Frankfurt a. M. - Städtebau

  • Es gibt noch mehr Original-Holztafel des Salzhauses, die im Historischen Museum aufbewahrt werden. Vollständig sind sie aber wohl nicht, weil ein Teil bei den Luftangriffen verbrannt ist - im Archiv, nicht an der Fassade! In einer Pressemeldung des Historischen Museums zu einer Vortragsreihe heißt es:

    Zitat

    Das Historische Museum besitzt eine Vielzahl an Bruchstücken (Spolien) von Häusern der ehemaligen Altstadt. Dazu gehören auch die geschnitzten Eichentafeln des Hauses Altes Salzhaus, das im Gewand der Renaissance bis zum Jahr 1943 an der Ecke [lexicon='Römerberg'][/lexicon] / Paulsplatz als eines der eigentümlichsten Häuser der Frankfurter Altstadt stand. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war das Haus Teil des Römerkomplexes.

    Nach dem ersten größeren Bombenangriff wurden die kunsthistorisch bedeutenden Tafeln mit Darstellungen der vier Jahreszeiten und zeittypischem Zierrat abgenommen, um sie vor der Zerstörung zu bewahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten die Tafeln in das Historische Museum.

    Das Historisches Museum präsentiert erstmals alle erhaltenen Teile des Hauses in einer Kabinettausstellung. Gezeigt werden die hölzernen Tafeln, ein schmiedeeisernes Gitter, historische Fotos und Pläne.


    In dieser Reihe gab es in der letzten Woche auch einen Vortrag von Prof. Christoph Mäckler, Titel: "Zur Rekonstruktion verlorengegangener Gebäude in der europäischen Stadt." Zwar war ich nicht da, doch bringt mich das auf den Gedanken, dass Mäckler vielleicht "unser Mann" (einer "unserer Männer") sein könnte. Zutrauen würde ich es ihm. Und jedenfalls genießt Mäckler bei der Stadt hohes Ansehen, oft wird er als Berater herangezogen.

    Booni, das sind natürlich aus heutiger Sicht Maximalerwartungen. Es wäre meiner Meinung nach besser, sich zunächst auf das TR und dessen Umgebung zu konzentrieren. Die beiden Häuserzeilen hinter der [lexicon='Römerberg'][/lexicon]-Ostzeile wurden zusammen mit dieser gebaut. Es sind keine Rekonstruktionen, aber ganz in Ordnung, weil sie den historischen Grundriss und damit auch die beiden Gässchen wieder herstellen. Auch für sich gesehen sind die Neubauten nicht schlecht. Das westliche der beiden Gässchen, das Rapunzelgässchen, ist sogar richtig nett (Foto), weil es nach Westen von der Ostzeile begrenzt wird, die (natürlich) auch rückwärtig rekonstruiert wurde. Am besten, du machst dir selbst mal ein Bild, "Ferndiagnosen" sind nicht immer zuverlässig.

  • er wäre wunderbar, wenn einige von euch den verantwortlichen listen, texte und bilder von hier zukommen lassen würden.
    wer nicht völlig verbort ist, wird sich von dem einen oder anderen bild/argument vielleicht überzeugen lassen.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Nachtrag: Der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler mag eher durch Hochhäuser bekannt sein, u. a. durch das IBC und den Entwurf für das neue Zürich-Hochhaus am Opernplatz. Doch scheint er mehr und mehr Gefallen am Historischen zu finden, kürzlich hat er die Wiedererrichtung des Weißen Mainprospekts vorgeschlagen. Hier rekonstruiert Mäckler zur Zeit die klassizistische Alte Stadtbibliothek, auch am Dresdner Neumarkt ist er tätig.

  • Nach allem, was ich über Mäckler weiß, könnte er sogar ein richtig guter Kandidat für einen Entwurf mit Rekonstruktionen sein.
    Er leitet nicht nur die Rekonstruktion der Alten Stadtbibliothek in Frankfurt, sondern hat sich auch bei der Diskussion um den Dresdner Neumarkt meines Wissens ziemlich entschieden für Rekonstruktionen eingesetzt und war dort auch ursprünglich als Architekt für das VVK-Projekt vorgesehen.
    Andererseits könnte er als Architekt von Hochhäusern nicht einfach als Traditionalist oder Anti-Modernist abqualifiziert werden. Außerdem sitzt er vor Ort in Frankfurt und kennt die dortige "Szene".
    Vielleicht sollte man mal mit ihm in Kontakt treten...

