Dresden - Prager Straße und Seevorstadt

  • Solche eingelagerten plastischen Kunstwerke könnte man ja auch mal wieder auslagern und an geeigneter Stelle platzieren. Schließlich dürften sie manch kahle Ecke aufwerten. Dazu bräuchte es mal einer Initiative engagierter Dresdner, die den Bestand sichten und der Stadt einfach konkrete diesbezügliche Vorschläge machen.

  • Bernd Ludwig , mir ist nicht klar, was diese "Touristengärten" zwischen den Hotels genau waren und wie sie aussahen. Hat jmand Bilder vom damaligen Zustand?

  • @ Frank, ich möchte die Anfrage zu den Gärten zwischen den ehm. Hotels in der Prager Straße beantworten.
    Es handelte sich hier um die zwei "Hofanlagen" zwischen den Hotels Bastei, Königstein und Lilienstein, den heutigen drei IBIS - Hotels.

    Leider sind beide sog. "Touristengärten" ld. nicht mehr vorhanden, da die vorhandenen Verkaufseinrichtungen zwischen den Hotels
    nach 1990 wesentlich erweitert wurden.
    Die w. o. bemerkt, gärtnerisch gestalteten Anlagen waren mit Plastiken ausgestattet. Zu den in diesen Bereichen aufgestellten Bildwerken gehörten u. a. Arbeiten aus dem ehm. Palaisgarten der Gräfin Moscinska sowie Werke zeitgenössischer Dresdner Künstler ( u. a. Landgraf, Peschel, Schönherr und Schreiber ).
    Da gab es Arbeiten von beachtlicher Qualität wie : Lesendes Mädchen, Ringende Knaben, Mütter mit Kindern, Stehender Jüngling etc.
    Diese Werke sind mit einer größeren Anzahl weiterer historischer Arbeiten im Lapidarium der LH untergebracht.
    Der Lastenträger von C. Meunier dümpelt im Hofe des Lapidariums gelangweilt vor sich hin.
    Mir ist unverständlich, warum solche bedeutende Werke vor der Öffentlichkeit versteckt werden.
    Vorschläge sie in die Öffentlichkeit zu bringen ( wie Heimdall anregte), hat es bereits mehrfach gegeben.
    Ich könnte mir z. B. sehr gut vorstellen, einige dieser Arbeiten im öffentlichen Raum zu zeigen. Vielleicht gar in dem künftigen, edlen Herzogin Garten ?
    Da wären z. B. die lebensgroßen Bronzearbeiten von Steinschleuderer und Degenfechter ( BH König, 1902 ) oder die allegorischen Nischenplastiken des ehm. Alberttheaters ( Sandstein, Musik- und Tanzkunst, 19. Jh. ), und und und . . .

  • Bernd Ludwig: vielen Dank für die Info. Schade, dass diese wohl sehr sehenswerten Skulpturen nicht mehr zu sehen sind. Vielleicht hat jemand anderes doch noch ein Photo von den Hofanlagen.

  • 1998 wurde durch die Aufbaugesellschaft Prager Straße ein Wettbewerb initiiert (Sieger: Trojan, Trojan und Neu), der u.a. eine bessere Quervernetzung des Quartiers mit den angrenzenden Seevorstädten zum Ziel hatte. Heute muss man leider sagen, dass sich die Situation im Bereich Prager Straße Mitte gegenüber der DDR-Zeit sogar noch verschlechtert hat. Denn wie ist es anders zu erklären, dass Bernd Ludwig, der uns dankenswerterweise mit Informationen zu den einstmals aufgestellten Plasitken versorgt hat, im Brustton der Überzeugung verbreitet, dass es beide Gärten nicht mehr gäbe?!
    Richtig ist, dass der nördliche Garten durch das nach einem Entwurf vom Büro Heinle, Wischer und Partner sowie Siegbert Langner von Hatzfeldt von 2003 bis 2004 errichtete Geschäftshaus Prager Straße 11, vollständig überbaut wurde. Das südlich gelegene Pendant ist allerdings immer noch vorhanden, wenn auch in einem erbarmungswürdigen Zustand.

    Hier gibt es Bilder des Gartens aus den Septembertagen des Jahres 2011:

    Die den Garten abschirmendene Pergola ist mittlerweile baulich gesperrt. Traurig!

