Potsdam - Garnisonkirche

  • Konstantindegeer: das ist ja eine sehr schwierige Lage. Besonders der EKD-Beschluß ist ganz grausig. Dafür wäre mir jeder Cent zu schade - da kann dann auch gleich das RZ stehenbleiben. Nein, es muß schon das barocke Kirchenschiff sein neben dem Turm.

  • Richtig. Wenn die Stadt die unbestreitbaren Mißstände (Büroflächen für die Kreativwirtschaft) früher behoben hätte wäre es zu dieser mißlichen Lage nicht bekommen. In sofern ist der Begriff "hausgemacht" sehr treffend.

    Aber die Stadt hat es ja auch geschafft den Abbruch der FH solange herauszuzögern, dass der ikonographische Teil am Alten Markt jetzt zwei Wochen vor der OB-Wahl abgerissen wird. Der Beschluß hierzu ist viele Jahre alt - das muss man erstmal hinbekommen den Gegnern eine derartige Wahlkampfhilfe zu bieten.

    Ich fürchte, es gibt nur einen Weg: es muss ein Konzept für die Nutzung des barocken Kirchenschiffs her - ohne die Kirche. Das kann aus meiner Sicht nur ein Konzertsaal sein. Die KIrche hat rund 2.800 Leute gefasst - der heutige Nikolaisaal in Potsdam bringt es nur auf 700 Plätze. Selbst wenn man bei einem originalgetreuen Wiederaufbau der Garnisonkirche sicher auf 800 Plätze wegen der Sicherheitsvorschriften verzichten müsste wäre das noch immer fast das dreifache des Nikolaisaales.

    Dies wiegt umso schwerer, als dass im Hof des Stadtschloßes, wo vor der Zerstörung die Berliner Philharmoniker im Halbrund der Schloßwache vor dem Fortunaportal Open-Air-Konzerte gaben durch den Verzicht auf die Schloßdurchfahrten aus Sicherheitsgründen keine Konzerne mehr stattfinden dürfen.

  • Auf die selbstentmannte, blutleere EKD wird man beim Wiederaufbau des Kirchenschiffs wohl nicht bauen können, das ist so sicher wie das Ablegen des Kreuzes von Bedford-Strohm auf dem Tempelberg.
    Von daher scheint mir die Idee eine Konzertsaals die beste Diskussionsgrundlage für die nächste Zeit zu sein. Allerdings könnte ich mir vorstellen dass man argumentiert, dass Potsdam einen "modernen" Konzerthausbau a la Elbphilharmonie brauche und nicht einen vermeintlich "altbackenen" Barockbau. Zumal die verantwortlichen Eliten ja immer so wahnsinnig gerne die "Brüche" im Stadtbild sehen wollen...

  • Konstantindegeer: Konzertsaal fände ich eine sehr angemessene Nutzung, statt Kirche. Musik würde doch zu einem barocken, ehemals protestantischen Kirchenschiff gut passen! Das wäre jedenfalls eine weitaus bessere Lösung als ein verhunzter Neubau (der noch furchtbarer wird als das RZ, das ja wenigstens ein ganz normaler 70er-Jahre-Zweckbau ist).

  • Ist ja ulkig: Hier im Forum hatte ich schon 2014 versucht, die Idee "Konzertkirche" am Beispiel der Neubrandenburger (ehemaligen) Marienkirche unter die Leute zu bringen. Auch bei Mitteschön hatte ich mal drüber gesprochen. Was hats genützt? Nichts...Ich weiß auch, dass es in Deutschland auch andere schöne Beispiele gibt.


    Neubrandenburger Konzertkirche
    https://www.konzertkirche-nb.de/

    ehemalige Synagoge Görlitz
    http://www.synagoge-goerlitz.de/

  • ^ Noch ein Beispiel:

    St. Petri zu Lübeck
    st-petri-luebeck.de

    Kultur- und Universitätskirche - sogar auch mit Aussichtsturm wie bei der Garnisonkirche geplant.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Ja nun, daß das nichts Neuartiges ist, dürfte allgemein bekannt sein.
    Das Schwierige ist, wie bekommt man das Grundstück aus Kirchenhand in eine andere, die willens ist, ein barockes Konzerthaus zu bauen.

  • Was aus diesen Versuchen wird, einen "Bruch mit der Tradition" zu erzeugen, sieht man ja an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirchen im Nachbarort: Ein historisches Fragment, das selbst als Torso noch die ursprüngliche Faszination ausstrahlt, wird konterkariert durch eine neuzeitliche Ergänzung, die schon wenige Jahrzehnte später hoffnungslos veraltet aussieht ("Der Stil der Achziger").

    Ich hoffe zutiefst, der Garnisonkirche bleibt dieses Schicksal erspart!

