Nach Landsberg/Oberbayern und Lindau/Schwaben geht es nun ins tiefste Niederbayern. Straubing liegt im fruchtbaren, agrarlich intensiv genutzten Gäuboden, etwa 35 km donauabwärts von Regensburg. Nördlich und östlich erstreckt sich der Bayerische Wald. Straubing hat etwa 45000 Einwohner und ist nach Landshut und Passau die drittgrößte Stadt Niederbayerns.
Straubing – Wikipedia
Kurz zur Geschichte der Stadt:
Die Römer errichteten östlich der heutigen Stadt das Lager Sorviodurum. Aus dieser Zeit stammt der bei Bauarbeiten 1950 gefundene Römerschatz, zu bewundern im Gäubodenmuseum. Um 900 wird eine Ansiedlung namens Strupinga erwähnt, etwa im Bereich der Kirche St. Peter. Unter dem Wittelsbacher Herzog Ludwig dem Kelheimer 1218 Gründung einer planmäßigen Neustadt etwa 1km westlich der alten Siedlung auf hochwassersicherem Terrain etwas südlich der Donau. Günstig gelegen am Schnittpunkt der Fernstraßen vom Mittelrhein durch das Donautal nach Wien bzw. von München über Landshut nach Cham und Böhmen. Wie bei zahlreichen weiteren Stadtgründungen der Wittelsbacher im 13. Jahrhundert erfolgte dabei die Anlage eines Straßenmarktes. Dieser erstreckt sich von West nach Ost über 600m Länge, unterteilt vom Stadtturm mit dem Rathaus. 1255 bei der Teilung des Herzogtums wurde Straubing Sitz eines Rentamtes und blieb dies bis 1805. Als Erbe Ludwig des Bayern stieg die Stadt 1353 zur Residenzstadt des Teilherzogtums Straubing-Holland auf. Die Herzöge Wilhelm und Albrecht verbrachten dabei aber die meiste Zeit in den niederländischen Provinzen. 1356 entstand unter Herzog Albrecht I. das Herzogschloß unweit der Donaubrücke im NO der Stadt. Weithin bekannt wurde das Schicksal der Baderstochter Agnes Bernauer, die von Herzog Ernst 1435 in der Donau ertränkt wurde, nachdem sie und Albrecht (einziger Sohn des Herzogs) heimlich heirateten und dieser sich Sorgen um die Erbfolge machte. Nach dem Landshuter Erbfolgekrieg fiel Straubing an die Münchner Linie der Wittelsbacher. Im Zuge der Reformation wanderte auch Ulrich Schmidl aus Straubing aus und wurde Mitbegründer von Buenos Aires. Große Verluste brachte der 30-jährige Krieg. 1780 gingen etwa 1/5 der Bebauung bei einem Stadtbrand in Flammen auf. Den 2. Weltkrieg überstand Straubing dagegen fast unbeschadet.
Ausführlich unter:
Straubing – Wikipedia
Das im August stattfindende Gäubodenfest gilt als zweitgrößtes Volksfest Bayerns.
Bilder vom Gäubodenfest, darunter auch ein paar Luftaufnahmen von Straubing (das Riesenrad lohnt sich allein schon wegen der Aussicht auf die Altstadt):
Gäubodenvolksfest Straubing Bilder Fotos Buidl Luftaufnahmen Volksfest
Gäubodenvolksfest Straubing Blick aus dem Riesenrad auf Stadt Straubing Basilika St. Jakob
Alle 4 Jahre finden im Hof des Herzogsschlosses die Agnes-Bernauer-Festspiele statt.
:: Agnes-Bernauer-Festspielverein e.V. Straubing ::
Und Straubing hat sogar einen Zoo, den einzigen in Ostbayern:
Tiergarten Straubing online
Nebenbei:
Habe mal ein wenig zu den für Ostbayern typischen Straßenmärkten „nachgeforscht“ und bin zumindest in folgenden Städten und Märkten fündig geworden:
Niederbayern: Landshut/Isar, Neustadt/Donau, Kelheim, Deggendorf, Vilsbiburg, Plattling, Vilshofen, Landau/Isar, Dingolfing, Eggenfelden, Bogen, Osterhofen, Geiselhöring, Reisbach, Velden, Geisenhausen, Langquaid und Pilsting (zumeist Wittelsbachergründungen des 13. Jh.)
