Traditonelle Architektur in Architekturzeitschriften!

  • Ein verwandter Architekt versorgt mich öfters mit Architekturzeitschriften, wenn diese für mein Studium relevante Beiträge haben. So geschehen Anfang September und da ich denke, dass die Beiträge auch für andere Forennutzer äußerst interessant sein dürften, will ich hier auf folgende Zeitschriften hinweisen:

    # Baumeister (B9/Septemberausgabe),

    darin gibt es eine Beilage (BX) zu den 9.Dortmunder Architekturtagen, die sich mit dem Thema "Stadtbaukunst - <Das Dach>" befassen. In der Beilage schreiben Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne und Klaus Theo Brenner. Sonne setzt sich mit dem Irrtum moderne Architektur mit Flachdächern gleichzusetzten bzw. Steildach und Giebel als reaktionär und dörflich anzusehen auseinander.

    Mäckler kritisiert in seinem Artikel wiedereinmal die Engstirnigkeit der Architekturlehre und bezeichnet "Dach und Giebel als Voraussetzung für Stadtbaukunst", lobt den Prinzipalmarkt in Münster und fordert die Architekten auf auch Häuser mit Dach und Giebel zu entwerfen, die sich in Ensembles einfügen, um Bürger und Architekten wieder zusammenkommen zu lassen.

    Auszüge: "Es sind die einfallslosen Architekten, die dem Bauensemble eines einheitlichen Stadtbildes noch heute etwas entgegensetzen müssen, in einer Zeit in der die Gesellschaft [...] die Rekonstruktion ganzer Stadtteile verlangt. Ohne Rücksicht auf die Kultur des Ortes, seiner Geschichte, seiner Materialien und Bauformen setzt der Architekt sein persönliches, subjektiv als schön empfundenes Objekt in den Raum."

    "Wenn wir Architekten [...] glauben, das Dach als etwas ewiggestriges abtun zu können, wenn wir in unserer überheblichen Arroganz und Selbstverliebtheit glauben, uns über die Bedürfnisse der Gesellschaft [...] hinwegsetzen zu können, wird die Gesellschaft uns in ihrer Hilflosigkeit gegenüber unserer Unbeweglichkeit zwingen, solches zu tun [also Häuser mit steilen Dächern zu bauen]. Dann aber nicht zeitgemäß, sondern in mittelalterlicher oder barocker Form."

    K.T. Brenners Artikel ist betitelt "Dach als konstituierendes Element in der Architektur von Haus und Stadt" und stellt darin gleich zu Beginn fest, dass "wenn wir uns ein Bild über ein Haus machen wollen, distanzieren wir uns von allen zeitgenössischen Entgrenzungstendenzen formlos sich ausbreitender Objekt [...]. [...] unsere entwurfsbezogenen Überlegungen von jeglichem historischen Vorbehalt zu befreien und uns damit das gesamte historische Reservoir zugänglich zu machen - ohne die Verbotsschilder der klassischen Moderne [...].


    Wenn ich heute noch Zeit habe, schreibe ich auch was zur aktuellen Ausgabe des Deutschen Architektenblattes, das sich diesen Monat Rekonstruktionen als Titelthema hat und sogar das APH-Forum erwähnt. :zwinkern:

  • Nachschub.

    Deutsches Architektenblatt (09/07) - Rekonstruktionen: Kann man Geschichte bauen?

    An sich ein ziemlich bedeutendes Blatt, soweit ich weiß, bekommen das nämlich alle Architekten, die in den Architektenkammern sind. In der Ausgabe sind 16 Seiten dem Thema Rekonstruktionen gewidmet und die Bewertung fällt je nach Autor sehr unterschiedlich aus, allerdings findet man keine totale Verweigerungshaltung gegenüber den Rekonstruktionen.

    Besonders die Artikel von Roland Stimpel (Chefredakteur des DABs) heben sich sehr positiv von den anderen Beiträgen ab.

    Stimpel schreibt, dass die Architekten durch Fundemantalopposition nur sich selbst schaden und Klischees nähren würden. Man solle das Wiedererrichten von Gebäuden als eine typische Architektenaufgabe sehen, schließlich erfordere auch dies großes architektonisches Geschick. Auf einer halben Seite wird noch über einen Bürobesuch bei den Architekten Stuhlemmer berichtet.

