Heuersdorf, Ausradierung eines Dorfes

  • Zitat von "Mjölnir"

    Was ist das denn für ein Blödsinn - das verlagert doch bloß das Problem auf ein anderes Land, dann werden dort halt die Ortschaften weggebaggert. Aber stimmt ja, DAS geht UNS dann ja nichts mehr an - aus den Augen, aus dem Sinn. Mal ganz abgesehen davon, das wir dann noch abhängiger von Rohstofflieferungen aus z.T. "schwierigen" Ländern würden.

    Kohle wird im großen Maßstab in großflächig menschenleeren Ländern wie Kanada, Australien oder den USA abgebaut - stabile, demokratische Staaten mit eben einer gänzlich anderen Siedlungsgeographie als Europa. Fehlende Rohstoffe könnten sehr wohl dort eingekauft werden. Selbstverständlich wäre dies wirtschaftlich schädlich, nur bin ich ohne Weiteres dazu bereit, dies in Kauf zu nehmen, um ein Dorf zu retten.

    Überdies wäre der Abbauverlust von Braunkohle, der durch ein Verbot des Abbaggerns ganzer Dörfer entstünde mit Sicherheit so gering, dass von einer signifikant steigenden Abhängigkeit Deutschlands nicht die Rede sein kann. Darüber hinaus sind Vorstellungen von der politischen und wirtschaftlichen Autarkie Europas nach 2. Weltkriegen und nach dem Kalten Krieg und der Dekolonialisierung nicht mehr realisierbar. Als Europäer kann es einzig unser Ziel sein, gegenseitige Abhängigkeiten zu schaffen und die Räume, auf die wir z. B. energiepolitisch angewiesen sind, wiederum von uns abhängig zu machen, z. B. wirtschaftspolitisch.


    Zitat

    Durch die Sicherstellung der Stromversorgung wird aber auch die Menschenwürde der anderen geschützt, das Gemeinwohl zählt nun mal mehr als das Wohl des Einzelnen - ob man das nun gut findet oder nicht ist egal, es ist einfach eine Tatsache. Oder glaubst Du die Masse der Bevölkerung, einschließlich Dir, würde es so ohne weiteres hinnehmen, wenn der Strom nur noch an 2 Stunden am Tag fließen würde, weil wir die Kohlekraftwerke mangels Kohle abschalten und die Atomkraftwerke aus Sicherheitsbedenken?

    Es ist doch völlig unglaubwürdig, dass durch den Verzicht auf die Zerstörung von Dörfern und die Beschränkung des Braunkohleabbaus auf unbesiedelte Flächen plötzlich in Deutschland die Lichter ausgingen. Eine solche Maßnahme wäre lediglich mit hohen Mehrkosten und geringeren Gewinnen verbunden. Dörfer werden in Deutschland aus Fragen der Wirtschaftlichkeit vernichtet, nicht weil ansonsten die Versorgungssicherheit mit Energie nicht mehr zu gewährleisten wäre.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat

    Nur weil man sich nicht auf (radikale) Absolutmeinungen festlegen will, muss man sich glaube nicht von einseitig auf eine feste Meinung festgelegten

    Auch wenn man sich nicht auf "radikale Absolutmeinungen festlegen will", sollte man sich dennoch darüber im Klaren sein, dass die hier vorgeschlagenen Antwortmöglichkeiten c. und e. schlicht Voraussetzungen sind, die an die Durchführung der Option b. geknüpft werden. Wer für c. oder e. stimmt ist nicht gegen b., sondern sagt, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehen sollte, Dörfer zu vernichten, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Im Wesentlichen stimmt man in diesem Fall für eine Erweiterung von b.


    Zitat

    Übrigens wenn hier das Argument des Bürgerwillens angefügt wird. Ich bin mir sehr sicher, dass bestimmte Personen die hier jetzt laut aufheulen schon oft in diesem Forum geäußert haben "reißt doch endlich die Plattenbauten ab" (dort wollen die Bürger genauswenig weg wie aus Heuersdorf) - diese Personen sollten also nicht gerade wie es ihnen paßt mal auf die Bürger wert legen und anderemale darauf pfeifen (mal - fragt die Bürger - mal man darf den dummen Bürger nicht entscheiden lassen) - sonder - was ihnen wirklich wert ist - Braunkohlewirtschaft vs. historische Bausubstanz



