Dresden, Altstadt - Quartier VIII

  • Also ist es tatsächlich so, dass die heutige Landesdirektion die Wand ohne Not zum Abbruch greigegeben hat?! Das passt ja in ihr bisheriges Gebaren (Waldschlösschenbrücke) durchaus hinein. Armes Dresden!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Quote from "bilderbuch"

    Also ist es tatsächlich so, dass die heutige Landesdirektion die Wand ohne Not zum Abbruch greigegeben hat?! Das passt ja in ihr bisheriges Gebaren (Waldschlösschenbrücke) durchaus hinein. Armes Dresden!

    Nicht ganz richtig: Sie hat von der Existenz der historischen Mauer noch nicht einmal Kenntnis gehabt - und gab dem Investor zu verstehen, daß er auf dem Gebiet tun und lassen könne, was er wolle.
    Aber recht hast du dahingehend, daß das RP bei dem sich jetzt abzeichnenden Konflikt als oberste Genehmigungsbehörde die Mauer letztlich zum Abbruch freigeben wird.

    Nach dem Motto: Freie Fahrt!

  • Irgendwie hat man als Außenstehender das Gefühl, dass in DD seit einigen Jahren alles schiefläuft, dass geradezu eine "Verschwörung" gegen das Stadtbild stattfindet. Erbitterter Kampf gegen jede einzelne Fassadenreko, inferiore Neubebauungen (nicht einmal wirklich gewagt modernistische, solche, die man als 'umstritten' durchgehen lassen könnte, nein, absolute Unterklasse), eigentlich schon boshaft-zynische Unterschutzstellung bzw Renovierung des offensichtlich ungenügenden Bestandes aus komm. Zeit (Plattensanierung Neustädt. Markt an Schlüsselstelle kommunistischer Stadtverschandelung, Blöcke Willsdruffer Str, Kulturpalast), unverständliche gerichtliche Verfügungen gegen das bedeutendste Reko-Projekt nach der FK...
    Jetzt endlich eine neue Facette: Abbruch bestehender (oberirdischer) historischer Substanz. Das ist wirklich neuartig. Die letzte bestehende Hauswand des bürgerlichen Dresdens. Eine gewaltige Symbolkraft, ein gewaltiger Argumentationsschub für die künftige polemische Desavouierung des NM-Aufbaus.

  • Genau, so ist es! Man hat es leicht eine Rekonstruktion weiter Bereiche des Neumarktes zu kritisieren, wenn man in dieser Art und Weise Tatsachen schafft und Substanz skrupellos vernichtet.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Quote from "ursus carpaticus"

    Irgendwie hat man als Außenstehender das Gefühl, dass in DD seit einigen Jahren alles schiefläuft, dass geradezu eine "Verschwörung" gegen das Stadtbild stattfindet. Erbitterter Kampf gegen jede einzelne Fassadenreko, inferiore Neubebauungen (nicht einmal wirklich gewagt modernistische, solche, die man als 'umstritten' durchgehen lassen könnte, nein, absolute Unterklasse), eigentlich schon boshaft-zynische Unterschutzstellung bzw Renovierung des offensichtlich ungenügenden Bestandes aus komm. Zeit (Plattensanierung Neustädt. Markt an Schlüsselstelle kommunistischer Stadtverschandelung, Blöcke Willsdruffer Str, Kulturpalast), unverständliche gerichtliche Verfügungen gegen das bedeutendste Reko-Projekt nach der FK...
    Jetzt endlich eine neue Facette: Abbruch bestehender (oberirdischer) historischer Substanz. Das ist wirklich neuartig. Die letzte bestehende Hauswand des bürgerlichen Dresdens. Eine gewaltige Symbolkraft, ein gewaltiger Argumentationsschub für die künftige polemische Desavouierung des NM-Aufbaus.

    Ich wünschte, ich müßte/könnte dir widersprechen, aber du hast in allem vollkommen recht.
    Vielleicht nur in einem Punkt nicht: Es läuft nicht erst seit einigen Jahren, sondern letztlich schon seit der Wende so in Dresden.
    Fakt ist, daß die Außenwahrnehmung/Außendarstellung der Stadt eine vollkommen andere (ich sage nur einer: barocker Glanz, der wie Stuckmarmor eben nicht echt ist!) ist als die Realität in Dresden, die nun mit zunehmenden Jahren/Projekten/Bauskandalen immer mehr mindestens deutschland- wenn nicht weltweit (Blobel!) wahrgenommen wird.

    Letztlich überstrahlten die beiden Glanzpunkte Frauenkirche und Grünes Gewölbe nur die vielen anderen Schattenseiten, die man nicht wahrnahm oder wahrnehmen wollte (das gilt auch für uns hier in DD!)