    "Das Thema [Rekonstruktionen] verlangt Pragmatismus und keine Glaubenskriege. Architektonische Realos werden dringend gebraucht, um professionelle Qualitätsmaßstäbe zu entwickeln [...] zum Beispiel bei drohendem oberflächlichen Pfusch statt historisch sorgfältiger Rekonstruktionen."

  • Zitat von "faber"

    Nachschub.

    Deutsches Architektenblatt (09/07) - Rekonstruktionen: Kann man Geschichte bauen?

    An sich ein ziemlich bedeutendes Blatt...

    Habs auch gesehen, könnte ich mal heute abend einscannen/abfotografieren...

  • faber, Leipziger

    Vielen dank für die Infos, ein scan würde mich sehr interessieren - und sicher nicht nur mich. Vergesst dabei bitte nicht die Stelle, wo das aphforum erwähnt wird.

  • Wirklich erfreulich, diese Meinungen; jetzt wär nur interessant zu erfahren, wie repräsentativ sie sind. Bis nach Wien scheinen sich gerade die zitierte Einstellung zum Thema "Dach" nicht herumgesprochen zu haben. Hier gilt: Je extravaganter und kontrastreicher die zahlreich stattfindenden Dachausbauten ausfallen, umso mehr wird offiziell applaudiert...

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Das APH-Forum wird in der Glosse auf der letzten Seite des DAB erwähnt.

    Zitat

    Sprach-Spolien

    Bruchstein-Rhetorik gegen Lochblech-Prosa: Was Freunden und Gegnern von Rekonstruktionen zueinander einfällt....

    Da werden in zwei Absätzen Zitate von traditionelleren Architekten und auch welche, die ihren Ursprung hier im Forum haben, und Äußerungen von Architekturkritiker gegenüber gestellt. Original-Fetischismus. Kult der offenen Wunde. Projektion der deutschen Selbstängste. Dogmatisierter Funktionalismus[...]Banal, seelenlos, verantwortlungslos.[...]Lieber eine "echte Fälschung" als "echte Sch...". Besser aufdekoriert als undekoriert.In dubio pro reko.

    contra

    Zurechtlügen der Vergangenheit.[...] Wohlfühlkulissen. [...] Potemkin und Disney. Historisches Disneyland. Disneyland-verdächtige Projekte. Disneyland für Monarchiefans. [...]Nachgeklöppelte Barocktapete. Neue Feudalherren. Deutschnationale Inhalte.[...] Kitschig faschistoid. [...] Absoluter Schwachsinn. Schlicht degoustant.

    Natürlich wird auch den Zitierten gedankt, namentlich Rainer Haubrich, Paulkahlfeldt, Vittorio Lampugnani, Antje Vollmer, http://www.architekturforum.net">http://www.aphforum.de und http://www.stadtbild-deutschland.de">http://www.stadtbild-deutschland.de auf der einen Seite. Auf der anderen Seite dann Dieter Bartezko, Falk Jaeger, Gerhard Matzig etc. Eigentlich ganz lustig, zeigt das doch, dass viele Archis die Phrasendrescher ihrer Zunft auch nicht für voll nehmen.

    Leider keinen Scanner zu Hand, wär aber schon super, wenn man die (ernsthafteren) Artikel möglichst vielen Interessierten zugänglich machen könnte. Der Baumeister kostet ja auch stolze 14 Euro ....

  • Zitat

    Deutschnationale Inhalte.[...] Kitschig faschistoid.


    Wenn ich sowas schon höre, da schwillt mir der Kamm. Bei solchen Phrasen sieht man förmlich den Schaum vor dem Mund bei demjenigen der das von sich gibt. Wenn es an vernünftigen Argumenten mangelt, dann holt man geschwind die Nazi-Keule raus - armselig, ein Zeichen von totaler Dummheit und völliger Hilflosigkeit. Wer schon so argumentieren muß, der hat mein tiefstes Mitleid - hoffentlich können ihm die netten Herren in Weiß, die die diese schönen Jacken mitbringen, helfen.

    Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.

