Mittenwald (Galerie)

  • Mittenwald liegt im oberbayrischen Alpenraum an der Fernstraße und der Bahnstrecke von München über Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck am Fuße der Westlichen Karwendelspitze (2384m) und hat knapp 10000 Einwohner.

    siehe auch: Mittenwald: Tourismusort in der Alpenwelt Karwendel, Oberes Isartal

    Das Ortsbild wird geprägt von Häusern im alpenländischen Stil mit Flachsatteldächern und Lüftlmalerei, selbst der Kirchturm ist bemalt.
    Nachfolgend ein paar sonnig-frostig-kalte Eindrücke von einem winterlichen Rundgang vormittags durch den Ort (30.12.2005) bei Tiefschnee (und etwa -15° Grad).

    Obermarkt 24, das Neunerhaus:

    Fassade mit reicher Architekturmalerei von 1746, das älteste Beispiel in Mittenwald neben dem Kirchturm, über den Fenstern die 12 Apostel.
    Die Fassadenmalerei wird im oberbayr. / nordtirol. Raum auch Lüftlmalerei genannt (nach F. S. Zwinck, der in Oberammergau das Haus "zum Lüftl" bewohnte) und hatte in der 2. H. des 18. Jh. eine erste größere Blütezeit (wohl ursprünglich ausgehend von süddt. Städten wie Augsburg, der Hochburg der Fassadenbemalung in Renaissance- und Barockzeit.

    Details vom Neunerhaus:


    Pilgerhauskapelle zum Hl. Geist


    Gasthof zur Alpenrose (Obermarkt 1) mit Lüftlmalerei von Franz Seraphin Zwinck (um 1780), dargestellt u.a. die fünf Sinne

    Giebelhausreihung mit Flachsatteldächern und Bundwerk am Obermarkt Richtung Süden:

    bis zum Bau der Ortsumgehung im Osten Mittenwalds vor etwa 15 Jahren lief hier der Straßenverkehr von München nach Innsbruck durch, heute ist der Obermarkt Fußgängerzone


    Moderne Lüftlmalereien von Sebastian und Stephan Pfeffer, oben an einem Modehaus (1996), unten am Gasthof Post:

    Fortsetzung folgt...

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (16. November 2011 um 12:03) aus folgendem Grund: Linkreparatur

  • Mittenwald, an der Handelsstraße von Verona nach Augsburg gelegen, bekam 1316 Marktrecht und ist der Geburtsort des Geigenbauers Matthias Klotz (1653-1743).


    Ballengasse und Pfarrkirche


    Ballengasse 3, darin heute das Geigenbaumuseum. An der Fassade ein Fresko von Franz Karner (bez. 1764), der in Mittenwald in der 2. H. des 18. Jh. einige Häuser bemalte.


    Gegenüber an einem Wohnhaus ("Beim Gschdoaga") dargestellt eine Szene aus dem Bozner Markt (1487-1679), wiederum von Sebastian und Stephan Pfeffer (1976).


    Doppelhaus Goethestraße 28/30 mit Fresko von Franz Karner (1764)


    Fassadenmalerei von Heinrich Bickel (1959) am Wohnhaus Im Gries 18

    Modernes Fresko und Eckquaderung von Sebastian und Stephan Pfeffer am Doppelhaus Im Gries 14/16:


    Das Hornsteinerhaus am Prof.- Schreyögg-Platz mit Lüftlmalerei von Franz Seraphin Zwinck (1775). Hauptmotiv Judith enthauptet Holofernes.


    unter dem Dach ein breit dargestelltes Feldlager


    Das Schlipferhaus (Goethestraße 23), bemalt 1762/67 von Franz Karner.

