Leipzig - Bau- und Sanierungsprojekte

  • Bis auf die Plattenbauviertel die sich hauptsächlich außerhalb der Stadt befinden und einigen Neubauten, vorrangig zur Lückenschließung, ist der Rest Vorkriegsbebauung.

    [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hatte (1939) 709.000 Einwohner und war 4. oder 5. größte Stadt Deutschlands. Dementsprechend lässt sich auch herleiten wie groß die Anzahl der Vorkriegsgebäude auch heute noch ist. Etwa 85% der Altbauten (müssten ca. 14000 sein) sind bereits saniert, 2500 noch nicht. Wobei die Zahl 2500 nicht mehr ganz aktuell sein dürfte, sie stammt aus dem Jahr 2005. Ich schätze es sind noch etwa 1800.

    MfG
    Steve

  • Quote from "Leine1977"


    @Stiffler: > 80% Wohnraum ist Vorkriegsbau? Der Hammer! Andererseits heißt das man hat 100 Jahre lang quasi nicht gebaut.

    80% des Wohnhaus ist Vorkriegsbau, das würde ich auch so schätzen.
    Der Rest (20%) ist entweder Platte (1960-1990) oder (oft schlechter) Spekulationsbau der frühen Nachwendezeit.
    100 Jahre nicht gebaut stimmt so nicht ganz. Natürlich gab es in L. auch die Phase der Wohnraumknappheit nach dem 1. Weltkrieg. Die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wirkte dem wie andere Städte auch (Wien ist mit den "Superblocks" z.B. Karl-Marx-Hof, das bekannteste Beispiel) mit einem Wohnungsbauprogramm ohne Vorbild entgegen. Es entstand ein gewaltiger Bestand an Mietwohnungen im "Reformstil". Das erstaunliche ist: Selbst diese Wohnungen wurden nach 1990 flächendeckend unter Denkmalschutz gestellt und erstrahlen heute wieder im Zustand der Erbauungszeit. Dies schließt auch einzelne Siedlungen der frühen 50er Jahre (zahlenmäßig sehr viel weniger) mit ein. Eine Galerie zum Wohnungsbau der Zwischenkriegszeit ist hier im Forum schon lange überfällig.
    Man würde also eher sagen: 50 Jahre nichts gebaut und damit die DDR-Zeit meinen. :gg:

  • Anbei noch einige sanierte Objekte im Bild:


    Coppistraße Ecke Etgar-Andre-Str., Gohlis-Mitte, erbaut 1902-03

    2007 vor der Sanierung

    Während der Sanierung

    Juli 2008


    Menkestr. 40, Gohlis-Süd, rechts neben dem Schillerhaus, Selbstnutzerprojekt –

    Vorher


    Juli 2008


    Stockstr. –Gohlis-Süd – eines von vier unsanierten Häusern

    während der Sanierung 2007

    Juli 2008


    Ich habe oben die Vorher-Fotos von Marschnerstr. 4 ergänzt

  • Vielen lieben Dank für die bildliche Dokumentation :)

    Ausgeführt wurde das Objekt Coppistraße 59 von der Immo-Concept (http://www.immo-concept.de), welche insgesamt seit Jahren sehr aktiv in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] Altbauten saniert und auch noch einige Projekte in der Entwicklung hat. So z.B. auch die Breitenfelderstr. 22 wo die Sanierung schon seit einiger Zeit am Laufen ist.

    Man sieht also, nicht nur GRK-Holding und Licon sanieren hochwertig. Auch L-Konzept (http://www.l-konzept.de/) würde ich in diesem Zusammenhang noch nennen. Diese planen z.B. das letzte unsanierte Eckhaus in der Reginenstraße 14 ([lexicon='Leipzig'][/lexicon]-Gohlis) zu sanieren.

    Die Alta Fides AG ( http://www.altafides.de/ ) hat hingegen in der Gustav-Adolf-Straße zwei neue Planen angebracht und zwar direkt neben dem Eckhaus Leibnizstraße (eingerüstet auf dem Bild).(Klick!)
    Der marode Altbau gegenüber wird gerade aufwendig durch die Licon saniert.

