südniedersachsen fertiggestellt wurde (ihre größere gleichnamige Schwester in Wolfenbüttel wurde zwar früher begonnen, jedoch später vollendet).
Die Marienkirche in Hornburg wurde unter Einbeziehung der Reste eines gotischen Vorgängerbaus (vor allem im Turm, aber auch zwei Portale und die Sakristei stammen aus der Gotik) zwischen 1614 und 1616 erbaut und steht noch ganz in der Tradition der gotischen Hallenkirchen, nur eben in Renaissanceformen umgesetzt.
Der Orgelprospekt ist noch der ursprüngliche aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die alte Orgel funktioniert jedoch nicht mehr. Dahinter versteckt steckt eine neue:
Auch der Altar stammt noch aus der Erbauungsphase der Kirche, ebenso die Kanzel:
Taufstein von 1581 mit hölzernem Deckel von 1704:
Auch die Emporen gehören größtenteils noch zur ursprünglichen Ausstattung der Kirche:
Laut der Küsterin war die Kirche niemals ausgemalt (bis auf den Chor und einige Pfeiler im Langhaus). Ich weiß jedoch nicht, ob dieses schlichte Weiß wirklich zur Spätrenaissance passt:
Bevor wir wieder aus der Kirche rausgehen, noch ein kurzer Blick auf die spätgotische Sakristei:
Nun geht's in die Marktstraße. Noch ein letzter Blick zurück...
...und dann ein Blick nach vorne auf den Marktplatz und eines der schönsten Häuser der Stadt. Leider im Erdgeschoss durch Ladeneinbauten beeinträchtigt (was vor allem nachts auffällt):
Haus auf dem Marktplatz:
Weiter geht's die Marktstraße entlang. Dort trifft man auch auf die Mühlen-Ilse, die vor der Stadt vom Flüsschen Ilse abgezweigt wird, das auch durch Osterwieck fließt:
In dem Haus in der Bildmitte (um 1550 noch ganz in spätgotischer Tradition errichtet) ist die Sparkasse untergebracht. Leider wurde es völlig entkernt:
Man beachte besonders das Haus mit den Arkadenbrüstungen, einer Schmuckform, die nur im Harzraum (vor allem in Osterwieck und Halberstadt) auftaucht. Dieses ist das einzige Beispiel in Hornburg - noch dazu eines mit verzierter Giebelseite, dank der Ecksituation (wobei der Giebel selbst, ganz in südniedersächsischer Tradition, trotzdem unverziert bleibt).
Biegen wir gleich neben dem Haus mit den Arkadenbrüstungen mal ab, und zwar in die Straße Vorwerk. Da gibt's keine Staubsauger, aber dafür einige weitere sehr schöne Fachwerkhäuser - und, wie in der gesamten Altstadt, auch sehr schöne Straßenlaternen:
Ackerbürgerhof von 1590, 1840 in zwei Häuser geteilt. Der linke Teil wurde 1878 und 1902 für das kaiserliche Postamt stark umgebaut:
Das Zeughaus von 1565/1609, dank der Stützen, die dem Erker Anfang des 19. Jahrhunderts untergesetzt werden, wird es auch als "Stelzenhaus" bezeichnet:
Zwei der wenigen Bausünden stehen im Vorwerk - dort wurden in den 60ern/70ern Fachwerkhäuser abgerissen. In anderen Städten würden sie wahrscheinlich überhaupt nicht auffallen, hier wirken sie jedoch wegen des ansonsten geschlossenen Straßenbilds etwas störend. Wobei da meiner Meinung nach ein anderer Putz, ein Entfernen der Verklinkerung und zweiflügelige Fenster schon viel bewirken würden.
Mit einem letzten Straßenlaternenblick mache ich erstmal einen Schnitt, um die ersten 60 Bilder sacken zu lassen:
Je nach Lust und Laune geht's dann entweder noch im Laufe des Abends oder spätestens morgen weiter. Bislang hab ich euch ja erst drei Straßen gezeigt.