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Besten Dank für die Ergänzung, bilderbuch. Jammerschade, dass diese Oase der Ruhe mittlerweile so verfallen ist, dass nicht nur Touris wie ich sie nicht mehr finden. Da zumindest einer der beiden Gärten und zudem noch die ursprünglich dort aufgestellten Skulpturen vorhanden sind, wäre seine Instandsetzung doch für die Prager Straße eine prima Bereicherung, die vergleichsweise preiswert zu haben wäre.

  • Jammerschade, dass diese Oase der Ruhe mittlerweile so verfallen ist, dass nicht nur Touris wie ich sie nicht mehr finden.

    Tja, leider schleust man die Passanten durch den Schlauch "Prager Strasse", sodass links und rechts davon gähnende Leere herrscht. =(

  • Da der Wohnungsbau der ersten Nachkriegsjahre vornehmlich von der sozialistischen Kleinfamilie ausging, herrschte um 1965 ein eklatanter Mangel an Single-Apartments. Es verwundert also kaum, dass das Dresdner Wohnungsbaukombinat dankbar einwilligte, den in Berlin auslaufenden Wohnhochhaustyp "WHH17" zu übernehmen, der jeweils über 240 Einraumwohnungen mit einer Größe von 25 qm verfügte. Dieser Hochhaustyp war 1963 von Josef Kaiser für den VEB Berlin-Projekt entworfen worden und zeichnete sich durch ausgesprochen gute Proportionen aus.
    Die ersten vier Gebäude dieses Typs in Dresden, wurden 1966/67 an der Prager Straße errichtet. Darauf folgte ein weiterer Standort am Lennéplatz. Für die um 1968 einsetzende Bebauung der Südseite der Grunaer Straße variierte man den Typ allerdings schon zugunsten der Schaffung weiterer 3- und 4-Raumwohnungen, worunter jedoch die Außenarchitektur stark litt. An die Stelle des seriellen und durchaus filigranen Rasters, traten nun vermehrt geschlossene Wandflächen.
    Obwohl man den Wohnhochhaustyp "WHH 17 Dresden" spätestens zur Mitte der 70er Jahre ersetzen wollte, wurde das Gebäude in Varianten noch weit über zehn Jahre länger produziert und über das gesamte Stadtgebiet verteilt.

    Seit einigen Jahren stehen an den drei nach einem Entwurf von Knerer und Lang sanierten Hochhäusern am Wiener Platz Gerüste, die dem Baupfusch geschuldet sind und entsprechend den Passanten vor herabfallenden Fassadenteilen bewahren sollen. Vor einigen Wochen begann man nun an einem der Hochhäuser tatsächlich mit Sanierungsmaßnahmen, die mich einerseits verwunderten und in mir andererseits mal wieder die Frage aufkommen ließ, was mit dem letzten "Kaiser-Hochhaus" am Wiener Platz geschehen soll.


    Ein bereits saniertes Hochhaus.


    Das beinahe 50 Jahre alte Hochhaus mit der Adresse Reitbahnstraße 36,...


    ...scheint nun tatsächlich saniert zu werden.


    In welcher Form das passieren soll, ist mir allerdings noch ein Rätsel. Die Übernahme des Entwurfs von Knerer und Lang aus dem Jahr 2000, würde sich hier durchaus anbieten.


    Aber auch das Umfeld könnte eine Auffrischung vertragen.

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Auch nicht schlecht und sogar mehr als treffend!

    Ich wollte allerdings schon auf den Begriff "Wohnmaschine" hinaus, der ja recht mehrdimensional ist. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass ihn die Erbauer als Kompliment aufgefasst hätten.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Da wird Bilderbuch sicherlich recht haben. Ich frage mich aber jetzt auch noch...wo man doch jetzt schon bei Hühnern von der Käfighaltung immer mehr in Richtung Boden- oder Freilandhaltung geht (was ich durchwegs begrüße und unterstütze!)...sollte man nun die öffentliche Aufmerksamkeit vielleicht auch einmal wieder auf die armen Menschen lenken.

    Rein (rethorische) Frage: Handelt es sich bei den hier bildlich vorgestellten Behältnissen überhaupt um eine artgerechte Haltung?!