    Selbst wenn man Fragen der kulturhistorischen und baukünstlerischen Relevanz in diesem Zusammenhang völlig ausklammert, bleibt trotz einiger Probleme ein wesentlicher Unterschied bestehen: Es ist einfach etwas anderes, ob Mietverträge gekündigt bzw. nicht verlängert werden oder ob Menschen dazu gezwungen werden, ihren eigenen Grund und Boden aufzugeben und Häuser, die ihnen gehören, zu verlassen.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "RMA"

    Derart alte Kirchendachstühle gibt es allerdings noch vergleichsweise häufig (weitaus häufiger als im Profanbau), doch beeindruckend ist das Alter schon. Mit der dendrochronologischen Analyse dürfte wohl auch die Frage nach dem Gesamtalter beantwortet sein, ich meinte gelesen zu haben, dass man da noch zwischen 12. und 13. Jahrhundert hin und her gerissen war, oder?

    In Sachsen könnte ein solch alter Dachstuhl wirklich sehr selten sein. Der Bestand lässt sich dort nämlich sicherlich nicht mit dem romanischer Wunderländer wie Niedersachsen und dem Rheinland vergleichen - Obersachsen ist ja generell im deutschen Vergleich arm an Zeugnissen aus der Zeit vor dem 15. Jahrhundert. Datierungsschwierigkeiten von Bauten aus damals noch eher rückständigen Gebieten anhand von Stilmerkmalen ergeben sich häufig aufgrund der dortigen Archaismen - während woanders die Architektur schon längst weiterentwickelt wurde, baute man dort noch auf die herkömmliche Art und Weise.

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    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "BautzenFan"

    Diese Argumentation geht in Bezug auf die Situation Anfang der 1990er Ostdeutschland an der Problematik vorbei. Es ging hier nicht darum, einen agierenden Bergbaubetrieb zu zügeln, ihm im Interesse der Menschlichkeit die „Idealbedingungen“ für eine Gewinnmaximierung wegzunehmen.
    Die Situation war vielmehr folgende: Über Jahrzehnte hatte die DDR in gigantischem Ausmaß regelrechte Umweltverbrechen begangen. Die gesamte Energiewirtschaft basierte auf der Braunkohle mit allen bekannten Folgen. Die kleine DDR war mit Abstand der größte Braunkohlenprozent der Welt (Förderung 1985 etwa 312 Mio t Kohle). 1990 gingen alle diese Betriebe zunächst an die Treuhand über. Die Frage in Bezug auf die Zukunft der ostdeutsche Braunkohlenwirtschaft war damals nicht, wie zügeln wir die perverse Gewinnsucht, sondern die Frage war: Fahren wir die ganze Sache auf Null runter (nenn ich jetzt mal Szenario A) oder lassen wir einen kleinen Restabbau überleben (Szenario B)? Es kam bekanntlich zur Variante B, innerhalb weniger Jahre wurde die Kohleförderung im Gebiet Mitteldeutschland auf unter 20% runtergefahren (mach das mal analog im Westen Deutschlands, mit allen Konsequenzen).

    In Ordnung, meine Formulierung "Idealbedingungen" passt in Anbetracht der gegebenen Situation nicht so recht. Ich bezog mich jedoch auf das Hier und Jetzt. Und ich meine, dass Dörfer aufgrund rein wirtschaftlicher Überlegungen wie Rentabilität geopfert werden. Die betroffenen Konzerne würden noch schlechtere Bedingungen vorfinden und die Schwierigkeiten des deutschen Energiesektors würden sich noch weiter vergrößern, müssten sie ihre Arbeit auf unbesiedelte Flächen beschränken.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • @ Georg Friedrich
    Also trotz kurzer Nacht und langem Arbeitstag werd ich mal antworten. Wie Du sicher meinen ersten Postings entnommen hast heiße ich das wegbaggern von Landschaften und von Siedlungen nicht für gut. Aber man kann dieses Thema nicht nur so Eindimensional sehen - es ist komplex und kompliziert, es spielen eine Menge Faktoren eine Rolle. Ein paar hatte ich ja bereits erwähnt, aber bei Gelegenheit kann ich das ja mal zusammenfassen, heute halte ich mich kurz.

    Zitat

    Kohle wird im großen Maßstab in großflächig menschenleeren Ländern wie Kanada, Australien oder den USA abgebaut


    Gut, keine Ortschaften, dafür Ökosysteme - ist also auch nicht viel besser. Frage wie wird es diesen Länden mit der Renaturierung gehalten?

