Artikel zum Thema Rekonstruktion

  • Theoretiker trifft es meiner Meinung nach recht gut. Wobei die Praxis zeigt, dass selbst seine Theorien mehr Meinung, Polemik und Behauptungen sind, welche am Ende doch nur das Ziel haben Rekonstruktionen abzuwerten. Zum Beispiel:

    Moritz Röger sagte: [...] dass sie ein Bild von Geschichte konstruiert, das so nie existiert hat. Die Altstadt war vor ihrer Zerstörung eher ein Ort, wo die ökonomisch schlechter Gestellten, Handwerker und Arbeiter gelebt haben. Heute ist es zu einem auf Hochglanz herausgeputzten Viertel der besser Situierten geworden. [...]

    In der nach dem Krieg nahezu erhalten gebliebenen Görlitzer Altstadt lebt heute auch so gut wie kein "ökonomisch schlecht Gestellter", keine Handwerker, keine Arbeiter (zumindest nicht die Arbeiter die suggeriert werden) und die Häuser werden gut in Schuss gehalten, bzw wurden "auf Hochglanz herausgeputzt". Willkommen im 21.Jahrhundert Herr Röger.

    Oder auch typische Sprechblasen wie diese hier:

    Zitat von DW

    [...] Und die heutigen Bewohner spiegeln überhaupt nicht die soziale Struktur der Altstadt wider, wie sie vor ihrer Zerstörung war. [...]

    Und stellen Sie sich vor, Herr Röger: Die Bewohner der Altstadt vor ihrer Zerstörung spiegelten nicht die soziale Struktur wieder, wie sie die Erbauer der Häuser, oft reiche Patrizier und Kaufleute, hatten.

    Wenn er das ernst meint was er sagt, sollte er mal sein Bild von deutschen "Altstädten" korrigieren, indem er eine solche mal besucht.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Meine Güte hören sich diese Menschen eigentlich selber zu? Dieses kleinkarierten, spießigen Nörgler, die sich ständig in ihrem Weltschmerz aufgrund von 15 [sic!] Rekonstruktionen suhlen. :augenrollen: Und dann auch noch mit falschen Prämissen und Verdrehungen argumentieren:

    Zitat von dw

    Bildet so ein rekonstruiertes Viertel denn die Wirklichkeit der Menschen ab? Lebt hier der einfache Bürger in Zeiten von Wohnungsnot?
    Überhaupt nicht. Und das ist auch einer der größten Kritikpunkte, die ich an der neuen Altstadt formulieren würde: dass sie ein Bild von Geschichte konstruiert, das so nie existiert hat.[...]Und die heutigen Bewohner spiegeln überhaupt nicht die soziale Struktur der Altstadt wider, wie sie vor ihrer Zerstörung war.

    Eines der dümmsten Argumente überhaupt in der ganzen Diskussion. Weil vor dem Krieg das Viertel ein Glasscherbenviertel war, "konstruiert" man heute Geschichte wenn - entsprechend der Qualität und der Lage - vermögende Personen dort wohnen. Als ob sich Altstädte, die die Zeit überdauert haben, heute nicht oft auch zu den 1a Lagen der jeweiligen Städte gemausert hätten. "Konstruiert" man dort auch Geschichte?
    Das ist ein gefährlich enger Begriff von Geschichte, der sehr statisch ist und in dem es keinen Fortlauf mehr gibt. In der neuen Frankfurter Altstadt wird schlicht die Geschichte fortgeschrieben. Bei vielen "Theoretikern" scheint die Geschichte in gewisser Hinsicht 1945 stehen geblieben zu sein.

    Zitat von dw

    Wie reizvoll ist es, Architektur zu rekonstruieren - für welchen Zweck auch immer -, statt sich etwas schönes Neues, vielleicht auch Funktionales auszudenken?


