Duisburg - Abrisse in Marxloh und Bruckhausen

  • Unbeachtet von der Öffentlichkeit verschwindet in Duisburg im Stadtteil Bruckhausen Stück für Stück ein gut erhaltenes Jugendstilviertel mitsamt der benachbarten Max-Taut-Siedlung aus den 50er Jahren. Dazu erschien nun ein hervorragender Artikel in der "Zeit".

    Zitat

    Der Fall Duisburg gibt bundesweit zu denken. Er erinnert daran, wie wichtig es ist, die Lehren aus den dramatischen sechziger und siebziger Jahren nicht zu vergessen: Aus Flächenkahlschlag erwächst keine höhere Lebensqualität. Er löst keine sozialen Konflikte, und selbst aus wirtschaftlicher Sicht haben Orte mit einer gebauten Identität Vorteile im imagegetriebenen Standortwettbewerb. Eine Stadt, die für kurzfristige finanzielle Gewinne ihre städtebaulichen Errungenschaften und Denkmäler opfert, schwächt sich langfristig selbst.


    http://www.zeit.de/2013/19/duisburg-abriss-staedtebau

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Die ganze Schande kann man sich hier zu Gemüte führen:

    http://bruckhausen.blogspot.de/ sad:)

    Einfach nur krank, wenn man bedenkt, dass dafür (riesiges Abstandsgrün zu Thyssen) auch Tausende Menschen umgesiedelt werden, die dort vorher doch wohl halbwegs anständig leben konnten. Ab ins neue Hochbau-Ghetto oder in die Peripherie?

    Passend:
    http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen…nlosen-menschen

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Dieselstraße, da ist doch auch die Wohnung in der Günther Walraff als "Ali" während seiner Recherche zu "Ganz unten" gelebt hat, ist das Haus auch von Abriss betroffen?

  • Es ist schon wahnsinnig krass, was derzeit in Duisburg passiert. Allerdings muss man auch beachten, dass die Stadt einen wahnsinnigen Einwohnerschwund zu verkraften hat und so auch Wohnraum einfach übrig ist. Zum anderen möchte man TKS als einer der wichtigsten Arbeitgeber auch nicht verprellen. Dass Hochöfen nunmal etwas mehr als ein bisschen Feinstaub ausstoßen und dies auch nicht mehr mit Filteranlagen wirtschaftlich sinnvoll reduzierbar ist, ist auch ein Fakt. Allerdings frage ich mich auch, ob man in anderen Ländern Ausnahmegenehmigungen oder ähnliches hätte, quasi zum Wohnen auf eigene Gefahr...
    Um die vielen Jugendstilgebäude und das Heimatgefühl der Einwohner ist es aber wirklich schade. Scheinbar ist der Rückbau aber nicht mehr aufzuhalten. Was ich besonders daneben finde ist, dass Straßen als Grenze des Grüngürtels dienen. Auf der einen Seite stehen dann sanierte Gründerzeitfassaden, auf der anderen Seite wird Rasenfläche sein. Sinnvoller wäre es m.E. gewesen, den Grüngürtel ab der Hoffassade der Häuser beginnen zu lassen, dann hätte die Gegend weiterhin städtische gewirkt, außerdem wären damit die Bauten mit Rückseite ins Grüne sehr aufgewertet worden.
    Wieviele Altbauten sind eigentlich davon betroffen?

    Viele Grüße
    Michael

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

    Einmal editiert, zuletzt von Booni (1. Oktober 2013 um 20:46)

  • Was ist eigentlich mit Fassadenschmuckelementen / Reliefs? Wird gar nichts gerettet? Oder gibt es einige Schmuckstücke, die man einlagert bzw. wenigstens interessierten Privatpersonen überlässt?

  • Was will Kanzlerin Merkel mit ihrem Besuch denn reissen? Das ist doch nur eine Alibiaktion. Die Politik ist mittlerweile so weltfremd und hat sich von der Realität und der Bevölkerung sehr weit entfernt. An einer wahren Lösung des Problems ist anscheinend niemand interessiert. Anstatt die Mitbürger einfach abzuschreiben, sollte man sich wenigstens intensiv um den Nachwuchs in diesen "Problemvierteln" kümmern. Damit diese Menschen noch eine Zukunft haben. Bildung und Integration sind gefragt. Jetzt sollen sich unsere Experten in Deutschland mal etwas einfallen lassen. Nicht nur immer um die finanziellen Probleme anderer Staaten kümmern.

  • Bildung und Integration sind gefragt. Jetzt sollen sich unsere Experten in Deutschland mal etwas einfallen lassen.


    Ich vermute mal da ist der Zug bereits abgefahren. Was will man denn bei den dort vorherrschenden Strukturen mit Intergration und Bildung anfangen? Das sind doch keine wirklich erstrebenswerten Ziele für viele der dort lebende Menschen.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Natürlich. In jeder Gesellschaft gibt es auch einen gewissen Prozentsatz an Asis. Doch wenigstens bei der nachfolgenden Generation, bei den Kindern, muss man doch versuchen etwas zu retten. Wahrscheinlich wird das, aufgrund von "Null Bock", gar nicht mal einfach. Da muss es dann eben einen gewissen "Zwang", eine Pflicht geben, deren Nichterfüllung Konsequenzen hat. Klar sind die Eltern, als schlechtes Vorbild, nicht zu unterschätzen. Trotzdem darf man die Leute nicht einfach aufgeben. Schließlich zahlt die Allgemeinheit für Kriminalität und Hartz IV. Menschen, die in der Gesellschaft angekommen sind, tragen diese mit. Durch Steuern,...

  • deren Nichterfüllung Konsequenzen hat

    Daran wird es in den meisten Fällen hapern. Leider ist es so,und in Marxloh scheint es besonders arg zu sein, dass diese Konsequenzen für einen bestimmten Teil dieser Gesellschaft nicht gelten, weil sie nicht eingefordert oder durchgesetzt werden. Erschreckend finde ich auch dass besonders die nachfolgenden Generationen starke Verrohungstendenzen aufweisen, während die ersten Gastarbeitergenerationen intergrations -und bildungswillig sowie fleißig waren.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Ich habe selber im Bekanntenkreis einige Polizisten aus NRW, die schon vor etlichen Jahren die Reduzierung der Neueinstellungen als großes Risiko gesehen haben. Mittlerweile hat die Polizei eine überalterte Belegschaft, dazu kommt mangelnder Rückhalt seitens der Staatsanwaltschaft (Verbrecher werden teilweise nichtmal angeklagt) und mafiöse Banden ist nur sehr schwer das Handwerk zu legen. Neben den oft erwähnten libanesischen Familienclans sind die aber auch die Rockerclubs wie Bandidos oder Hells Angels, die teilweise in den ländlichen Kleinstädten sogar vertreten sind. Aber solange seitens Politik und Staatsanwaltschaft kein Kriminalitätsproblem gesehen wird, wird auch nicht gehandelt. Die innere Sicherheit funktioniert m.E. in Bayern wesentlich besser, wo gefühlt den Polizisten auch mehr Respekt entgegenschlägt.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)