    Details vom Schlipferhaus (u.a. Auge Gottes, am Kreuz, St. Florian und Erzengel Michael):


    Kreuzbergstraße 2

  • Markus

    Stimmungsmäßig sehr passend zur Weihnachtszeit. Schön zu sehen, dass die Tradition der Lüftlmalerei auch bis hinein in die jüngste Zeit fortgesetzt wird. Man stelle sich einmal vor, man ließe hier modernistische "Künstler" Hand anlegen und sie die Fassaden mit abstrakten Formen bemalen. :lachentuerkis:

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Besten Dank, Markus. Die Häuser sind aber nicht älter als 18. Jahrhundert oder ? Gibt es noch Beispiele mittelalterlicher Häuser ? Schon erstaunlich wie viel größer doch die Mittenwalder Architektur im Vergleich zur Architekur anderer bayrischer Gemeinden ist.

  • @ Oliver
    Die Häuser scheinen maximal ins 17. Jh. zurückzugehen und auch das sind offenbar nur sehr wenige.
    Gebrannt hat es 1763, 1783 und 1914.

    Weiter geht es am Untermarkt, ein Beispiel von einem Wohnhaus mit reichem Zierbundwerk und Vorbund, bez. 1721 ist Nr. 6/8/10 (mit der Westlichen Karwendelspitze im Hintergrund):

    Am Untermarkt hat es im letzten Jahrhundert 2x gebrannt, die westliche Häuserreihe brannte 1914, die östliche 1948 weitgehend ab.
    Wiederaufbau der Westseite 1915/16:


    Auch an neuen Häusern sind Freskos des öfteren zu finden, recht beliebt ist Christopherus


    Ein besonders hübsches Beispiel jüngerer Fassadenmalerei findet sich am Haus Untermarkt 3, bemalt und stuckiert 1990 von Sebastian und Stephan Pfeffer (dargestellt eine Kreuzigungsszene und verschiedene Heilige)


    Häuserstaffelung am Untermarkt, zum Vergleich 1937:


    http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de


    Ballengasse 15, Bemalung 1932 durch Josef Fleischmann

    Fortsetzung folgt...

  • Mich würde mal interessieren, wie oft diese Fassadenmalereien bei dem wohl eher ungünstigen Klima erneuert werden müssen?

  • Zitat

    Schön zu sehen, dass die Tradition der Lüftlmalerei auch bis hinein in die jüngste Zeit fortgesetzt wird. Man stelle sich einmal vor, man ließe hier modernistische "Künstler" Hand anlegen und sie die Fassaden mit abstrakten Formen bemalen.

    Davon gibt es in Augsburg, der Urheimat der Lueftlmalerei, wohl Beispiele:



    http://www.fotocommunity.de">http://www.fotocommunity.de

    Zum Beispiel am rekonstruierten Weberhaus. Siehe fuer das Original im Bildindex.de Urteilt selbst!

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Für Modernisten wohl ein Graus`,
    für Traditionalisten ein Augenschmaus! :zwinkern:

    Wahrlich ein Traum ist dieser Ort , auch im Vergleich zu
    manch Tiroler Ortschaften in der österreichischen Nachbarschaft.

    Interessant ist das neuere Beispiel von Lüftlmalerei aus
    dem Jahre 1990. Vorbildlich!

    Die Situation im Winter bei Sonnenschein verstärkt die Wirkung zusätzlich.

    Es ist wichtig, dass es so etwas noch gibt :!:

    Die Hauptdurchgangsstraße wurde wohl vor einigen Jahren zur Fußgängerzone umgebaut und dabei ein strassenmittiger Wasserlauf
    rekonstruiert.

    Als Mankos würde ich lediglich die inzwischen äußerste touristische Ausschlachtung durch Geschäftsauslagen in den Sommermonaten bezeichnen, baulich wie vielerorts, die unsachgemäße Behandlung der Fensterversprossung. Die reduzierte Kreuzversprossung entspricht bei den hier vorhandenen Fensterformaten nicht der ursprünglichen Aufteilung wie man anhand früherer Aufnahmen ersehen kann.

  • Zitat von "Stefan"

    Wahrlich ein Traum ist dieser Ort , auch im Vergleich zu
    manch Tiroler Orteschaften in der österreichischen Nachbarschaft.

