Berlin - Charlottenburger Tor

  • Naja, die Plakateinhausung des Charlottenburger Tors hat sicher ganz stark mit zu dem Überdruß beigetragen, denn sie schien überhaupt kein Ende mehr zu nehmen, und man sah überhaupt keinen Bau- bzw. Sanierungsfortschritt.
    Im Prinzip ist es ja richtig, mit solcherart gewonnener Werbefläche zur Finanzierung beizutragen, aber das hat halt auch Auswüchse wie den, daß man bei der Sanierung herumtrödelt, um länger Einnahmen zu haben, oder die Bauarbeiter (und ich habe schonmal von einem Haus gehört - von einem Bewohner des Hauses -, auch die Bewohner) vom Tageslicht abzuschneiden. Davon abgesehen stört ein Riesenwerbeplakat im Stadtbild natürlich immer (in der Werbebranche gibt es extra den Begriff "Störer" für auffällige Anzeigen), anfangs findet man es vielleicht interessant, aber wenn es zu lange (über 6 Monate, würde ich mal sagen) hängt, nervt es nur noch. Irgendwann will man seine Stadt zurück.
    Und dann kommt noch dazu, wo das hängt. Auf einer Geschäftsstraße wie Kudamm, Friedrichstraße oder Wilmersdorfer fände ich hausgroße Werbeplakate in der Bauphase angemessen, eben weil es eine Geschäftsstraße ist. Bei Kirchen finde ich es oberpeinlich. An exponierten Durchgangsstraßen kann man das mal machen, aber eben nicht zu lange.
    Und zwischen 1990 und heute wurde diese Welle an Riesenplakaten eben immer größer und mehr. Das sorgt dann eben irgendwann für Unmut, weil es der Stadt so gehäuft einen mülligen Eindruck verschafft. Es ganz abzuschaffen, ist nun wieder ein Schwenk ins andere Extrem, aber ich finde den verständlich. Irgendwann hat mans einfach für eine Weile über.

  • Mann, Mann Petersburg!

    schreib doch nicht immer so viel politisches Zeug und drifte nicht so vom Thema ab! Politik muss Prioritäten setzen und aus den vielen Dingen, die möglich sind, auswählen. Die Rekonstruktion der Plastiken ist zweifellos nicht vordringlich.


    Also, erstens mal, wir bleiben hier höflich - die Anrede "Mann Mann" ist hier eher unüblich. Gemessen daran dass du noch nicht so lange hier bist, gehst du ja ziemlich frisch zur Sache. Erstens, ich schreibe kein "politisches Zeug", gewöhn Dir bitte einfach mal einen etwas freundicheren Ton an. Zweitens, nur weil du etwas nicht verstanden hast was ich sagte, gibt es keinen Grund sich aufzuregen. Merk Dir einfach bitte diesen Satz:

    Traditionelle Architektur , speziell Rekonstruktion, ist nicht im Sinne der Herrschenden. - Vielleicht diesen Satz einfach mal sacken lassen, ich möchte nicht immer einfache Dinge ständig wiederholen. Mein Punkt ist, dass es der Politik, von der Du hier selber sprichst (es mir aber gleichzeitig amüsanterweise verbieten willst), ein Dorn im Auge ist wenn rekonstruiert wird. Das hat wohl jeder, der sich für Rekonstruktionen interessiert, gleich zu Anfang mitbekommen.

    Dass diese Plastiken "vordringlich" seien, hatte ich nirgendwo gesagt. Hast du meinen Beitrag wirklich gelesen? Ich hatte gesagt, dass ich es für eine fadenscheinige Ausrede halte, dass Bauwerke bzw. Teil davon nicht dokumentiert sein sollen, obwohl sie in den 1930ern von Albert Speer auch noch umgebaut wurden. Und dabei bleibe ich!
    Du kannst gerne alles glauben was man Dir erzählt. Ich glaube denen kein Wort.

    Zur Siegessäule. Die Alliierten einigten sich 1945 darauf, deutsche Kriegsdenkmäler aus der Zeit vor 1914 stehen zu lassen. Sie sahen "nur" den Ersten und den Zweiten Weltkrieg als Verbrechen an. Was die Deutschen bis 1914 gemacht haben, galt als normale Geschichte.