    Übrigens denke ich, daß die Öffentlichkeitsarbeit tatsächlich jetzt schon beginnen müßte. Schließlich müssen die Architekten sich ja überhaupt erst mal trauen, Rekos in ihre Vorschläge/Entwürfe aufzunehmen - und dazu müßte eben eine Stimmung pro Reko geschaffen werden, die Architekten ermutigt, das zu tun. Die öffentliche Diskussion müßte sozusagen schon in Richtung Reko gehen, bevor auch nur der erste Entwurf eingereicht ist.

  • Die sogenannten Anschlußbauten hinter der Ostzeile bleiben garantiert stehen, da solltet Ihr Euch keine Illusionen machen. Die sind eigentlich formal auch vertretbar, allerdings sind sie zu hoch. Das sieht man, wenn man oben vom Domturm runterschaut: Diese Häuser verdecken die Ostzeile fast ganz, der Blick von vor 1944 ist nicht mehr möglich. Und das ist umso ärgerlicher, als die Ostzeile ja von hinten genauso sehenswert ist wie von vorne, aber niemand hat was davon, außer man geht durch's Rapunzelgäßchen und reckt den Kopf in die Höhe. Riesen-Fehlplanung!

    Zu dem Bild von Booni:

    Was die Häuser Frauenstein und Salzhaus (die beiden zum Römer gehörenden Häuser) angeht, bei denen nur noch die Ergeschosse original sind: Beim Haus Frauenstein wäre es m.E. relativ einfach, durch einen Umbau die alte Fassade wenihstens vereinfacht wiederherzustellen, nur Anzahl, Form und Größe der Fenster müßten korrigiert werden.
    Schlecht hingegen sieht's beim Salzhaus aus: Zwar existieren, wie bereits gesagt noch viele Fassadenteile, aber das Problem liegt woanders: Das alte Salzhaus hatte nur 2 Vollgeschosse, das heutige hat 3. Und die die beiden Geschosse des alten Hauses waren versetzt zu denen von Haus Frauenstein. Beim Wiederaufbau hat man das aus Gründen der Nutzbarkeit vereinheitlicht. Das heißt: Für eine halbwegs originalgetreue Wiederherstellung müßte man eigentlich fast das ganze Haus abreißen. Und das wird wohl kaum passieren.

    Auf Boonis Bild ist links das Haus "zum Kranich" zu sehen. Auch davon steht noch das komplette alte Erdgeschoß (richtig alt ist es nicht, Anfang des 20. Jahrhunderts, aber immerhin), der Oberbau ist in den 50ern gebaut, teilweise in häßlichem grün mit plastikartiger Fassade). Dieses Haus könnte man ebenfalls durch Umbau halbwegs wiederherstellen, villeicht ohne die frühere Bemalung.

    Aber: Dringender ist nun wirklich der Bereich zwischen Dom und Römer, und vor allem, daß das TR weggkommt.

    Planungsdezernent Edwin Schwarz ist wohl nach wie vor ein Verfechter des Abrisses. Hoffentlich kann der sich durchsetzen!

  • Zitat von "Restitutor Orbis"

    ... Wir sollten unsere entsprechenden Wünsche laut werden lassen, auch wenn's nichts bringen sollte - zumindest haben wir es dann versucht.

    Ist hier irgendwer, der das Ganze koordinieren könnte?

    In unserem Forum gibt es zum Beispiel einen städt. Baudirektor von
    Gladbeck, der für seine Stadt den "New Urbanism" als Leitarchitektur
    auserkoren hat.
    Daneben gibt es noch weitere Mitglieder, die direkt in Vereinen
    organisiert sind, welche Rekonstruktionen o.ä. durchführen.
    Dieses Forum ist daher nicht nur eine nette Plauderei... 8)

    Ich denke, die traditionelle und klassische Architektur hat noch eine
    große Zukunft vor sich ! :D

  • @ Oliver:

    Ich hatte auch gehofft, dass dies nicht nur eine nette Plauderei ist. :zwinkern:

    Ich meinte nur: Vielleicht fühlt sich hier ja jemand im besonderen Maße dazu berufen, aktiv zu werden (und uns darüber auf dem Laufenden zu halten). Ich persönlich kann nur innerhalb meiner bescheidenenen Möglichkeiten etwas tun (den einen oder anderen Brief schreiben)...

