Leipzig - Bau- und Sanierungsprojekte

  • uaoj36, eine zweite Gründerzeit wird es nie wieder geben. Und das hat am wenigsten mit der Schwäche der heutigen Architektur zu tun, sondern vielmehr mit den gesamtgesellschaftlichen Grundlagen, die damals so völlig anders waren als heute.

    Mit einem rasanten Bevölkerungswachstum, der heute ein Bevölkerungsschwund ist. Mit einer völlig anderen Bevölkerungsstruktur, einem anderen Herrschaftsbild, einem völlig anderen Nationalismus, einer totalen Naivität was viele Dinge angeht. Technische Neuerungen wie der Eisenbetonbau, den man stolz in zuvor unmöglichen Monumentalbauten zur Schau stellen wollte. Und wohl auch mit 5 Milliarden Goldfranc, die man damals (auch) zum Verbauen hatte, und einer generellen Kassenknappheit, die wir heute haben, was Bauprojekte angeht.

    Es gilt, die kostbaren Gründerzeitbestände Deutschlands zu schützen, von denen wir eigentlich in jeder deutschen Stadt noch reichlich haben, und solche zu sanieren, die durch Kriegsbeschädigungen oder spätere Veränderungen bis heute entstellt sind. Das Geld ist dort viel besser angelegt als in der Rekonstruktion von Gründerzeitlern. Die Rekonstruktion sollte sich m. E. auf die Bauten konzentrieren, die wir durch den Zweiten Weltkrieg am meisten verloren haben, und das ist nunmal zu 99,99 % Bausubstanz zwischen Mittelalter und Klassizismus.

  • Die Leerstandsquote geht im übrigen langsam zurück. Soweit ich weiß sprach man 2000 von ca. 45000 leerstehenden Wohnungen(inkl. unsanierter Gebäude) bis heute ist die Einwohnerzahl aber um 15000 Einwohner gestiegen(ohne Eingemeindungen), desweiteren gab es eine Zunahme der Singlehaushalte. In bestimmten Gebieten der Stadt übersteigt die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot deutlich, vor allem in den innenstadtnahen Gründerzeitvierteln. Momentan soll es noch ca. 2500 unsanierte Baudenkmäler geben. Aufgrund der Einwohnerentwicklung, Attraktivität und Steuervorteile, nehmen die Sanierungstätigkeiten wieder stark zu.
    Zur Haushaltslage der Stadt, ist zu bemerken das [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ca. 900 Mio. € Schulden hat, ca. 1771€ pro Einwohner (EW ca. 508000). Berlin zum Vergleich hat 61 Mrd. € Schulden, ca 18500€ pro Einwohner.
    Die umfangreichen Sanierungstätigkeiten haben aber kaum etwas mit der Stadt selbst zu tun, sondern diese verdanken wir, in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ansässigen Firmen die sich speziell auf hochwertige Altbausanierungen spezialisiert haben. Zu nennen wären hier z.B. die GRK-Holding (http://www.grk-holding.com), die Licon ehemals HLIC (http://www.licon.ag), die Rec24 (http://www.rec24.de), oder die Immo-Concept (http://www.immo-concept.de)

    Ich hoffe ich konnte etwas zur Aufklärung beitragen :zwinkern:

    mfg
    Steve

  • der vergleich ist aber leicht schief - es sei denn, man schlägt die verschuldung des landes sachsen anteilig noch mit drauf. denn berlin ist immerhin stadt und land in einem. im übrigen wären 900 mio schulden kein problem, wenn die stadt - wie etwa frankfurt - mal so locker 1,4 mrd an steuern p.a. einnehmen würde.

    da dies aber nie der fall sein wird, halt ich diese schuldensumme nicht für unbedenklich - nur mal zum vergleich: in halle (240t Ew.) sprechen bei einem schuldenstand von 280 mio alle von einer desolaten finanzlage :zwinkern:

  • stiffler hat die situation schon ganz zutreffend beschrieben.
    für weitere sanierungen der gründerzeitviertel ist es nicht so eintscheidend, ob die stadt selbst reich ist (sie ist es nicht), sondern ob es sich hier zu investieren lohnt (ist offenbar der fall).
    anscheinend wird davon ausgegangen, dass der turn around geschafft und die stadt auf einem guten wege ist. im gegensatz zur spekulativen büroneubau-blase der 90er kann man dem heute auch zustimmen. die teuren investitionen der stadt, des landes und des bundes in der nachwendezeit machen sich langsam bezahlt. die bevölkerung wächst, die wirtschaft wächst, der immobilienmarkt wächst - das ist im osten leider selten (und beispielsweise auch ein unterschied zu halle).

    oder ganz anders ausgedrückt: noch ist die stimmung besser als die lage, aber zum glück nähert sich die lage immer mehr der stimmung an.