    Klingt interessant, hat aber mit meinem Beitrag wenig zu tun. Erstens, was die Alliierten 1945 "normal" fanden und was Politiker heute tun ist nicht dasselbe. Ich sprach in meinem Kommentar von heutiger Politik - die Welt hat sich ein paar mal gedreht seit 1945. Erst vor wenigen Tagen war hier eine Meldung im Forum über die Grünen, die Strassennamen mit Preussischen Feldherren wie z.b. Yorck umbenennen wollen. Yorck starb aber lange Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Und diese Meldung, die ich hier erst vor paar Tagen sah, bestätigt genau meinen Punkt. Es soll alles entfernt werden, ich wiederhole es, was auch nur in irgendeiner Form "kämpferisch" ist. Völlig egal, ob vor oder nach 1914.

    Was die Siegessäule betrifft, hier waren sich die Alliierten keineswegs einig - die Franzosen wollten das Denkmal zerstören. Die Angloamerikaner hatten dann die Franzosen überstimmtm aber sie entwendeten einige Reliefs und andere Teile. Ich kenne Berlin noch mit Mauer, und ich kenne die Siegessäule noch mit fehlenden Teilen die Jahrzehnte im Armeemuseum in Paris lagerten - und erst Ende der 80er wieder zurückgegeben wurden. So ganz einig, wie du sagst, waren sich die Alliierten bei der Siegessäule also doch nicht so ganz.

    Auf jeden Fall echt gut, wenn sich jemand an "Politischem Zeugs" stört, und im selben Atemzug erzählt welche Politik die Alliierten 1945 betrieben. ;)

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ist das Tor leicht geschwungen oder täuschen die Fotos ?

    Übrigens.... berichtet Speer von erheblichen Schwierigkeiten bei der Neuanlage der Brücke im Zuge der Verbreiterung der Straße.
    Einerseits sollte das Straßenniveau optisch unterbrechungsfrei so wenig wie möglich angehoben werden - andererseits sollte der Landwehrkanal auch schiffbar bleiben. Eine aufwendige Brückenkonstruktion war die Folge.

    Der Mittelstreifen der gesamten Straße (Ost-West-Achse) wurde mit einer nur 4cm messenden Erhöhung geplant und gebaut. So sollte die gesamte Breite der Straße für Aufmärsche geeigneter sein.

  • Die Vervollständigung des Gesamtensembles Charlottenburger Tor beschäftigt mich schon seit sehr geraumer Zeit.
    Um dies zu erreichen fehlt lediglich noch die Wiederherstellung der beiden Bronzeplastiken von Georg Wrba auf den Steinpfeilern. Die Notwendigkeit dieses Schrittes, als passender Abschluss der verkürzten Pfeiler sowie als Zeugnis des architektonischen Zeitgeistes um 1910, wurde hier schon oft genug besprochen.
    Zumeist wurde ungenügendes Bildmaterial als Grund für die Unmöglichkeit dieses Projekts genannt.
    Die Abbildungen, auf die ich nun während meiner Recherche gestoßen bin, übertreffen die bisherigen Bilder enorm. Erstmals sind richtige Details, Positionen und Formen der Figuren gut erkennbar.
    Die Bildqualität übertrifft sogar die der Abbildungen der Kandelaber (welche bereits rekonstruiert wurden!).
    Aber überzeugt euch selbst :)

    Jetzt fehlt es noch an Personen, die dieses Projekt mit dem nötigen Willen durchbringen, wie es bei den Kandelabern der Fall war.

    Kriegergruppe auf linkem Torbogen:

    Hirschgruppe auf rechtem Torbogen:

  • (...) Um dies zu erreichen fehlt lediglich noch die Wiederherstellung der beiden Bronzeplastiken von Georg Wrba auf den Steinpfeilern. (...)

    Die Bilder, zusammen mit den kleinen Modellen, die in Beitrag Nr. 97 zu sehen sind, müssten für einen erfahrenen Bildhauer eigentlich ausreichen, um eine Rekonstruktion anzufertigen.