    Ich werde nicht müde, es immer und immer wieder zu betonen: Das was am Neumarkt erreicht worden ist, ist der unendlichen Anstrengung ein paar weniger in der GHND zu verdanken, die diese großartige Vision
    - gegen eine übergroße Masse höchst einflußreicher Architekten in dieser Stadt
    - gegen eine Stadtverwaltung/Stadtplanung, die nicht rastet und ruht alles, aber auch wirklich alles hinter den Kulissen zu tun, um den historischen NM doch noch zu verhindern oder doch zumindest zu beschädigen
    - gegen die Masse an nicht zugänglichen Politikern (bis auf 2-3 Personen, wie etwa J. Mücke, die da eine positive Ausnahme bilden)

    regelrecht durchgetrotzt, durchgekämpft, durchgebissen haben.

  • Aber warum? Worauf soll das hinaus? Dass nichts bzw das totale Mittelmaß kommt?
    Wer hätte da was davon? Ist das der sattsam bekannte dt Selbsthass?

    In den ersten Jahren wurde ja wirklich viel erreicht, mehr als man in Anbetracht der trostlosen dt Wiederaufbaugeschichte (was die bürgerliche Stadtbaukunst betrifft) für möglich gehalten hätte. Jetzt steht alles, zumindest was qualitätsvolle Rekos betrifft, der Abriss von bestehendeer Substanz scheint weniger Pprobleme zu bereiten.
    Die Lage ist nicht ungefährlich, in absehbarer Zeit wird die Wirtschaftskrise alle Überlegungen hinfällig machen, da ist damit zurechnen, dass auf lange Zeit rein nichts mehr geht.
    Jedes Zuwarten kann also verheerende Folgen haben, und es hat den Anschein, dass "die" (wer? Ziehen da alle Architekten/Politiker/Beamte/selbst mittlerweile Richter? an einem Strang?) dies wissen.


    Eine kleine Häresie:
    War eventuell die Verhinderung des Neuen Gewandhauses ein Pyrrhussieg? Soll das die Rache des Imperiums sein?

  • Warum will man die Wand überhaupt abreißen, wenn man sich später eh rekonstruieren muss? Hat das baustatische Gründe, ist die mögliche Dämmung zu schlecht für einen Neubau bzw. zu schwierig, wenn man die Wand in den Neubau integieren will oder ist die Sanierung der Wand, die immerhin seit 60 Jahren da rumsteht, einfach zu teuer?

    APH - am Puls der Zeit

  • Wer ist "man"?
    Ich denke die Bürger können in dem Falle nichts tun, wenn das RP über die Denkmalpflege hinweg die Mauer aus dem Denkmalschutz herausnimmt....
    Ich denke für den Erhalt einer einzelnen Mauer wird es in DD aber auch keine Lichterdemonstrationen o. ä. geben....
    Mehr weiß ich auch nicht....

    Quote

    Warum will man die Wand überhaupt abreißen, wenn man sich später eh rekonstruieren muss? Hat das baustatische Gründe, ist die mögliche Dämmung zu schlecht für einen Neubau bzw. zu schwierig, wenn man die Wand in den Neubau integieren will oder ist die Sanierung der Wand, die immerhin seit 60 Jahren da rumsteht, einfach zu teuer?


    Nein - sie ist in der historischen Form einfach zu breit für die Tiefgaragenrampe, die genau an dieser Stelle sein soll... (d. h. ihr Beginn ist am Jüdenhof neben dem Johanneum, dann führt sie abgewinkelt an der Mauer entlang in die Tiefe)

  • Quote

    Aber warum? Worauf soll das hinaus? Dass nichts bzw das totale Mittelmaß kommt?
    Wer hätte da was davon? Ist das der sattsam bekannte dt Selbsthass?

    Nein, das ist Dresden bzw. der sattsam bekannte Dresdner Selbsthass bzw. Selbstzerstörungstrieb und vieles andere mehr... Darüber wurde schon unendlich viel geschrieben. Erst wenn man lange Zeit hier lebt und die Denke der meisten hier kapiert hat, weiß man warum es so ist.

    Mehr sage ich jetzt dazu aber nicht mehr

  • @ oktavian

    warum trägt man die Mauer dann nicht Stein für Stein ab und führt die Wand dann mit den Originalsteinen dünner aus, zumindest im oberirdischen Teil. Das sollte doch kein Problem sein, so werden zumindest die originalen Steine erhalten. Wäre dies eine mögliche Lösung oder ist das statisch nicht möglich?

    APH - am Puls der Zeit

  • Quote from "Oktavian"


    Nein, das ist Dresden bzw. der sattsam bekannte Dresdner Selbsthass bzw. Selbstzerstörungstrieb und vieles andere mehr... Darüber wurde schon unendlich viel geschrieben. Erst wenn man lange Zeit hier lebt und die Denke der meisten hier kapiert hat, weiß man warum es so ist.

    Mehr sage ich jetzt dazu aber nicht mehr

    Also zu Dresdnern fällt mir vieles ein, aber Selbsthass? Das wäre der letzte Gedanke. Eher eine starke, größtenteils unbegründete Selbstverliebtheit gepaart mit Selbstbetrug und einem gewissen Phlegma.
    Aber gut. :lachen:

  • Dann heißt es jetzt also, nette Briefchen an den Herrn Dietze von der Baywobau Dresden schreiben?? :ka:

    Architektur sollte gefallen - ganz ohne umständliche Erklärungen.