    Ich glaube, es ist ganz wichtig, auch der zeitgenössischen Architektur ihre Chancen zu geben

    Wurde denn auf dem Areal der "zeitgenössischen Architektur" keine Chance gegeben, vor 40 Jahren und heute bei den Gebäuden, die keine Rekonstruktionen sind? Ja wird denn der "zeitgenössichen Architekur" sonst nirgendwo Raum gegeben? Sind wir umzingelt von Rekonstruktionen, und klassischem Bauen?
    Diese beiden Sätze vom Fragensteller und dem Kunsthistoriker sind sowas von entlarvend. Die Antwort wird schon in die richtige Richtung gelenkt mit der Aussage "etwas schönes Neues" (als ob die neue Altstadt nicht schön und nicht neu wäre), aber damit der Befragte und die Leser auch wirklich wissen was gemeint ist: "vielleicht auch Funktionales", da sind wir doch an dem Punkt wo sich beide einig sind!
    Was Röger auch tatsächlich meint in seiner Antwort ist ja nicht "zeitgenössiche" sondern modernistische Architektur!

    Zitat von dw

    Ist es denn richtig, in Zeiten, wo die Wohnungsfrage eine immer brisantere wird, so viel Geld in ein so kleines Areal zu stecken, auf dem nur 80 Eigentumswohnungen entstanden sind?

    Aus dieser rhetorischen Frage spricht die deutsche Krämerseele par excellence. Was ist mit Schönheit? Identitätsbildung? Inspiration für neues, urbanes Bauen (nicht dem von Ihnen wahrscheinlich präferierten, Herr Rögers!)? Aufenthaltsqualität? Was sähe er dort lieber? Das die Stadt lieber von den 200 Millionen wo anders gebaut hätte und dieses Areal in private Hände (Investoren genannt) gegeben hätte? Oder das die Stadt diese Areal bebaut hätte und wie vorher überhaupt keine Wohnungen gegeben hätte? Oder die Stadt baut dort lauter Sozialwohnungen. Dann würde es dort halt heute so auschaun wie in der näheren Umgebung.

    Zitat von dw

    Und noch etwas fällt auf, zum Beispiel in der Debatte um die historische Mitte von Potsdam: Hier verschwindet das architektonische Erbe der Nachkriegszeit und der DDR, und damit auch ein Teil der Geschichte. Interessant ist, welche Teile der Geschichte aus den Städten verschwinden und welche Teile man sich zurücksehnt. Die Frage ist doch, was für eine Identität damit aufgebaut wird.

    Ja interessant, dass sich Menschen eher einem lebensbejahenden Barock zuwenden und weg von einer städtebauliche Strukturen zerstörende DDR-Moderne, die hin und wieder noch mit etwas Kommunismus-Propaganda garniert war (abgesehen von so Kleinigkeiten wie Asbestbelastung etc). Von "verschwinden aus den Städten" kann schon überhaupt nicht die Rede sein. Gutmeinende würden sagen er kennt Potsdam nicht, bösere Zungen würden behaupten, er betreibe Propaganda. Vielleicht sollte man mal den Grund erforschen warum modernistische Architektur es in den seltensten Fällen schafft wirkliche Stadträume zu bilden?
    Ja, was wird damit für eine Identität aufgebaut? Vielleicht wird überhaupt mal wieder eine Identität aufgebaut, weg von austauschbaren Rasterfassaden und Kuben? Aber man merkt schon, die Frage nach einer Identität und "welche Teile [der Geschichte] man sich zurücksehnt", das ist für ihn wahrscheinlich schon verdächtig nah am Dunkeldeutschen.

    Zitat von dw

    Ich wünschte, die Debatte um Rekonstruktion und den Umgang mit Stadtraum würde differenzierter geführt und sich nicht nur um die Schönheit der Stadt drehen.

    Ja, dass die Debatte differenzierter geführt werden würde, wünschte ich mir auch. Am besten fangen Sie gleich mal damit an, und hören auf so viel polemischen Unsinn zu verzapfen. Eigentlich dreht sich bei all dem, was heutzutage gebaut wird in den Städten in den seltensten Fällen um Schönheit.

    Er argumentiert irgendwie schizophren: weiter oben in dem Interview antwortet er ja noch:

    Zitat von dw

    Spricht daraus ein Misstrauen gegenüber dem, was Architekten heute leisten?

    Genau! Das ist an der einen oder anderen Stelle auch gar nicht von der Hand zu weisen. Wenn man sich etwa das Europaviertel in Frankfurt anschaut, ist ein solches Misstrauen nicht ganz unangebracht.

