Potsdam - Garnisonkirche

  • Sehr gut! Wäre ich nicht so weit weg, dann würde ich gerne dieses wichtige Vorhaben unterstützen! Mitteschön sorgt für die richtige Stadtplanung in Potsdam.

    „Dekoration ist der wichtigste Teil der Architektur“ (Sir William Scott)

  • Hallo zusammen,


    gestern war nun also die Veranstaltung "Mitte im Dialog", erstmalig nicht von der Stadt, sondern von Mitteschön organisiert. Und siehe da, diesmal war auch eine Diskussion möglich. Ja vielmehr wurde sie sogar gewünscht. Circa 50 Personen waren anwesend und die provisorische Kapelle war damit komplett gefüllt.
    Bisher liefen diese Veranstaltungen unter der "Hoheit" der Stadt Potsdam. Und da waren diese auch keine Diskussionsrunden, sondern eine Belehr-Stunde durch die hohen Herren für den gemeinen Pöbel, der das von ihnen verabschiedete nach deren stündlichen Podiums-Belehrungen doch endlich mal zu verstehen hat oder wenn man es schon nicht versteht, oder nicht verstehen will, dann doch bitte schön zu schweigen hätte.
    Nun also die gestrige Veranstaltung. Die von Mitteschön organisiert, anscheinend auch nur von Mitteschön und einigen wenigen Interessierten besucht wurde. Von der Stadt Potsdam: niemand da. Von der evangelischen Kirche als zukünftiger Hausherr und Stiftungsratsmitglied: auch niemand. Vom sonstigen Stiftungsrat: ein Teilnehmer, der dann auch prompt jegliche Äußerungen nur als Privat-Person und nicht als Stiftungsrat zu verstehen wissen wollte.


    Es wurde also ein neuer Architekturentwurf für den Eingangsraum des Hof- und Garnisonkirchenturm vorgeschlagen. Ich frage mich, wer dem Architekturbüro überhaupt die Erlaubnis erteilt hat, dass die anders planen können, als es dem Original entspricht? Statt dem achteckigem Raum wurde ein Viereckiger vorgeschlagen. In der Höhe auf das ursprüngliche Raummaß verringert und auch die Außenmaße lassen einen nachträglichen Einbau der Kreuzkapelle in Kreuzform zu. Somit wäre für mich diese Kröte gerade noch zu schlucken.


    Aus den Beschreibungen der 3 Herren im Podium, die ihren Entwurf dem des Architektenbüros entgegen stellten, war zu entnehmen, dass der offiziell geplante Entwurf eine "endgültige Fassung der Garnisonkirche, ohne Kirchenschiff" vorweg nimmt. Weiterhin wurde aus dem Plenum die Frage gestellt, wie man in mehreren Bauabschnitten (Turm und später das Kirchenschiff), selbiges an den Turm "anflanschen" will. Dies sei unendlich schwieriger, als alles mit einmal zu bauen. (Ich denke hier nur an den Ringanker, der komplett um das Kirchenschiff herum gehen muss, und nicht am Turmbereich enden darf.) Und auch danach wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass dieser Entwurf "Endgültiges" beinhaltet. Weiterhin verweist die Tür Richtung Kirchenschiff, an einer Stelle, an der nie eine Türe war, auf diese Intention. Denn hinter der Tür stände im Kirchenschiff der Eingang zur Gruft und auf diesem die Hochkanzel. Diese beiden Elemente des Innenbaus des Kirchenschiffes könnten nicht wieder entstehen, wenn man die originalen Eingänge in die Kirche weg lässt und stattdessen durch den Turm das spätere Kirchenschiff betreten soll. Weiterhin zeigt das Nordfenster (für den Turm-Andachtsraum) in's spätere Kirchenschiff, bringt also kein Licht. Und auch nicht, solange das Kirchenschiff noch nicht steht (Nordfenster: im Norden geht die Sonne auf?). Zudem ist an der Position, an der nun das Nordfenster sein soll, ursprünglich die Orgel der Garnisonkirche gewesen.