    MfG
    Steve

  • Wahnsinn, wieviel Geld manche Leute in die Hand nehmen, um solche alten Kästen zu sanieren. :)

    Mich würde mal interessieren, welchen Prozentsatz an den Gesamtsanierungskosten bei solchen Projekten wie "Coppistraße" und "Menkestraße" die rein optischen Maßnahmen (also die Wiederherstellung der historischen Fassade, des Daches und denkmalgerechte Fenster) einnehmen. Waren das alles Auflagen des Denkmalschutzes oder besonder idealistische (und mit einem ausreichend dicken Portemonnaie gesegnete) Eigentümer?

  • Das geht nur über Subventionen/Förderungen, wenn ich das weiter oben richtig gelesen habe.

    Sachsen setzt als einziges der neuen Länder den Soli ja auch - wie geplant - für Infrastruktur ein, was ich beim Anblick der Bilder nur begrüßen kann.

  • Es gibt bis auf Steuervergünstigungen, beim Erwerb von Denkmalschutzimmobilien, keine staatliche Förderung für die Sanierung von Altbauten, der Solidarbeitrag erst recht nicht!

    Dies sind private Firmen, meist mit Sitz in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], welche die Objekte oft in großen Paketen erwerben und dann die Wohnungen einzeln zum Kauf anbieten.
    Bei der Grk-Holding (http://www.grk-holding.com) dauert es oft nur ein paar Wochen bis alle Wohnungen eines Objektes veräußert sind. Danach erfolgt die Sanierung. Meist wird das Gebäude dann hausverwaltungstechnisch von der Immobilienfirma betreut, die Wohnungen befinden sich jedoch in Privatbesitz und werden vermietet.
    So läuft das eigentlich bei allen Altbausanierungen.

    Die Qualtät der Sanierungen ergibt sich auf der einen Seite durch den starken Einfluss der Denkmalschutzbehörde, aber auch oft durch den Idealismus der Firmen, zum Teil auch gezwungen. Wer in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ein Haus schlecht saniert wird mit Leerstand bestraft, denn im Gegenzug gibt es sehr viel hochwertigen und günstigen Wohnraum.

    MfG
    Steve

  • @schlossgespenst:

    bei selbstnutzerprojekten wie in der menckestrasse ist sicherlich viel idealismus im spiel.

    bei anderen projekten wird sicher auch kühl gerechnet - aber man kommt dennoch zum gleichen ergebnis: stilvoll sanieren zahlt sich aus. inzwischen haben die grösseren firmen ja eine gewisse routine (im positiven sinne) bei erwerb, sanierung und vermarktung von altbauten entwickelt. die mehrausgaben für denkmalschutzbelange bekommt man über höhere verkaufserlöse wieder herein. und bei den wohnungskäufern wird der erwerb einer eigentumswohnung in einem denkmalgeschütztem objekt steuerlich begünstigt. im prinzip haben also alle etwas davon.

  • Und der ästhetische Gewinn ist auch nicht von der Hand zu weisen :zwinkern:

    Schon erstaunlich, wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] diese qualitätvolle Weiterentwicklung gelingt.
    Eine ähnliche Situation würde ich mir für Halle/Saale wünschen - da steckt beinah genauso viel Potenzial drin wie bei der sächsischen Schwester 8)
    Generell sollte Stadtentwicklung in Deutschland heutzutage so aussehen - gerade in Anbetracht der massiven Verluste durch die Nach-/Kriegszeit.

    Einige unserer Großstädte könnten mit genügend Wille wieder ganz vorn in der (ästhetischen) Top-Liga Europas mitspielen. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist sicher einer der heißesten Anwärter auf einen Titel, aber auch Dresden kann (mit vernünftigerer Stadtplanung in Zukunft) durchaus wieder aufschließen.

  • Wächterhaus wird Exportmodell - Bund fördert Leipziger Initiative mit 135.000 Euro

    "Die Leipziger Art, wertvolle Bauten als Wächterhaus vor dem Abriss zu retten, findet bundesweit Interesse. "Um den Export des Modells in andere Städte zu erleichtern, unterstützt das Bundesbauministerium den Verein Haushalten bis zum September 2009 mit 135.000 Euro"

    und noch einmal der ganze Artikel Klick!

    MfG
    Steve

  • Quote from "Leine1977"

    Gründerzeitler werden aber heute glaub ich nirgends mehr in Deutschland abgerissen - die bringen mittlerweile in allen deutschen Großstädten die größte Miete.

