Guben (Gubin) - Wiederaufbau der Stadt- und Hauptkirche

  • Seit 2005 gibt es in der geteilten Stadt Guben eine polnische Stiftung und einen deutschen Förderverein, die beide gemeinsam die im Zweiten Weltkrieg zerstörte gotische Stadt- und Hauptkirche wiederaufbauen wollen. Die Kirche steht in der östlich der Neisse gelegenen Altstadt von Guben, die heute Teil der polnischen Stadt Gubin ist. Sie gehört zu den größten Sakralbauten der Niederlausitz und prägt auch noch als Ruine das Stadtbild von Guben.
    Nach ersten Sicherungsarbeiten soll 2008 der Turm wieder begehbar gemacht werden, ein Jahr später soll das Kirchenschiff folgen. Bei einer Umfrage sprachen sich die meisten Teilnehmer für einen historischen Wiederaufbau aus, allerdings steht die künftige Gestaltung des Daches noch nicht fest. Auch ein Glasdach wird diskutiert. E-Mails an den Förderverein wären deshalb sinnvoll und sind auch ausdrücklich erwünscht.

    http://www.stadtkirchegubin.de\r
    http://www.stadtkirchegubin.de

  • Ging soeben heraus:


  • Danke, Oliver! :) Wenn man sich die historischen Abbildungen auf der Website anschaut, dann bildete vor allem das riesige Ziegeldach der Backsteingotik-Kirche, das alleine etwa dieselbe Höhe wie das Kirchenschiff darunter erreichte, mit dem zierlichen Rathaus daneben ein sehr eigenwilliges und malerisches Ensemble. Ein Glasdach würde diese Situation stark beeinträchtigen.

  • Zitat

    Wenn man sich die historischen Abbildungen auf der Website anschaut, dann bildete vor allem das riesige Ziegeldach der Backsteingotik-Kirche, das alleine etwa dieselbe Höhe wie das Kirchenschiff darunter erreichte, mit dem zierlichen Rathaus daneben ein sehr eigenwilliges und malerisches Ensemble. Ein Glasdach würde diese Situation stark beeinträchtigen

    Das riesige Ziegeldach hat mit dem Bestreben in der Spaetgotik im nordostmitteldeutschen Raum zu tun, die ganze Kirche in Einem Form zu vereinen. Die Satteldaecher decken dann eine Backsteinhallenkirche. Diese Form gibt es auch in Frankfurt an der Oder (Marienkirche), Koenigsberg in der Neumark und in Stettin. Hinrich Brunsberg aus Stettin soll bei der Entwicklung des Bautyps eine Rolle gespielt haben.

    Das Stadtbild des alten Guben erinnert stark an andere niederlausitzer Staedtchen wie Luebben oder Luckau. Relativ kleine, schmucke Buergerhaeuschen umstehen eine grosse Backsteinhallenkirche mit Satteldach. Das Satteldach gehoert -schon konstruktiv- zum Wesen der Hallenkirche und deshalb auch des Stadtbildes. Man sollte sich den Wiederaufbau der Kirche zu Beeskow zum Vorbild nehmen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Gottfried Kiesow behauptet in seinen sehr lesenswerten Büchern zur Backsteingotik sogar, dass die Tendenz zu großen und einheitlichen Baukörpern bei den spätgotischen Kirchen bereits von der Renaissance beeinflusst war. Dass in Italien mittlerweile ganz anders gebaut wurde, wusste man nämlich auch im Norden. Der Unterschied gegenüber hochgotischen Kirchen mit ihren durchbrochenen Wänden, ihrem komplizierten System von Strebebögen und -pfeilern, Haupt-, Quer- und Seitenschiffdächern ist tatsächlich sehr markant.

    Hinrich Brunsbergs Kirchen sind Meisterwerke. Die Katharinenkirche in Brandenburg gehört dazu.

  • Zum Vergleich zwei Kirchen von Hinrich Brunsberg:

    Die Marienkirche in Koenigsberg in der Neumark:

    Quelle: Bildindex.de

    Die Jakobikirche in Stettin:

    Quelle: Bildindex.de

    Ich finde die Idee, die Eigenart der dt. Spaetgotik, die ganze Kirche in Einen Form zusammenzufassen und das ganze konstruktive Strebewerk nach innen zu verlegen stamme vom Einfluss der it. Renaissance, etwas weit hergeholt. Weshalb wuerde sie denn gerade im nordostdeutschen Raum so ausgepraegt sein ? Man sieht im dt. Raum auch schon an frueheren Basiliken, zB. am Magdeburger Dom, dass freistehende Strebepfeiler un Luftboegen weggelassen werden. An hochgotischen Kirchen in Holland (Leiden, Haarlem, Alkmaar) sieht man sie auch nicht.
    Hallenkirchen gibt es uebrigens auch sehr viele im suedlichen Flandern, wo sie ein unterscheidendes Merkmal dieser Kulturlandschaft sind (St. Maurice in Lille, kirchen in Hazebroucq, Kassel, Bergues, Dunkerque) Dort hat man fuer die grosse flaeche, die ein Dachstuhl natuerlicherweise bei einer Hallenkirche zu ueberbruecken hat, eine andere Loesung gefunden: man hat ueber der Kirche mehrere kleinere Dachstuehle nebeneinander gesetzt. Zum Beispiel die Hallenkirche von Cassel:

