• Oben ist auch eine Öffnung im Zaun, vielleicht damit man aus mehreren Metern Höhe auf die Straße springen kann. Also entweder ist das wirklich moderne Kunst oder die haben noch irgendwas schreckliches damit vor - Mauerdurchbrüche, weitere Gestänge-Anbauten... Immerhin ist der Schrott ja schon ein wenig grün verschmiert worden.

  • Wenn ich die Informationen richtig verstanden habe (Bitte um Korrektur, falls nicht) wurde eine modernistische Treppe an den Turm gebaut, ohne eine darauf abgestimmtes Nutzungskonzept zu erstellen und in diese Planung mit einzubeziehen. Die Abbrucharbeiten wären umfangreicher als gedacht und aus denkmalschutzrechtlichen Gründen zu unterlassen. Also hat Augsburg jetzt einen Turm, dessen Nutzung ungewiss ist, an dem aber schon mal eine darauf abgestellte unpassende Treppe angebaut wurde, die aber wegen Veränderung der Bausubstanz nicht angeschlossen werden darf.
    Wer bittschön hat denn da sein Hirn ausgeschaltet? :gehtsnoch:

    P.S. Übrigens kann man historisierende nachträgliche Bauteile sicherlich dauerhaft als "neue Zutat" kennzeichnen, damit spätere Generationen diese Teile von Originalsubstanz unterscheiden können. Macht der Restaurator von alten Filmen, bei denen zu wenige Bilder pro Sekunde (Slapstickeffekt) vorhanden sind, auch. Da werden die neuen Bilder mit "Interpoliert" gekennzeichnet.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Da das Türmle an der Stelle vom Stadtgraben isoliert übrig geblieben ist kann man evtl sagen dass eine Rekonstruktion der Mauer irgendwie denkbar wäre, aber nicht wünschenswert. Mir geht die romantische Nostalgie und Verachtung der Moderne die hier durchschimmert wirklich gegen den Strich. Auch ist es kein Zufall dass der Großteil der Befestigungsanlagen im 19. Jahrhundert geschliffen wurde (Kriegsschäden sind vergleichsweise gering).

    Das hat die Stadt einfach eingeengt und Viertel getrennt, weil sich die Stadt längst auch jenseits der alten Mauern ausgebreitet hatte. Das wäre heute nicht anders wenn man daran denkt die Wehranlagen zu rekonstruieren, sogar noch drastischer da die Stadt noch deutlich verdichteter ist. Und umgekehrt, was wäre denn ein unvollständiger Wiederaufbau der Wehranlagen anderes als groteske Kulisse für Touristen. Nein, die originale Substanz erhalten und gerne auch laufend durch "Neusteine" am Leben erhalten usw., aber keine Rekonstruktionen mehr. Und was ist mit der Entwicklung des alten Stadtgrabens die letzten 150 Jahre, seit die Wehranlagen geschliffen wurden? Ist dieser Zustand, als Grüngürtel rundherum um die Kernstadt Augsburg, nicht erhaltenswert? Lebenswert ist er allemal! Nicht zuletzt dadurch ist Augsburg eine der grünsten Städte.

    Und das Türmel steht nutzlos und leer herum, an der städtischen Peripherie; arg mehr als Wohngebiet ist da ja nicht. Mit der Treppe hätte man den Turm zugänglich gemacht und nutzen können; wodurch mehr als Anwohner die den Hund Gassi führen etwas davon gehabt hätten. Baudenkmäler haben letztlich keinen Wert an sich sondern verkommen zum verstaubten Museumsstück für Liebhaber und privilegierte Archivare, mit den entsprechenden Generalschlüsseln um sich quasiprivaten Zugang zu verschaffen, wenn sie nicht stets fortentwickelt und neuen Nutzungen zugeführt werden.

    Und dem Zeughaus hat es beispielsweise auch nicht geschadet dass es heute als städtisches Veranstaltungszentrum, Ausstellungsraum und Gastronomie dient, inkl. deutlicher zeitgenössischer Ergänzungen zu diesem Zwecke (Glastüren, Sonnenschirme usw.) die bestimmt bei der originalen Nutzung als städtisches Arsenal nicht anzutreffen waren. Und was ist mit der Stadtmetzg, jetzt dient sie als städtisches Verwaltungsgebäude und wir damit weit unter Wert genutzt, solange man nicht zum Sozialamt muss bekommt man das Innere nicht zu sehen.