  • nun, dieser flughafen gehört nicht zu [lexicon='leipzig'][/lexicon] sondern zu schkeuditz. und ist, mit verlaub, auf halleschen mist gewachsen - seinerzeit gegen den erbitterten widerstand leipzigs. :zwinkern:

  • naja, das ist eine laaaaange geschichte - will das thema auch nicht weiter vertiefen: ich freue mich jedenfalls über jeden leipziger gründerzeitler, der gerettet wird - würde mir allerdings wünschen, dass die hallesche bausubstanz auch so gechätzt werden würde.

  • Ich habe noch ein paar erfreuliche Nachrichten aus der heutigen LVZ zu verkünden und zwar steht das ehemalige hotel de pologne in der Hainstraße kurz vor einer Veräußerung an die Leipziger Stadtbau AG (http://www.lsbag.de), welche im Moment gerade den Handelshof saniert. Ebenso hat die LSBAG bereits das rückseitige Gebäude in der Katharinenstraße erworben. Eine Sanierung soll, bis zur Fertigstellung des Brühls erfolgen. Man sprach sogar von der Möglichkeit eine Art Passage inkl.Lichthof zwischen Hain -und Katharienenstraße anzulegen. Als Mietinteressent für das Objekt wird bereits die Pfeffermühle ins Gespräch gebracht, welche im Moment auf der Suche nach einer dauerhaften Spielstätte ist. Vielleicht könnte einer der Leipzigfraktion einige Bilder des Gebäudes einstellen, habe leider momentan keine zur Verfügung.:zwinkern:
    Desweiteren wird in der Klostergasse der Nachfolgebau des ehemaligen Hotel de Saxe demnächst saniert, zur Zeit ist man mit Ausgrabungen im Hinterhof beschäftigt und ist bereits schon auf barocke Mauerreste und Gegenstände gestoßen. Gleichzeitig wird auch der gegenüberliegende Altbau am Dittrichring saniert, erbaut von einem gewissen Herrn Schmidt der auch für den Bau des Felsenkellers zuständig war.

  • Zitat von "Stiffler2207"

    Ich habe noch ein paar erfreuliche Nachrichten aus der heutigen LVZ zu verkünden und zwar steht das ehemalige hotel de pologne in der Hainstraße kurz vor einer Veräußerung an die Leipziger Stadtbau AG (http://www.lsbag.de), welche im Moment gerade den Handelshof saniert. Ebenso hat die LSBAG bereits das rückseitige Gebäude in der Katharinenstraße erworben. Eine Sanierung soll, bis zur Fertigstellung des Brühls erfolgen. Man sprach sogar von der Möglichkeit eine Art Passage inkl.Lichthof zwischen Hain -und Katharienenstraße anzulegen. Als Mietinteressent für das Objekt wird bereits die Pfeffermühle ins Gespräch gebracht, welche im Moment auf der Suche nach einer dauerhaften Spielstätte ist. Vielleicht könnte einer der Leipzigfraktion einige Bilder des Gebäudes einstellen, habe leider momentan keine zur Verfügung.:zwinkern:
    Desweiteren wird in der Klostergasse der Nachfolgebau des ehemaligen Hotel de Saxe demnächst saniert, zur Zeit ist man mit Ausgrabungen im Hinterhof beschäftigt und ist bereits schon auf barocke Mauerreste und Gegenstände gestoßen. Gleichzeitig wird auch der gegenüberliegende Altbau am Dittrichring saniert, erbaut von einem gewissen Herrn Schmidt der auch für den Bau des Felsenkellers zuständig war.