    Aus den genannten Gründen, die mich immer mehr meiner Ansicht bestärken, dass man uns da eine kastrierte, um's Kirchenschiff reduzierte Kirchturm-Garnisonkirche hinsetzen will, habe ich gefordert: Wiederherstellung der originalen Kirche, auch mit sieben Metern dicken Mauern. "Wie kann es sein, dass sich unsere Generation heraus nimmt, an den Bauten unserer Altvorderen so herum zu kritteln, die zu verändern und zu vereinfachen. Wie kann es sein, dass man aus einem Raum mit 12 Ecken, nämlich einem Kreuz, einen Raum mit 8 Ecken macht und nun auch noch einen mit 4 Ecken vorschlägt? Wenn man denn Treppen und Aufzüge und Souvenirshops braucht, dann kann man diese in den 7 Meter dicken Mauern verstecken und unterbringen. Nachdem wir in Potsdam bisher keinen einzigen originalen Wiederaufbau gesehen haben, sollten wir hier an diesem Ort mit der Garnisonkirche doch endlich dies verwirklichen. Ich behaupte, dass mit der Intention des vorgestellten Architekturentwurfs das Kirchenschiff nicht gebaut werden soll." Gegen den letzten Satz gab es dann Protest im Raum. "Natürlich wird das Schiff gebaut." Ansonsten nichts.


    Dann meinte einer doch sogar, dass man doch bitte schön einen Architekturwettbewerb ausschreiben solle, an dem auch kleine Architekturbüros teilnehmen können, die keine großartige Vita von erstellten Bauten vorweisen können... Einen Wettbewerb und dann noch von Unerfahrenen? Großartig. Da kommt dann zur Selbstverwirklicher-Egomani der Architekten noch Unerfahrenheit hinzu. Am Ende kommt da dann nicht nur ein geschrumpftes, gestrecktes, vereinheitlichtes Stadtschloss wie bei Kulka heraus, sondern das Monstrum, das an Stelle der Heilig-Geist-Kirche errichtet wurde (Original und "Wiederaufbau").


    Niemand, aber auch niemand neben mir sprach sich für das originale Bauwerk aus, eine verhaltene Zustimmung gab es danach noch für meine Aussage. Am Ende hatte ich nochmals das Wort ergriffen und gefordert: "Nachdem wir in Potsdam bereits einen Kulka statt einem Knobelsdorff haben, sollten wir dafür eintreten, wenigstens einen originalen Gerlach zu erhalten. Wehret den Anfängen. Nicht dass hier die gleiche Salamitaktik wie beim Stadtschloss angewendet wird." Als Antwort kam nur "Ja, das wissen wir nun bereits."


    Ein Bericht zur Veranstaltung ist in der PNN zu lesen. Kein Artikel von Gestern in der Märkischen Volksstimme, Zentralorgan der SED im Bezirk Potsdam, sorry Märkischen Allgemeinen, sondern nur über die Vorstellung des Architekturentwurfs im Stillen Kämmerlein vom Montag und noch ein erstaunlicher Weise passender Kommentar dazu.


    Schlimm nur, dass ich selbst, mit meinen gerade noch 39 Jahren, als "junger Mann" bezeichnet werde und treffender Weise auch einer der Jüngsten war. Noch schlimmer, dass keiner der Entscheider und Verantwortlichen und Architekten und Stadt Potsdam und Kirche anwesend war. Somit war die gesamte Veranstaltung eine Farce.


    Hier einige Bilder vom gestrigen Abend:

    Die original erhaltenen Kerzenständer. Wurden jahrelang in der Heilig-Kreuz-Gemeinde verwendet. Woher kommt wohl der Name? Daher, das die Garnisonkirche, als sie noch stand und bis 1968 genutzt wurde, in "Heilig-Kreuz-Kirche" umgenannt wurde. Die heutige Heilig-Kreuz-Gemeinde spricht sich gegen die Wiedererrichtung ihres Gotteshauses aus.



    Ein Torso vom Kirchturm.



    Der Entwurf des Architektenbüros mit dem von mir rot eingefärbten neuen Raum. Dadurch ist deutlich zu erkennen, wie dieser Raum die inneren Proportionen der Kirche sprengt und nicht mit dem Äußeren korrespondiert. Durch die 3 Herren wurde der Vorschlag des Quarders eingebracht, der dem Original in den Proporitionen deutlich näher kommt. Das Nordlicht ist die größte Farce dabei und der deutlichste Hinweis, dass die Kirche mit Kirchenschiff nicht wieder kommt.