    Quelle: http://www.villagesdefrance.free.fr">http://www.villagesdefrance.free.fr

    Die Literatur will der Ursprung der nordischen Hallenkirchen auch oft in den Hallenkirchen und Kuppelkirchen der Anjou und Poitou sehen. Aber auch dort braucht es mE. keinen zwingenden Zusammenhang zu geben. All diese Formen koennen sich doch auch sehr wohl unabhaengig voneinander entwickelt haben ?

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Manche Kunsthistoriker gehen auch davon aus, dass die Tendenz zur Hallenkirche bzw. zum Einheitsraum bereits in der Architektur der Bettelorden und der Zisterzienser angelegt gewesen sei.

    Übrigens ein schönes Projekt.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Gibt es hier eigentlich irgendwelche Neuigkeiten, von denen Foristen aus dem Landkreis Spree-Neiße oder dem übrigen Brandenburg uns berichten könnten ?
    Aus der Ferne betrachtet macht es nämlich den Eindruck, als ob die Stadtkirche lediglich vor sich hindümpelt, während die Klosterkirche im deutschen Westteil der Stadt demgegenüber ja quicklebendig zu sein scheint...

  • Es wäre schön, wenn der Blödsinn mit den "zwei Städten" endlich unterlassen würde. Aus bekannten Gründen wurde Guben 1945 in Ost- und Westguben geteilt, wobei fortan Ostguben den polnischen und Westguben den weiterhin deutschen Teil der Stadt bildet. "Gubin" heißt nichts anderes als Guben; und zweimal "Guben" kann es ja wohl nicht geben. Die uns Deutschen 1945 genommenen (Teil)-Städte und Dörfer überhaupt mit polnischer Phonetik zu belegen bzw. sich beflissen eher die Zunge zu brechen als ganz selbstverständlich auch weiterhin von Breslau, Bunzlau und anderen Orten deutsch zu sprechen ist so nur bei den Deutschen denkbar. Oder ist etwa ansonsten von "Praha", "Milano" oder "Warszawa" die Rede ? Nein, sicher nicht, aber ausgerechnet "unsere" ehemaligen Städte sollen nun nicht mehr in deutscher Sprache benannt werden ? Und wenn selbstverständlich doch, dann kann angelehnt an die Teilung dieser an Oder und Neiße gelegenen Städte jeweils nur von Ost-Guben/West-Guben wie auch von Ost- und West-Görlitz (und zwei weiteren) die Rede sein ! Zu anspruchsvoll ? Ich hoffe nicht !

  • Mir ist auch noch kein Deutschsprachiger untergekommen, der von "Roma" statt von "Rom" spricht, um deutlich zu machen, dass kein deutscher Besitzanspruch besteht.

    Und zum grassierenden Universalismus passen die künstlichen Sprachtrennungen ohnehin nicht - aber wenn es gegen Deutschland geht...

  • Es wäre schön, wenn der Blödsinn mit den "zwei Städten" endlich unterlassen würde. Aus bekannten Gründen wurde Guben 1945 in Ost- und Westguben geteilt, wobei fortan Ostguben den polnischen und Westguben den weiterhin deutschen Teil der Stadt bildet. "Gubin" heißt nichts anderes als Guben; und zweimal "Guben" kann es ja wohl nicht geben.

    Grundsätzlich stimme ich zu, dass deutsche Namen für nicht- (mehr) deutsche Städte, vollkommen akzeptabel sind. (Bis auf sehr wenige Ausnahmen: "Litzmannstadt" sollte man sich vielleicht schenken, "Laibach" wird auch eher ungern gehört). Aber man muss sich wirklich nicht darüber echauffieren, wenn jemand diese Stadt Gubin nennt, gerade im Bezug auf Polen hat das doch etwas sehr revisionistisches, Deutschsprachlern geradezu verbieten zu wollen, wenn sie aus Respekt oder aus Unkenntnis z.B. von Wrocław sprechen.
    Natürlich gibt es heute zwei mal Guben. Es sind zwei voneinander unabhängige Gemeinden. Eine polnische und eine deutsche Stadt, die aus einer ehemals gemeinsamen Stadt entstanden sind. Die Umstände, die zu der Teilung der Stadt gefüht haben, sind natürlich mehr als bedauerlich, ändern aber nichts an den heutigen Fakten. Natürlich ist es schön und wünschenswert, wenn der zerschlagene Organismus der alten Stadt Guben nach und nach wieder zusammenwächst. Aber das geht nicht ohne die Polinnen und Polen und damit auch nicht ohne Gubin, das seit über 70 Jahren Realität ist, ob man es nun Guben, Gubin oder Ost-Guben nennt. Übrigens läge es jedem Polen fern, beispielsweise (West)-Görlitz das Exonym Zgorzelec aufzuoktroyieren. Bei "Drezno" ist es wiederrum anders. Es hat auch manchmal einfach pragmatische Gründe. Realität schafft Sprache schafft Realität. Es wird sich zeigen, ob die polnischen und deutschen Grenzgebiete und Grenzsstädte weiter zusammenwachsen werden oder in welche Richtung sich das Ganze entwickelt.