    Stiffler, mir wird schwindelig... gleich zwei so Brocken auf einmal.
    Könnte vielleicht jemand freundlicherweise die Zeitungsartikel einscannen bei Gelegenheit?

    ...mit Fotos natürlich sofort zur Stelle und aus dem Handgelenk mal ein bisschen erzählt (alle Angaben wie immer ohne Gewähr)

    Hotel de Pologne (Hainstr. 16-18 ), die Vorgängerbebauung (mehrere Einzelhäuser) brannte M. des 19. Jhs. ab, dann wurde der heutige Bau gebaut, der in den 90er Jahren des 19. Jhs. durch Arwed Rossbach erheblich umgebaut wurde. Die Literatur nennt u.a. im inneren einen reich ausgestatteten großen Saal, der noch unsaniert ist. Wer die Wandelhalle der alten Uni gesehen hat, ahnt, was uns vielleicht erwartet... (ich kenne auch keine Fotos des Saals...)

    An der Rückseite grenzt ein noch prominenteres, unsaniertes Haus an, die Katharinenstraße 19 an, erbaut im 18. Jh. von Maurermeister Georg Werner. Dieser Bau stellt eines der wenigen hervorragend erhaltenen barocken Häuser aus der Zeit der Warenmesse dar: im EG lauter kleine Läden (mit gewölbten Decken), in den Obergeschossen Wohnungen, zur Straße hin im 1. und 2. OG die besseren, in den Obergeschossen und Dachgeschossen Wohnraum für niedere Bevölkerungsschichten...
    Erhalten ist zumindest ein für Sachsen typisches steinernes (relativ feuersicheres!) Treppenhaus mit barocken schmiedeeisernen Geländern (in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und Dresden waren die Häuser ja schon im 18. Jh. unglaublich hoch).
    Die Fassade ist bereits in den 60er Jahren relativ vorbildlich saniert worden, u.a. Rekonstruktion von zahlreichen Dachgauben und Stuck am Dachhaus in der Mitte.

    Habe auf die Schnelle leider nur ein historisches Foto von Hermann Walter (Stadtgeschichtliche Museum) gefunden, der heutige Eindruck ist genauso grandios:

    Oberlicht und Tor der Einfahrt heute. Ihr erkennt sicher, dass das alles „echt“ und “alt“ ist und in Großstädten heute eine Rarität.

    Ich habe ein bisschen Angst, dass das Haus so kaputtsaniert wird die Bartels Hof, Hainstraße 1/Markt 8.


    Und nun das Hotel de Saxe, Klostergasse 9, ein trauriger Fall: Das 1717 erbaute Barockhaus wurde 1968 einfach abgerissen, es hatte den Krieg recht unversehrt inkl. barocker Stuckdecken etc. überstanden. Das in den 80ern sehr spröde rekonstruierte Portal ist nur ein schwaches Abbild des verlorenen.

    Und die andere Seite, der Dittrichring 14, wurde sehr viel später im Zuge der Ring-Neubebauung um 1905 erbaut (bei der die als Schauseiten ausgebildeten Fronten der Barockbauten an der Klostergasse verstellt wurden), über der Tür von Dittrichring 14 steht eine Jahreszahl, die ich jetzt nicht im Kopf habe, offensichtlich wie von Stiffler indirekt mitgeteilt von der bekannten Leipziger Architektenfirma Schmidt & Johlige, die z.B. den erwähnten Felsenkeller oder auch die heutige Commerzbank (Kaufhaus Ebert, in den 80ern Topas-Kaufhaus) am Thomaskirchhof in dem gleichen Baublock errichteten, ich meine, auch das Diakonenhaus Dittrichring 12 wäre von Schmidt&Johlige (heute leider ohne Dachgiebel).

  • Was fuer ein herrliches Gebaeude am Dittrichhof in Deinem letzten Bild, Leipziger! :(

    Und am ersten Bild sieht man mal wieder, wie nahezu hoffnungslos es ist, im Erdgeschoss Laeden in ein ehemals nicht dafuer gebautes Haus zu integrieren ... das Resultat ist meistens unbefriedigend.

