• Neo Rauch schmückt Fenster des Naumburger Doms

    Zitat

    Ein zeitgenössisches Kunstwerk wird bald den Naumburger Dom schmücken. Szenen aus dem Leben der Heiligen Elisabeth (1207-1231) hat der Leipziger Maler Neo Rauch für die Fenster der gleichnamigen Kapelle im Dom gewählt. Der 47-Jährige entschied sich für Elisabeths Abschied von ihrem Ehemann, der auf Kreuzzug geht, für Elisabeth bei einer Kleiderspende und am Bett eines Kranken. [...] Am 22. Dezember sollen die in Rot und Weiß gehaltenen Kirchenfenster feierlich geweiht werden. Mit ihrer Übergabe geht das Jahr der Heiligen Elisabeth zu Ende.

    Die Bilder sind ein Geschenk Rauchs an den Dom und, wie ich finde, äußerst gelungen. Hatte schon arge Bedenken, als ich von der Verbindung Neo Rauch/Kirchenfenster gehört hatte. Wer dem Verweis zu der Seite des MDR folgt, findet dort drei Abbildungen der Fenster.

    http://www.mdr.de/mdr-aktuell/5088435.html\r
    http://www.mdr.de/mdr-aktuell/5088435.html

    Artikel zu Neo Rauch in der "Welt Online": http://www.welt.de/wams_print/article1466114/Neo_Rauch_ist_jetzt_unsterblich.html\r
    http://www.welt.de/wams_print/article14 ... blich.html

    Über den aktuellen Trend Kirchenfenster von namhaften Künstler gestalten zu lassen (Neue Osnabrücker Zeitung): http://www.neue-oz.de/information/noz_print/feuilleton/18332750.html\r
    http://www.neue-oz.de/information/noz_p ... 32750.html

    Über den Naumburger Dom "St. Peter und Paul": http://www.naumburg-online.de/?load=tourismus/nol_geb_dom01.html\r
    http://www.naumburg-online.de/?load=tou ... dom01.html

    Aus WIKIPEDIA: http://de.wikipedia.org/wiki/Naumburger_Dom\r
    de.wikipedia.org/wiki/Naumburger_Dom

    Domstiftung: http://www.vereinigtedomstifter.de/\r
    Vereinigte Domstifter: vereinigtedomstifter.de

    Fotos in 8 Megapixeln Auflösung: http://die-orgelseite.de/bilder/sets/D_Naumburg_Dom.htm\r
    die-orgelseite.de/bilder/sets/D_Naumburg_Dom.htm

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Neo Rauch zeigt auf seinen knallroten Naumburger Elisabethfenstern, die in ihrer Gestaltungsweise tatsächlich stark an kommunistische Propagandakunst erinnern, etwas, das in dieser Form ganz unerwartet ist, nämlich fromme und Geschichten erzählende, dabei fast bieder wirkende christliche Heiligenmotive. Damit kehrt er die Kunst der Religionsverfolger und Kirchenzerstörer in ihr direktes Gegenteil um. Das ist fast schon genial. Viel deutsche Geschichte spiegelt sich in diesen Glasmalereien. Neo Rauch ist sicher einer der wichtigsten Künstler in unserem Land heute.

  • Nachdem ich nun gestern mit jörg und Weingeist aus dem Forum in Naumburg weilen durfte, will ich das zum Anlass nehmen, hier ein kleines Update zu liefern. Allumfassend kann es nicht sein, da wir nur drei Stunden hatten und somit nicht die ganze Stadt sehen konnten. Leider musste ich hier auch 20 Jahre nach der Wende bemerken, dass so ein Schmuckstück wie diese Stadt, die nach meinem subjektiven Empfinden qualitativ und größenmäßig nur wenig unterhalb von Meißen oder Pirna anzusiedeln ist, dennoch einen weit geringeren Sanierungsstand aufweist.

