Berlin-Mitte - Hackescher Markt und Umgebung

  • Zitat von "Heimdall"

    Ich verkneife mir, auf die Angiftung des Vorredners bezogen, ein eigenes Statement anzugeben, ob mir das gefällt oder nicht gefällt. Schließlich könnte ich die Hochwertigkeit mit meinen laienhaften Augen nicht genug berücksichtigt haben und deshalb irrational befangen sein.


    Nur her mit der eigenen Meinung egal ob sie ablehnend oder zustimmend ist.
    Ich finde die Oberflächen der verklinkerten Gebäude ganz nett, muss aber wieder mal feststellen, dass die Architektur und die Materialität identitätslos ist und mit Berlin nur sehr wenig zu tun hat. Wie so oft sind die Gebäude innerhalb der europäischen Großstädte austauschbar. Aber das ist nur meine kleine festgefahrene Meinung. :augenrollen:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Lass deinem Sarkasmus ruhig freien Lauf, Aedificium. Jetzt sind wir schon bei der Austauschbarkeit europäischer Großstädte angelangt. Immerhin auch ein Fortschritt, sonst muss diesbezüglich ja immer die ganze Welt herhalten. Was zeichnet denn in der Architektur und Materialität die Berliner Identität aus? Doch nicht etwa das, was zu Kaisers Zeiten dort stand? Mit Verlaub, sowas gab es auch in Paris, in London und darüber hinaus in Shanghai, Kapstadt, Tokyo und sonstwo auf der Welt zur Genüge. Das einzige, was an den Bildern von Palantir stört, ist dieses unsägliche Plattenhochhaus, das zu allem Überfluss nach der Wende in Köln-Porz-Optik saniert wurde. Aber das gehört nicht zum Projekt und ist (da bin ich ganz festgefahren in meiner Meinung) halt so in Berlin.

    Ansonsten bin ich auf den Eindruck gespannt, wenn die Baucontainer verschwunden sind und das Quartier bezogen ist.

  • Zitat von "Heimdall"

    ... nochmals die Frage die Hochwertigkeit. Was macht Wert aus?


    "Hochwertig" erscheint das Hackesche Quartier nur deshalb, weil die sonstige Architektur den Durchschnitt sehr niedrig angesetzt hat.
    Wenn dieses Ensemble das Mittelmaß Berlins markieren würde, dann wäre viel erreicht! 8)
    Natürlich ist Besseres ohne große Anstrengung vorstellbar: Ornamente, die den Namen verdienen, skulpturale Formen sind aber teuer und (nicht nur) deshalb selten.

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "spacecowboy"

    Was zeichnet denn in der Architektur und Materialität die Berliner Identität aus? Doch nicht etwa das, was zu Kaisers Zeiten dort stand? Mit Verlaub, sowas gab es auch in Paris, in London und darüber hinaus in Shanghai, Kapstadt, Tokyo und sonstwo auf der Welt zur Genüge.