    Aber eine öffentlichere Nutzung ist nur denkbar wenn auf dem rückwärtigen Platz ein zusätzlicher Annex geschaffen wird, denn sonst genügt es einfach in seinen Gegebenheiten modernen Ansprüchen nicht und die entsprechende Nutzung wird in einem 0815 Neubau realisiert - die Alternative ist ja nie "konservatorischer Ansatz oder respektvolle Fortentwicklung" sondern "respektvolle Fortentwicklung oder Stagnation" - wodurch letztlich auch der Erhalt der historischen Substanz als solcher leidet, wie in Augsburg in großer Zahl bereits in der Vergangenheit zu erleben war.

    Die Stadt ist einfach nicht wohlhabend genug, ist auch nicht von reichhaltigen Bundesprogrammen verwöhnt mit denen ja nur die ganzen ostdeutschen historischen Stadtkerne saniert werden konnten. Entweder ein Gebäude trägt sich eben durch eine Alltagsnutzung oder es wird nicht erhalten, das sind die Alternativen. Ich denke nicht dass der Turm so erhalten werden kann wie er es verdient hätte wenn es einfach weiterhin eine leere ungenützte Hülle am Straßenrand bleibt. Das ist gegenüber dringenden Baustellen wie Schulsanierungen, Sanierung des Klinikums und vielen anderen Dingen einfach auch nicht darstellbar wenn nicht wenigstens eine öffentliche kulturelle Nutzung - wie die "Alt Augsburg Gesellschaft" sie plante - möglich wird. Und im jetzigen baulichen Zustand kommt man schlicht und ergreifend nicht in den Turm rein, es gibt keinen alltagstauglichen Zugang, und für die Außentreppe hätte man lediglich an der Seite die Außenmauer dort aufgebrochen wo es ohnehin schonmal einen Zugang (damals eben von der Wehrmauer) gab der später zugemauert wurde, diesen Zugang wieder zu nutzen dafür sollte diese neue Außentreppe sorgen - dafür und für nichts anderes.

  • @ auxle:
    Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz, gegen wen du da gerade argumentierst. Es hat sich hier doch niemand gegen eine Erschließung und Umnutzung des besagten Turms bzw. überhaupt gegen eine den Turm erschließende Treppe ausgesprochen; Wehranlagen braucht man heutzutage in der Tat nur noch eher selten.

    In unseren Diskussionen geht es doch nur darum, dass die konkrete Treppe als ästhetisch inakzeptabel gesehen, weil sie sich in keiner Weise dem bestehenden Bauwerk anpasst. Und das wiederum hat seine Ursache in bestimmten unreflektierten Doktrinen des Denkmalschutzes, über die mittlerweile auch (endlich!) an den Universitäten diskutiert wird.
    Gegen eine andere, dem Bauwerk angepasste Treppe, wie sie etwa von BautzenFan an einem anderen Beispiel gezeigt wurde, hätte hier mit Sicherheit niemand etwas. Und gegen eine kulturelle o.ä. Nutzung des Turms hat hier auch niemand etwas. Ganz im Gegenteil!

    Insofern habe ich den Eindruck, da liegt einfach ein ziemliches Mißverständnis deinerseits vor, worum es uns hier geht. Nämlich überhaupt nicht um die Frage "Treppe ja oder nein?", sondern um die Frage "Wie soll die Treppe in ästhetischer Hinsicht gestaltet sein?"
    Soll sie als grober, unsensibler Klotz den Turm ästhetisch und baugeschichtlich ruinieren oder soll sie ihn behutsam und sensibel ergänzen. Darum geht es und um nichts anderes.

    Also am besten weg mit dem Ding und eine angepasste Treppe gebaut, bei der die ganzen Probleme nicht auftauchen. Dann ist jedem gedient.

  • "Philon" hat alles auf den Punkt gebracht. Niemand hat etwas gegen eine Nutzung des Turmes - im Gegenteil.
    "auxle" schreibt:

    Zitat

    Mir geht die romantische Nostalgie und Verachtung der Moderne die hier durchschimmert wirklich gegen den Strich.