  • Der Begriff Wohnmaschine ist zwar nicht die korrekte Übersetzung von Le Corbusiers "unité d'habitation", trifft es aber doch recht gut. Definieren würde ich den Begriff hier als effiziente und möglichst billige Vorrichtung zur Unterbringung von Menschen - die klassischen weiteren Aspekte der Architektur spielen dabei keine Rolle.

    Dazu auch gleich noch das passende Zitat aus der französischen Wikipedia (gerichtet an andere Architekten):

    Zitat

    En architecture, je ne serai jamais l'un de vos concurrents, puisque j'ai renoncé (…) à pratiquer l'architecture de manière générale.

    (Als Architekt werde ich nie zu Euren Konkurrenten zählen, da ich davon Abstand genommen habe, mich im Allgemeinen als Architekt zu betätigen)

  • Ich schwanke sehr, ob ich den Begriff Wohnmaschine eher positiv oder negativ auslegen möchte. Vom emotionalen Standpunkt aus gesehen wohl eher negativ, weil ich den Menschen darin eher als Teil der Maschine betrachte und mir dann das Menschenbild von der weitgehend emotionslosen Arbeitsmaschine ala Fritz Langs genialem Metropolis in den Sinn kommt. Auf der anderen Seite und vom pragmatischen Standpunkt aus gesehen schneller und preiswerter Wohnraum nach dem Krieg für dringend benötigte Wohungen, welche auch heutzutage ihre Daseinsberechtigung für die weniger begüterten Menschen einen Wohnraum zu schaffen, haben. Urbane Arbeiterquartiere ala Äußere Neustadt zieht man eben mal nicht so schnell in ihrer Gesamtheit in 3 Jahren hoch. Das "kann" nur Prohlis. Und am Ende ist alles natürlich wieder eine Frage des schnöden Mamons. Wobei sich dann wieder die Systemfrage stellt und ob sozialer Wohnungsbau stets mit dem Verlust von Urbanität und Aufenthaltsqualität einhergehen muss. Eventuell sind ja die Genossenschaftbauten der 1920iger Jahre eine passende Antwort.

    2 Mal editiert, zuletzt von Henry (6. April 2013 um 10:01)

  • Man darf den lapidaren Begriff "Wohnmaschine" oder "Arbeiterschließfach" nicht allein an Wohngebäuden festmachen, die in Dresden errichtet wurden, gar mit erhobenem Zeigefinger darauf weisen.

    Solche oder ganz ähnliche Bauten haben sich, wie jeder weiß, inzwischen deutschlandweit etabliert ! Selbst in relativ beschaulichen Mittelstädten in B/W, wie u. a. in Winnenden, kann der aufmerksame Beobachter ähnliche und noch größere derartiger Moloche ( sprich ggf. Wohnmaschinen ) feststellen.

    Der genossenschaftliche Kleinwohnungsbau entstand u. a. als Reaktion auf allgemeine Wohnungsnot und die gesamte wirtschaftliche Situation nach dem 1. Weltkrieg, war ein soziales, hochbrisantes Problem . . .
    Es erweist sich als nützlich, dieser Problematik auch gegenwärtig gehörige Aufmerksamkeit zu schenken.

  • Aus der Perspektive der 60'er Jahre heraus betrachtet, waren die Wohnungen für eine einzelne Person angemessen groß, modern ausgestattet sowie von einer hohen gestalterischen Qualität. Insofern dürfte man den Architekten durchaus auch nicht einen gewissen Gestaltungsanspruch absprechen können, der sich allerdings in der dutzendfachen Wiederverwendung solcher Projekte zunehmend erschöpft haben muss.

    Die Entwicklung des sogenannten Plattenbaues ist übrigens durchaus nicht uninteressant, nimmt sie doch ihren Anfang im Kleinwohnungsbau der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Weitere Versuche wurden in Deutschland in den 20'er Jahren u.a. in Frankfurt durchgeführt, wo man allerdings keinen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber einer konventionellen Bauweise registrieren konnte, was man folgerichtig auf die Kleinserienfertigung zurückführte.
    Die Entwicklung der Nachkriegsjahre ist bekannt. Allerdings bleibt festzuhalten, dass man auch damals noch weit über 10 Jahre der Entwicklung benötigte, um eine wirtschaftlich darstellbare und technisch einwandfreie standardisierte Lösung zu kreieren, die auf den modernsten und international konkurrenzfähigen Forschungen zum zeitgemäßen Wohnen basierte. Das änderte jedoch nichts an der zunehmenden Gesichtslosigkeit moderner Stadtviertel, die man teils schon damals als menschenfeindlich apostrophierte. Allein ihr Bau geschah aus den besten Absichten.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Allein ihr Bau geschah aus den besten Absichten.