    Hier der 8-Ecken-Raum aus der Draufsicht (wieder von mir rot eingefärbt). Der äußere, viereckige Raum ist der Gegenvorschlag der 3 Herren. Ursprünglich befand sich hier, die in den 50ern eingerichtete, "Heilig-Kreuz-Kapelle": diese war nicht mehr, als zwei, sich kreuzende Gänge.


    (un)heilige Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

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  • Ja, so kennt man das. Habe exakt die gleichen Erfahrungen in Dresden gemacht. Waren solche Veranstaltungen von der Stadt organisiert, mutierte die Angelegenheit zum arroganten Belehrmodul, alle für den Städtebau verantwortlichen Personen waren anwesend und klatschten sich gegenseitig zu. Man genoss es, modernistische Phrasen auszutauschen und sein in allen Belangen überlegenes System zu feiern. Das tut man sich zwei Stunden lang an und dann bin ich vor Wut geplatzt und habe in den Saal geschrien. :lachen:


    Sind Diskussionsrunden dagegen von GHND & Co organisiert oder lassen Veranstaltungen antimodernistische Tendenzen vermuten, sieht man von den Verantwortlichen kaum jemanden. Man bleibt lieber unter Seinesgleichen und wahrt sich sein Gedankengut. Muss man sich schon nicht die Mühe machen, über ungewohnte Ansätze zu reflektieren.


    Und weil man sich nicht gegenseitig zuhören und konstruktiv weiterentwickeln will, bleibt alles beim Alten.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Hallo zusammen,


    und es erfolgt der nächste Angriff auf den Wiederaufbau der Hof- und Garnisonkirche! Aus der PNN: "... zwei Anträge für die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 7. März, auf die Verengung der Breiten Straße aus unterschiedlichen Gründen zu verzichten oder sie zumindest zu verschieben. So will die Linke erzwingen, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Kuratorium der Garnisonkirchen-Stiftung durchsetzt, „dass der geplante Wiederaufbau des Turms nicht genau auf dem originalen Standort erfolgt, sondern in die jetzige Straßenflucht eingeordnet wird“. Konkret müsste der Turmumriss um fünf Meter eingerückt werden, um den Straßenverlauf zu erhalten. Damit könnten „erhebliche“ finanzielle Mittel der Stadt gespart werden. Anlass für den Vorstoß sei die neue Information, dass das Originalfundament der Kirche nicht für deren Wiederaufbau genutzt werden könne, sondern ohnehin eine „Neugründung“ erforderlich sei, so die Linke."


    und gleich danach kommt noch der nächste Hammer durch "die Andere" (die andere Linksradikale Partei, die im Potsdamer Stadtparlament sitzt, und deren "Öberbürgermeisterkandidat bei der letzten Wahl erstaunliche 4% erreicht hat). Zitat PNN: "Die Fraktion Die Andere hingegen fordert, den Umbau der Breiten Straße solange auszusetzen, „bis ein tragfähiges Finanzierungskonzept“ vorliegt, „welches den Wiederaufbau der Kirche innerhalb einer üblichen Bauzeit von maximal zwei Jahren sicherstellt“. Potsdam laufe Gefahr, durch die Verengung der Breiten Straße „in finanzielle Vorleistung“ für ein Projekt zu treten, dessen Realisierung unklar sei."


    Diese beiden Fraktionen haben zusammen bereits 20 von 56 Stimmen im Stadtparlament. Da fehlt nicht mehr viel an weiteren Simmen, damit das durch kommt. Und die Garnisonkirche hat nicht viele Fürsprecher in der Stadt Potsdam... Damit haben wir dann die Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Welches durch Spenden finanzierte Projekt hat von Beginn an alle finanziellen Mittel zur Verfügung?


    linksradikale Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost


    PS: um mal die generelle politische Grundhaltung in Potsdam zu beleuchten: Umfrage der PNN Zitat: "Joachim Gauck soll der neue Bundespräsident werden. Halten Sie diese Entscheidung für richtig?" Stimmen Ja: 285, Stimmen Nein: 301!