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Wann wird es wohl einen finanzstarken Kulturinvestor am ehesten geben? Richtig, wenn der Turm sichtbar wird. Es sollte jetzt alle Kraft in einen überzeugenden Wiederaufbau gesteckt werden. Die Koexistenz von Turm und Rechenzentrum wird dann schon grotesk genug wirken, um in unserem Sinne auszustrahlen.

  • Da muss man sich aber schon heute bemühen. Zum Vergleich: die Philharmonie in Berlin hat 2.250 Plätze, der Große Saal im Schauspielhaus rund 1.400 Plätze. In allen Städten, die es geschafft haben einen Konzertort diese Größe zu errichten hat der Prozess mehrere Jahrzehnte gedauert.

    Der Kirchturm muss wachsen, das ist klar, das ist aber nicht der allein entscheidende Faktor. Für eine solche Nutzung muss es einen Bedarf geben und das Haus muss wirtschaftlich sein.

    Was das "grotesk" betrifft kann ich mich nur wiederholen. Alles können Menschen schön finden, das zeigt das Beispiel der Christuskirche in Köln (Bild unten, hier hat die Kirche Sozialwohnungen statt Kirchenschiff gebaut).

    Deshalb schrieb ich man solle es sich nicht schönreden, dass der Turm und die Strahlkraft der barocken Schonheit es schon richten werden. Tun sie eben nicht - auch beim Stadtschloß mussten viele tatkräftig nachhelfen und ein wenig Glück gehörte auch dazu.

  • Das Kölner Beispiel ist extrem abschreckend. Und, ja, so ähnlich kommt es auch in Potsdam, wenn man die Kirche machen läßt. Das einzig Gute ist wohl, daß sie nicht sonderlich an dem Grundstück "Kirchenschiff" hängt, weil es ihr für die kleine Gemeinde eh zu groß ist.
    Ich finde, Konstantin hat recht, man muß unbedingt anfangen, jemand mit Geld und Sinn für Musik zu suchen, den man für diese Potsdamer Stadtreparatur erwärmen kann. Ein barocker Konzertsaal wär ja schon was Feines.

  • Alles zugestanden. Es gilt aber, das Pulver trocken zu halten und im entscheidenden Moment, die Agenda zu bestimmen. Dieser Moment ist noch nicht gekommen, aber natürlich bedarf es der Vorbereitung.

  • Ich würde es gut finden, wenn es demnächst eine lockere Zusammenkunft von Stiftung Garnisonkirche und RZ-Mietern direkt im RZ geben würde. Wo offen und intern miteinander gesprochen wird, nicht am großen Tisch, sondern in kleineren Runden am Stehtisch, bei Getränken und Snacks. Das ist allemal konstruktiver als ständig übereinander zu sprechen und Politik und Co. über sowas richten zu lassen.

  • Erbse,klingt versöhnlich und gut von Ihnen,aber ich denke ,dieser Smalltalk an Stehtischen mit Getränken und Snacks wird wohl eher unwahscheinlich sein,solange Tomszak und Boede im RZ ihre Hände mit im Spiel haben.Denn wir wissen ja,wie Kompromisslos und Unnachgiebig diese Mitteneudenker sind.Denen geht es nach wie vor,den Aufbau der GK möglichst noch zu verhindern.

  • Diesen direkten Kontakt gibt es doch längst. Es gibt ja auch keinen Dissens zwischen RZ-Mietern und Stiftung Garnisonkirche. Auch keinen Interessenkonflikt, da es von vorneherein klar war, dass das RZ eine temporäre Nutzung darstellt.

    Eine große Gruppe der Künstler engagiert sich auch schon seit Monaten um das neue Kunst- und Kulturzentrum, das auf dem Areal der Feuerwache und/oder des Langen Stalls gebaut werden und doppelt soviel Quadratmeter aufweisen soll, zu gestalten. Was die sich vorstellen, ist hier zu lesen.

    Einen Dissens gibt es zwischen der politischen Wählergruppierung "die Anderen" und diversen, von den gleichen Menschen betriebenen "Initiativen", die das Rechenzentrum erhalten wollen um den Bau des Kirchenschiffes zu verhindern. Da diese Truppe auch über die Stiftung SPI die Mietverträge kontrolliert und abschließt begibt sich kaum ein Mieter in offene Opposition zu den Herrschaften, da er um seine Räume fürchtet. Da das Wohl der Künstler für die Anderen nachrangig ist lehnen sie jeden Kompromiß und auch die Verlängerung der Nutzung bis 2023 strikt ab. Sie wollen kein Stück Kuchen, sondern die ganze Torte: also den Erhalt des RZ und dessen Sanierung auf Stadtkosten inkl einer Vermietung für einen Mietzins von € 1,50 pro qm. Mit diesem Kreis macht ein Gespräch - auch ein "lockeres" mit "Snacks" wenig Sinn.