    Beeindruckendes ist vor allem rund um den Markt sowie im westlichen Altstadtviertel zwischen diesem, der Herrenstraße, dem Lindenring und der Salzstraße zu sehen. Hier ist der Sanierungstand bei etwa 95 %. Auffällig vor allem die fast überall erhaltenen, teils sehr aufwändigen Erdgeschossgewölbe sowie bauzeitlichen Stuckdecken in den Obergeschossen. Diese sind teils mit modernsten Läden von Banken, Telefonshops etc. belegt, womit hier wieder einmal der Beweis erbracht wird, dass sich eine moderne Nutzung und alte Substanz nicht im geringsten ausschließen – was ja immer noch gerne propagiert wird und vor allem in den 1950ern bis 1980ern als Grund angeführt wurde, das "aale Gelärch", wie man hier bei uns zu sagen pflegt, gnadenlos aus den Häusern zu schmeißen.

    Ein immer noch geringer Sanierungsstand war rund um die wunderbare Wenzelskirche südlich des Marktes zu beobachten. Auch entlang der östlich vom Markt wegführenden Jakobstraße ist noch das ein oder andere zu tun, während ihre westliche Stichstraße Jüdengasse in malerischer Geschlossenheit erhalten und saniert ist, schreitet in der östlichen Stichstraße Jakobsgasse der bereits auf den Luftbildern von 2000 zu erkennende Abbruch der östlichen Straßenbebauung scheinbar fort, hier fehlt bereits etwa 1/3 der Häuser.

    Auch die östlich vom Markt wegführende Marienstraße ist in ihrer Substanz weitgehend gerettet, wobei natürlich die angepasste Platte an ihrem Knick von Osten nach Norden schmerzt, die wohl schon zu DDR-Zeiten entstand. Im weiteren nördlichen Verlauf waren drei offenbar relativ rezente Baulücken zu beobachten, bei einem weiteren Haus waren Dach und Balkendecken eingestürzt (Ecke Wendenplan?), so dass wohl bald mit einer vierten zu rechnen ist. Das stadtbildprägende Haus Marienstraße 20, das im Kern wohl wenigstens aus dem 17. Jahrhundert stammt und schon auf den Bildern von Karasek aus dem Jahr 2007 in versifften Zustand zu sehen ist, verfällt weiter und sucht noch immer einen neuen Besitzer:

    http://www.naumburg.de/wirtschaft/pdf/de/DSK_Objekte/Marienstr%2020/DSK-Marienstr-20.pdf\r
    http://www.naumburg.de/wirtschaft/pdf/d ... str-20.pdf

    Rund um den hochbedeutenden Dom sieht es teilweise auch so aus, wie als sei seit der Wende nichts geschehen. Gerade in Bezug auf den offenbar noch vorgründerzeitlichen und seitdem nicht erneuerten Straßenbelag und die Beschriftung von Geschäftshäusern kommt teilweise wohl geradezu authentisches Ostalgie-Flair auf. Die Bebauung ist hier zwar relativ schmucklos und von den Dimensionen auch deutlich unter denen der eigentlichen Altstadt angesiedelt, wirkt im Ensemble aber halt doch sehr altertümlich und sollte schon deswegen möglichst lückenfrei erhalten werden.

    Zuletzt fiel unser Blick noch auf ein Neubauvorhaben in der ansonsten relativ unspektakulären Fischstraße (?) nördlich des Markts, wo offenbar kürzlich das einzige Haus mit sichtbarem Renaissanceportal (manche Häuser dort dürften unter ihrer Modernisierungsschicht ähnlich alt sein) mitsamt Hinterhäusern abgebrochen worden ist, so dass einem ein tiefer Blick in die Hinterhöfe gestattet wird. Anscheinend war hier der Denkmalschutz rechtzeitig da, da das Portal als auch der Abgang in den Gewölbekeller wohl erhalten und in den Neubau integriert werden. Ein dabei freigelegtes, noch gotisch wirkendes Portal an einer rückwärtigen Brandmauer lässt dennoch Bedauern darüber aufkommen, was hier wohl verlorenging. Eine ziemlich undeutliche Visualisierung lässt einen einigermaßen brauchbar angepassten Neubau erkennen, über den ich auf die Schnelle nichts ergooglen konnte, vielleicht weiß ja hier jemand mehr davon.