    [Edit und Nachtrag: gerade gefunden in der Märkischen Volksstimme, pardon Allgemeinen: "Linke fordert ein Abrücken vom Originalstandort der Garnisonkirche". Mit links-glänzenden Kommentaren gleich noch hintendran. Die haben alle aber sowas von Ahnung von Stadtarchitektur und Raumwirkung.]

  • Hallo zusammen,


    nach schlechten Nachrichten kommen die guten Nachrichten kommen die schlechten ... So sind wir jetzt also bei den Guten. Die PNN Titelt "Großsponsor in Sicht?", Hoffen wir, dass dies so ist. Denn dann will der Garnisonkirchbauverein nach eigener Aussage sofort mit dem Bau beginnen und nicht auf die genehme Zustimmung der SED, tschuldigung PDS, sorry Linkspartei warten. Auch sagt der Garnisonkirchbauverein, dass ihm bereits das Grundstück, auf dem sich heute noch eine Spur der 4-Spurigen Breiten Straße befindet, gehört. Um nur mal ein wenige Kreativ zu sein und dem Garnisonskirchbauverein ein wenig bei der Finanzsuche auf die Sprünge zu helfen: Zahlt die Stadt Potsdam eigentlich Miete für die Nutzung des Grundstückes als Verkehrsweg? Jaja, das ist ein wenig verwegen, zumal der Kirchbauverein das Grundstück kostenlos übereignet bekommen hat (hoffentlich wird nur aus kostenlos nicht umsonst).


    Erstaunlicher Weise gibt es zur aktuellen Spendenübergabe eines Zahnarztpaares (die nicht der oben benannte Großssponsor sind) sogar mal einen Bericht in der Märkischen Volksstimme, sorry Allgemeinen. Dabei ist der Artikel ist im Zitat der Spender wirklich mal lesenswert: "„Wir finden es schade, wenn Städte so verhunzt wiederaufgebaut werden“, erzählte das sympathische Paar nach der Übergabe des Schecks an die Fördergesellschaft Wiederaufbau Garnisonkirche (FWG). In ihrer Heimatregion gibt es „verhunzte“ Nachkriegsarchitektur zuhauf; in Potsdam kann man Bausünden noch teilweise verhindern. Die Kirche geriet in das Gesichtsfeld des Paars, als es sich vor einer Urlaubsreise intensiv über die Region informierte. Überrascht hat Swaneburgs vor allem eins: „Dass man hier so überrascht war von unserem Angebot. Die Spendensammlung ist wohl noch nicht so ins Rollen gekommen.“" Tja, ins Rollen kommen in Potsdam höchstens Köpfe, aber nicht Spendensammlungen für Wiederaufbauten...


    goldige Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo zusammen,


    und damit wären wir wieder bei den schlechten Nachrichten aus Potsdam, speziell von der Garnisonkirche. "Vorsitzender der Fördergesellschaft Garnisonkirche kandidiert nicht mehr" titelt die Märkische Volksstimme, sorry Allgemeine. Interessant empfinde ich den Zusammenhang, dass der Vorsitzende an der Versammlung seine nicht erneute Kandidatur für den Vorsitz verkündet, an dem Tag an dem sich auch "der Konflikt um die Form der Kapelle im Garnisonkirchturm immer deutlicher zugespitzt" hat. Und weiter "60 Prozent der Mitglieder sprachen sich in einer Abstimmung für eine originale Rekonstruktion des Kapellenkreuzgangs im Turm aus. Trotz dieses eindeutigen Votums schloss sich der FWG-Vorstand später den Wünschen der Garnisonkirchenstiftung an, die im Turm anstelle des beengten Kreuzgangs eine Kapelle bauen will. Etliche FWG-Mitglieder fühlten sich damals brüskiert." Natürlich besteht da überhaupt kein Zusammenhang. Ist das nicht immer so, wenn Politiker zurück getreten werden, dass sie dieses aus "gesundheitlichen und familiären" Gründen tun?


