Verschwundene Orte in Tschechien

  • Mannomann- da fehlen einem die Worte. Besonders bei Bildern von der Sprengung des Stadttheaters. Das schlimme ist doch, dass es heutzutage woanders nicht minder schlimmere Fälle gibt. (Rheinland, Sachsen, Staudamm in China...)

  • Auch in den nächsten Jahrzehnten wird der Verlust an alter Bausubstanz in den neuen Mitgliedsländern der EU erheblich sein. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, was es für die dortigen Städte und Gemeinden bedeutet, bei einer Geburtenrate zu stagnieren, die häufig noch niedriger ist als die, die wir in Deutschland so oft beklagen, und gleichzeitig eine nur geringfügige Einwanderung bei paralleler Abwanderung der gut Ausgebildeten Richtung Westen vorzuweisen. Ein zentralistischer, einzig auf die Hauptstadt ausgerichteter Staatsaufbau, der die Provinz verkommen lässt, tut sein übriges.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Der Hinterglasmalerort Buchers im Gratzener Bergland war früher sehr interessant und auf seine Art faszinierend. Erst in den 70er Jahren (zum 2. Mal) entvölkert, konnte der Ort einige seiner Häuser als in der Substanz erhaltene Ruinen bewahren und sah sehr schaurig aus. Mittlerweile ist die Kirche eingestürzt und in vereinfachter Form saniert worden, die Ruinen sind weitestgehend abgerissen, leider hat sich dazu eine Wochenendkolonie entwickelt, die zwar nicht ganz so abgeschmackt wie bei uns ist, aber immer noch nicht eben gewinnend und sehr unpassend.
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    http://www.zanikleobce.cz/index.php?obec=730

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das tragischste Schicksal diesbezüglich dürfte wohl Brüx widerfahren sein:


    Wenn man diesem Wikipedia-Artikel (Abschnitt "Drehorte") trauen darf, sind die Sprengungen in Brüx sogar in einem Kriegsfilm "verarbeitet" worden: The Bridge at Remagen, USA 1969. Die Szenen kurz nach 00:50:20 zum Beispiel sehen verdächtig danach aus.

    (Ich seziere das "Kunstwerk" seit dem frühen Abend, bin aber noch nicht weiter als 57 Minuten gekommen... Die Brückenszenen wurden tatsächlich in Davle/Dawle gedreht; die Burg über dem Ort ist Pappmaché...)

    PS: 01:03:00 ff. könnte auch Brüx sein.

    4 Mal editiert, zuletzt von Zirp (2. November 2013 um 23:29)

  • Bei diesem Projekt habe ich im Jahr 2006 als Schüler mitgewirkt. Initiator dieses Projekts ist Herr Kokorev, ein Gymnasiallehrer aus Eger. Ich kann sagen, er ist mit ganzem Herzen dabei.
    Die Ergebnisse, die wir zusammen mit den Egerer Schülerern zusammengetragen hatten, präsentierten wir den ehemaligen Bewohnern dieser Dörfer. Damals lebten noch einige und nicht wenige hatten Tränen in den Augen. In der darauf folgenden Diskussion erzählten einige ehemalige Bewohner sehr rührend ihr Schicksal, wodurch wir Schüler wiederum Tränen in den Augen hatten. Das war wohl eine der großen, bleibenden Erinnerungen meiner Schulzeit.

    An eine Geschichte kann ich mich noch gut erinnern: Ein Mann (damals ein Kind) grub mit seinen Eltern das Tafelservice seiner Familie ein, kurz bevor sie, wie er es nannte "rausgeschmissen" wurden. Er merkte sich den genauen Ort. Als er dann nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, mit Schaufel bewaffnet, die Stelle aufsuchen wollte, konnte er sie nicht mehr finden. Das ganze Dorf war dem Erdboden gleichgemacht. Dort wo früher Häuser standen, wucherten jetzt 40 Jahre alte Bäume. Weder Mauerreste, noch sonstige Anhaltspunkte konnte er ausmachen. Erst als seine Schwester vier dicke Kastanienbäume fand, die sich von den Birken, Fichten und sonstigen Bäumen unterschieden, wussten Sie, dass sie am ehemaligen Dorfplatz standen. Von dort aus versuchten sie ihren kleinen Bauernhof wiederzufinden und fingen an der vermuteten Stelle an zu graben. Nach einigen Stunden, wurden sie wirklich fündig. Einiges Porzellan war zwar zu Bruch gegangen (er vermutete die Sprengung) aber ein Teil überlebte. Die Gefäße wurden geborgen und auch die Scherben wurden eingesammelt und geklebt. Sie stehen jetzt in seiner Vitrine und sind mit das Einzige, das ihm von seiner alten Heimat geblieben ist.

    Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.

  • Da es hier im Forum offensichtlich einige gibt, die sich für das Kulturgut in Böhmen und dessen Zerstörung interessieren, sei noch auf eine Seite über zerstörte sakrale Gebäude in der Tschechischen Republik hingewiesen:

    http://www.kostely.tnet.cz

    Eine, aus meiner Sicht, sehr wichtige Dokumentation, die sowohl das ehemals vorhandene, wie auch dessen Zerstörung und den heutigen Zustand in Bildern wiedergibt. Gut, dass sich vor Ort Menschen mit diesem Teil der Geschichte (der ja vielfach Kirchen in ehemals von Deutschen bewohnten Städte und Dörfer betrifft) befassen.

    Beim Anblick der Bilder von Zerstörung und Abriss muss man allerdings oftmals schlucken. Es ist keine Lektüre für Abends vor dem zu Bett gehen.

    Auch sehr interessant eine Dokumentation von (teils zerstörten und teils noch als Gebäude vorhandenen) Mühlen in der Tschechischen Republik:

    http://vodnimlyny.cz

  • Sehr informative und spannende Website. Diese harte Katalogisierungsarbeit hat sich sehr gelohnt. Die Thematik, dass es in Tschechien viele kaputte Kirchen gibt, war mir neu.
    Besonders schlecht steht es zum Beispiel um dieses Exemplar: Klick

  • Eine Erinnerung an Brüx (Most)

    Vor 60 Jahren wurde der Abriss der historischen Stadt Most beschlossen
    Am 26. März 1964 beschloss die tschechoslowakische Regierung, dass die Altstadt von Most / Brüx liquidiert wird. Der Abriss endete 23 Jahre später, am 1. April…
    deutsch.radio.cz


    Eine Aufnahme aus dem Jahr 1985: Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Baumann, Heinz / Com_Ex-BA01-0267-0009-0003 / CC BY-SA 4.0

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)