Oberbayern: Weilheim, Schongau, Bad Tölz, Murnau, Rosenheim, Neuötting, Neumarkt-St. Veit, Dorfen, Erding, Moosburg, Freising, Dachau und Schrobenhausen (ebenfalls zumeist Neugründungen der Wittelsbacher im 13. Jh.), in gewisser Hinsicht auch noch das früher salzburgische Mühldorf oder das jetzt österreichische Braunau
Schwaben: Lauingen/Donau (Anm. 11/09: trifft nicht zu, siehe auch spätere Anmerkung von Zeno), Aichach
Oberpfalz: insbes. Weiden und Neumarkt, noch einige weitere Orte (gerade keine Literatur parat…aus der Erinnerung würde ich da noch Auerbach, Hirschau und Freystadt ergänzen)
Mittelfranken: Altdorf, Lauf/Pegnitz und Hersbruck
Auch der Stadtplatz von Domazlice ähnelt stark bayrischen Straßenmärkten.
Einen Stadtturm wie in Straubing hat von den oben angeführten Städten nur Deggendorf (dort auch noch i.V. mit dem Rathaus), ansonsten zumindest unweit des Schnittpunktes der N-S- und W-O-Achse noch Ingolstadt (Pfeifturm), Lauingen/Donau (Schimmelreiterturm) und Erding (Glockenturm).
Nun aber zur Altstadt Straubings:
Kurz zur Stadtanlage: W-O-verlaufender Stadtplatz mit Bürgerhäusern, am W-rand Jesuitenkirche und –kolleg, in der Mitte der Stadtturm. Im nordwestlichen Teil auf einem eigenen Platz die Stadtpfarrkirche St. Jakob, nördlich davon das tiefergelegene Gerberviertel, entlang der Simon-Höller- und Fraunhoferstraße vornehmere Bürgerhäuser, am Nordrand das Spital, im Nordosten die Klosterkirchen der Karmeliten und Ursulinen und bei der Donaubrücke das Herzogschloß. Südlich des Stadtplatzes einfachere Bürger- und Handwerkerhäuser sowie als einzige Kirche St. Veit.
siehe auch:
Bildarchiv Foto Marburg
Das spätmittelalterliche Stadtbild überliefert im Holzmodell des Straubinger Drechslers Jakob Sandtner (Original im Bayr. Nationalmuseum, Kopie im Gäubodenmuseum) von 1568.
Ansicht des Stadtplatzes von Osten mit Stadtturm und St. Jakob:
Bildarchiv Foto Marburg
Nachfolgend nun eine Bilderauswahl von der Altstadt vom Oktober 2007 (wie unschwer zu erkennen sonntags) und ein paar frühere Aufnahmen insbesondere vom August 2002 (Gäubodenfest, Auszug der Festwirte). Los geht es mit dem Stadtrundgang am Stadtturm.
Der 66m hohe Stadtturm entstand im 14. Jh. (evtl. nach flämischen Vorbild? Seinerzeit gehörte z.B. Gent zu Straubing-Holland, der dortige Belfried nicht unähnlich) am Schnittpunkt der Hauptverkehrsachsen und diente als Wachtturm. Ehemals bemalt, davon nichts erhalten. Führungen auf den Turm im Sommerhalbjahr und während des Weihnachtsmarktes.
Stadtturm und Dreifaltigkeitssäule
Stadtturm von Osten. Anbauten im Osten (ehem. Trinkstube) und Westen. Bis 1382 auch das Rathaus in der Mitte des Stadtplatzes, dieses wurde wegen Erweiterungen an die Nordseite des Stadtplatzes verlegt (rechts am Bildrand, derzeit in Renov.).
Strahlenmadonna in einer Nische der ehem. Trinkstube:
Ludwigsplatz mit Stadtturm abends
Gewölbte Durchfahrt des Stadtturmes mit Kreuzrippen:
Kielbogenportal der ehem. Trinkstube:
Stadtturm von der Steinergasse aus:
Nun zum Stadtplatz. Dieser erstreckt sich in gesamter W-O-Breite der Altstadt über 600m und ist damit einer der größten Straßenmärkte Ostbayerns. Er wird unterteilt in den Oberen und Unteren Markt, seit dem 19. Jh. Theresienplatz (Westhälfte) und Ludwigsplatz (Osthälfte) genannt. Die Bürgerhäuser wurden immer wieder erneuert, ein großer Teil der Fassaden insbesondere in der 2. H. des 19. und 1. H. des 20. Jh. Von den vielen Hauskapellen und Arkadenhöfen überstanden nur ein paar wenige das 20. Jh. Die Erdgeschosse fast durchwegs modern zu Läden ausgebaut. Zuerst der Ludwigsplatz und die umliegenden Bürgerhäuser, beginnend mit der Nordseite:
ganz rechts der Wasserturm von 1922, der von O in den Stadtplatz hereinragt
Breit angelegte, stattliche Giebelhäuser im Wechsel mit schmalen Häusern, ganz links zu sehen das Rathaus mit neugotischem Giebel. Die Fassaden sämtlich um 1900 erneuert, das Haus hinter dem Traktor ehem. das Stadthaus der Schwarzendorfer (Ludwigsplatz 3) mit einem wertvollen dreigeschossigen Renaissance-Arkadenhof, der offenbar Mitte des 20. Jh. bei einem Brand stark beschädigt wurde (und dann vermutlich abgebrochen…?). Die Beschreibung dieses Gebäudes und weiterer ebenso teilweise abgegangener Bürgerhäuser gab es irgendwo in den Weiten des www und ist wohl noch vorhanden, finde es aber derzeit nicht mehr…
Ein paar Häuser weiter, Ludwigsplatz 8 mit einer überlebensgroßen Hausmadonna von 1710:
Es folgen die ehem. der Patrizierfamilie Zeller gehörenden Häuser mit Treppengiebel-Brandmauern:
Eines der am besten erhaltenen Bürgerhäuser ist das Eckhaus Ludwigsplatz 10, das Zellerhaus zur Krone (erstmalige Erwähnung des Hauses Mitte des 15. Jh.), heute Volksbank („die einzige Bank Deutschlands mit einer Hauskapelle…“). Auf der Webseite der Bank ist von der Hauskapelle nichts zu sehen, genauso wenig wie vom Arkadenhof des 17. Jh., dafür gibt es die Belegschaft während des Gäubodenfestes in Dirndln und Lederhosen zu bewundern…Immerhin gibt es ein Buch über die Patrizierfamilie Zeller:
https://www.volksbank-straubing.de/aktuelles/patrizier
Die Räume des Hauses Nr. 10 im Erdgeschoß gewölbt, z.t. mit Kreuzgewölben (ob noch?), der Arkadenhof aus dem 17. Jh., die Hauskapelle spätgotisch, später barockisiert. Die Fassade mit Rokokostuck, vermutlich von M. Obermayr, M. 18. Jh.:
Die prachtvolle Bürgerhausgruppe Ludwigsplatz 10-13:
Links das Zellerhaus zur Krone, mittig das „Haus im Mond“, jetzt Löwenapotheke, dann Nr. 12 „Haus im Stern“, allesamt einst der Patrizierfamilie Zeller gehörend, daneben Nr. 13, das Haus der Lerchenfelder.
Ludwigsplatz 11, das einstige „Haus im Mond“ mit Fassadendekor um 1925/30:
Anschließend Ludwigsplatz 12 mit Barockfassade:
…und das Patrizierhaus der Lerchenfelder (Nr. 13), ebenfalls spätmittelalterlich und in barocker Zeit erneuert. Das Haus besteht aus Vorderhaus und Rückgebäude, verbunden mit Seitenflügel, die einen Arkadenhof umschließen. So wie das Erdgeschoß aussieht, bleibt zu hoffen, dass die Beschreibung aus dem Buch „Das Bürgerhaus in Altbaiern“ (von 1984) noch aktuell ist… Werde da mal nachforschen müssen… Die Fassade wie bei Nr. 10 mit Rokokostuck, vermutlich von M. Obermayr:
Der Zwerchgiebel von Nr. 13 und Treppengiebel-Brandmauern
Die Häusergruppe am Ludwigsplatz abends:
Der Jakobsbrunnen auf dem Ludwigsplatz, errichtet 1644. Jakob ist der Stadtpatron Straubings.
Das Haus links (Ludwigsplatz 15) im Kern spätmittelalterlich und wie viele andere Häuser am Stadtplatz die Fassade nach 1900 völlig neu gestaltet. Rechts wieder ein ebenfalls stark modernisiertes Haus, aber noch mit den ursprünglichen Treppengiebel-Brandmauern:
Ludwigsplatz 16, der ehem. Gasthof Goldene Gans mit einer in Straubing einzigartigen, sehr ansprechenden Fassadengestaltung aus der Mitte des 17. Jh.:
Der Stadtplatz wurde bis 1810 vom Unteren Tor abgeschlossen. An selber Stelle heute das klassizistische Ludwigstor. Von dort nochmals der Blick zurück über den Ludwigsplatz zum Stadtturm:
In der Nähe zweigt die Rosengasse ab. An der Ecke zum Viktualienmarkt steht dieses im Kern spätgotische Wohnhaus mit Erker und Treppengiebel, die Putzfassade aus dem 19. Jh.:
Wieder zurück am Ludwigsplatz folgt nun die Bebauung auf der Südseite, beginnend mit Ludwigsplatz 25, die Rosenapotheke, mit Eckerker und Rokokostuck an der Fassade, das Erdgeschoß besonders schlimm modernisiert:
Ein hübsches Traufseithaus mit hohem Dach, Zwerchgiebel und einer noblen Neurenaissancefassade folgt (Ludwigsplatz 29):
Ludwigsplatz 30 war eines der schönsten Bürgerhäuser Altbayerns. Das sogenannte Höllerhaus wurde 1928 durch den heutigen Bau ersetzt, erhalten blieb im 2. Obergeschoß die Hauskapelle, entstanden 1645 unter dem Bürgermeister Simon Höller (leider offensichtlich nicht zugänglich), das aufwendigste Beispiel der früher zahlreichen Hauskapellen. Die ehm. Dichte an Hauskapellen erinnert an Regensburg. Im Gebäude heute das Straubinger Tagblatt. Auf der nachfolgenden Aufnahme (während des Auszugs der Festwirte, Gäubodenfest August 2002) von links nach rechts die Häuser Ludwigsplatz 29-31. Das Haus rechts mit Vorschussmauer (Häuser im sog. Inn-Salzach-Stil sind in Straubing nicht so verbreitet und kommen erst donauabwärts häufiger vor, z.B. in Vilshofen und v.a. Passau).
Ludwigsplatz, Südseite und Jakobsbrunnen
Links ein weiteres Haus mit Vorschussmauer und Rokokostuckfassade (Ludwigsplatz 32), rechts eine neubarocke Fassade, um 1925
Detail der Rokokofassade am Haus Ludwigsplatz 32
Weiter geht es mit den Wohnhäusern Ludwigsplatz 36-39:
Links ein Patrizierhaus aus dem 17. Jh. mit Walmdach, Stuckfassade und Eckerker, anschließend ein nur zwei Achsen aber 4 Geschosse aufweisendes Haus mit hohem Dach und Treppengiebel-Brandmauern (noch wie auf dem Sandtnerschen Stadtmodell von 1568)
Detail vom Eckerker des Hauses Ludwigsplatz 36, laut "Die Baudenkmäler Niederbayerns" Ende 19. Jh. und noch ein Detail:
Das Haus rechts Ludwigsplatz 39 mit besonders hohem Steilsatteldach und markanten Treppengiebel-Brandmauern das höchste der Stadt, die Barockfassade von um 1700, das Erdgeschoß (Ende der 70er Jahre?) völlig erneuert. Das Haus wird in älterer Literatur als Vorderhaus mit Rückgebäude, verbunden durch einen langen Seitenflügel mit Arkadenhof und Hauskapelle, beschrieben. Ob das noch aktuell ist? Die Luftaufnahme http://www.volksfestfan.de/bilder_2005/di…images/4402.jpg (unten rechts) lässt jedenfalls schlimmstes befürchten…
Nochmals Ludwigsplatz, Südseite im gesamten
…und mit dem Stadtturm, rechts im Hintergrund die Jesuitenkirche:
Soweit zum Ludwigsplatz, weiter geht es demnächst mit der Westhälfte des Stadtplatzes, dem Theresienplatz, anschließend folgt die Stadtpfarrkirche St. Jakob…