    Fazit: eine Stadt wie aus dem Bilderbuch, leider noch mit einem großen Sanierungsaufholbedarf und erschreckendem Leerstand selbst im innersten Stadtkern. jörg hatte mich allerdings schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die Stadt leider ein klassisches Opfer der Abwanderungswelle von Ost nach West ist. Man kann nur hoffen, dass diese Entwicklung zumindest stagniert, ebenso die Abbrüche, da einige Straßenzüge meines Erachtens gerade auf der Kippe stehen, durch die Lücken sichtbare Einbussen zu erleiden. Typische Altstadt-Sorgenkinder finden sich hier:

    http://www.naumburg.de/wirtschaft/web/de/stadtsanierung.html\r
    http://www.naumburg.de/wirtschaft/web/d ... erung.html

    Kleines Trostpflaster: geschmacklose Neubauten suchte man vergebens. Recht umfangreich und gut saniert scheinen auch die Villen- und Gründerzeitgebiete rund um die Stadt zu sein, von denen ich leider nur ein paar Straßezüge aus dem Autofenster wahrgenommen habe.

    Von jemanden, der es weiß, würde mich zudem auch mal interessieren, wie sich die Stadt entwickelt hat. Der Dom steht ja im Luftbild relativ weit außerhalb der eigentlich optisch klar abgegrenzten, etwa runden Altstadt mit dem Rathaus. Es sieht so aus, als wären hier zwei Weichbilder miteinander verwachsen – trifft das zu?

  • Danke für deinen umfassenden Bericht RMA...fast nicht zu glauben..wenn ich mir dagegen Pirna angucke...dort hat man in vielen Straßen kaum mehr als 1 Haus, welches noch auf Sanierung wartet...davon scheint man in Naumburg noch weit entfernt...und dabei ist die Umgebung dort nicht minder reizvoll...

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Pirna dürfte von der Nähe zur Großstadt Dresden massiv profitieren. Zudem würde ich die Altstadt Naumburgs viel größer als diejenige Pirnas einschätzen. Aus einer großen Altbausubstanz verbunden mit einer Abwanderungswelle entsteht eine denkbar schlechte Ausgangslage für eine Altstadtsanierung ohne Abrisse.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Ich träume schon länger von einem Haus in der Naumburger Innenstadt und die dortigen Preise sind ein Witz ("Kauf ich nun den gebrauchten Golf oder das Haus in Naumburg aus dem 18. Jhd.?")

    Hier einige Beispiele:

    http://www.sga-ag.de/index.php?id=46

    Und die Preise:
    Ausruf Zuschlag
    141. Naumburg
    Franz-Ludwig-Rasch-Straße 14 9.000,00 9.000,00
    142. Naumburg
    Rosa-Luxemburg-Straße 33 9.000,00 12.500,00
    143. Naumburg
    Rosa-Luxemburg-Straße 47 7.000,00 11.500,00
    144. Naumburg
    Jägerstraße 65 8.000,00 8.500,00
    145. Naumburg
    Moritzberg 1, 1a 4.000,00 7.000,00
    146. Naumburg
    Schönburger Straße 23 6.000,00 11.500,00
    147. Naumburg
    Schönburger Straße 27 5.000,00 6.000,00
    148. Naumburg
    Hinter der Pos. 4 10.000,00 14.000,00

    Nu. 145 hat mir gut gefallen.

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • ja, dann gib dir doch 'nen stoß und mach es. am besten du kaufst sie gleich alle und quartierst deine großfamilie mit ein ;) naumburg & co. wäre es zu wünschen.

  • Ja das stimmt, die Reichskrone ist dem Verfall preisgegeben, innen bröckelt Putz von den Wänden, Scheiben kaputt, Dach undicht. Jedoch ist die bauliche Hülle intakt und alle Räume sind erhalten, wenngleich mehrfach umgebaut, Einrichtungsgegenstände nur weniges erhalten. Erhebliche Sanierung ist erforderlich.

  • es sind beide, das grüne und das schmale Haus nebendran, die weg sind, ich war letzten Winter da. Das Schlimme an Naumburg ist nicht, dass es noch so viele unsanierte Häuser gibt, sondern, dass einige der sanierten auch schon wieder leerstehen und vergammeln.

