Abrisse und Neubebauung zwischen Hauptbahnhof und Messe

  • Möglicherweise fahre ich dort nachher mal vorbei und wenn es nicht schon zu dunkel ist mache ich auch Fotos.

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • So, die Altbauten in der Mainzer Landstrasse/ Ecke Ludwigsstrasse sind heute gefallen. Warum man ohne Not die Häuser abgerissen hat ist mir ein Rätsel. Wahrscheinlich musste mal wieder Platz gemacht werden für einen Investorenblock. Besonders das Eckhaus hätte man sanieren müssen. Nun entsteht eine ungünstige Eingangssituation in die Ludwigsstrasse und damit in den bisher recht intakten Altbaubestand im Viertel zwischen Hauptbahnhof und Mainzer Landstrasse. Da kämpft man um ein paar Rekos in der Altstadt und gleichzeitig wird weiterhin in Frankfurt kräftig der Rest der Altbausubstanz platt gemacht...
    http://stadtreparatur-ffm.blogspot.com/2008/10/g-f.html\r
    stadtreparatur-ffm.blogspot.com/2008/10/g-f.html

    ...

  • Zitat von "Wikos"

    Da kämpft man um ein paar Rekos in der Altstadt und gleichzeitig wird weiterhin in Frankfurt kräftig der Rest der Altbausubstanz platt gemacht...


    Das ist es, was mich auch krank macht: Es ist eine Art Sisyphos-Effekt - während an einer Stelle (aller Voraussicht nac) ein wenig historische Architektur wiederersteht, wird am anderen der Stadt wieder ein Stück altes Frankfurt entsorgt. Gleich kommt wieder der Einwand, wie wenig wertvoll die Gründerzeitler doch sind - sie sind einfach ein Stück des alten Frankfurt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. :(

  • Sorry, aber nein, die Gründerzeitler sind kein bisschen Alt-Frankfurt. Ich will jetzt nicht die 1001 Architekturmerkmale Alt-Frankfurter Architektur aufzählen, aber insbesondere die gründerzeitlichen Wohnbauten haben mit der Frankfurter Bautradition in 99 % der Fälle gar nichts mehr zu tun, so auch hier. Das soll freilich nicht heißen, dass ich den Abriss gutheißen würde oder anderer Meinung wäre als ihr, aber das wollte ich zumindest richtig gestellt wissen. ;)

  • Ich bin allerdings der Meinung, dass speziell die etwas einfacheren Frankfurter Gründerzeitler eine ganz eigene Architektursprache sprechen. Wenn ich da ins nahe Wiesbaden schaue oder gar erst ins ferne Preussen... Die schwarz gedeckten Mansarddächer, Verwendung von rotem Mainsandstein, reichlich verteiltes Schornsteinwerk, Gaubenform, 3-4 Geschosse, strenge Blockrandeinhaltung, ... Sie brauchen gar kein Sichtfachwerk oder Schieferfassaden, um als Frankfurter Bauten erkennbar zu bleiben.

    Also für so austauschbar halte ich diese schlichten Frankfurter Gründerzeitler nicht.
    Und gerade die gezeigten hätten bei gut gemachter Sanierung durchaus wieder sehr schöne Bauten sein können. So treibt man nun aber die Allerweltsbausau weiter durch's Dorf.

  • Befinden wir uns wieder inmitten der üblichen Diskussion, weil es die Antifraktion nicht sein lassen kann. :zwinkern:

    Wer definiert denn, was zum alten Frankfurt gehört und was nicht? Für mich ist Alt-Frankfurt das Frankfurt vor der Zerstörung. Und zwar mit allem, was dazu gehört.
    Dieses Bahnhofsviertel gab es nur in Frankfurt und es ist eben nicht einfach nach Berlin oder München translozierbar! Selbst wenn es die vorige Bautradition nicht fortgesetzt hat, trug es maßgeblich zur Identität Frankfurts bei (im Gegensatz zum an der Abrißstelle geplanten Hamburger Klinkerbau).

