• Wir wären aber nicht in NRW, wenn es nicht auch diese furchtbaren "real-life" Momente geben würde. Hier einmal exemplarisch der Stolz der Bonner Universität, das Juridicum. Der juristische Bereich ist sicher der prestigeträchtigste Teil der Universität zu Bonn, somit durfte man in den 70-ern auch ein modernes und exklusives Quartier beziehen. Nur ihr ahnt es schon, was damals modern und mega modisch war, ist heute ein Ort zum Vergessen.

    Hier kann nur ganz viel Grün die Szenerie retten

    Was soll man sagen. Hoffentlich macht man die nächsten 10 Jahre nichts mehr an dem Kasten, dann ist hier endgültig nichts mehr zu retten. Das Juridicum ist wahrlich kein Aushängeschild der Universität mehr!

    APH - am Puls der Zeit

  • Der Bonner ROM.HOF wurde hier wohl noch nicht vorgestellt. Ein wirklich sehenswerter zeitgenössischer Klinkerbau mit Rundbögen, Wandelhalle und weiteren Finessen.

    Und dann sind es gar Studentenwohnungen! Zeigt mal wieder, dass das ewig vorgekaute Argument, gute Wohnarchitektur sei nur im Luxusbereich möglich, einfach Murks ist. Einzig ein Attikadach o.ä. vermisse ich da.

    >> http://www.dbz.de/artikel/dbz_Ab…nn_2786434.html

  • Zitat von erbse

    (...) Zeigt mal wieder, dass das ewig vorgekaute Argument, gute Wohnarchitektur sei nur im Luxusbereich möglich, einfach Murks ist. (...)

    Natürlich ist das Murks. Der Witz ist doch, daß selbst Luxushäuser heute oft so aussehen wie der primitivste Sozialbau. Aber solange der Schrott auch noch gekauft wird, gibt es für Architekten keinen Anlass, sich in der Gestaltung mehr Mühe zu geben.

    Dieser ROM.HOF-Bau hat einige schöne Details zu bieten. Das Äußere ist aber, wenn man von den Bogenfenstern absieht, auch nicht sonderlich ansprechend. Da hätte man auch mit einfachen Mitteln mehr rausholen können.

  • Heute Mittag habe ich auf dem Weg zur Bahn kurz ein Foto vom "Maximiliancenter" machen, welches ja im Rahmen der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes als erstes errichtet wird. Außen die üblichen dünnen, massiven Naturstein vortäuschenden Platten.

  • Ja ich weiß, aber ich behaupte, vorher hatte dieser Bereich sogar noch mehr Aufenthaltsqualität, und das will was heißen. Was haben wir denn jetzt? Ein Allerwelts-Center. Einkaufen und wieder abhauen, das neue Stadtgefühl.

    In dubio pro reko

  • Ich muss in der Bewertung des Baus Stuegert recht geben, ich hatte die Bilder auch auf dem PC, weil ich öfters an dem Bau verbei komme, aber ich hatte nicht die Lust, diese einzustellen. An sich ist der Bau für ein Gebiet in Köln Deutz oder dergleichen durchaus eine Aufwertung, auf der anderen Seite muss man aber doch schauen, wo man hier baut und hier hat man wieder alle Chancen den Bach runter gekippt.

    Der Block ist viel zu monoton, viel zu massig, viel zu gleich gestaltet. Er erdrückt das gesamte Umfeld, denn was man in den Bildern nicht sieht, ist die Tatsache, dass auf der anderen Straßenseite noch einige Gründerzeitbauten erhalten sind und das Gebiet ansonsten sehr kleinteilig gegliedert ist. Dieser Großblock mit teils auch viel zu wenig Fensterflächen an den Seiten führt zu einer Verschattung und Dunkelheit in dem gesamten Areal, dass es einem gerade in Bahnhofsnähe jetzt schon mulmig wird.

    Und jetzt kommt der zweite große Problempunkt. Denn vorher war die ganze Situation ja eh schon extrem schwierig. Wer sich vor Ort etwas auskennt, der weiß, was das "Bonner Loch", wie die Gegend vor dem Hbf genannt wurde, für eine Ruf hatte. Ich hatte es in vorherigen Beiträgen schon angesprochen, es war und ist ein Tummelplatz von allerlei Gestalten, die man nur ungern im Stadtbild auf einem Fleck hat. Diese Gruppen haben sich jetzt zum gegenüberliegenden Busbahnhof verzogen. Das Problem wird aber absehbar in diesem Areal dadurch nicht gelöst, man hat es einfach nur verlagert.

