Potsdam - Garnisonkirche

  • Dieses Jahr allerdings geht die Stiftung Garnisonkirche in die Offensive. Die Stiftung Garnisonkirche arbeitet an einem Konzept für den Umgang mit der NS-Geschichte. Man hoffe auf ein Ergebnis im Sommer, so die Sprecherin.

    Alle Jahre wieder. Es nervt ein wenig. Das ist so ein bisschen wie Weihnachten für Die aNDERE. Aber gut. Auf der einen Seite finde ich es positiv, dass die Stiftung endlich diesen Tag aufarbeitet, auch wenn mir diese paar Stunden persönlich nicht so wichtig sind. Was ich allerdings kritisiere ist das Timing der Stiftung. Es ist ja nicht erst seit Gestern der Fall, dass die Öffentlichkeit und die vor allem die Medien sich an diesem Tag aufgeilen. Auch wenn ich persönlich, wie gesagt ,den Tag von Potsdam nicht als Priorität betrachte, hätte man doch um die Massen zu beruhigen dieses Ereignis frühzeitiger aufarbeiten sollen.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Mein Großvater hat sich aus Neugierde damals an die Garnisonkirche gestellt. Er berichtete, in der ersten Reihe standen die Nazis, die aus dem ganzen Reich hergekarrt worden waren. Die haben natürlich Stimmung gemacht, gejubelt und geschrien. Die Potsdamer standen dahinter und haben interessiert zugeschaut - mehr aber auch nicht. Für Hitler hatten die ja auch meist nichts übrig, eher noch für Hindenburg (waren ja zum Großteil Kaisertreue).
    Insofern ist es höchst unfair, die ganze Sache der Garnisonkirche oder gar Potsdam insgesamt anzulasten. Da muss jetzt die Kirche als Sündenbock dienen für die Vergehen ganz Deutschlands...

    [Mein Großvater starb schon 1939, die Anekdote ging über meine Großmutter und meinen Vater an mich. Ich denke nicht, dass da was dran geschönt wurde]

  • @UrPotsdamer

    Wirklich guter Hinweis. Gibt es zufällig irgendetwas schriftliches von deinem Großvater? Brief, Tagebuch etc. wo er sein konkret Erlebtes, Gedanken oder Wahrnehmungen vom Tag von Potsdam zu Papier gebracht hat?

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Mein Großvater ist 1939 mit 42 Jahren gestorben. Meine Großmutter (+ 1980) hat die Geschichte, so wie er sie ihr erzählt hat, an meinen Vater (Jahrgang 1936) weitergegeben, von dem ich sie hab. Leider alles nur mündlich...

  • Die Nazis sind bei freien Wahlen in Potsdam über ca. 8,5 % nie herausgekommen - dafür wählte fast 60 % kaisertreu. In den Augen der meisten Protestler ist das aber ohnhin das gleiche.

  • Wie wahr. Und in der Tat scheint die altbekannte Potsdamer Sekte um Boede und Thomczak all ihren Groll in erster Linie gegen Preußen zu richten, statt gegen das Dritte Reich und die tatsächlichen Nazis. Aber wenn man den Nationalsozialismus gemäß linker / kommunistischer Lesart stets gerne extremste Form des Kapitalismus und Ausgeburt des "preußischen Militarismus" (war der selbige wirklich so singulär?) fehlinterpretiert, dann sollte man sich über diese geschichtspolitisch völlig falsche Prioritätensetzung nicht wundern. Je länger Hitler tot ist, desto intensiver wird offensichtlich der Widerstand gegen ihn, indem man eine Rekonstruktion der Garnisonkirche, des Plögerschen Gasthofs oder anderer Baujuwelen bekämpft. Wie absurd. :gehtsnoch:

  • "Nazi" ist heute alles, was sich in irgendeiner Weise positiv zu diesem Land und seiner reichen Geschichte bekennt. "Bomber Harris do it again", "etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal" (unser teuerster Deniz Yücel), "Deutschland verrecke" usw. - die Parolen sind doch bekannt. Das ist natürlich eine Autoaggression, die etwas mit seelischer Krankheit zu tun hat, aber eine, die immer noch einen enormen Antrieb für Teile der hiesigen Wohlstandsjugend besitzt. Und somit ist die Garnisonkirche im Kopf dieser Leute ein "Nazi-Wallfahrtsort" oder ein "Ort der Schande". Für Differenzierung und Laissez-faire ist bei solchen Fanatikern kein Platz. Aber, wie gesagt, sie könnten auch nicht so gedeihen, würden sie nicht Unterstützung bei Medienvertretern finden und sich tollpatschig agierenden Rekonstruktionsfreunden gegenüber sehen.

  • Die Nazi-Keule ist ein Problem mit dem sowohl die Garnisonkirche wie generell unsere Gesellschaft zu kämpfen haben. Um es mit den Worten eines großen Politikers zu sagen, der sich mittlerweile leider aus dem aktiven Tagesgeschäft zurückgezogen hat, : "Heute ist man ja schon rechts wenn man vernünftig mit Messer und Gabel essen kann."

    und sich tollpatschig agierenden Rekonstruktionsfreunden gegenüber sehen.

    Kannst du da konkrete Beispiele nennen?

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Ich meine damit das teils ungeschickte Agieren gegenüber den Medien, die mangelnde Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft sowie das Verwässern des eigenen Konzepts (moderner Kirchenbau usw.). Eben alles, worüber hier doch schon seit Jahren kritisch diskutiert wird. Willst Du dazu mehr erfahren, dann blättere doch diesen Thread zurück bis zum Anfang.

  • Ach so. Über das Offenhalten des Konzeptes für das Kircehschiff lässt sich in der Tat diskutieren. Das liegt aber zuvörderst an der innerkirchlichen Diskussion. Wenn Du das ändern willst musst Du in die ev. Kirche eintreten und dort versuchen die Mehrheiten zu ändern.

    Was ein "mangelnde Mobilisierung der eignen Anhängerschaft" betrifft vermag ich Dir nicht zu folgen. Monatelang standen Mitteschöns in der Fußgängerzone und die Mobilisierung war exzellent, als es um die Entscheidung für/gegen Garnisonkirche ging. Was verlangst Du denn jetzt während des Baus: dass sich die Unterstützer mit den eingeschifften Berliner Protestlern vor der Baustelle prügeln? Oder Mahnwachen veranstalten? Ich wüsste nicht, wie sich die vielen Potsdamer Unterstützer momentan einbringen könnten ausser durch das ständige Schreiben von Leserbriefen an die Provinzpresse.

    Und welches "ungeschickte Agieren" ist denn gemeint und wie hätte man "geschickter" agieren sollen? Das sind doch alles Pauschalvorwürfe einzelner Foristen, die im Frust darüber heruntergeschrieben wurden, dass sich eine Minderheit nicht an die Spielregeln der Demokratie hält und Mehrheitsentscheidungen nicht akzeptieren mag. Das ist zwar verständlich, wird aber von der breiten Masse der Bevölkerung nicht so gesehen. Bitte nicht vergessen, dass bei der letzten repräsentativen Befragung der Stadt nach dem Thema mit höher Wichtigkeit gerade 8 % die Garnisonkirche angegeben haben. Das entspricht exakt dem Kommunal-Wahlergebnis der Gruppierung "die Anderen".

  • Was die aNDEREN angeht hoffen wir mal, dass die ca. 8% nicht zu halt sind und diese Partei innerhalb des nächsten Jahrzehnts wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwindet.

    Zum Kirchenschiff hatten wir hier schon mal eine doch sehr hitzige Diskussion, die wir, mit Verlaub, nicht 1:1 noch einmal durchkauen müssen, ohne dass es diesbezüglich irgendwelche Neuigkeiten Seitens der Stiftung des Fördervereins oder evgl. Kirche gibt.

    Viel mehr sollten die aktuelle Gegebenheiten auf der Baustelle im Fokus stehen. Es sind zwar momentan nur geringe Veränderungen aber sie sind erkennbar. Die großen Vorbohrungen scheinen beendet zu sein. Man sieht wieder Bewehrungskörbe und Arbeiter die mit Schläuchen irgendetwas in die Bohrlöcher füllen.

    @Konstantindegeer du bist doch da immer gut informiert? Gibt es Verlautbarungen was momentan für Maßnahmen im Gange sind?

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Wenn Du das ändern willst

    Nein, das will ich nicht. Ich habe stets kundgetan, dass mir ganz persönlich das Projekt Garnisonkirche minderwichtig ist, da ich die Gefahr sehe, dass die Kirche dort eine weitere Schuld-/Sühne-Gedächtnissstätte installiert, worauf ich gerne verzichten kann. Aber letztlich ist das ein Thema von Euch Potsdamern. Damit habe ich wenig zu tun, und in die Evangelische Kirche bringt mich vermutlich nicht mal mehr die Androhung von Folter zurück.
    Ansonsten habe ich mit meiner Äußerung nur wiedergegeben, was ich hier seit Jahren zu lesen bekommen habe. Wenn ich damit nur dem Frust einiger Mit-Foristen aufgesessen bin, also Fake-News, dann freut mich das natürlich, bedeutet das ja, dass in Potsdam offenbar alles prima läuft.

  • Volles Einverständnis zu Heimdalls Meinung! Es ist schon müßig mit anzusehen, wie die Stiftung selbst durch die Gegner in die Knie gesenkt wird und mit dieser Rekonstruktion "Politik macht". Es sollte in erster Linie um die wunderschöne barocke Kunst dieses sakralen Baus und seiner Stellung im Postdamer Stadtbild gehen und nicht um eine vom heutigen Zeitgeist extrem interpretierten Veranstaltung vor 80 Jahren. Diese sehr einseitige Herumreiterei auf diese "dunkle Zeit" in unserer vermeintlich "hellen" und "aufgeklärten" Epoche hat sowieso eine Tendenz zur Arroganz und Selbstmasoschismus, die weltweit Ihresgleichen sucht. Damit muss endlich Schluss sein!

  • Das sehe ich auch so. Natürlich sollte es eigentlich nur um die Rekonstruktion eines wunderbaren barocken Bauwerks gehen, ohne den ganzen ideologischen Fillefanz. Nun gibt es aber in Potsdam nun mal leider jene laustarke, medial hofierte Sekte um Boede und Co., die die Stiftung und die Rekofreunde - gerade in Bezug auf den März 1933 - immer wieder in eine Rechtfertigungs- bzw. Verteidigungsposition bringt und hineinzwingt. So versucht man aus einer Defensivhaltung heraus die üble Demagogie der Sekte zu entkräften, auch wenn man dadurch letztlich zum Getriebenen wird. Es wäre daher besser zu versuchen den Spieß umzudrehen, da die Sekte keinesfalls die Mehrheit der Potsdamer hinter sich hat. Ein Patentrezept dafür habe ich aber natürlich auch nicht.

  • Meine Vorredner haben recht! Ich gebe mal ein Beispiel:


    Ich moechte mich nicht blamieren und meine Familie schlechtreden, aber diese Info sollten alle hier zur besseren Verstaendnis haben! Ich hoffe das niemand lacht.

    Meine ganzen Verwandten sind gut verdienende, meist Selbststaendige aus Niedersachsen und Nord-Bayern.
    Durch die West-Prpaganda wussten manche garnicht was "Potsadam" ist. Nach der Wende lernten manche, dass es sich um eine Stadt irgendo im Osten handelt. Bitte nicht lachen.
    Ueber die Garnisionskirche wusste niemand etwas. Niemand. Ich rede von der Nachkriegsgeneration. Die Kriegsgeneration
    kannte den Namen Potsdam. Aber nicht die Kirche ganz spontan. Meine Verwandten sind nicht die duemmsten. Zumindest bei den meisten anderen Themen, sage ich mal so. Ich hoffe auf Euer Verstaendnis. Diese Leute sind nicht in Kirchenarchitektur. Die West-Medien haben alles aus Ost und Mittel Deutschland verschwiegen.

    Der Punkt ist: Die Befuerworter des Abrisses erzaehlen ueberall von der Nazikirche. Sie zeigen ein Bild als Beweis
    das erst nach den Krieg ueberhaupt bekannt geworden ist. Ich will nicht sagen das alles von den Gegnern erfunden wurde. Nein das nicht, aber diese Leute geben den ersten Eindruck vor.

    Diese Leute geben den ersten Eindruck vor!

    Das ist der Punkt. Dass muessen wir aendern.

  • Meine Güte. Wie, bitte, soll den eine Kirchenstiftung sicherstellen, dass in erster Linie über die Architektur geredet wird und nicht über die Geschichte des Bauwerkes? Wir sind doch nach wie vor eine offene Gesellschaft mit freier Presse.

    Deshalb müssen wir uns doch nicht gegenseitig mit irgendwelchen billigen Parolen begeistern. Die Gegner der Garnisonkirche sind keine "Sekte" sondern das Programm, dass die vertreten, ist bei den Grünen und der SPD außerhalb Potsdams die Mehrheitsmeinung, von den Sozialisten mal ganz zu schweigen. Das kristallisiert sich nunmal an einem Bauwerk das zwei deutsche Diktaturen mit Preußentum aufgeladen haben, dass es aus dem Turmadler quillt.

    Deshalb wird man mit dem Protest leben müssen, das halte ich auch für völlig normal. Man muss sich als Stiftung und als Stadt nur positionieren, wo der legitime Protest aufhört. Die rote Linie sollte klar kommuniziert werden: Gottesdienstörungen, Einschüchterungen von Spendern, Sachbeschädigung - hier ist eine Grenze erreicht.

  • Wie wäre es einfach mal, fein zu schweigen zu dem ganzen aufgeregten Schwachsinn und nur über die Fortschritte des Wiederaufbaus zu schreiben.

    Bin ich komplett bei dir. Hab ich oben auch schon mal einfließen lassen. Nur leider habe ich das Gefühl, dass gerade hier die Situation regelmäßig aus dem Ruder läuft und sich vom eigentlichen Gedanken der "architectura pro homine" wegbewegt hin zu gesellschaftspolitischen Debatten, die einem auf Dauer unheimlich auf die Nerven gehen und keinem etwas bringen, da sie sich immer nur im Kreis drehen. :aufdenkopf::kopfwand:

    Viel mehr sollten die aktuelle Gegebenheiten auf der Baustelle im Fokus stehen. Es sind zwar momentan nur geringe Veränderungen aber sie sind erkennbar. Die großen Vorbohrungen scheinen beendet zu sein. Man sieht wieder Bewehrungskörbe und Arbeiter die mit Schläuchen irgendetwas in die Bohrlöcher füllen.

    @Konstantindegeer du bist doch da immer gut informiert? Gibt es Verlautbarungen was momentan für Maßnahmen im Gange sind?

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!