    Die Hauptdurchgangsstraße wurde wohl vor einigen Jahren zur Fußgängerzone umgebaut und dabei ein strassenmittiger Wasserlauf
    rekonstruiert.

    Interessant ist das neuere Beispiel von Lüftlmalerei aus
    dem Jahre 1990. Vorbildlich!

    Ja, in z.B. Reutte/Tirol gibt es auch ein paar Handvoll hübsche Häuser, aber sonst? Auch in anderen Orten Nordtirols und im bayrischen Alpenraum wirkt das alles nicht so geschlossen wie in Mittenwald, am ehesten noch in Oberammergau. Überhaupt ist die Dichte an Häusern mit Lüftlmalerei oder auch Bundwerk in Mittenwald schon ganz beachtlich.
    In Touristenzentren wie das benachbarte Seefeld sieht das ganz anders aus...

    Der Obermarkt wurde vor einigen Jahren verkehrsberuhigt, stelle mal demnächst noch ein paar Bilder davon aus dem Sommer dazu, da ist das Bächlein erkennbar.

    das Haus mit der Lüftlmalerei von 1990 gefällt mir auch außerordentlich gut.


    Insgesamt ist in Mittenwald auch auffällig das sich die Lüftlmalereien an den Häusern (zumindest für mich) in gutem Zustand befinden, überhaupt hat man den Eindruck, das darauf großer Wert gelegt wird (in welchen Abständen die so durchschnittlich erneuert werden müssen, würde mich auch stark interessieren). Auch scheint die Fassadenbemalung in Mittenwald und in noch größerem Maße im benachbarten Garmisch-Partenkirchen in letzter Zeit wieder ziemlich in Mode zu sein.


    @ Brandmauer:
    bei dem Link zur Fotocommunity sehe ich kein Bild!

    Ein aktuelles Beispiel am Ulrichsplatz in der Augsburger Altstadt (gegenüber St. Ulrich & Afra):

  • Als Ergänzung noch ein paar nichtwinterliche Aufnahmen von Mittenwald:


    Blick über den Ort südwärts

    Obermarkt mit dem Bächle und dem bemalten Kirchturm:


    Denkmal für den Geigenbauer Matthias Klotz

    Inneres der Kirche St. Peter und Paul:

    Noch ein paar weitere Aufnahmen vom Neunerhaus am Obermarkt:



    Im Gries 14/16


    Goethestr. 28/30


    Die Silberschmiede mit steingedecktem Dach


    Nochmal Untermarkt 3 (Haus Fürst)

    Zurück am Obermarkt, Details vom Gasthof Alpenrose:


    die beiden Häuser links mit bemaltem Zierbundwerk, bez. 1671


    Obermarkt 45, ein weiteres Beispiel neuerer Freskomalerei
    und Stuckarbeit von Vater und Sohn Pfeffer (1991)


    Die östliche Häuserfront am Obermarkt

    ...und zum Abschluß die Friedhofskirche
    einmal mehr mit dem Karwendel im Hintergrund:

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Sehr idyllisch. Was ich mich nur frage: sind die relativ flachen Dachneigungen nicht eher von Nachteil in dieser schneereichen Region?

    Die flache Dachneigung der Alpenregion ergab sich primär aus dem Holzreichtum. Man verlegte hölzerne Dachschindeln, verzichtete aber auf die einst sehr teuren Nägel. Wegen dieser wackeligen Konstruktion konnte man sich aber nur eine flache Dachneigung leisten.

    Dann ist man bei flacheren Dächern nicht ständigen Schneeabrutschungen ausgesetzt. Zudem besitzt der gelagerte Schnee auf dem Dach eine isolierende Funktion.

  • Ja das mag sein, aber wie sieht es aus, wenn bei einer meterdicken Schneeschicht das Dach einzustürzen droht?

    Aufgrund der überaus stabilen Konstruktion der Pfettendächer ist diese Gefahr eig. zu vernachlässigen. Außerdem sind flache Dächer eh viel ansprechender :smile:

    Architektur ist immer subjektiv, da sie wie jede andere Kunstform vom Auge des Betrachters abhängt.