  • Karasek...zwei Kluge...ein Prinzip...so ist es...genau das Gegenteil vom Selbsthass ist der Fall...wollt ich auch eben schreiben..Der gemeine Dresdner sieht seinen Canalettoblick und seine Frauenkirche und meint "gugge ma...mir sinn wirglisch de schönsde Stadt Deutschlands" Nie würde er zugeben, dass die barocke Perle am Kulturpalast schlagartig ihr Ende findet...

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Quote from "Canaletto"

    Dann heißt es jetzt also, nette Briefchen an den Herrn Dietze von der Baywobau Dresden schreiben?? :ka:

    Das wird nichts bringen, da gehts nicht um Fassaden, die für ihn austauschbar sind und wo er gerne mit sich reden läßt...Aber hier gehts ums Überleben des Projektes, da wird er sich nicht einen mm bewegen....

  • Meiner Meinung nach ist das große Problem am gemeinen und (ich weiß, das kann ein Vorurteil sein!!!) größtenteils älteren Dresdner, dass er sein Bild von seiner Stadt anhand des hübschen Kalenders „Das Alte Dresden“, der jährlich mit immer gleichen Postkartenmotiven erscheint, festmacht und kaum einen Schritt in die Innenstadt setzt, sondern vielmehr in seinem „Kiez“ sitzen bleibt. So kann man anhand netter Bilder und etwaiger selektiver Spaziergänge schnell dem Trug der Selbsttäuschung verfallen. Interessanterweise klappt dieses Phänomen auch noch auf nationaler Ebene. Das sollte man im Übrigen mal empirisch untersuchen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Quote from "Oktavian"

    Das wird nichts bringen, da gehts nicht um Fassaden, die für ihn austauschbar sind und wo er gerne mit sich reden läßt...Aber hier gehts ums Überleben des Projektes, da wird er sich nicht einen mm bewegen....

    Wirklich nicht!??
    Wenn wir hier konzertiert zusammenarbeiten und sachlich, aber leidenschaftlich argumentieren... Wo ein Wille ist, ist auch ein Planungsweg! Immerhin steigert das auch den Wert des Gebäudes, wenn man behaupten kann, daß es das einzige Bürgerhaus in der Dresdner Altstadt ist, das noch eine originale Wand hat, die auch noch den weltberühmten Stallhof begrenzt. Das schon allein wäre Grund genug die Mauer zu erhalten. Wer ist denn im RP dafür zuständig? Das sind ja nun auch keine Götter, deren Urteil einfach so hinzunehmen ist!
    Bitte Information!
    Ich schreibe jedenfalls dem Herrn Dietze ein nettes Briefchen.
    Wo hammer nu seine Adresse!?

  • Lt. Dresdner Morgenpost von heute liegt die Baugenehmigung für das Swisshotel vor. Hr.Dietze wird aber erst anfangen mit Bauen, wenn auch die Baugenehmigung für den Löwenhof seitens der Stadt vorliegt, weil ja dort die Tiefgaragenzufahrt für das Hotel liegt.

  • MoPo von heute:

    Quote

    Streit um "Weiße Wand" gefährdet den Löwenhof

    Die Baywobau will die "Weiße Mauer" abreißen lassen und originalgetrau wieder aufbauen. Die Stadt ist dagegen.

    Der Traum von der neuen Nobel-Herberge am Dresdner Schloß ist erst mal geplatzt. Nach der Finanzkrise durchkreuzt nun das Rathaus die Pläne: Die Baufirma "Baywobau" darf das 5-Sterne-Swissotel und die benachbarte Wohnresidenz Löwenhof nicht hochziehen, weil die Stadt angeblich nötige Abrißarbeiten verbietet.

    90 Millionen Euro sollte das Projekt am Neumarkt kosten. Neben dem Luxushotel (235 Zimmer) waren bis 2011 auch 22 Wohnungen im Löwenhof geplant - ein Wohnhaus im hinteren Teil des QVIII zwischen Johanneum und Stallhof...

    ..."Die Baywobau will die Grenzwand zwischen Löwenhof und Stallhof abreißen", erklärte Kulturbürgermeister Ralf Lunau
    und lehnte den Abriss der sogenannten "Weißen Wand" ab. Die Mauerreste gehören zu einem Bürgerhaus aus dem 17. Jahrhundert, das 1945 zerstört wurde. Sie sind die "letzten originalen Baureste der Bürgerstadt an diesem Ort" und sollen als "Informations- und Identitätsträger " erhalten bleiben. Die Baywobau legte Widerspruch ein. Dietze: " Nur mit diesem Eingriff können wir das Bauprojekt in vollem Umfang realisieren".

  • Ein weiteres Stück aus dem Dresdner Tollhaus! Wo war denn der nötige Einsatz zum Schutz alter Bausubstanz, als fast alle Gewölbekeller am Neumarkt ausgekoffert wurden?
    Und jetzt blockiert man wegen einer Mauer, die zudem auch noch rekonstruiert werden soll, ein Bauprojekt, welches mit etlichen Leitfassaden eine große Wunde in Dresdens Innenstadt schließen würde?
    Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein; sowas kann es nur in Dresden geben.

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"