    Zitat

    Fehlende Rohstoffe könnten sehr wohl dort eingekauft werden.


    Klar, nur müssen die auch dann zu uns transportiert werden - Verbraucht wieder wertvolle Resourcen und ist somit gesamtenergetischer Nonsens.

    Zitat

    Selbstverständlich wäre dies wirtschaftlich schädlich, nur bin ich ohne Weiteres dazu bereit, dies in Kauf zu nehmen, um ein Dorf zu retten.


    So, so um ein paar Dörfer zu retten, die u.U. sowieso in ein paar Jahrzehnten menschenleer sein werden, nimmst Du in Kauf das woanders Ökosysteme d.h. Landschaften zerstört werden und obendrein durch erhöhten Transportaufwand nicht bloß der Strom hier noch teurer wird (immer daran denken, nicht jeder hier verdient 3000€ und mehr im Monat sondern muß von viel weniger eine Familie ernähren!), sondern auch noch mehr fossile Energieträger verbraucht werden - Schiffe fahren meines Wissens nach mit Schweröl.
    Kurz zu den Abhängigkeiten - klar ist in der heutigen vernetzten Welt jeder von dem anderen abhängiger geworden, aber derjenige der die Energiequllen kontrolliert hat mehr Macht, der bestimmt wo es lang geht, sonst wird einfach der Hahn zugedreht (z.B. Gaskrieg Russland - Ukraine). Der Zugang und die Kontrolle von Energiequellen und Rohstofflagern ist extrem wichtig - oder glaubst Du, daß die USA tatsächlich nur deshalb im Irak sind, weil sie dort die Leute von einem bösen Diktator erlösen wollten?
    So mehr heute nicht, bin K.O.

    Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.

    Oscar Wilde (1854-1900)

  • Also meine Meinung dazu ist, dass es grundsätzlich vermieden werden sollte, Dörfer dem Braunkohletagebau zu opfern. Ansonsten schließe ich mich aber vollkommen der Argumentation von Mjölnir und Bautzen-Fan an. Und ich stimme auch damit überein, dass Heuersdorf zwar wahrscheinlich das letzte Dorf dieser Gegend ist, das dem Tagebau weichen muss, es aber andererseits nur den Auftakt bildet zu weiteren Dorfvernichtungen aufgrund des demographischen Wandels. Wenn alles so weitergeht wie bisher - und eine Änderung ist nicht abzusehen - werden die Menschen in Zukunft noch mehr in Städten leben und die Bevölkerung in Teilen Ostdeutschlands weiter überaltern. Wie geht man damit um, dass Dörfer in 20-30 Jahren einfach ausgestorben sein werden? Manche werden als Museumdsorf weiter bestehen bleiben. Den meisten wird jedoch das gleiche Schicksal widerfahren wie jetzt Heuersdorf. Und wenn es in solchen sterbenden Dörfern bedeutende Baudenkmäler gibt (Kirchen, Rathäuser, wichtige Bürgerhäuser), wird man die vermutlich in andere Siedlungen umsetzen, d.h. ihr könnt euch schon mal an Transporte wie die der Heuersdorfer Kirche gewöhnen! Die übrigen Gebäude solcher Dörfer wird man abreißen. Und ich halte das in diesem Fall auch für vertretbar, denn die Kosten für den Unterhalt wären durch nichts zu rechtfertigen. Das sind jetzt sicher für einige von euch trübe Aussichten, aber man muss doch der Realtiät ins Auge blicken. Sollte allerdings nun plötzlich ein Babyboom einsetzen oder die Leute wieder aufs Land in 200-Einwohner-Dörfer ziehen wollen, dann gebe ich euch recht. Schaun wir mal was passiert.

  • Ich möchte heute noch ein paar Fotos zur Transportertüchtigung der Emmauskirche nachreichen. Zur Einstimmung noch einmal auszugsweise den weiter oben bereits eingescannten Text aus der Bergbauzeitung (Spektrum):

    Textauszug: *…Die gesamte Kirche wird abschnittsweise mit Stahlbetonfundamenten umfangen. Anschließend werden darin große Bohrungen für die Querträger einer Fundamentplatte gebohrt…*
    Das ist hier zu sehen. Im rechten Bildbereich liegt übrigens einer der überdimensionalen Bohrkerne:

    Hier wird gerade gebohrt:

    Bereits "eingefädelte" Querträger:

    Textauszug: *…und zugleich wird dieses Fundament horizontal gesägt...*
    Man beachte die waagerecht im Betonsockel verlaufende Schnittfuge:

    Beginnende Montage des Gitterrostes im Innenraum:

    Teil der Innenaussteifung:


    Des Weiteren möchte ich in Kürze meinen voran gegangenen Beitrag fortsetzen (Braunkohle versus Heuersdorf). Das hier nur mal zur Einstimmung, um klar zu stellen, um welche Summen für den Steuerzahler es hier geht. Dies sind wohlgemerkt die Zahlen für die kostenmäßig optimierte "Lösung" (u. a. mit "schneller" Flutung):

    Zitat

    Zum Stand der Sanierungskosten August 2007 („nur“ für die Sanierung der Braunkohlenflächen):

    …Auf der größten Landschaftsbaustelle Europas, den stillgelegten Flächen des ehemaligen DDR-Braunkohlebergbaus, entstehen heute neue, attraktive Seenlandschaften. „Von dieser Investition profitieren die Menschen in den Regionen, die eine ganz neue Lebensqualität und neue wirtschaftliche Chancen erhalten", betonte Klug. Insgesamt haben Bund und Länder seit 1990 fast acht Milliarden Euro in die Braunkohlesanierung investiert.

    …Die Sanierung alter DDR-Braunkohle-Tagebaue und Umwandlung in Seenlandschaften kann mit Staatsgeldern fortgesetzt werden. Mit einer weiteren Milliarde Euro für den Zeitraum 2008 bis 2012 erhöhen Bund und Länder ihren Sanierungsaufwand auf insgesamt neun Milliarden Euro. Das teilten die Bundesminister für Finanzen und Umwelt, Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel (beide SPD), am 13.07.2007 mit. Sie unterschrieben eine Vereinbarung mit den vier Ländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.


    Quelle: http://www.lmbv.de">http://www.lmbv.de

  • Zitat von "RMA"

    Vor diesem Hintergrund kannst du vielleicht verstehen, wieso der Abriss von einigen einfachen (!) Bauten des 19. Jahrhunderts, die zumindest auf den existierenden Bildern in Heuersdorf zu sehen sind, m. E. noch vertretbar ist. Anbetrachts dessen, wie vergleichsweise einfach ein Fachwerkhaus zu translozieren ist, wäre die Denkmalpflege auch sicher tätig geworden, würde dort ein für die Geschichte und oder Entwicklung des Fachwerkbaus bedeutendes Gebäude stehen.


    Ehrlich gesagt kann ich das absolut nicht verstehen. Und wenn ich das Wort "bedeutendes" lese, gehen bei mir die Alarmglock an - zu oft habe ich als Ex-Sportschütze von den Vorschriften für das Waffensammeln und deren Willkürlichkeit gelesen ("kulturhistorisch bedeutsame Sammlung" für Ausnahmegenehmigungen).
    Denn in dem Fall entscheiden Theoretiker, die mit der umittelbaren Wirkung nichts am Hut haben. Wenn ein Gebäude die Wohnlichkeit und Wirtlichkeit der Umgebung unterstützt, ist das für mich bedeutsam genug. Deine theoretischen Erläuterungen sind für mich als Architekturlaien zwar überaus interessant, aber nicht bedeutsam in Bezug auf den Wunsch des Erhalts.

  • Zitat von "haussmann"

    Ehrlich gesagt kann ich das absolut nicht verstehen. Und wenn ich das Wort "bedeutendes" lese, gehen bei mir die Alarmglock an - zu oft habe ich als Ex-Sportschütze von den Vorschriften für das Waffensammeln und deren Willkürlichkeit gelesen ("kulturhistorisch bedeutsame Sammlung" für Ausnahmegenehmigungen).
    Denn in dem Fall entscheiden Theoretiker, die mit der umittelbaren Wirkung nichts am Hut haben. Wenn ein Gebäude die Wohnlichkeit und Wirtlichkeit der Umgebung unterstützt, ist das für mich bedeutsam genug. Deine theoretischen Erläuterungen sind für mich als Architekturlaien zwar überaus interessant, aber nicht bedeutsam in Bezug auf den Wunsch des Erhalts.

    Die Frage stellt sich hier doch gar nicht. Der Ort wird abgebaggert, die Bewohner umgesiedelt, das ist nunmal Fakt und keine Theorie, und juristisch, so vermute ich mal, bis zur letzten Instanz durchgeklagt. Wieviel Prozent der Bewohner werden nun weiter in den Häusern des 18. und 19. Jahrhunderts wohnen wollen bzw. diese transloziert sehen wollen, wenn man ihnen eine dicke Abfindung zahlt, um sich ein nagelneues Haus mit allem Schnickschnack zu kaufen?