    Nun fehlt es noch am Willen der Stadt Berlin und einem Geldgeber, oder einer groß angelegten Spendenaktion. Aber die Wiederherstellung ist natürlich durchaus möglich. Ich denke da nur an die Brunonia + Quadriga auf dem Braunschweiger Schloss.

  • Neußer, bei der neuen Brunonia auf dem Braunschweiger Schloss fehlt das lorbeerumkränzte W(Herzog Wilhelm)an der Spitze des Ehrenstabs.War der Verzicht bewusst gewollt?

  • Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich der Substanzpflege gewidmet und finanziert keine völligen Neuanfertigungen.

    Die Fotos sind zwar deutlich besser als das, was ich bis dato kannte, aber gut sind sie noch lange nicht. Wo steht denn das Modell? Auf dem Foto kann man die Skulpturen auch nicht besser erkennen.

    Gibt es einen Nachlaß des Bildhauers - ggf. mit Zeichnungen?

    Erfahrene Bildhauer machen Modelle in diesem Größen für ca. 100.000 Euro, mal zwei. Dann müsste noch der Bronzeguß finanziert werden. Ich würed sagen mit allem Zipp und Zapp kostet so ein Projekt eine halbe Million Euro. Wenn sich ein Spender findet kümmere ich mich gern darum, wir haben in Potsdam am Stadtschloß schon ähnliche Größenordnungen bewältigt.

    Hier noch ein Text über den Bildhauer Georg Wrba: https://arthist.net/reviews/389/view=pdf. Der Dresdner Bildhauer Stefan Dürre, einer der wenigen guten seines faches, hat sich mit Wrba schon auseinandergesetzt. In Berlin kann sowas Andreas Hoferick. Der Text zitiert auch die Sammlung Peter Geipel, die wohl wertvolle Zweitgüsse hat. Man müsste eigentlich herausfinden können, wo der Nachlaß liegt.

    Ach, die acht Trophäen fehlen dann auch noch!

  • Die Skulpturen sind tatsächlich nicht besonders schön und vermutlich von eher geringem künstlerischen Wert. dennoch wäre eine Wiederherstellung wünschenswert, um das Tor zu komplettieren. Alternativ könnte ich mir auch etwas anderes vorstellen, z.B. Obelisken o.ä. aber etwas, was zur Architektur passt. Jetzt ist die Wirkung des Tores schon ziemlich beeinträchtigt. Man sieht, da fehlt etwas.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Die Skulpturen wurden meines Wissens 1943 vom Tor genommen, um sie vor der Zerstörung zu schützen. Dann verliert sich der Weg - wäre eine interessante Recherchearbeit. Welches Unternehmen war mit der Sicherung beauftragt? Liegen Sie vielleicht auch in der Havel wie einst der große Kurfürst? Oder wurden sie doch eingeschmolzen?

    Nachtrag:

    1943 ist wohl nicht richtig - hatte die Zahl im Kopf aber das Netz sagt was anderes: Feb. - Mai 1945.

    Ich werde mich nun auf Spurensuche begeben und Weiteres dann hier einstellen.

    Einmal editiert, zuletzt von Friedenau (9. Januar 2020 um 10:44)

  • wurden meines Wissens 1943 vom Tor genommen, um sie vor der Zerstörung zu schützen.

    Wie sicher ist das? Das hat man doch aus Schutzgründen eher selten gemacht in der Zeit. Wenn, dann hat man sie, wie so viele andere, vermutlich zum einschmelzen abgenommen, um Munition o.ä. daraus zu machen.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Laut dem Artikel von Wikipedia, wurden die Skulpturen erst kurz vor Kriegsende entfernt.

    (...) Die Plastiken von Georg Wrba wurden zwischen Februar und Mai 1945 demontiert und gelten seitdem als verschollen. (...)

    Wenn das stimmt, galt die Entfernung sicher nicht dem Schutz.