  • Wird auch die Katharinenstraße 19 saniert? Das wäre eine größe Aufwertung des gesamten Häuserblocks!
    Beim der Hainstraße 16-18 wäre es ausserdem sinnvoll den Erdgeschossbereich wiederherzustellen.
    Freue mich schon auf das Ergebniss. :D

  • Die Katharienenstraße 19 wird definitiv auch saniert, denn dieses Gebäude wurde bereits an die Leipziger Stadtbau AG (http://www.lsbag.de) veräußert. Ich meine auch die Bedenken von Leipziger, dass hier eine "Kaputt-Sanierung" erfolgen könnte, entkräftigen die Referenzen der LSBAG eig. ganz gut.

    Einige Beispiele

    -> Schenkendorfstraße 56 (Beispielbilder)

    -> Beethovenstraße 31 (Beispielbilder)

    -> Haydnstraße 3 (Beispielbilder)

    PS.: Ich denke das eine Rekonstruktion des Erdgeschossbereiches des ehemaligen Hôtel de pologne gar nicht so ausgeschlossen ist. Immerhin wird der Erdgeschossbereich beim Handelshof, ebenfalls ein Projekt der LSBAG, auch orginalgetreu wiederhergestellt. :zwinkern:

  • ich glaube, dass hier wohl ein kleines missverständnis unterlaufen ist:

    bei dem lsbag-gebäude in der katharinenstrasse handelt es sich nicht um die hier gezeigte nr. 19, sondern um die nr. 17, kretschmanns hof, ein heruntergekommenes geschäftshaus aus dem jahr 1912 mit innenhof und bereits bestehendem durchgang zur hainstrasse. das erklärt auch, warum (in früheren planungen) auf dieser seite die einfahrt zu einer tiefgarage vorgesehen war.
    diese tiefgarage wird es nach jetztigem planungsstand (glücklicherweise) nicht geben - immerhin eine positive nebenerscheinung der geplanten brühlbebauung nebenan mit ihren hunderten unterirdischen parkmöglichkeiten.

    die nr. 19 ist wie bereits angemerkt tatsächlich etwas sehr spezielles und in seiner ganzen morbidität noch sehr authentisch. gerade die hofgebäude vermitteln noch immer einen eindruck von den slumartigen zuständen, die früher in den engbebauten altstadtquartieren geherrscht haben. vor einigen jahren war ich mal in einer wohnung im vorderhaus - auch da hatte ich den eindruck, dass nur die schränke die wände am umfallen hindern. na ja, früher oder später wird auch dieser gebäudekomplex auf hochglanz poliert werden und so nobel sein, wie er nie gewesen ist.

  • Vielen Dank für die Korrektur, so gesehen ergibt die Katharienenstraße 17 auch mehr Sinn, auf Grund des Durchganges. Ich denke aber im Zuge der Neubebauung am Brühl und der umliegenden Projekte, wird es für Investoren doch wesentlich interessanter das Objekt Katharinenstr. 19 zu sanieren.
    Hoffen wir das Beste 8)

    MfG
    Steve

  • Schade das die Katharinenstraße 19 nun wohl doch nicht durch die Leipziger Stadtbau AG saniert wird.
    Allerdings scheint es das sie einen neuen Besitzer gefunden hat sie wird nicht mehr auf der LWB Website zum Verkauf angeboten! Also ist hier doch hoffentlicht mit einer baldigen Sanierung zu rechen.

    Und so ist auf jeden Fall schon mal die Nr. 17 gerettet die ja auch nicht ganz Wertlos ist :D

  • Das Gebäude Pfaffendorferstraße 1 wird nun eingerüstet und somit wird auch die Sanierung bald erfolgen.

    Hier ein Bild von März 2007


    PS. am Gebäude in der Jacobstraße hat man auf der einen Hälfte das Gerüst schon entfernt :zwinkern:

  • So entstehen Gerüchte...
    ... war also doch Kretschmanns Hof...


    Anbei das angesprochene Haus Jacobstr. 2 an der Ecke zum Ranstädter Steinweg aktuell....


    ... und ebenfalls von heute zwei Abschiedsfotos von der Brühlbebauung. Dieselbe Reinwald-Truppe, die die Uni Augustusplatz platt gemacht hat, räumt jetzt auch dieses Quartier ab...