    Also es soll "nicht nur um Schönheit" gehen, merken tut er aber trotzdem, dass das Europaviertel nicht wirklich gelungen ist. Da treffen wohl der instinktive Impuls und die eingebleute Ideologie aufeinander.

    Grüße aus dem Elfenbeinturm.

  • Zitat von dw

    Und noch etwas fällt auf, zum Beispiel in der Debatte um die historische Mitte von Potsdam: Hier verschwindet das architektonische Erbe der Nachkriegszeit und der DDR, und damit auch ein Teil der Geschichte. Interessant ist, welche Teile der Geschichte aus den Städten verschwinden und welche Teile man sich zurücksehnt. Die Frage ist doch, was für eine Identität damit aufgebaut wird.


    Sicher betrifft es auch die Identität, welches architektonische Erbe man erhaltenswert, abrisswürdig oder zu rekonstruieren hält. Wenn Röger die Frage stellt, welche Identität aufgebaut wird, dann darf ihm die Gegenfrage gestellt werden, was er an der DDR und deren Architektur für besonders erhaltenswert hält? Geschichte wird nicht getilgt, dazu stehen noch genug Plattenbauten in der Gegend herum. Aber, empfinden die Befürworter dieser Gebäude die DDR als wichtigen und erhaltenswerten Teil ihrer Identität? Trotz Mauer, gelbem Elend, Stasi, aktuelle Kamera und Eduard von Schnitzler soll dieser russische Vasall hinsichtlich seiner Bedeutung für die eigene Identität immer noch positiver verstanden werden als das alte Preußen und Friedrich II.? Das ist doch eigentlich die Frage, die er und andere aufwerfen. Friedrich II. und seine Kriege sind lange vergangen. Sie können aus der historischen Perspektive milde und nüchtern betrachtet werden, als Stufe auf dem Weg zu uns heute. Die DDR ist zwar untergegangen, aber die Täter sind immer noch unter uns. Und der Geist ist auch noch quicklebendig, wenn auch in anderer Form. Sich hier auf eine positive, erhaltenswerte Identität zu berufen, berührt schon die Frage, zu was man sich denn damit bekennen möchte.

    (Damit will ich gar keinem Abrissfuror das Wort reden. Die DDR ist ein Teil der deutschen Geschichte und Teile ihrer Erzeugnisse sollen auch erhalten bleiben. Doch das stellt ja niemand in Abrede. Röger aber bringt diesbezüglich den Begriff der Identität in die Debatte.)

  • ... Erklärt aus der Sicht einiger Bürger.

    https://www.sueddeutsche.de/kolumne/stadtp…fehlt-1.4163177

    (...) Die einfachste Art, einen Raum zu umgrenzen, besteht darin, vier senkrechte Wände zu errichten und einen Deckel obendrauf zu tun. Das ist das, was heute passiert. Die Fassaden erhalten gerasterte oder voll verglaste Fensterfronten, die dann das Flair internationaler Gesichtslosigkeit haben. Was an einer Stelle gebaut wird, hat damit, was rechts und links davon steht, kaum noch etwas zu tun. (...)

  • Das ist kein Artikel, sondern das sind die Leserkommentare auf einen Artikel. Die entsprechende, zitierte Passage schrieb nicht die "Süddeutsche Zeitung", sondern ein Leser des Artikels von Laura Weißmüller.

  • Die aktuelle Print-Ausgabe von 'Tichys Einblick' enthält einen vierseiten Artikel von Philipp Maaß, welcher sich des Themas der städtischen Rekonstruktion im Allgemeinen und des Dom-Römer-Wiederaufbauprojekts im Besonderen annimmt. Als negatives Gegenbeispiel dient die Frankfurter Europa-Allee, ironischerweise ja Sitz von Stadtbild Deutschland.

    Philipp: Gratulation für diese Veröffentlichung und insbesondere auch für die Wahl der Überschrift "Auferstanden aus Ruinen moderner Architektur", sehr treffend! Auch die herausgestellte Formulierung "Deutsche Stadtplaner haben in den letzten 60 Jahren nicht geliefert. Ihr Produkt funktioniert nicht" ist auf den Punkt gebracht.