    Da liegst Du leider komplett falsch. Vielleicht nicht mehr so viele wie in den 60er Jahren und weniger als in den frühen 90ern im Osten - aber nach wie vor werden überall in Deutschland, in Ost und West immer wieder Gründerzeitler abgerissen. Hier im Forum erfährt man es immer wieder, überall passiert das noch. Leider.

  • Leine1977

    Da hat Huibuh wohl leider Recht. Es liegt sicher auch darin begründet, dass "Gründerzeitler" von der heutigen Denkmalpflege als nicht hochwertig genug eingestuft werden. Die Denkmalpfleger reduzieren diese Gebäude nur auf deren Fassaden. Es fehlt ihnen halt der Blick fürs Ganze: Großzügige Grundrisse, hohe, luftige Räume, mitunter sehr große, mehrflügelige Kastenfenster und garniert mit mitunter hellen, prachvollen Stiegenhäusern und mir ganz wichtig, bauphysikalisch bedingt sehr behaglicher Aufenthaltsqualität garniert. Sie haben eben alles, an was es mittelalterlichen, barocken oder modernen Gebäuden mangelt.

    Aber was soll es. Der Markt (=Nutzer) hat sich bereits festgelegt und zum Glück in unserem Sinne. Dass noch immer Gründerzeitler abgerissen werden ist halt leider zu schlucken. Da können manche Denkmalzerleger noch so sehr gegen die Gründerzeitler wettern. Für sehr viel Leute (Mieter) sind gerade die sanierten Gründerzeitler der Höhepunkt bürgerlichen Bauens!

  • Werden tatsächlich nur immer weniger, weil es keine Gründerzeitler rekonstruiert werden (leider).

    Auch Löcher im Gründerzeitvierteln werden (leider) nicht mit Gründerzeitler gefüllt.

    Vereinzelt in Deutschland und im [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hÄufig werden verstümmelte Gründerzeitler ergänzt oder kompletiert, aber nur sparsam.

  • Wenn es vereinzelt Abrisse gibt, dann ist es wirklich sehr schade. Glücklicherweise hat sich der Markt gedreht. Unsere Gründerzeit-Stadtteile sind in Hannover die beliebtesten, nach einer neuesten Studie lassen sich Altbauten mit Stuck & Co. am besten vermieten.

    Noch in den 70er wollte man in Hannover ALLE Gründerzeitbauten großflächig abreißen. Es ist zum Glück nicht dazu gekommen. Damals war ja Stuck total out. Nicht zu fassen, wa? Und heute ist man froh, dass man im Altbau wohnt (in meinem ist aber glaub ich eine Bombe reingeplumpst).

    Dass heute keine "neuen" Gründerzeitler gebaut werden, liegt mit Sicherheit an den energetischen Bauordnungen seit den 70ern. 3 bis 4 Meter hohe Decken sind glaub ich so nicht mehr erlaubt.

    Überhaupt glaub ich, dass die neuen Energiespargesetze ein Problem für die Gründerzeitler darstellen. In meinem Stadtteil gibt es ein komplettes Backsteinareal aus den 20ern - ein geschlossenes Stadtbild. Nun hat ein Eigentümer angefangen und Dämmplatten einfach raufgezogen. Es sieht jetzt aus wie ein 0815-Bau.

    Ich hoffe, das findet keine Nachahmung. Das gilt gerade für [lexicon='Leipzig'][/lexicon] bei dem großen Altbestand.

  • Es ist sicher auch sinnlos, heute wieder zu bauen wie vor 100 Jahren. Das finde ich nicht gut. Jede Zeit hat ihre Architektur, und heute soll modern gebaut werden - das ist völlig in Ordnung. Die Kopie alter Bauten wie in Dresden um die Frauenkirche finde ich äußerst fraglich. Im Barock wurde ja auch nicht die Gotik wiederholt.
    Etwas anderes ist die originale Herrichtung erhaltener Bauten oder überhaupt der Erhalt alter Bauten. Hier muß man kompromißlos sein! Es herschen momentan weder akuter Wohnungs- noch Platzmangel. Auch eine Kulturrevolution steht nicht ins Haus. Es gibt somit keine Gründe, alte Häuser "vom Markt zu nehmen".