    Man kann ja selbst in diesem Forum von Freunden historischer Bausubstanz sehen, wie mies die generelle Rezeption von Fachwerkgebäuden in der Bevölkerung ist, z. B. gegenüber Gründerzeitlern, die zwar künstlerisch wertvoll, aber schon gegenüber einem zweistöckigen Fachwerkhaus konstruktiv anspruchslos sind.

    So, und nun stehen diese alten Häuser leer, und die einstigen Bewohner haben (die verlorene Heimat einmal ausgeklammert) Geld für neue bekommen. Und nun soll man diese Häuser auf Staatskosten und somit die Kosten des Steuerzahlers gleich der Kirche translozieren - sorry, da frage ich wohin und warum? Aus Prinzip?

  • Jetzt ist auch Nietzsches Geburts- und Grabesort, das prächtige Lützener Renaissanceschloss und das Schlachtfeld auf dem 1632 Schwedenkönig Gustav Adolf die katholische Liga beinahe besiegte, bevor ihn eine Kugel tödlich traf, dran.

    Zitat

    Die Stadt Lützen mit ihren 1200 Grundstücken und 2700 Einwohnern dürfte auch für die Mibrag und ihre fernen Eigentümer, zwei amerikanische Bergbaukonzerne, kaum zu entschädigen sein. Aber können ein wortgewaltiger Philosoph und ein General des Dreißigjährigen Krieges sie aufhalten? Die Bürgermeister und auch die regionale Bürgerinitiative hoffen es. Aber der Vorsitzende der örtlichen Nietzsche-Gesellschaft, Ralf Eichberg, bleibt nüchtern: „In dieser Region kann man keine Politik gegen die Braunkohle machen.“ Schon im Kreistag stimmten alle Parteien außer den Grünen für die Probebohrungen.


    http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11…_Kraftwerk.html

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Röcken ist wirklich ein interessanter Ort. Zusammen mit Klosterpforta und Naumburg ein Muss für Nietzsche-fans. Ich glaube kaum, dass der Ort selbst (mit Taufkirche, Grab und Geburtshaus) weggebaggert wird. Da wäre das Imageschäden einfach zu gross für die Mibrag. Wahrscheinlicher ist eher die Zerstörung der Landschaft um Lützen und Röcken, was natürlich auch schlimm wäre. Noch ist nichts entschieden, und die DDR hatte ja schon Probebohrungen durchgeführt - die Qualität der Kohle war zu gering. Das mag sich wohl kaum geändert haben?

    So weit ich gelesen habe, gibt es keine Pläne, die eine Zerstörung der Stadt Lützen vorsehen. Die Stadt ist einfach zu gross.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • dein Wort in Gottes Ohr! aber du kennst die hiesige polit-clique nicht. die windkraftbranche hat hier, wegen ein paar hundert arbeitsplätzen, ganze landstriche verunstalten dürfen. da schrecken die doch vor röcken nicht zurück

  • Schon allein, die Abbaggerung eines solchen Ortes in Erwägung zu ziehen, ist Frevel. Glücklicherweise ist da noch lange, lange nichts entschieden.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Die sogenannte "Polit-Clique" (schon das Wort ist unsachlich) hat aber auch dafür gesorgt, dass die Heuersdorfer Kirche per Auflage an die MIBRAG erhalten wurde, haltenzugnaden.

    Wenn ich mir das hier so durchlese, sehe ich bis auf wenige Ausnahmen kleinkarierte Meckerei und einen ganz muffigen Kulturpessimismus (es geht ja eh alles zum Teufel...). Konstruktiv ist das jedenfalls alles nicht.

    Es müßte an dieser Stelle vielmehr darum gehen, ob man für unsere alltägliche Bequemlichkeit, welche mit einem hohen Energiebedarf einhergeht, Teile unseres Kulturerbes opfern darf.

    Ich sage: Ja das darf man. Ihr wollt keine Windkraft, denn das ist ja ganz entsetzliche Landschaftsverschandelung, Kohle ist sowieso klimaschädlich, Atomstrom ist gleich die Todsünde. Liebe Leute, was wollt ihr dann? Glaubt ihr etwa diesen Unsinn, das man mit Sonnenkollektoren und etwas Biomasse (10% Wirkungsgrad sprechen ja für sich... /-) ) alle heutigen Energieträger ersetzen kann? Ich bitte Euch, wie lächerlich.