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Vielleicht liegt hier ein Missverständnis vor: "Alt-Frankfurt" ist ein in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anbetrachts des gründerzeitlichen Baugeschehens, für das zunehmend Altbausubstanz weichen musste, historisch gewachsener Begriff, der die Altstadt innerhalb der staufischen Stadtmauer sowie die wenigen erhaltenen Straßenzüge der Neustadt (z. B. Kleine Eschenheimer Gasse) bezeichnet(e). Die Alt-Frankfurter Architektur war schlicht und bieder, sie bezog ihren Reiz nicht aus dem ohnehin kaum vorhandenen Ornament, sondern aus dem gotisch-verschachtelten (die gotische Bautradition reichte bis tief ins 18. Jahrhundert), organisch gewachsenen und patinierten Ensemble, das bis 1944 von einzigartiger Einheitlichkeit erhalten war. Es liegt nahe, dass die wilhelminischen Prachtviertel, die ihren Reiz primär aus dem Ornament, und erst dann aus dem Ensemble beziehen, wenig damit zu tun haben.

    Natürlich sind oder waren auch die Gründerzeitviertel ein Teil der Frankfurter Architekturgeschichte, aber eben nicht per Definition "Alt-Frankfurt". Diese Bautradition ist ungefähr zwischen 1866 und 1871 endgültig erloschen, manche setzen sie auch schon bei Dalbergs Baustatut von 1809 an.

    Und dich, youngwoerth, würde ich mal bitten, nicht hinter allem eine Verschörung gegen die Architektur des 19. Jahrhunderts zu vermuten, das ist ja schon fast paranoid. :augenrollen: Keiner hier nämlich was dagegen gesagt, ich habe lediglich eine Einordnung getroffen, von der ich mal behaupte, sie zumindest für Frankfurt aufgrund fundierter Kenntnisse der spezifischen Stadt- und Architekturgeschichte treffen zu können.

  • Aufgepaßt, RMA: Ich habe nicht Alt-Frankfurt geschrieben, sondern altes Frankfurt. Und das definiere ich so wie youngwoerth: Es umfasst alles aus der Zeit vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Was Du mit dem feststehenden Begriff "Alt-Frankfurt" meintest, sei dadurch unangetastet und unbestritten - aber wir reden eben von zwei verschiedenen Dingen (wobei das eine ja das andere mit einschließt, aber eben nicht umgekehrt).

  • na gut... :zwinkern:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Eine Simulation aus der FAZ von dem im Bau befindlichen Projekt auf dem Grundstück des abgerissenen Bahngebäudes.

    Nicht das Hochhaus ist für mich hier das Interessante, sondern die Bebauung zur Friedrich-Ebert-Anlage hin. Fünf Obergeschosse, ein Art Satteldach mit Gauben - insgesamt gar nicht mal so übel. Aber eben kein Ersatz für den abgerissenen Altbau. Hätte man nicht wenigstens die Fassaden der gründerzeitlichen Seitenflügel erhalten und in den Neubaukomplex integrieren können?

  • Ja, kein Ersatz für den Altbau - stand er denn an dieser Stelle?

    Insgesamt ein Hochhaus mit einem erträglichen Sockel - aber warum baut Mäckler fast exakt seinen Opernturm noch einmal?

    ...

  • Ja, genau an dieser Stelle stand das alte Bundesbahn-(und zeitweilige Gerichts-)Gebäude.

    Leider finde ich überhaupt kein Foto im Netz, weder von dem letzten Zustand (nur hier sieht man ein kleines Stück des Seitenflügels), geschweige denn -was noch interessanter wäre - vom Vorkriegszustand. Hat jemand ein brauchbares Bild?

    Hier ist übrigens ein besseres Bild des im Bau befindlichen Nachfolgebaus. Wie gesagt: Es gibt wirklich weitaus schlechtere Bürobauten in Frankfurt.

    Obwohl - jetzt weiß ich auch, woran der Neubau mich irgendwie erinnert: An das Auswärtige Amt alias ehemalige Reichsbank.