    Gemäß der Gepflogenheiten bei 'Tichys Einblick' könnte der lesenswerte Artikel durchaus demnächst online gestellt werden.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • @Mantikor

    Vielen Dank!

    Allerdings sind weder die Bilder noch die Überschrift auf meinem Mist gewachsen. Letztere ist natürlich hintersinnig, doch vermeide ich, wo ich kann, den alten Propagandaerfolg der Gegenseite zu übernehmen, nämlich die allgemein so hartnäckige Assoziation, dass Bautradition und moderne Architektur Gegensätze seien.

    Ich spreche nur noch von abstrakter und/oder Weg-Werf-Architektur.

  • Nach kurzer Durchsicht meine ich, dass dieser Artikel vom 12.06.2018 von Till Briegleb hier noch keinen Eingang fand?

    Moderationshinweis (Fusajiro): Doch, hier. Aber in englisch, von daher dürfte das ok sein.

    >>>https://www.deutschland.de/de/topic/kultu…ankfurt-dresden

    Zitat

    Neue Sehnsucht nach lokaler Identität

    Dieser Hintergrund hilft zu verstehen, warum über ein halbes Jahrhundert vergehen musste, bis eine neue Generation von Stadtplanern sich daran wagt, in alten Stilen zu bauen. Nicht zuletzt der Siegeszug der reduzierten Formensprache der modernen Architektur und ihr tristes Resultat von Städten, die sich weltweit immer mehr ähneln, hat die Sehnsucht nach Vielfalt und lokaler Identität gestärkt.

    Zitat

    Das Grundprinzip: Schlüsselbauten werden möglichst original reproduziert. Die Lücken dazwischen füllen moderne Interpretationen alter Stile.

    Zitat

    Der im Heimatland des Bauhaus noch immer tief verwurzelte Rechteckzwang findet in diesen Rekonstruktionsprojekten zurück zum Spielerischen. Plötzlich besitzen die einzelnen Adressen wieder eine Persönlichkeit, stehen unverwechselbar im Stadtgefüge. In der Moderne verpönte Elemente wie Erker, Satteldächer, Fachwerk, Arkaden oder Fensterläden werden als belebendes Element des Stadtbilds neu entdeckt.

    Zitat

    Hundert Jahre hat die Theorie der Moderne erfolgreich behauptet, sie sei die Architektur, die allen Menschen die gleichen Chancen gebe. Doch die Sehnsucht nach dem Ausdruck von Heimat und persönlicher Verbundenheit ist geblieben.

    Zitat

    ... Menschen aus aller Welt ...

    ... sind keine Besucher eines „Disneylands“, wie moderne Architekten diese Viertel schmähen. Die Rückbesinnung auf die Qualitäten der vormodernen Stadt ist vielmehr ein Beweis für die Kompetenz der Bürger und Besucher, die erkennen, was eine lebendige und vielfältige Stadt ausmacht.

  • Den Begriff der „Moderne“ hat sich der Funktionalismus des 20. Jahrhunderts einverleibt. Ein genialer Schachzug, denn somit kann diese Architekturauffassung immer den Anspruch des Zeitgemäßen und Endgültigen behaupten. Wollen wir daran etwas ändern, sollten wir daher bewusst nicht von „moderner“ Architektur sprechen wenn wir funktionalistische Architektur meinen. Modernität muss neu definiert werden.

    In dubio pro reko

  • Absolut richtig!

    Die Neudefinition beziehungsweise Anreicherung des Begriffs von der modernen Architektur ist am ehesten mit deutlichen Hinweisen auf unseren demokratischen Pluralismus und die notwendige Nachhaltigkeit unseres Tuns zu erreichen. Die Diskrepanz zur real existierenden Architekturlehre mit ihrem absoluten Anspruch macht dann deutlich, dass diese Architektur eben alles ist, nur nicht modern im eigentlichen Sinne, da tendenziell vordemokratisch und sogar unfunktional auf Kosten kommender Generationen.