    "Stand" oder entstand? :zwinkern: Märkische Backsteingotik, zurückhaltenden Barockklassizismus, einfachen Biedermeier, hier und da ein simples, übriggebliebenes Fachwerkhäuschen und greco-römische Großbauten des Klassizismus dürfte man in dieser Kombination in keiner der genannten Städte jemals vorgefunden haben. Die alteuropäische Identität der Architektur einer Stadt machen natürlich v. a. die vorindustriellen Bauten aus. In dieser Hinsicht war Berlin sicherlich nicht so ausdrucksstark wie etwa Nürnberg, architekturgeographisch blieb es bis zuletzt jedoch immer leicht verortbar. Auch die Gründerzeitbauten kann selbst der Laie schnell von Pariser oder Londoner Beispielen unterscheiden...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Das Problem liegt darin, dass dieser erwähnte genius loci niemals dingfest zu machen ist. Es besteht einfach kein fasslicher Zusammenhang, wohl auch kein unfasslicher, zwischen der Brandenburger Katharinenkirche und der Berliner Hedwigskathedrale. Vom Historismus ist in diesem Zusammenhang ganz zu schweigen. Somit hat Berlin nach Verdrängung seines schlichten, möglicherweise wirklich soetwas wie Kontinuität seit dem Mittelalter aufweisenden märkischen Häuserbestandes seine Identität aufgegeben bzw gewechselt. Architektur- und stadtbildgeschichtlich relevant wurde nicht der erhaltene alte Baubestand, sondern in erster Linie der Umstand, dass es im Gegensatz zu anderen Metropolen kaum einen solchen gab, was durch den II. Weltkrieg so etwas wie eine Verschiebung erfuhr, wurden doch die gotischen und renaissancezeitlichen Bauten in unverhältnismäßig höherem Ausmaß wieder aufgebaut als zB die gründerzeitlichen.
    Wenn man also für Berlin 'standort'- oder 'traditionsbewusstes Bauen einfordert, sollte man also dazu sagen, was man eigentlich damit meint: Märkisches Fachwerk? Bachsteingotik? Friderizianischen Barockklassizismus? Üppigen Historismus? Tendenzen der Zwischenkriegszeit? Diverse sozialistische Nachkriegsströmungen kann man wohl in diesem Zusammenhang nicht als gewünscht vermuten?
    Es ist halt einfach so, dass am Rekogedanken kein Weg vorbeiführt. Ich will jetzt nicht so drastisch sagen, dass die Postulation von 'Traditionsbewusstsein in der zeitgenössischen Architektur' ausschließlich müßiges Geschwätz ist, obgleich es manchmal wirklich allzu leerformelhaft wirkt. Moderne Architektur soll man moderne Architektur sein lassen und nach den üblichen Qualitätskriterien messen, natürlich auch an ihrer Beziehung zum bestehenden Umfeld, hier sind konservative Standpunkte natürlich so legitim wie deren Gegenteil. Aber man sollte mit unbestimmten Begriffen nicht zuviel um sich werfen und dadurch auch der eigenen, konservativen Sache, die daduch möglicherweise arg verwässert wird, schaden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die Plane am Hotelabschnitt ist dann also auch runter.

    Schade - abgesehen von der recht kräftigen Gesims-Strukturierung gefällt mir das nicht besonders.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Legt man nun für dieses Quartier die allgemeinen Qualitätsmaßstäbe für moderne Architektur zu Grunde, so kann man Berlin eigentlich nur zu diesem Resultat gratulieren. Mir gefallen die postmodernen Ergänzungsbauten am Hackeschen Markt sehr, daran hätte man gern auch anschließen können. Man hat sich nun aber für eine eigenständige Lösung entschieden und ein sehr diversifiziertes Allerlei geschaffen, das für sich wirkt und eigene Akzente setzt. Modernismus kann in dieser Form gefallen, mir zumindest. Ganz besonders der fast schon kollhoffsche Klinkerbau, der in seiner Fassadenvielgestalt gern noch öfter in Berlin auftauchen dürfte.

  • Mich würden mal folgende Informationen interessieren.
    - Wem gehört der Baugrund?
    - Wer ist Bauherr?
    - Welche Architekturbüros haben das Projekt erarbeitet?
    - Wem gehören nun die Immobilien?
    Es geht darum, etwas besser zu erfahren, wer eigentlich an einem solchen Projekt verdient und wer über dessen Gestaltung bestimmt. Vielleicht weiß ja der ein oder andere etwas genaueres darüber.

  • Dieser Abschnitt ist vielleicht etwas zu lang, aber geht. Im Großen und Ganzen ist das ganze echt schnieke. Vor allem dieses schwarze 20er-Jahre(oder was das ist)-Bau gefällt mir. Nur eben schade um die Dachaufbauten, aber kann man jetzt auch nichts mehr machen...