    Die Idee von Gmünder, die ja schon öfter erwähnt wurde, finde ich aber gut. Wenn die Neuanfertigung der Skulpturen zu teuer und aufwändig ist, sollte man Vasen oder Obelisken aufstellen. Oder vielleicht zwei Berliner Bären, die einander zugewandt sind. Da gäbe es sicher vielfältige Möglichkeiten. Ist aber alles besser, als diese abgehackten Pfeiler.

    Sicher würde hier aber der Denkmalschutz wieder im Wege stehen.

  • 1987 wollte der West-Berliner Kultursenator mal abstrakt-moderne Skulpturen aufstellen. Das wurde gottlob nix.

    Das Charlottenburger Tor liegt in der Zuständigkeit des Bezirks Charlottenbwurg-Wilmersdorf. Unter dem CDU-Baustadtrat Gröhler kam es seinerzeit zu einer privatfinanzierten Sanierung und zum Wiederaufbau der Kandelaber. Zur Finanzierung hingen mehr als ein Jahr Werbeplakate mit leicht bekleideten Damen über einem Gerüst über der Ost-West-Achse. Baufirma war damals Hochtief.

    Der Nachfolger als Baustadtrat heisst Schrouffenegger und ist bei den Grünen (Bild). Ein erneute werbefinanzierte Maßnahme ist sicher auszuschliessen.

  • Der Nachfolger als Baustadtrat heisst Schrouffenegger und ist bei den Grünen (Bild). Ein erneute werbefinanzierte Maßnahme ist sicher auszuschliessen.

    Ja. Das würde ich dann auch so sehen. Schade! Aber Zeiten können sich ändern . . .

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Sorry, mir ist nicht ganz klar warum das damit auszuschließen ist.

    Allerdings wäre es sicherlich schade, das Tor wieder länger hinter Planen verschwinden zu lassen. Da gibt es bestimmt noch andere Finanzierungsmöglichkeiten. Es wäre der Sache sicherlich dienlich nicht schon voreingenommen an die Dinge heranzugehen. Schruoffeneger war letzten März auch Baustadtrat und da wurde der Turm der Gedächtinskirche mit Werbung verhängt.

    Nachtrag:

    Hab noch ein Bild vom südlichen Teil des Tores gefunden vom April 1945 - da ist die Figurengruppe noch auf dem Tor.

    hier der link:

    https://www.alamy.de/deutsche-drach…ge67062537.html

  • Hab noch ein Bild vom südlichen Teil des Tores gefunden vom April 1945 - da ist die Figurengruppe noch auf dem Tor.

    Wenn das Bild wirklich vom April 1945 ist, dann fällt die These von Sicherung der Figuren ebenso weg, wie die Abnahme zum Einschmelzen.

    Im April 1945 hatten die anderes zu tun, als noch Metall zu irgendeiner Schmelze zu fahren, um dort aufwändig Munition herzustellen. Ebenso waren die nicht mehr mit der Sicherung von solchen, zudem historistischen, Figuren beschäftigt.

    Hier sind Aufnahmen der unmittelbaren Nachkriegszeit:

    https://images.app.goo.gl/hJUqe3bEws92zdSi9

    https://images.app.goo.gl/wbkPdM2hS14Vr5Dn6

    https://images.app.goo.gl/7PwKJ9VS6EJy8vQz8

    Die Figuren unten existieren noch, die oben nicht mehr. Hätte man sichern wollen, hätte man auch die unteren Figuren gesichert. Hätte man einschmelzen wollen, wären auch die leichter zugänglichen unteren Figuren eingeschmolzen worden. Ich vermute also einfach, dass die oberen Figuren beim Artilleriebeschuss zerstört worden sind.

  • (...) Ich vermute also einfach, dass die oberen Figuren beim Artilleriebeschuss zerstört worden sind.

    Das kann schon sein. Aber dann wären sie doch nicht einfach verschollen. Zumindest das zerschossene Altmetall hätte dann noch vom Sockel herunterhängen müssen. Wie beim Deutschen Eck in Koblenz.

    Irgendjemand muss doch wissen, wo die Skulpturen, oder der Rest davon, abgeblieben sind. Die konnte man schließlich nicht so einfach mit einer Leiter erreichen und unerkannt, in der Hosentasche, mitgehen lassen.