    Ohne Neudefinition und genaue Verwendung des Begriffs im Kontext - vor allem auch hier im Forum - werden wir draußen bei den Politikern immer wieder an die gleiche Stelle der Wand rennen.

  • Die von 'Zeitlos' verlinkte Seite ist wirklich bemerkenswert, inhaltlich könnte das alles aus unserer Feder stammen. Aus dem Impressum wird deutlich dass das Auswärtige Amt auch deutlich an den Inhalten dieser Seite beteiligt ist:
    „deutschland.de“ ist ein Service der FAZIT Communication GmbH, in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, Berlin.
    Die "hohe Politik" ist also demnach erkennbar reko-freundlich, den Trübys und sonstigen Trotzkis zum Trotz. ;)

  • Die Neudefinition beziehungsweise Anreicherung des Begriffs von der modernen Architektur ist am ehesten mit deutlichen Hinweisen auf unseren demokratischen Pluralismus und die notwendige Nachhaltigkeit unseres Tuns zu erreichen. Die Diskrepanz zur real existierenden Architekturlehre mit ihrem absoluten Anspruch macht dann deutlich, dass diese Architektur eben alles ist, nur nicht modern im eigentlichen Sinne, da tendenziell vordemokratisch und sogar unfunktional auf Kosten kommender Generationen.

    Ohne Neudefinition und genaue Verwendung des Begriffs im Kontext - vor allem auch hier im Forum - werden wir draußen bei den Politikern immer wieder an die gleiche Stelle der Wand rennen.

    Den Begriff der Abstraktarchitektur finde ich für die Definition noch passender.

  • Der Begriff der Funktion wurde und wird mit dem Funktionalismus von modernistischer Seite ebenso missbraucht wie der Terminus modern. Traditionelle Architektur ist durchaus funktional ( Form folgt nicht zwingend, sondern ist für sich gesehen auch Funktion), in ihrer Gestaltung jedoch nicht automatisch abstrahiert.

  • Hinsichtlich der Funktion stimme ich zu. Da sollten wir auch noch stärker auf den klassischen Architekturbegriff der Antike seit Vitruv abstellen, daher kommt das Wort architektura ja. Und "venustas", also Schönheit, war seit Anbeginn dieser Profession Pflichtbestandteil der Architektur.
    Der Begriff 'Abstraktarchitektur' ist nun aber mehr oder weniger eine Neuschöpfung. Ich denke, wir müssen erstmal mit einem bestehenden Begriff auskommen und sollten da noch mal in uns gehen.

    "Modernismus" ist seit Jahr und Tag mein Favorit, weil der Begriff ein Stück weit den eigenen (oft verfehlten) Anspruch dieser Richtung ausdrückt, ohne dass sie noch heute modern sein müsste. So kommt einfach mehr durch, dass es sich schlicht um eine Epoche handelte wie z.b. beim Konstruktivismus. Um eine vergangene Epoche.

  • Zeitlos hat komplett recht. Es geht den heutigen Architekten vorallem darum, das "Klischee Haus" mit Satteldach zu zerstören. Man darf ein Haus nicht mehr als solches erkennen. Es soll etwas "Abstraktes", "Kreatives" her, das möglichst "provoziert". Nur dies sei "gute Architektur". Es geht auch vorallem darum, mit der Tradition zu brechen, sie zu verachten und ins Lächerliche zu treiben, zu dekonstruieren, sie so sehr zu abstrahieren, bis man nur noch wenn überhaupt im Entferntesten an den Ort erinnert... Am Liebsten wollen diese Architekten das Rad jedesmal neu erfinden, und lassen sich von irgendwelchen Alltagsgegenständen für den Hausbau inspirieren wie zb von einen Stapel Pizzakartons... Mitlerweile habe ich mit dem Architekturstudium begonnen und merke wie diese Profs, die selbst Architekten sind, ticken. Sie hassen die Rekos (Die Altstadt von Frankfurt sei eine Ansammlung von "Biba-Butze-Häuschen", aber würde die Masse an (naiven) Asiaten anziehen...). Die Elektroautos sollen wie die "abstrakten, avantgardistischen" Häuser nach deren Meinung am Liebsten auch völlig anders aussehen, da sie ja ganz anders funktionieren... Außerdem sind sie extrem stolz auf das 100 jährige Jubiläum von Bauhaus nächstes Jahr! Und wer von dieser Einheitsnorm des "abstrackten Denkens" abweicht, wird fertiggemacht und von diesen Leuten "kritisiert", dass es schon an persönlicher Beleidigung grenzt!