    Das zeigt eine Positionierung, die sich nicht gerade im Widerspruch zum herrschenden Zeitgeist befindet. Und aus diesem Grund überrascht auch nicht, daß mit allen greifbaren "Gegenargumenten" um sich geworfen wird, nur um einer Änderung gegenwärtiger Trends in der Öffentlichkeit entgegen wirken zu können.
    Etwa:

    Zitat

    Die Stadt ist einfach nicht wohlhabend genug, ist auch nicht von reichhaltigen Bundesprogrammen verwöhnt mit denen ja nur die ganzen ostdeutschen historischen Stadtkerne saniert werden konnten. Entweder ein Gebäude trägt sich eben durch eine Alltagsnutzung oder es wird nicht erhalten, das sind die Alternativen. Ich denke nicht dass der Turm so erhalten werden kann wie er es verdient hätte wenn es einfach weiterhin eine leere ungenützte Hülle am Straßenrand bleibt.


    Man glaubt doch wohl nicht ernsthaft, daß sich das Gebäude fortan finanziell trägt, bloß weil in seinem Inneren in Zukunft ein paar Minikonzerte oder Lesestunden für Kinder stattfinden. Im Gegenteil, das zugehörige Kulturprogramm wird ein zusätzliches Zuschussgeschäft, eine zusätzliche Belastung für den städtischen Haushalt werden.
    Oder etwa:

    Zitat

    Ich denke nicht dass der Turm so erhalten werden kann wie er es verdient hätte wenn es einfach weiterhin eine leere ungenützte Hülle am Straßenrand bleibt. Das ist gegenüber dringenden Baustellen wie Schulsanierungen, Sanierung des Klinikums und vielen anderen Dingen einfach auch nicht darstellbar wenn nicht wenigstens eine öffentliche kulturelle Nutzung - wie die "Alt Augsburg Gesellschaft" sie plante - möglich wird.


    Dem schließt sich die Frage an, inwiefern ein Verbleib des Turms als "ungenutzte Hülle" in irgendeinem Zusammenhang mit der gefährdeten Sanierung von Schulen und Krankenhäusern steht. Man ist auch hier versucht, von einem weiteren "modernistischen" Scheinargument zu sprechen.
    Wenn man wirklich will, daß in Zukunft keinerlei Kosten mehr für die Stadt entstehen, müßte man das Gebäude eben verkaufen und einem privaten Investor überlassen. Der könnte es z.B. zum Wohnhaus machen, mit einem (angepassten) Anbau daneben. Doch hiergegen ist man ja ebenfalls, sogar bereits schon gegen den

    Zitat

    quasiprivaten Zugang

    einiger stadtgeschichtlich interessierter Liebhaber.
    "auxle" schrieb:

    Zitat

    Und im jetzigen baulichen Zustand kommt man schlicht und ergreifend nicht in den Turm rein, es gibt keinen alltagstauglichen Zugang, und für die Außentreppe hätte man lediglich an der Seite die Außenmauer dort aufgebrochen wo es ohnehin schonmal einen Zugang (damals eben von der Wehrmauer) gab der später zugemauert wurde, diesen Zugang wieder zu nutzen dafür sollte diese neue Außentreppe sorgen - dafür und für nichts anderes.


    Völlig richtig, und "Philon" hat noch richtiger festgestellt, daß es hier eben gar nicht um das ob einer Treppe, sondern um das wie geht.

  • Zitat von "Kardinal"

    Muß es einem merkwürdig vorkommen, daß die Vorsitzende der Alt-Augsburg-Gesellschaft (Anne VOIT) gewisse Namensähnlichkeiten mit dem Architekten der Treppe (Johannes VOIT) hat?

    Naja, ich möchte ja nichts unterstellen...


    Nun ja, wie ich gerade in einem Artikel gelesen habe, den ich irgendwo im Netz gefunden habe, ist Anne Voit die Mutter von Johannes Voit.

    Johannes Voit wiederum scheint, wenn man sich die website seines Büros so anschaut, mit Vorliebe im Stil des Betonbrutalismus der frühen 70'iger Jahre, "abgemildert" mit ein bißchen Glaskasten-Langweiler-Architektur à la späte 90'iger zu bauen: Voit & Partner | Profil
    Irgendwie sieht da alles aus, wie der unsägliche 70'iger Jahre-Gymnasiums-Neubau, auf den ich als Schüler gegangen bin.

    Und was kommt heraus, wenn ein solcher Architekt der Sohn der Vorsitzenden einer Altstadt-Gesellschaft ist ... richtig geraten: eine typisch deutsche Provinzposse!
    Armes Augsburg.