    Das ist zwar richtig, aber natürlich eine Binsenweisheit. Fast niemand dürfte Wohnhäuser in die Stadt stellen, nur um Leute zu quälen und zu ärgern. Und je sozialistischer ein System oder eine mentale Einstellung, umso besser sind natürlich stets die Absichten. Selbst Albert Speer, Le Corbusier oder Erich Mielke wollten schließlich nur unser bestes. Was dann dabei heraus kommt, steht auf einem ganz anderen Blatt.

    Zu den Wohnhochhäusern lässt sich allerdings sagen, dass sie anfänglich von den Bewohnern durchaus begrüßt wurden. Schließlich kam man aus den nicht ausreichend gepflegten Altbauten heraus, hatte viel Licht, eine Aussicht vom Balkon, und alles war sauber und neu. Der mentale Mangel dieser Architektur, die Vergammelungsanfälligkeit, die Künstlichkeit, die Entfremdung vom Boden, wird einem bewusst, wenn man die nötige Sensibilität dafür entwickelt. Das traue ich mich eindeutig zu sagen, denn ich bin in einer solchen Wohnmaschine aufgewachsen.

  • Zu den Wohnhochhäusern lässt sich allerdings sagen, dass sie anfänglich von den Bewohnern durchaus begrüßt wurden.

    Das ist zwar richtig, aber natürlich eine Binsenweisheit. cheers:)

    Viel interessanter ist die Frage nach dem Grund der Vergammelung, sozialen Entmischung und der daraus resultierenden Ablehnung von Großsiedlungen. Ist es die Architektur und/oder die "Entfremdung vom Boden"?
    Wenn ich ein solches Gebäude mit einem Ensemble wie Meyers Hof vergleiche, erkenne ich viele Unterschiede, aber auch erschreckend viele Gemeinsamkeiten. Als kleinsten gemeinsamen Nenner kann man dann vielleicht die schiere Größe und die damit einhergehende Anonymität - abgesehen natürlich von der sozialen Ausrichtung der Bewohnerschaft - anführen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Es wurde mir berichtet, dass die Pläne Ceausescus in Rumänien, Bauern in neu errichtete Wohnhochhäuser umzusiedeln, keinen großen Anklang fand. Die Situationen sind unterschiedlich, aber offenbar werden solche Wohnformen nicht überall begrüßt.

    Zur Vergammelung: Größe und Anonymität bedingen sicherlich einander und führen zu den psychischen Folgen. Es bedarf ja nur weniger ausreißender Personen, die sich an wenig Regeln halten, und rasch kippt ein solch fragiles System. Hatte ich mal anschaulich in einer Wohnanlage. Einige zugezogene Zigeuner, die ihren Müll wahllos verteilen, Lampen kaputthauen und Lärm veranstalten, und schon wird die Mehrheit der bislang auf Pflege bedachten Bewohner entmutigt. Nach dem Motto: Wenn eh´ schon überall Lärm und Müll ist, dann macht es auch nichts mehr besser, wenn ich Müll trenne oder die Stereoanlage leise drehe.

    Die "Entfremdung vom Boden" zeigt sich aber auch schon in kleinen Bereichen. Wo in einer ländlichen Struktur die Wege zwischen den Wohneinheiten an der frischen Luft liegen, somit auch von Regen, Schnee und anderen natürlichen Elementen gereinigt bzw. in den Kreislauf zurückgeführt werden, sind die Wege zwischen den Wohneinheiten (also Wohnungen) im Hochhaus Teil eines künstlichen Systems. Sie sind auf funktionierende Lampen, Aufzüge, Müllschlucker, Lüftungen angewiesen. Verschüttete klebrige Limo, die andernorts einfach vom Regen weggespült würde, muss hier irgendwann vom Putzservice beseitigt werden. Und wenn der nicht gut arbeitet oder der Hausmeister die technischen Anlagen nicht ständig wartet und erneuert, vergammelt eine dermaßen beanspruchte Anlage rasch. Ist aber nur ein Beispiel bzw. Faktor.