    Oscar Wilde (1854-1900)

  • Zitat von "faber"

    Mäckler kritisiert in seinem Artikel wiedereinmal die Engstirnigkeit der Architekturlehre und bezeichnet "Dach und Giebel als Voraussetzung für Stadtbaukunst", lobt den Prinzipalmarkt in Münster und fordert die Architekten auf auch Häuser mit Dach und Giebel zu entwerfen, die sich in Ensembles einfügen, um Bürger und Architekten wieder zusammenkommen zu lassen.


    *freu!* 8) Hätte ich von Mäckler so deutlich nicht erwartet.

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "Mjölnir"


    Wenn ich sowas schon höre, da schwillt mir der Kamm. Bei solchen Phrasen sieht man förmlich den Schaum vor dem Mund bei demjenigen der das von sich gibt.


    Der Witz dabei ist ja, daß echte faschistische Architektur alles andere als kitschig ist, sondern im Gegenteil streng, brutal, gefühlskalt, elitär und unnahbar. Diese Architektur erzählt keine -ausgeschmückte- Geschichte, sondern will eine straffe Ideologie vermitteln. Die wenigen Emotionen, die solche Bauwerke aussenden, sind negativer Natur. In diesem Sinne hat der gebaute Faschismus weit weniger mit irgendwelchem Historismus als vielmehr mit dem Plan Voisin und anderen intellektuellen Kopfgeburten zu tun.

    Nein, die werden gedünstet

  • Das kam aber auch sehr darauf an für wen im Faschismus gebaut wurde.
    Zwischen öffentlichen Bauten und dem was man gerne als private Bauten sah gab es schon einen deutlichen Unterschied.
    Im kleinen war der deutsche Faschismus sehr wohl heimattümelnd.

  • Zitat von "Trips"

    Im kleinen war der deutsche Faschismus sehr wohl heimattümelnd.


    "Heimattümelnd" - was ist das?
    Soetwas wie "deutschtümelnd"?
    Für mich sind das Vokabeln von Menschen, denen Deutschland, die Deutschen und die ganze Richtung nicht passen.
    Kampfbegriffe eben.

    Siedlerhäuser mit Satteldach, Wohnblöcke mit Satteldächern, die mit Torbögen verbunden sind, Schulen und Jugendheime mit Walmdächern mit großem Dachüberstand, wo dem Haupteingang wuchtige Bögen vorgebaut sind, bei allen Gebäuden haben die Fenster ein Kreuz, viele besitzen Sprossen.

    Was ist daran schlimm? Im Gegenteil: ich finde soetwas besser als der Schrott der heute oft gebaut wird.

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Zitat von "Reinhard"

    Für mich sind das Vokabeln von Menschen, denen Deutschland, die Deutschen und die ganze Richtung nicht passen.
    Kampfbegriffe eben.


    Bitte keine Unterstellungen, ausserdem ist das ist eine andere Diskussion.

    Heimattümelnd ist für mich was mit pauschalen und häufig auch billigen Mitteln einen klischeehaften Bezug zur lokalen Tradition herstellen wil.

    Es gab auch im Bereich der Heimatarchitektur durchaus Leute die sich beim Bauen was gedacht haben, aber der Grossteil unter den Nazis war Massenware ohne Stil und Charakter.

    Das kann man sehr gut sehen wenn man sich mal konkret die Siedlungsprojekte dieser Zeit ansieht, Leegebruch bei Berlin wurde grosstenteils für die Heinkelwerke hochgezogen, an Uniformität übertrifft diese Masse von Häusern auch heute noch jede 08/15 Eigenheimsiedlung um ein Vielfaches.
    Dass die Häuser Satteldächer und haben hilft da auch nix, im Gegenteil, das macht das Häusermeer noch unspektakulärer.

  • interessant, nur:
    der

    Zitat

    grossteil unter den nazis


    mit verlaub gesagt, waren die selben geistlosen mitlläufer, wie wir sie heute unter den modernisten, sonstwo, belächeln.
    kein unterschied.
    im ästhetischen ergebnis vielleicht besser, zufällig? kurzfristig... :? , in der intellektuellen reflexion gleich minderwertig.
    wer wirft den ersten stein, wer machst besser..?
    wer hatte damals die mittel dazu?
    es ist heute schwer, gegen das modernisten establishment anzukämpfen,
    wie war das damals? unmöglich?
    nahezu.