    5 Mal editiert, zuletzt von Kaoru (13. Dezember 2018 um 00:29)

  • @ Heilig-Geist-Viertel

    Sie haben meine volle Zustimmung. Wir sollten endlich mit dieser sprachlichen Verkrampfung aufhören und die Städte ausnahmslos wieder so benennen, wie sie über Jahrhunderte geheißen haben.
    Wie verquer diese geschichtsklitternde Verwendung von fremdsprachigen Namen für ehemals deutsche Städte durch die Deutschen selber eigentlich ist, läßt sich gerade am Beispiel der ‚Perle der Niederlausitz’ bestens illustrieren: Der heutige Westteil der Stadt trug zu DDR-Zeiten den gekünstelten Namen ‚Wihelm-Pieck-Stadt-Guben’. Pech nur, daß Wilhelm Pieck eben gerade nicht in der Klostervorstadt zwischen Schwarzem Fließ und Neiße, sondern in der Altstadt zwischen Lubst und Neiße – und zwar in der Königsstraße Nr.28 das Licht der Welt erblickte. Somit hätte eigentlich der Ostteil der Stadt nach Wilhelm Pieck benannt sein müssen….
    Die Polen haben dies aber wohlweislich nicht getan und – Gott sei Dank – auch nicht andere deutsche Städte, in denen sich dieser Politiker im Laufe seines Lebens länger aufgehalten hat, denn sonst hätte auch Bremen, in dem er von 1896 bis 1910 lebte, Bürgerschaftsabgeordneter war und mit seiner Bremer Ehefrau das Haus Alwinenstraße Nr.26 bewohnte, ein Anrecht auf den zweifelhaften ‚Ruhm’ sich ‚Wilhelm Pieck Stadt’ nennen zu dürfen. Immerhin war er nicht der einzige Gubener den es nach Bremen verschlug – und das ist auch gut so…

  • Wer aus Respekt meint, "Wroclaw" sagen zu müssen, aber mit "Straßburg" kein Problem hat, bezeugt unwillkürlich, dass für sie/ihn die ehemaligen deutschen Ostgebiete ein ganz besonderer Fall sind. Das würde mir als Pole erst recht komisch und verdächtig vorkommen.

    Die Unkenntnis ist ein anderes Ding. Da sollte man gelassen mit umgehen. Allerdings rührt diese meist daher, dass die obige "Respektgruppe" wie Lehrer und Medien die Sprache von Schülern bestimmt. Ich habe da schon Leute erlebt, die bekamen einen regelrechten Wutanfall, als der Name "Breslau" fiel.

  • Wer aus Respekt meint, "Wroclaw" sagen zu müssen, aber mit "Straßburg" kein Problem hat, bezeugt unwillkürlich, dass für sie/ihn die ehemaligen deutschen Ostgebiete ein ganz besonderer Fall sind.

    Sind sie auch. Die deutschen Ostgebiete sind unter vollkommen anderen Bedingungen polnisch geworden, als Elsaß-Lothringen französisch. Die ehemaligen deutschen Ostgebiete waren bis vor wenigen Jahrzehnten viel mehr für Polen in Gefahr (gleich wie unrealistisch es auch tatsächlich war), die deutsch-französische Freundschaft ist weitaus langanhaltendender und stabiler, das Vertrauen stärker, als es beim Verhältnis zwischen Deutschland und Polen der Fall ist. Und ich sage ja nichts gegen Breslau, aber ich kann verstehen, wenn nicht jeder Mensch in jeder Situation (noch gar vor Ort) Breslau sagen möchte, aus unterschiedlichsten Gründen.

  • Also bevor man Wrocław als "Frotzlaff" auswirft, sollte man doch bei Breslau bleiben. Ich denke, damit tut man sowohl Deutschen als auch Polen einen großen Gefallen.

    Zu Guben jenseits der Neiße muss man wohl anmerken, dass das ehemalige Stadtzentrum fast noch schlimmer dran ist, als in Zerbst. Abgesehen vom Rathaus und der Kirchenruine steht da nämlich nichts mehr.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia (13. Dezember 2018 um 06:34)