  • Wer heutzutage ein Archizekturstudium ausgerechnet in Deutschland aufnimmt, hat entweder eine gehörige Portion Masochismus oder einen sehr zynischen Humor! Dennoch gutes Durchhalten und viel Erfolg! Ich habe leider schon mehrfach erlebt, dass zuvor klassikliebende Studiumsanfänger durch das Architekturstudium zu Modernisten umgedreht wurden. Insofern wünsche ich auch genug Widerstandskraft gegenüber der dunklen Seite der Macht... :evil::engel:

    Bedenkt immer: unsere Gewohnheiten und vor allem auch unser Umfeld formen unseren Charakter! Insofern unbedingt noch häufiger mit Klassikern umgeben und kontinuierlich damit beschäftigen. Sonst schwingt die innere Programmierung unbemerkt wie automatisch um. Dagegen kann sich der menschliche Geist kaum wehren. Das kann man auch als Gehirnwäsche bezeichnen.

  • Wer heutzutage ein Archizekturstudium ausgerechnet in Deutschland aufnimmt, hat entweder eine gehörige Portion Masochismus oder einen sehr zynischen Humor! Dennoch gutes Durchhalten und viel Erfolg!

    Sehr gut zusammengefasst, es trifft des Pudels Kern. Danke ;)

    Ja es ist Gehirnwäsche!!! Sie wollen uns so formen, und gleichschalten, damit ja nie ein Querdenker es in ihre "hohen Hallen" schafft! Daher sollen wir durch Übungen die nichts mit Architektur zu tun haben, aber mit Dekonstruktivismus berieselt werden und den Sinn für natürliche Schönheit verlieren. Außerdem sollen dadurch viele sensibele Leute rausgekelt werden, damit nur der "harte Kern" bleibt...

    das Architekturstudium zu Modernisten umgedreht wurden

    Ich weiß, aber es hat nichts rein gar nichts Verlockendes für mich, so ein kalter gefühloser Betonklotz zu werden. Je mehr sie ihre Abneigung zu unserer ehrenwerten Baukultur hinausposaunen, desto mehr werde ich im Inneren dagegenhalten und mich und unsere Bewegung bestätigt fühlen.

    Das Schlimme dabei: die Profs selbst merken im Herzen, dass es Schrott ist, was heute verzapft wird. Sie jammern über die Dämmung, die den Chame der Häuser zerstört und die Verordnungen (bald dürfen Fenster in Neubauten nichtmal geöffnet werden :--) ... ), witzeln sogar über ihre eigenen Projekte (wird sicher eine Ewigkeit halten :lachentuerkis: ) finden alte Bautechniken weltweit interessant und zeigen sie uns, doch was sie am Ende umsetzen, ist der Einheitsbrei, den wir ja alle kennen...

  • Jetzt wo du das so sagst... Geben wir doch diesem inneren Zweifel, dieser emotionalen Zerrüttetheit der festgefahrenen Architektenzunft auch endlich eine Stimme. Viele trauen sich sicher auch einfach nur nicht, aus dem gewohnten Schema auszubrechen - und sozusagen den eigenen Stall zu "verraten". Das ist wie damals bei den Nazis oder in der DDR, wo du immer Angst haben musstest, Restriktionen zu erfahren, sobald du aus dem Schema ausgebrochen bist.

    Wie wäre es mit einer Sorgen-Hotline für gekränkte Modernisten? Oder einem anonymen Meldeportal, wo sich dann ein Seelsorger bei den ausgebrannten, leeren Architekten meldet? Einer Selbsthilfegruppe der Anonymen Architekten, wo sich Klassiker im Herzen endlich öffnen können? :D

    Wir brauchen dringend mehr Empathie in der Debatte! In beide Richtungen, denn wie wir in den Wald rufen, so schallt es hinaus. <3