  • na ja, das Leerstehen ist nicht so sehr das Problem. Die sanierten Häuser sind m.E eigentlich alle gut vermietet. Das Problem ist eher das grassierende Desinteresse selbst der Mittelschicht an städtebaulichen Themen.

    Entweder kommt dann, ja zu Ostzeiten gab es ja nichts (anscheinend nur Meissel um Stuck abzuschlagen und Dachpappe um noch intakten Schiefer zu ersetzen) oder ach es ist sooo teuer. Ein guter Sack Kalkmörtell kostet drei Euro eine, Dose Ölfarbe 12, man müsste aber wissen wie man damit umgeht. Selbst bei sanierten Häusern gibt es jede Menge Weglassung, Verschleifung von Details und unproportionierte Gesimse. Das ist ein Graus, das jeden Tag sehen zu müssen. Und jetzt hält auch noch die Moderne mit einem Nietzschecenter Einzug. Er selber hat ja biedermeierlich gewohnt, aber seine Jünger können nur kubistisch. Gute Nacht "Modellstadt" Naumburg.

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    Aber natürlich. Die neue Bauamtsleiterin hat den Neubau ausdrücklich begrüsst, den ihr Vorgänger noch ca. 10 Jahre verhindern konnte. Das übliche Getöse mit Brüchen zur historischen Architektur usw. In der gleichen Strasse sind während der Bauzeit drei Barockhäuser abgerissen worden. Das ist der Geist der jetzt in Naumburg weht.

  • Die neue Bauamtsleiterin hat den Neubau ausdrücklich begrüsst, den ihr Vorgänger noch ca. 10 Jahre verhindern konnte.


    Wie üblich steht und fällt alles mit Einzelpersonen. Immer wieder erstaunlich, wieviel Einfluss einige Wenige auf unsere Stadtbilder haben und nehmen. Ein paar Leute entscheiden darüber, womit ganze Generationen leben müssen - ohne Letztere nach ihrer Meinung zu fragen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Marienstraße 25, 26

    Habe noch ein Bild von nach dem Abbruch gefunden:
    http://static.panoramio.com/photos/original/61784620.jpg


    Marienstraße (gegenüber)

    Man muss wohl zum lieben Gott beten, dass wenigstens das stadtbildprägende Gebäude Marienstraße / Marienplatz / Thainburg erhalten bleibt, das auch schon länger verfällt.


    Das habe ich mir schon letztes Jahrtausend gedacht, aber dennoch irgendwie keinen großen Zweifel an der Erhaltung gehabt.
    http://static.panoramio.com/photos/original/61703039.jpg


    Was wir hier von Naumburg lesen müssen, ist in der Tat deprimierend.

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    Aber natürlich. Die neue Bauamtsleiterin hat den Neubau ausdrücklich begrüsst, den ihr Vorgänger noch ca. 10 Jahre verhindern konnte. Das übliche Getöse mit Brüchen zur historischen Architektur usw. In der gleichen Strasse sind während der Bauzeit drei Barockhäuser abgerissen worden. Das ist der Geist der jetzt in Naumburg weht.

    Warum sind die Häuser denn abgerissen worden? Böswilligkeit schließe ich mal aus, ich unterstelle die nur allzu häufige Ersatzvornahme, weil vermeintliche Glücksritter, nicht selten aus den alten Bundesländern, ihre Immobilien vergammeln lassen. Auch halte ich es für mehr als gewagt, in dieser Randlage von einer wirklichen Bedrohung (der Neubau ist zugegeben unangepasst) für das – bedenkt man die wirtschaftliche Situation der Stadt – erstaunlich homogene und vom Sanierungsstand relativ weit entwickelte Stadtbild zu sprechen.

    Dazu beachte man auch das erste Bild oben links hier.

    Insofern wäre vielleicht etwas weniger Schwarzmalerei angebracht. Fürchten muss man um ganz andere Städte.

  • Ah, gottseidank nur ein Museum, ich fürchtete schon, da wäre jetzt auch ein ECE-Verkaufsraumschiff mitten in der Altstadt gelandet...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...