  • Es war tatsächlich nur noch die südliche Fassade erhalten, die Fassade zur Friedrich-Ebert-Anlage hin war in den 50er Jahren großflächig durch die auf dem Foto erkennbare Werksteinfassade ersetzt worden.

    Ich habe dieses Dokument gefunden, welches sich um den Abriss des Gebäudes dreht, und welcher auch ein Vorkriegsfoto beinhaltet:
    http://www.eurovia.de/strassenbau/do…i/id/89/26.html

    Es ist sicher schade um die erhaltene Fassade, zumal der Neubau von den Proportionen her sehr gut hätte eingepasst werden können, aber auch kein absolut bedauernswerter Verlust von Kulturgut, gerade angesichts der Tatsache dass die eigentliche Schaufassade schon lange nicht mehr existierte.

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Hier ist übrigens ein besseres Bild des im Bau befindlichen Nachfolgebaus. Wie gesagt: Es gibt wirklich weitaus schlechtere Bürobauten in Frankfurt.

    Obwohl - jetzt weiß ich auch, woran der Neubau mich irgendwie erinnert: An das Auswärtige Amt alias ehemalige Reichsbank.

    Nein, der Bau ähnelt eindeutig dem Komplex des Gerling-Konzerns in Köln. Der stammt großenteils aus den 50er Jahren und ist ein gelungenes Beispiel jener Zeit zwischen Moderne und traditionellem Neoklassizismus. Künstlerischen Einfluss auf die Anlage in der Nachkriegszeit hatte übrigens der in der NS-Zeit sehr beliebte Bildhauer Arno Breker.

    http://www.architekturkoeln.de/pages/de/home/news_archiv/1513.htm</a>
    http://www.baukunst-nrw.de/index.php?oid=263
    http://www.ksta.de/ks/images/mdsBild/1152901368364l.jpg
    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/7236
    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/29798

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (12. April 2011 um 02:39)

  • Zitat von "PJG"

    Ich habe dieses Dokument gefunden, welches sich um den Abriss des Gebäudes dreht, und welcher auch ein Vorkriegsfoto beinhaltet:
    http://www.eurovia.de/strassenbau/do…i/id/89/26.html

    Danke.

    Das war ja ein richtig schöner, herrschaftlicher Bau! Schade drum. Wie stark der Hauptflügel im Krieg zerstört wurde, weiß ich zwar immer noch nicht, aber der Zerstörungsgrad dürfte erheblich gewesen sein, sonst hätte man den Bau (wie das nahegelegene Polizeipräsidium) in vereinfachter Form wieder aufgebaut.

  • Wo ich eben noch drauf gekommen bin:
    http://www.youtube.com/watch?v=IHltvxxg2yg

    Beitrag von 2002 über den Abriss einer Arbeitersiedlung im Frankfurter Westend (Voltastraße). Hätte nicht gedacht, dass sowas heutzutage noch plattgemacht wird. Es ist zwar relativ schlichte Architektur, aber wie man sieht, im Innern noch mit Kassettentüren und so, hätte saniert sicher was hergemacht. Ich hab mir die Ecke übrigens mal bei Bing Maps angeguckt, da steht ja sonst nix ansprechendes mehr. Liegt das allein an Immobilienspekulationen oder wie erklärt man sich das Fehlen jeglicher Altbauten in dem Gebiet?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Neben der Arbeitersiedlung wurde in diesem Gebiet in den letzen 20 Jahren einiges platt gemacht - das ist ganz normaler Alttag in Frankfurt/M. Insbesondere einige schöne historische Industriehallen wurden Mitte der neunziger Jahre ohne Not dort zerstört. Mit etwas Phantasie, hätte man diese in schöne Loft-Immobilien umgestalten können. Teilweise standen diese Flächen nach den Abrissen dann noch jahrelang als Brache leer bis dann Investoren dort 08/15 Büroimmobilien geschaffen haben die teilweise mittlerweile schon wieder Leerstand haben.

    ...

  • Früher war dort auch eine Großdiskothek, die "Music Hall", angesiedelt. Heute ist das Viertel leider völlig mit Investoren-Büro-Architektur zugebaut. Es muß sich finanziell so gelohnt haben.