    Jedenfalls bin ich mir sicher, daß ich eine Wette gewinnen werde:

    In 20 Jahren werden sich die Ökofaschisten alle beruhigt zurücklehnen können. Wir werden in der Tat keine Kohle- und Atomkraftwerke mehr haben, die hässlichen Windräder werden wieder abgebaut. Stattdessen haben wir aber ein schmutziges Geheimnis: Wir werden zu einem ganz erbärmlichen Strom-Importland werden. Der Strom für unsere iPODs, elektrischen Zahnbürsten, etc. wird in Atomkraftwerken Frankreichs, Tschechiens oder Polens erzeugt. Die Erzeuger dort reiben sich jetzt schon die Hände ob dieser haaresträubenden Diskussion. Auch die ukrainischen Kohlekonzerne Shimoda und DonBass frohlocken schon.

    Typisch deutsch eben: Wir haben moralisch eine weisse Weste und brüsten uns damit, ohne zu merken, daß es uns ganz gewaltig aus der Hose stinkt. :augenrollen::zwinkern::boese: :o :boese:

    Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es dahin. (Seneca)

  • Zitat von "Weltfrieden"

    Mit den Tagebauen verlieren wir alles und endgültig: die 300jährige Napoleoneiche, die oberschächtige Wassermühle aus dem 17.Jahrhundert, das unentdeckte Fürstengrab aus der Völkerwanderungszeit oder die noch unentdeckte Himmelsscheibe aus der Bronzezeit... einfach alles - das vollkommene Auslöschen einer Kulturlandschaft.

    Volle Zustimmung!!! Ich mag garnicht daran denken, was uns damit verloren geht. Und das alles für den "Fortschritt".

  • nicht für einen abstrakten "fortschritt", sondern damit w i r es warm, hell und komfortabel haben. so ehrlich muss man schon sein. und dass darauf keiner verzichten will, gehört auch zur ehrlichkeit.

    Weltfrieden: die wirtschaftlichen probleme des leipziger südraums hängen ganz wesentlich damit zusammen, dass hier anfang der 90er schlagartig mehrere tagebaue/kraftwerke/brikettfabriken geschlossen wurden. aber die entwicklung seit dem zeigt auch, dass braunkohletagebaue eine [lexicon='zäsur'][/lexicon], jedoch nicht das ende einer landschaft darstellen: der rekultivierte leipziger südraum ist auf dem besten wege, sich zu einer faszinierenden erholungslandschaft zu entwickeln. mit seen, wäldern und beeindruckenden denkmälern - stählernen förderbrücken und steinernen brikettfabriken, die heute kulturell genutzt werden.
    geschichte ist lebendig. sie wird jeden tag weiter geschrieben. sich dessen bewusst zu werden, ermöglicht, historisch zu denken.

  • Zitat von "rakete"

    nicht für einen abstrakten "fortschritt", sondern damit w i r es warm, hell und komfortabel haben. so ehrlich muss man schon sein. und dass darauf keiner verzichten will, gehört auch zur ehrlichkeit.

    Wie naiv. Hier wird gebaggert, damit eine US-Firma Gewinn macht. Ob Du es warm, hell und komfortabel hast, ist denen egal.

    Zitat

    MIBRAG entstand 1990 zunächst durch Privatisierung des früheren Kombinat Braunkohle Bitterfeld die Vereinigten Mitteldeutschen Braunkohlenwerke AG. Im Jahr 1994 wurden große Teile dieser Firma durch das britisch-amerikanische Firmenkonsortium PowerGen - NRG Energy - Morrison Knudsen (seit 2000 Teil der Washington Group International) aufgekauft und es entstand die MIBRAG mbH. Heute gehört die Gesellschaft zu gleichen Teilen der Washington Group International und NRG Energy.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Mitteldeu…lengesellschaft

    Die machen es Dir wärmer, als Dir lieb ist:

    Zitat

    Washington Division supports the departments of Defense and State, United States Army Corps of Engineers (USACE) and all life-cycle military programs with a host of services.

    http://www.wgint.com/markets/defens…ces/closure.php

    Der neue Mutterkonzern URS bietet den vollen "support":

    http://www.urscorp.com/EGG_Division/m…enseSupport.php

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Zitat von "rakete"

    wo liegt das problem?

    Hier:

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große