Ich möchte diese Rubrik mit einem besonderen Fall eröffnen,
den die Denkmalpflege und das Verwaltungsgericht in Karlsruhe
beschäftigte. Ich weiß leider nicht sehr viel über den tatsächlichen
Ausgang, aber interessant dürfte die Problematik allemal sein...
Es handelt sich bei dem Gebäude um den ehemaligen
Gasthof "Schwanen" in Horb, der nach einem Erdrutsch
zu Ende der 90er Jahre bzw. Anfang 2000 rückwärtig
erdrückt wurde und infolge komplett abgebrochen wurde.
Anschließend ließ die Besitzerin ein neues Wohngebäude
erstellen, das später, also erst vor kurzem, mit Figuren
des Künstlers Lenk versehen wurde. Anscheinend wird in
dem Neubau inzwischen auch ein Café betrieben.
Der Farbton, offensichtlich nicht der Neubau an sich, beschäftigte
das Landesdenkmalamt, die Stadt Horb, das Gericht und die Besitzerin.
Hier der Richtspruch:
"Horb: Rote Fassade in der Neckarstraße beeinträchtigt Kulturdenkmal
Datum: 05.08.2005
Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 05.08.2005
Dies entschied die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in einem heute bekannt gegebenen Urteil und wies damit die Klage der Eigentümerin des rotgestrichenen Neubaus gegen eine denkmalschutzrechtliche Anordnung der Stadt Horb nach einer mündlichen Verhandlung vor Ort am 30. Juni 2005 ab (Az.: 10 K 3296/04). Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Den Beteiligten steht hiergegen die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist binnen Monatsfrist zu stellen.
Zum Sachverhalt:
Anstelle des früheren Gasthauses „Schwanen“ errichtete die Klägerin in der Neckarstraße ein Wohnhaus mit acht Wohnungen und strich die Fassade des Neubaus nach fehlgeschlagenen Abstimmungsversuchen bezüglich ihrer farblichen Gestaltung mit der Stadt Horb und dem Landesdenkmalamt in einem intensiven, unvermischten Rot an. Daraufhin ordnete die Stadt Horb im September 2003 an, die Farbgebung der Fassade in Abstimmung mit ihr abzuändern. Sie verwies dabei auf die in unmittelbarer Umgebung befindlichen Kulturdenkmale besonderer Bedeutung, nämlich im Westen das „Ihlinger Tor“ (auch „Luziferturm“ genannt) aus dem 13. Jahrhundert, im Südwesten das „Stubensche Schlösschen“ aus dem Jahr 1519 sowie im Osten unmittelbar an den Neubau angrenzend das aus dem 17. Jahrhundert stammende Fachwerkhaus „Hoher Giebel“, die durch die rote Fassade beeinträchtigt würden. Die Klägerin hielt dem unter anderem entgegen, dass die rote Fassade in der Bevölkerung überwiegend Zuspruch gefunden habe, und erhob nach erfolglosen Widerspruchsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht.
Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts folgte der Argumentation der Klägerin nicht und wies die Klage ab. Dabei gehe es nicht darum zu entscheiden, ob der Neubau in architektonischer Hinsicht gelungen sei, stellte die Kammer klar. Auf den Zuspruch, den der Neubau in der Bevölkerung gefunden habe, komme es daher nicht an. Entscheidend sei allein, ob die Gestaltung der Fassade die Wirkung der vorhandenen Kulturdenkmale störe. Insoweit habe der Augenschein ergeben, dass der an dieser Stelle unerwartete und fremd wirkende Rotton jedenfalls das Fachwerkhaus „Hoher Giebel“ erheblich beeinträchtige. Das denkmalgeschützte Gebäude trete nämlich durch den krassen Kontrast und die dominierende Wirkung der roten Fassade des Neubaus vollständig in den Hintergrund und erscheine nur noch als Belanglosigkeit. Der große Baukörper des Neubaus, der in den 90er Jahren anstelle der ehemaligen „Rettenmeierschen Mühle“ gegenüber dem Grundstück der Klägerin errichtet worden sei, lenke die Blicke nicht in gleichem Maße auf sich und grenze außerdem - anders als der Neubau der Klägerin - nicht unmittelbar an ein Kulturdenkmal an. Da zahlreiche andere Möglichkeiten der Fassadengestaltung verblieben, werde die Klägerin durch die Anordnung auch nicht in ihrer Handlungsfreiheit verletzt."
Was mir mehr noch auffiel war offensichtlichder fehlende Versuch
wenigstens die Front des alten Gebäudes in seiner Substanz zu retten,
was sicher damit zusammenhängen dürfte, dass mit der rückwärtigen
Zerstörung das übrige Tragwerk in einer anderen Form hätte abgefangen
oder der zerstörte Teil eben rekonstruiert werden müssen.
Bei einem Fachwerkbau wäre aber zumindest letzteres überlegenswert
gewesen, da ein Fachwerk im Grunde ab- und wieder aufgebaut werden
kann...
Hier ein Eindruck von der ehemaligen Situation; ein aktuelleres
Bild konnte ich auf die Schnelle nicht finden...
http://www.bildindex.de/bilder/MI05849e04b.jpg
...und dem heutigen Erscheinungsbild:
Weitere Informationen hierzu unter:
zehnt
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Horb mit seiner Hanglage zieht sich malerisch den Berg hinunter bis zum
Neckar. Ich konnte die Stadt in ganzer Pracht in ihrer abendlichen und
weihnachtlichen Beleuchtung auf meiner Fahrt Richtung Freudenstadt
kürzlich wieder erblicken.
Umso feinfühliger ist man dann natürlich hinsichtlich derlei Entwicklungen
aus jüngster Zeit (!) wie sie das obige Beispiel zeigt!
Die Stadt weist dennoch und offenbar ein vergleichsweise hohes Potenzial
an historischer Bausubstanz auf, obwohl der 2.Weltkrieg nicht spurlos
an ihr vorüber gegangen zu sein schein. Zumindest von einige zerstörten
Brunnenanlagen ist die Rede, welche jedoch rekonstruiert wurden!
Hier ein Überblick der heutigen Stadt...
...im Vergleich zur spätmittelaterlichen Stadt Horb:
Hinweise zu den Gebäuden und mehr unter:
Große Kreisstadt Horb am Neckar | Stadtrundgang