Bremen - Östliche Vorstadt 2012 (Galerie)

  • Ich habe das schöne Wetter und etwas Zeit genutzt und noch eine kleine Runde, diesmal hauptsächlich im „Viertel“ gedreht.

    Beginnen tun wir aber im altbekannten Peterswerder, genauer in der Bückeburger Straße. Mich fasziniert ja immer die etwas aus der Reihe tanzende Architektur, zu der ich das hier zählen würde. Das Baujahr (als Inschrift an mehreren der Häuser) ist 1918 (!) und genau das sieht man diesen Häusern auch an, wie ich finde. Sie sehen eben wirklich wie Häuser an der Schwelle zur Moderne aus, auch wenn man sie wohl als späten und reduzierten Reformstil klassifizieren würde. Dass im letzten Kriegsjahr noch einfach mal so eine Reihe Einfamilienhäuser gebaut wurde, war mir nicht bekannt, man stelle sich das mal (zugegebenermaßen etwas unpassend im Vergleich) 1945 vor!

    Als nächstes dieses als Polizeigebäude genutzte Haus am Admiral-Brommy-Platz. Ich finde, mehr Architektur braucht kein Mensch. Gutes Material, wohlgewählte Proportionen, etwas Schmuck, fertig ist die Laube. Ist das denn so schwer heutzutage?

    Hier in der Heidelberger Straße mal wieder der (keineswegs schlechtere) Prunkhistorismus.

    Ich befinde mich jetzt im Steintor, dem „cheap end“ des aus Oster- und Steintor bestehenden Viertels. Die Hauptachse des Viertels heißt hier „Vor dem Steintor“, wobei der korrektere Name "Vor dem Steinturm" wäre, der auf plattdeutsch "Steentorn" heißt. Selbjener stand als eine Art Wachturm/Warte bis ins frühe 19. Jhdt. am heute berühmt-berüchtigten „Eck“ aus Sielwall/Ostertorsteinweg/Dobben (heute Treffpunkt/Zentrum des Viertels, leider auch für den Drogenhandel). Irgendwann fiel das finale n wohl einfach ab und heraus kam das Steintor.

    Solche Häuser sind es, die einem (noch beeindruckender natürlich bei schlechterem Wetter und einer weniger „funktionierenden“ Straße mit mehr Leerstand) die Minderwertigkeit der Nachkriegsmoderne so richtig ins Gesicht schlagen. Diese Gegend des hinteren Steintors hat auch den mit Abstand höchsten Anteil an (meist schlechter) Nachkriegsbebauung der ganzen östlichen Vorstadt, warum das so ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

    Gegenüber dieser sehr schlichte und frühe Nachkriegsbau (das Ding muss -von der Gestaltung her- aus meiner Sicht wirklich noch aus den späten 40er Jahren stammen). Was ein wenig Fenstergliederung so alles machen kann... unten drin ein sehr beliebter Schlachter, bei dem die Leute regelmäßig bis auf die Straße Schlange stehen, so auch heute (nach Grillgut? :cool: .

    Aber auch hier im Steintor gibt es noch so etwas, die Gebäudehöhe ist für Bremer Vorstadtverhältnisse fast schon wolkenkratzerartig.

    Wiederum gegenüber untrügliche Anzeichen der Gentrifizierung/Yuppiesierung (ohne Wertung) auch dieses Stadtteils: der Biosupermarkt, der rechte Gebäudeteil gut renovierter Altbau, der linke Neo-Schrott (und das, obwohl die Geschosshöhe notgedrungen übernommen werden musste, das muss man auch erstmal hinkriegen!)

    Am beschaulichen Ziegenmarkt (einer von mindestens 3 mir spontan einfallenden Wochenmärkten allein hier im Viertel) wird dieser Klotz hochgezogen, man kann ihn andeutungsweise auf dem Bauschild erkennen. Das Übliche, aber da das vorher hier stehende Gebäude von einer geradezu abstoßenden Hässlichkeit war (s. Google-Link unter dem Bild), sehen wir darüber großzügig hinweg... (man malt sich aber besser nicht aus, was man aus diesem schönen Eckgrundstück alles mit Geschmack hätte bauen können)

    Alter Zustand Ziegenmarkt - GoogleEarth

    So, nun geht es nocheinmal in das von mir schon in vorhergehenden Fotostrecken gestreifte Herz des Historismus am Bremer Haus. Mehr und vor allem in dieser Geschlossenheit geht hier in Bremen für Historismusfans nicht. Dieses Viertel wird ungefähr von den Straßenzügen Horner Straße (Osten), Roonstraße (Norden, auch schon bei schlechterem Wetter gezeigt), Am Dobben (Westen) und Humboldtstraße (Süden) begrenzt, und in dieser fangen wir auch an:

    Hier ein kürzlich gut renoviertes Bremer Haus in selbiger Straße.

    Trotz des reduzierten Stucks und des WDVS doch eine enorme Verbesserung gegenüber dem Vorzustand:

    Alter Zustand Haus Humboldtstraße GoogleEarth

    Nun das südliche Ende der Herderstraße linkerhand:

    und rechterhand (kleines Dreierensemble plus unschöne Aufstockungen im Hintergrund im Bild):

    und noch mal sonnenseitig:

    Blick in die Feldstraße (hatten wir so ähnlich schon mal), hier kommt der englische Charakter der Straßen ganz gut zur Geltung, finde ich:

    Blick in die Besselstraße:

    Die Mathildenstraße von Lüder Rutenberg, geschlossen unter Denkmalschutz stehend. Erbaut in den 60er Jahren des 19. Jhdts. ergibt sich hier ein beeindruckendes Ensemble. Der Baumeister und Immobilieninvestor (so würde man ihn heute wohl nennen) hat mit verschiedenen Fassadengestaltungen experimentiert, es waren sozusagen lauter Musterhäuser, die man besichtigen konnte, bevor man ähnliches in Auftrag gab. Der umtriebige Rutenberg hatte übrigens in den 40er Jahren des vorvergangenen Jhdts. mal einen Bauantrag für ein mehrstöckiges Mehrfamilienmietshaus gestellt, der von der Bauverwaltung abgelehnt wurde. Aus dieser Entscheidung rührt dann die Entwicklung des Bremer Hauses.

    Ein horizontalisierter Freund darf auch hier nicht fehlen:

    Zurück an der Ecke Mathildenstraße/Humboldtstraße noch ein schöner Blick in letztere mit schönem Eckbau:

    Und noch dieses Haus in der Humboldtstraße, ebenfalls aus dem Rahmen tanzend; sehr strenger, für mich zu düsterer, später Backsteinexpressionismus (die Haustür verrät es).

    Noch ein letzter Blick auf den Dobben, vielleicht die großstädtischste Vorstadt-Straße ganz Bremens. Hier gibt es auch noch viel mehr zu sehen, aber das beim nächsten Mal. Wir befinden uns jetzt nämlich an der Grenze zum Ostertor, also einem logischen Punkt, das ganze vorläufig zu unterbrechen:

    So, das war es erstmal, ein zweiter Teil folgt "die Tare", wie die Bremer sagen würden.