  • Es gab doch immer wieder Zeiten, in denen ein Rückgriff auf alte Baustile erfolgt ist und man sich von diesen inspirieren ließ - der Königsplatz in München wurde ja auch nicht von den alten Griechen erbaut :gg:

    Mir wird auch nicht so recht klar, was heutiger Baustil überhaupt sein soll, ein Glaskubus oder nackte Betonwände?

  • Quote from "DrZott"

    Es ist sicher auch sinnlos, heute wieder zu bauen wie vor 100 Jahren. Das finde ich nicht gut. Jede Zeit hat ihre Architektur, und heute soll modern gebaut werden - das ist völlig in Ordnung. Die Kopie alter Bauten wie in Dresden um die Frauenkirche finde ich äußerst fraglich.

    Ah, eine Mindermeinung. Aber okay, warum auch nicht? Und Wolfsheim_Jena hat endlich einen Bundesgenossen - Viel Spaß, Herr Doktor... :gg:

  • Oje - ein Wespennest??? :augenrollen: Aber ich bin ganz entspannt. Daß in Zeiten des Historismus Altes wiederholt wurde, weiß ich. Das muß nicht unbedingt Vorbild für heute sein! Aber das Wichtigste ist: wir sind uns einig darin, daß das, was noch existiert, erhalten werden muß - ohne wenn und aber. Über Kriegslücken können wir an anderer Stelle duellieren! :zwinkern: Das Problem [lexicon='Leipzig'][/lexicon] liegt aber darin, daß kein einziger, der noch stehenden unsanierten (oder sanierten!) Altbauten abgerissen werden darf - weder für Verkehrsprojekte noch für Leerstandsregulierungen und schon gar nicht für die verdammten Plattenbauten!

  • Man muss bedenken, dass es Städte gibt, die im Stadtkern komplett ausgebombt worden sind (das sind insbesondere die Fachwerkstädte gewesen). Was ist mit denen? Da helfen nur Rekonstruktion oder historisierende Fassaden.

    [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat dieses Problem wohl nicht, von daher liegt hier wohl wirklich der Fokus eher auf das Erhalten als auf Rekonstruieren. Dieser Zustand ist beneidenswert.

  • Quote from "DrZott"

    Es ist sicher auch sinnlos, heute wieder zu bauen wie vor 100 Jahren. Das finde ich nicht gut. Jede Zeit hat ihre Architektur, und heute soll modern gebaut werden - das ist völlig in Ordnung. Die Kopie alter Bauten wie in Dresden um die Frauenkirche finde ich äußerst fraglich.

    Was hätte dir denn alternativ so vorgeschwebt für den Bereich um die Frauenkirche (sprich Neumarktbereich)??? Eine "geile" Gestaltung a la Postplatz, oder Pirnaischen Platz vielleicht? Oder so ein Bunker wie das Leipziger Bilder-"museum"???
    Es ist richtig, man hat zur Barockzeit nicht im Stil der Gotik gebaut - weißt du warum? Weil die damals neuen Bauten den "ersetzten" Altbauten in architektonischer Hinsicht gleichwertig bzw. nicht selten selten überlegen waren. Nenne mir einen Platz in DD, oder FFa.M oder sonstwo in Deutschland, dessen Nachkriegsgestaltung (hinsichtlich der architektonischen Wirkung) mit der "ersetzten" gleichhalten kann...Nenne mir einen (nach dem Krieg architektonisch neu gestalteten Platz in Deutschland), der die gleiche grandiose Wirkung wie zum Beispiel der Dresdner Theaterplatz besitzt!
    In DD waren 15 km² der historischen Innenstadt zerstört, der Rest wurde nach dem Krieg "eingeebnet". Nun wird auf einem winzigem Teil davon die Vorkriegsbebauung wenigstens angenähert rekonstruiert. Selbst das dort hergestellte (bei weitem nicht optimale Ergebnis, auch dank der Torpedos der "Modernisten", die offensichtlichtlich nichts so fürchten wie "Vergleiche" mit dem Vorkriegsbild) also selbst dieses nicht optimale Ergebnis ist um Längen besser als das, was die "Moderne" an allen anderen Neubauplätzen in DD hervorgebracht hat.