  • Habe am Wochenende mal den Stadtführer gespielt und paar Leute durch Frankfurt geführt... war eine sehr "traditionelle" Tour mit Eschenheimer Turm, Hauptwache, Paulskirche, Rathaus, [lexicon='Römerberg'][/lexicon], Dom, Goethehaus...

    Erfreulicherweise waren alle anschließend sehr von dem Stadtrundgang begeistert gewesen. Jetzt, wo Weihnachtsmarkt ist, ist der [lexicon='Römerberg'][/lexicon] eben schon ein Erlebnis. Auch das Innere des Doms hat so einiges zu bieten. Den Kaisersaal im Römer oder die Alte Oper haben wir zeitlich nicht mehr geschafft.

    Aber wieder einmal ist mir aufgefallen, wie wenig ein isoliert stehendes historisches Gebäude wie das Goethehaus oder der Eschenheimer Turm (so schön er auch ist) wirkt. Wirkliche Stimmung kam am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] selbst auf, wo es trotz des Historischen Museums eine gewisse Geschlossenheit gibt.

    Natürlich habe ich beim Rathaus ganz besonders auf den Langen Franz und die anderen Türme hingewiesen und Bilder zum Vergleich gezeigt, wie das Ganze nach einer Rekonstruktion aussehen würde. :zwinkern: Man war sich einig: Die alten Dächer müssen wieder her!

    Fazit: Eine Tour auf den Spuren des alten Frankfurt ist noch immer ein Erlebnis. Aber es muss noch mehr getan werden. Gerade zwischen [lexicon='Römerberg'][/lexicon] und Dom spürt man eine Leere - aber wenn alles gut geht, dann wird sich dieses Areal demnächst grundlegend in unserem Sinne ändern. Und so haben die Leute, die von mir am Wochenende dorthin geführt wurden, diese Ecke Frankfurts möglicherweise zum letzten Mal in diesem Zustand gesehen.

  • In der heutigen Rundschau ist ein Interview mit Petra Roth, der Frankfurter OB. Hier ein Auszug, das hier interessierende Thema betreffend:

    FR: Wie geht es jetzt weiter mit dem Technischen Rathaus?

    Roth: Das ist für Frankfurt die einmalige Chance, im dritten Jahrtausend die historische Innenstadt mit dem Wissen von früher und der Verantwortung für morgen wiederentstehen zu lassen. Wir machen deshalb jetzt 2005 einen Gestaltungswettbewerb für den gesamten Bereich zwischen Dom, Römer, Braubachstraße und Kunsthalle Schirn.

    FR: Wird diese Umgestaltung auch das Historische Museum am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] einschließen?

    Roth: Ich wollte immer schon dem Historischen Museum eine andere Fassade geben. Der frühere OB Rudi Arndt hat einmal gesagt, das Historische Museum sieht so aus, als ob er die Primaballerina im Ballett Schwanensee wäre. Das Historische Museum knallt von der Ästhetik her tatsächlich aus seiner Umgebung völlig heraus. Es degradiert die benachbarte Nikolaikirche zu einem Bausatz von Faller. Es sollte deshalb eine andere Fassade für das Historische Museum geben.

  • Zitat

    die historische Innenstadt mit dem Wissen von früher und der Verantwortung für morgen wiederentstehen zu lassen

    Das klingt für mich sehr wohl schlecht, da dieser Satz wahrscheinlich historische Straßenführung, aber modernistische Fassaden meint.

  • @ Sauerländer:

    Hmmm... zugegeben, KÖNNTE es meinen... könnte aber auch nicht. Ich würde die Formulierung jetzt nicht überinterpretieren.

    Der Satz könnte auch bewusst so formuliert worden sein, um Reko-Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Prinzipiell ist die Obrigkeit ein Frankfurt derzeit eher pro-reko (Roth sagte mal, eine Diskussion wie in Berlin um das Stadtschloss wäre in Frankfurt undenkbar, das würde man auf jeden Fall bauen)... Meine Hoffnung ist, dass das auch die Architekturbüros wissen. Denn selbst, wenn es ihren eigenen Vorstellungen widerspricht: Ein Architekturbüro will vor allem auch Geld verdienen und wird daher eventuell das machen, von dem man weiß, das die Stadt es gerne hätte. Denn sonst macht es ein anderes Büro und gewinnt den Wettbewerb.

  • Menschenskind, diese Genöle - ohne Berücksichtigung des Machbaren und Konsensfähigen - ist ja nicht auszuhalten. Jetzt wartet es halt mal ab. Besser noch: Versucht, die Entscheidungsprozesse in die richtige Richtung zu lenken.

  • das forum hat der gute kontakte nach berlin, da könnte man die chance mal am schopfe ergreifen und patzschke benachrichten... ;)

  • Die richtigen Büros über den Wettbewerb zu informieren wurde ja bereits genannt. Wen gibt es denn in Nürnberg, die historische Bauweise dort ist bzw. war, anders als in Berlin, doch sehr ähnlich? Ich gehe davon aus, dass Christoph Mäckler am Wettbewerb teilnehmen wird und sein Vorschlag zumindest sehr deutlich in Richtung historische Bebauung gehen wird.

    Dass die OB und der Planungsdezernent, eindeutig die wichtigsten Einzelpersonen, wahrscheinlich auf der richtigen Seite stehen, wurde ja bereits geschrieben. Ansonsten könnten, wie schon mehrfach erwähnt, die Freunde Frankfurts Unterstützung gebrauchen, auch durch Mitgliedschaft und / oder Spenden. Anders herum werden die Freunde Frankfurts sicher Ideen haben, was noch getan werden kann. Außerdem dürfte es nicht schaden, vor allem während der Wettbewerb läuft, Leserbriefe an die vier lokalen Tageszeitungen (FAZ, FR, FNP, Bild Frankfurt) zu schreiben.

  • gibt es nicht in dresden den architekten hummel oder so ähnlich? seine entwürfe gefallen mir auch ganz gut. meint ihr, dass es ihm auch möglich wäre, hessische bautraditionen aufzunehmen? ich finde seine entwürfe fr den neumarkt klasse!

  • Also ich bin immer noch für Stuhllemmer.

    Aber ich will auch keine klassische Architektur, ich will Rekos!

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Na ja, was Stuhlemmer angeht: einer meiner Arbeitskollegen ist recht gut mit dem jungen Stuhlemmer befreundet und stammt zudem aus Frankfurt. Den könnte ich natürlich mal auf das Thema ansetzen..

    Aber ich glaube ehrlich gesagt, daß das Büro Stuhlemmer mit der Rekonstruktion der Schloßfassaden gerade völlig ausgelastet ist. Außerdem sind sie doch sehr lokal orientiert; soweit ich weiß haben die noch nie was außerhalb Berlins gemacht.

    Ich würde doch eher auf Architekturbüros aus Frankfurt oder zumindest der weiteren Umgebung setzen.
    Das wichtigste wäre aber überhaupt erstmal, die Idee von Rekonstruktionen an dieser Stelle unter die Leute zu bringen. Aussagen von Petra Roth hin und her zu interpretieren hilft wenig; man muß selbst aktiv werden, da gebe ich Henk Frost völlig recht.
    Und um das sinnvoll machen zu können, brauchen wir erstmal den Text der Ausschreibung. Dann auf der Grundlage Kontakte herstellen: Journalisten, Freunde Frankfurts, Planungsdezernat, Mäckler usw.; dann sieht man schon, wie man die weitere Strategie anlegen muß.

    Ach ja, in dem Zusammenhang übrigens Vorsicht mit der FAZ: deren Architekturjournalist, Bartetzko, ist wahrscheinlich der profilierteste, dogmatischste und entschiedenste Rekonstruktionsgegner, den die deutsche Presselandschaft (abgesehen von der Architekten-Fachpresse natürlich) derzeit zu bieten hat. Leider hat er auch noch ein besonderes Interesse an Frankfurt. Stellt euch da auf einen Kampf mit harten Bandagen ein; Bartetzko wird aus allen Rohren gegen Rekonstruktionen feuern.