    Schließlich frage ich: wer entscheidet eigentlich über das wie und wo und womit und wer beim Garnisonkirchen-Wiederaufbau? Und wer hat diesen wen dazu befugt, dass der entscheiden darf über das wie und wo und wer? Und wieso durfte der wer darüber entscheiden, dass der andere wer entscheiden darf?


    Undurchsichtige Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • mmhh...ich kenne mich im Vereinsrecht nicht wirklich gut aus. Was wäre, wenn ein neuer Verein, der sich der originalgetreuen Reko widmet, gegründet wird und die Mehrheit des Vereins, der nicht für die Original Reko ist, beschließt mehrheitlich, dass deren Gelder nun doch besser für die Original Reko verwendet werden soll und tritt mit Mehrheitsbeschluß über oder widmet sein Geld um. Rein theoretisch: Wäre so etwas machbar?

    „Dekoration ist der wichtigste Teil der Architektur“ (Sir William Scott)

  • Guten Tag allerseits, an dieser Stelle möchte ich mich mal in die Diskussion mit einer Frage einbringen. BI Pdm Ohne GK berührt hier einen Punkt, den ich für sehr wichtig halte.


    Ich bin grundsätzlich ein Fan von (handwerklich gut gemachten) Rekonstruktionen und verfolge das Forum schon länger. Aber: So wünschenswert ich die Rekonstruktion des Turmes aus städtebaulichen Gründen halte (natürlich am Originalstandort!) – man kann nicht einfach darüber hinweggehen, dass es sich um ein Symbolgebäude für das preußische Militär handelt (wie allein der Name schon sagt!) Wenn man hier eine Reko will, sollte man dem Rechnung tragen. Leider weiß ich auch nach jahrelangem Nachdenken noch nicht genau, wie man das machen könnte. (Alle anderen offenbar auch nicht, daher hält die öffentliche Debatte hier so lange an.)


    An der äußeren Gestaltung hängt es nicht, die ist unbestritten meisterhaft – aber wie sollte eurer Meinung nach das Nutzungskonzept einer wiederaufgebauten Garnisionskirche sein? Wieder eine Militärkirche? Wie sollte sichtbar werden, dass wir im Gegensatz zum alten Preußen versuchen, eine der demokratischen Grundordnung angemessene Bundeswehr zu haben? Könnte es inhaltlich gelingen, eine zivile Kirche daraus zu machen (ich fürchte, nein)? Kann es gestalterisch gelingen, ein (Anti-)Militärmuseum draus zu machen (ich fürchte, auch nein)? Geht der Turm alleine mit einer völlig anderen Nutzung dahinter (m.E. mit logischen Konsequenzen auch für die Gestaltung des Äußeren?)

  • Man könnte ja eine protestantische Gemeinde gründen, die nicht Mitglied der Landeskirche ist.

  • Ich finde, dass eine einfache Tafel, die über die Geschichte der Garnisonkirche informiert, am vollständig rekonstruierten Gebäude völlig ausreichend sein würde. Warum sich hier wieder irgendein exzentrisches Mahnmal ausdenken, gibt es davon nicht genug in unserem Land? Natürlich war die Kirche auch immer ein Symbol für das preußische Militär, aber es gibt unzählige ehemalige Garnison- und Militärkirchen allein in Deutschland, die heute als ganz normale Gotteshäuser genutzt werden. Sobald man sich von dem Mythos verabschiedet hat, dass das preußische Militär die Armee der Finsternis war, rücken solche Überlegungen in den Hintergrund. Meiner Meinung nach sollte die Garnisonkirche einfach, so wie die Dresdner Frauenkirche, als evangelisches Gotteshaus genutzt werden, wobei ich auch gegen eine Nutzung durch die Bundeswehr nichts hätte. Schließlich kann man unserem Staat wirklich keine militaristischen Tendenzen nachsagen. Von einem etwaigen (Anti-) Militärmuseum, das gewiss dazu genutzt werden würde, um überkommene historische Vorurteile zu kolportieren, halte ich nichts.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Ich bin der Meinung, dass das Gebäude einfach rekonstruiert werden soll Das übliche TamTam sollte man der Nachwelt ersparen, ansonsten müsste man bald jede Wiese verkulten wo irgendwann irgendjemand böses draufgesessen hat !!! Die Frauenkirche soll sich nur selbst als Kunstwerk darstellen und sonst nichts und als Kirche genutzt werden, fertig.