    Bonn hat leider das unvergleichliche Talent, eine der am besten erhaltenen Großstädte in NRW völlig beschissen zu gestalten, weil man es geschafft hat, mit relativ wenigen städtebaulichen und architektonischen Eingriffen die Stadt extrem zu beeinträchtigen. Dabei sind eigentlich nur drei Areale richtig mies, eines davon ist der unmittelbare Bereich um den Hbf, dann das Gebiet rund um das Opernhaus bis zum Belderberg und als negativer Höhepunkt bleibt die Haupteinfallstraße über den Adenauerplatz, den Bertha-von-Suttner-Platz bis hin zum Stadthaus. Man hat eine völlig intakte Innenstadt durch diese ohne Not in die Innenstadt geschlagene Schneise völlig entstellt. Diese Straße ist so dominat und präsent, dass die dahinter liegenden Stadtteile - die für NRW-Verhältnisse fast perfekt erhaltenen Altstadtreste und die unglaublich gut erhaltene Südstadt - völlig untergehen.
    Man müsste !!!! in relativ geringem Umfang in Bonn Stadtreparatur betreiben, aber anstatt das anzugehen, macht man vieles immer noch schlimmer. Ich könnte das jetzt bildlich dokumentieren, da ich eine komplette Bonn-Galerie auf dem Rechner habe, bin aber im Monent zu demotiviert, weil mich die Stadt nur noch aufregt!

    APH - am Puls der Zeit

  • Man hat eine völlig intakte Innenstadt durch diese ohne Not in die Innenstadt geschlagene Schneise völlig entstellt. Diese Straße ist so dominat und präsent, dass die dahinter liegenden Stadtteile - die für NRW-Verhältnisse fast perfekt erhaltenen Altstadtreste und die unglaublich gut erhaltene Südstadt - völlig untergehen.

    Dass Bonn eine völlig intakte Altstadt hatte stimmt nicht ganz. Bonn hatte 1945 einen Gesamtzerstörungsgrad von knapp 33%; im Altstadtberich lag dieser bei 70-80% (siehe diese Karte aus dem Deutschen Nationalatlas auf der 2. Seite: http://archiv.nationalatlas.de/wp-content/art…E_E5L0_C5ZWCOqQ )
    Insbesondere der innerstädtische Bereich östlich der Linie Kölnstraße, Markt und Universität (das alte Rathaus am Markt, die Remigiuskirche und die Uni sind Rekos) waren vollständig zerstört und wurde nach modernen Maßstäben und sehr autogerecht wieder aufgebaut.

    Siehe hierzu den Wikipedia-Artikel zu den "Rheinvierteln" https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinviertel und dieses Wandmosaik zur "Altstadtumlegung", also der Neuordnung des Zerstörten Gebiets.

    Aber auch die Südstadt rund um den Hofgarten und die südlichen Bereiche von Castell waren zerstört

    Die erhaltenen Bereiche der Bonner Innenstadt sind heute so im Fokus, da diese auch den Bereich der Bonner Fußgängerzonen darstellen und entsprechend von vielen Menschen gesehen wird. Durch die in der Nachkriegszeit geschaffenen Schneisen Belderberg, Oxfordstraße, Sandkaule und dem Bertha-von-Suttner-Platz als deren Kreuzung, wirken die dahinterliegenden Bereiche der Innenstadt "abgehängt".


    Hier ist noch ein interessanter Bericht zur Entstehung des Bertha-von-Suttner-Platzes: file:///C:/Users/MATTHI~1/AppData/Local/Temp/kuladig-O-57861-20121202-2.pdf


    Insofern stimme ich dir definitiv zu, dass Bonn in den Rheinvierteln und an den Verkehrsschneisen, einiges an Stadtreperatur vertragen würde, damit diese Bereiche auch wieder Innenstadtcharakter haben und ein besserer Zugang zum Rhein gewährleistet ist. Denn zwischen dem Altstadtrest und dem Rhein liegt die vielbefahrene B9

  • Beim Projekt "Urban soul" am Hbf gibt es Unstimmigkeiten bezüglich der Materialwahl an der Fassade. Die Stadt wünscht sich einen hellen Stein, der der umliegenden Gründerzeitbebauung gerechter wird, der Architekt hingegen meint „Der Stein wirkt auf den veröffentlichten Fotos wesentlich dunkler, als das bei Tageslicht der Fall ist“, erklärte Pietsch. Es handle sich durchaus um „bräunlich-graue, aber warme Farbtöne“

    Graubraun als warmer und freundlicher Farbton... Der Mann hat entweder Sarkasmus oder fehlenden Geschmack

    http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bon…cle4024733.html

    Auf dem zweiten Bild in diesem Artikel sieht man, wie genau die graubraunen Steine aussehen sollen: http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bon…1AzpKWoTO0XjqPE

    Einmal editiert, zuletzt von Matze91 (24. Januar 2019 um 23:33)

  • Immerhin hat die Stadt nun festgestellt, dass sich ein Gebäude in seine Umgebung einordnen sollte und versucht nun - Hoffentlich nicht zu spät - Einfluss auf die Gestaltung zu nehmen. Wird der Bebauungsplan eigentlich noch mit einer Gestaltungssatzung für den Innenstadt Bereich ergänzt? Kennt hier einer die Vorgaben?

  • Wird der Bebauungsplan eigentlich noch mit einer Gestaltungssatzung für den Innenstadt Bereich ergänzt? Kennt hier einer die Vorgaben?

    Ja, es gibt die "Gestaltungs- und Werbesatzung Bonner Innenstadt" in der Werbeanlagen, Außengastronomie una auch bauliche Anlagen geregelt sind. So heißt in dieser Zusammenfassung (file:///C:/Users/MATTHI~1/AppData/Local/Temp/Merkblatt%20zur%20Gestaltungs-%20und%20Werbesatzung%20Bonner%20Innenstadt.pdf)
    "Bei der Veränderung von Fassaden, z.B. durch Renovierung, Umbau oder Neugestaltung, sollte grundsätzlich eine Abstimmung mit der Stadt Bonn erfolgen. Hierzu können Sie sich an das Bauordnungsamt oder das Stadtplanungsamt wenden. Wenn Veränderungen an einem Baudenkmal vorgenommen werden sollen, ist immer eine denkmalrechtliche Erlaubnis notwendig. Richten Sie Ihre Anfrage hierzu bitte an die Untere Denkmalbehörde"

    Diese Satzung wurde 2012 unbefristet verlängert

  • Mehrere Altbauten sollen in Bonn-Beuel für ein Neubauprojekt abgerissen werden: https://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/beuel/dre…ss_aid-48614971

    Die Untere Denkmalbehörde als auch die Stadt Bonn haben es abgelehnt, dieses Ensemble unter Denkmalschutz zu stellen. Zitat: „Der Anstrich aus den 80er Jahren hat das Haus nicht in einen Originalzustand versetzt.“ Die Fassadenerhaltung würde exorbitant teuer und die Kosten absurd hoch werden, so die Wohnungsbaufirma. Die Begründungen Altbauten abzureißen werden auch immer absurder...

    ...

  • Das Problem ist, dass die Denkmalbehörde nicht dafür da ist, "Schönes" zu erhalten, sondern "Erhaltenswertes" und Schönheit dabei (leider) kein Kriterium ist.

    "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein
    öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." (§ 2 Abs. 1 DSchG NRW)

    Wohnhäuser wie diese würden also nur darunter fallen, wenn sie in irgend einer Weise besonders wären, nämlich einzigartig, besonders typisch, besonders gut erhalten oder auf ihre Weise kurios. Einfach das Glück gehabt zu haben, 100 Jahren Krieg, gestalterischer Dummheit und Zeitgeistverblendetheit zu entgehen, genügt dafür leider nicht. Die Denkmalschutzbehörde greift, wenn sie ein Gebäude unter Denkmalschutz stellt, in das Eigentum ein (ein Grundrecht) und darf das schon mal alleine wegen des Vorbehalts des Gesetzes nur in den Fällen, die das Gesetz zulässt. Wollten wir erreichen, dass gerade in westdeutschen Großstädten Altbauten generell besser geschützt werden (und gerade auch die typischen, gewöhlichen Exemplare), müssten wir das dem Gesetzgeber verklickern.

    Wenn eine Gemeinde gerade ein bestimmtes Ortsbild erhalten möchte, kann sie eine entsprechende Erhaltungssatzung erlassen und damit den Zustand festschreiben (wobei selbst der dann nicht unüberwindlich ist). Das tun Stadträte sehr ungerne, weil sie sich dann automatisch mit ihren Häuslebauern, Steuerzahlern und Wählern anlegen, für die eine solche Satzung immer eine Verbotssatzung ist.

    "Die Qualität städtischen Bauens resultiert aus einer Generationen währenden, kollektiven Leistung." Hans Kollhoff

  • "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein

    öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen."

    Und all das halte ich in diesem Fall für gegeben. Ansonsten könnte man auch halb Berlin mit seiner gründerzeitlichen Massenware abreißen.

    Der Denkmalschutz ist nur noch eine Farce.

    In dubio pro reko