  • Die ursprüngliche Planung

    hätte mir sehr viel mehr zugesagt.
    Zu dem Ergebnis jetzt: der rötliche, abgerundete Gebäudeteil ist recht ansprechend, erinnert etwas an die Berliner Kaufhausfassade, der schwarze Retro-Bau hat auch Stil, aber der Rest ist ziemlich mißraten. Überhaupt wurden hier zuviel unterschiedliche Fassaden und Formen auf engstem Raum zusammengeschmissen, das ergibt kein stimmiges Gesamtbild, nur ein aufgeregtes Durcheinander. Die Gebäude konkurrieren anstatt zu harmonieren. Das ganze wirkt wie eine Bauausstellung, aber nicht wie ein Quartier von aufeinander abgestimmten Einzelgebäuden. Das kann man einmal so machen, aber bitte nicht als weiteres städtebauliches Konzept.

    In dubio pro reko

  • Ich dachte erst beim oberflächlichen Lesen, einer unserer holländischen Freunde hätte sich in einer Stellungnahme schwierig ausgedrückt. Aber diese ist ja aus Neubrandenburg. :ka:
    Also weder sprachlich noch inhaltlich habe ich das ganz verstanden. Bezieht sich das jetzt auf den gebauten Entwurf oder auf die ursprüngliche Planung? Und ist das jetzt abwertend oder zustimmend gemeint?

  • Zitat von "Palantir"

    Die Plane am Hotelabschnitt ist dann also auch runter.

    Hier wird wie bei den Rathauspassagen das Haus Berolina zitiert. Das ist ein guter Bau, gefällt mir.

    Vgl:

  • ^ Was wiederum ein Zitat wäre, du negierst deine Aussage also selber. Im Übrigen gehört die reflexhafte Pauschalisierung "sieht aus wie Platte" zu den intellektuell anspruchslosesten Beurteilungsmöglichkeiten heutigen Bauens. Ich muss da jedenfalls ordentlich die Augen zusammenkneifen, um eine Platte erkennen zu können und dann sieht auch mein Milch-Tetrapak wie eine aus.

  • Zitat von "Heimdall"

    Ich dachte erst beim oberflächlichen Lesen, einer unserer holländischen Freunde hätte sich in einer Stellungnahme schwierig ausgedrückt. Aber diese ist ja aus Neubrandenburg. :ka:
    Also weder sprachlich noch inhaltlich habe ich das ganz verstanden. Bezieht sich das jetzt auf den gebauten Entwurf oder auf die ursprüngliche Planung? Und ist das jetzt abwertend oder zustimmend gemeint?


    Ach komm, so schwer war meine Intention doch nun nicht zu verstehen. Um das Wort "A*sch" zu vermeiden, habe ich eben "Allerwertester" gebraucht. Und die "Villa Kunterbunt" ist im Kleinen das, was Berlin im Großen ist. Ein chaotisches Allerlei.

    Das bezog sich natürlich auf den letzten Teil der Aussage von Dirk:

    Zitat

    Die Gebäude konkurrieren anstatt zu harmonieren. Das ganze wirkt wie eine Bauausstellung, aber nicht wie ein Quartier von aufeinander abgestimmten Einzelgebäuden. Das kann man einmal so machen, aber bitte nicht als weiteres städtebauliches Konzept.


    Und ja, ich finde das passt hervorragend ins disharmonische Berlin. Was nicht heißen soll, dass ich mir gerade in Mitte hier und da nicht auch harmonische Ensembles wünsche (vorallem in der zu bebauenden Altstadtfläche auf dem Marx-Engels-Forum).

  • Wie viele schandbauten muss diese stadt noch über sich ergehen lassen ??? :weinen:

    ich meine diese gebäude passen sich nicht in dieses areal hinein zu groß zu "modern" (wie ja fast alles was in dieser stadt gebaut wird ) merkt ihr nicht wie die alten gebäude in der stadt langsam untergehen in diesen dschungel aus neubauten