  • Der Militarismus ist doch ganz offensichtlich nur ein sehr willkommenes und vorgeschobenes Argument der Rekonstruktionsgegner. Genau wie es in Magdeburg bei der Ulrichskirche die angebliche Sorge um eine grüne Wiese und Schattenwurf ist.


    Die Beantragung der Fördermittel und damit eben auch Steuergelder, war sicher keine gute Idee. Denn nun können die Gegner das Steuergeld-Argument, welches normalerweise bei spendenfinanzierten Projekten Unsinn ist, tatsächlich anbringen.
    Meiner Meinung nach ist jedoch ein wunderschönes, stadtbildprägendes Bauwerk viel eher das Geld wert, als manch überflüssiges Straßenbauunterfangen.

  • Ich sehe um ehrlich zu sein auch keinen Widerspruch darin, in der Garnisonskirche Gefallenen der Bundeswehr in irgendeiner Form zu gedenken. Wenn man den "preußischen Militarismus" als Gegenargument zu Felde führt sollte man doch eher froh sein, dass die Bundeswehr als Armee eines demokratischen Rechtstaats sich der Bürde annimmt und die Geschichte weiterentwickelt.

  • Für die "Gefallenen" der Bundeswehr gibt es ein Denkmal im Bendlerblock. Für die Gefallenen der Weltkriege die Neue Wache.

  • Ich hab auch nicht davon gesprochen es zu einer zentralen Gedenkstätte zu machen. Es gibt darüberhinaus auch noch Ehrenmale der drei Teilstreitkräfte die über die Republik verstreut sind.

  • Ich denke gegen eine Militärkirche spricht der Tag von Potsdam, wo sich Hitler mit Hindenburg und der kaiserlichen Familie in der Kirche traf.Das macht keiner mit.

  • Quote

    der Tag, wo


    Ich wähnte solch unerschrockene Relativanschlüsse als ein primär österreichisches Phänomen ("einmal kommt der Tag, wo man Hochzeit macht im Bur-gen- land!")

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @UC


    :)


    @Herzog


    OK, aber 99,99 % der Tage war Hitler nicht dort. Was kann denn diese Kirche dafür, dass der Führer dort war? Die Wiener Hofburg und der Heldenplatz können auch nix dafür, dass Hitler dort runterbrüllte. Den Wienern hats zuerst gefallen und nach dem velorenen Krieg wolltens halt auch nicht mehr daran erinnert werden und das war in Potse nicht anders. Also ich persönlich sehe diese zum Glück vergangene Zeit ganz unverkrampft und würde mir am Liebsten auch die originale Inneneinrichtung mitsamt seinen Fahnen zurückwünschen. Wenn obendrein die Kirche der Bundeswehr zur Verfügung gestellt würde, dann gäbe es auch wieder eine inhaltliche Kontinuität im positiven Sinn.

    „Dekoration ist der wichtigste Teil der Architektur“ (Sir William Scott)

  • Was kann denn diese Kirche dafür, dass der Führer dort war?

    In der ganzen Debatte um die Nutzung der Garnisonkirche spiegelt sich eine merkwürdige, aber weit verbreitete Einstellung wider, dass alles, was von den Nazis für ihre Zwecke missbraucht wurde, eine immanente Bösartigkeit haben muss, da es sich sonst nicht dazu geeignet hätte, von ihnen für ihre Machenschaften benutzt zu werden. Natürlich eine absolut schräge Logik, die sich aber auch in anderen Bereichen, etwa der Sprache, wiederfindet. Darum ist der Gebrauch des alten deutschen Wortes "entartet" ebenso moralisch verwerflich, wie der des Jahrtausende alten Sprichworts "Jedem das Seine". Von einem unverkrampften Umgang der deutschen Gesellschaft mit diesem Teil der Geschichte kann noch immer keine Rede sein, deshalb ist auch eine militärische Nutzung der Garnisonkirche zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis